Mit Caripe 8 haben Wissenschaftler:innen der Veterinärmedizinischen Universität (Vetmeduni) Wien einen neuen Wirkstoff identifiziert, der vielversprechende Ergebnisse in der Krebsbehandlung zeigt. Er stammt aus der Brechwurzel – einer Pflanze, die in den tropischen Regenwäldern Süd- und Mittelamerikas heimisch ist.
Normalerweise ist bei der Brechwurzel (Carapichea ipecacuanha) der Name auch Programm: Teile der Pflanzen lösen nämlich Brechreiz aus. Bestimmte Inhaltsstoffe jedoch, die Zyklotide, haben großes Potenzial für die Krebstherapie. Zyklotide sind Pflanzenpeptide – also quasi Mini-Eiweiße, die gegen den Abbau in der Zelle sehr resistent sind. Frühere Forschungen haben gezeigt, dass Zyklotide krebshemmende Eigenschaften besitzen, indem sie den Zelltod (Apoptose) in Tumorzellen auslösen.
Forscher:innen der Vetmeduni Wien untersuchten nun in Zusammenarbeit mit der Medizinischen Universität Wien die Auswirkung von Zyklotiden aus der Brechwurzel auf spezielle Immunzellen, so genannte Natürliche Killer-Zellen (NK-Zellen). Darüber war bisher nur wenig bekannt.
NK-Zellen sind spezielle weiße Blutkörperchen und zählen zum angeborenen Immunsystem. Sie haben das Potential, körperfremde sowie virusinfizierte Zellen und Tumorzellen zu eliminieren. „Natürliche Killerzellen spielen eine wichtige Rolle, um infizierte, gestresste und transformierte Zellen abzuwehren. Außerdem benötigen NK-Zellen keine vorherige Sensibilisierung und agieren antigenunabhängig, was ein großes Potenzial auf dem Gebiet der Immuntherapie darstellt, “ so Julia List, die Erstautorin der Publikation, die aus der Studie hervorging.
Die Forscher:innen untersuchten verschiedene Pflanzenextrakte auf ihre Fähigkeit, die Anti-Tumor-Eigenschaft von NK-Zellen zu verstärken. „Wir stellten dabei fest, dass die aus Carapichea ipecacuanha gewonnenen Extraktproben das Tötungspotenzial von NK-Zellen gegen verschiedenste Tumorzellen erhöhen,“ so List. Bei der Isolierung verschiedener Zyklotide aus den Extrakten wurde dann Caripe 8 entdeckt. Dieses steigerte die Zytotoxizität – also die Eigenschaft, Zellen zerstören zu können – von NK-Zellen aus Mäusen und Menschen. Die Caripe8-bedingte erhöhte Zytotoxizität konnten die Forscher:innen auf eine verbesserte Fähigkeit zur Freisetzung zytotoxischer Stoffe zurückführen.
Die Wissenschaftler:innen fanden heraus, dass Caripe 8 eine doppelte Wirkung hat: Neben dem aktivierenden Effekt auf NK-Zellen wirkte die Substanz auch direkt gegen Krebszellen. „Das lässt auf ein doppeltes therapeutisches Potenzial in der Krebsbehandlung schließen,“ erklärt Dagmar Gotthardt, Letztautorin der Publikation.
Die Studie lieferte außerdem neue, grundsätzliche Erkenntnisse darüber, wie natürliche Peptide die Zytotoxizität von NK-Zellen beeinflussen können. Laut den Wissenschaftler:innen sind die präklinischen Ergebnisse vielversprechend für eine Weiterentwicklung der aktuellen immuntherapeutischen Behandlungsmethoden.
CS, 22.08.2024
Quelle:
Pressemeldung der Vetmeduni vom 12.08.2024
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