Erderwärmung führt zu höherer Bakterienvielfalt in Böden

Acker

Höhere Temperaturen bewirken eine größere Vielfalt der Bodenbakterien, Bild: Pixabay, CCO

Forscher:innen aus Wien konnten in einer neuen Studie zeigen, wie die Erderwärmung die Bakteriendiversität in unseren Böden beeinflusst: Wärmere Böden lassen die Vielfalt von aktiven Bakterien steigen.

Die Wissenschaft nahm bis dato an, dass steigenden Bodentemperaturen eine vorteilhafte Bedingung für das Wachstum von Bakterien darstellen. Eine durch die Erderwärmung bedingte größere Menge an Bodenbakterien soll demnach auch zu einer vermehrten Freisetzung von Kohlenstoff in die Atmosphäre führen, so die Annahme.  

Eine in Science Advances veröffentliche Studie von Forscher:innen  des Zentrums für Mikrobiologie und Umweltsytemforschcung (CeMESS) der Universität Wienzeigte jetzt aber auf, dass das wärmere Klima nicht nur das Wachstum von Bakterien fördert. Durch höhere Bodentemperaturen werden zuvor inaktive Bakterien überhaupt erst aktiv, so die neue Entdeckung. "Jahrzehntelang haben Wissenschafter:innen angenommen, dass diese Reaktion durch erhöhte Wachstumsraten einzelner Bakterienpopulationen in einem wärmeren Klima angetrieben wird" so Andreas Richter, Hauptautor der Studie und Ökosystemforscher an der Uni Wien.

Der Kohlenstoffkreislauf

Im Boden findet man das größte Reservoir an organischem Kohlenstoff auf unserem Planeten, und Bakterien spielen in der Umwandlung von Kohlenstoff in den Böden zum Treibhausgas Kohlenstoffdioxid in der Atmosphäre eine essenzielle Rolle. Dieser Prozess ist Teil des globalen Kohlenstoffkreislaufs.

Der Kohlenstoff, der von uns durch das Verbrennen fossiler Treibstoffe in die Atmosphäre gelangt, wird teilweise von Ozeanen, Vegetation wie Wäldern und den Böden aufgenommen, gespeichert und untereinander ausgetauscht. Bakterien im Boden nehmen den im Boden vorhanden Kohlenstoff auf und verstoffwechseln diesen zu CO2, welches dann wieder in die Atmosphäre gelangt.

Steigen die Temperaturen, wird durch die Mikroorganismen auch mehr CO2 freigesetzt. Das kann zur Bodenkohlenstoff-Klima-Rückkopplung führen – ein Prozess, der den Klimawandel zusätzlich beschleunigen kann.

Wärme erweckt inaktive Bakterien

Die Wissenschaftler:innen des CeMESS untersuchten in ihrer Studie subarktisches Grasland in Island. Dieses ist seit Hunderten von Jahren von geothermischer Erwärmung betroffen und weist somit höhere Bodentemperaturen auf als die Umgebung. Die geothermische Erwärmung ist auf die gespeicherte Wärmenergie in den Tiefen unserer Erde zurückzuführen.

Die Wiener Forscher:innen identifizierten zunächst durch spezielle Markierungstechniken aktive Bakterien aus Bodenproben des Graslands sowie den kälteren umliegenden Gebieten. Anschließend verglichen sie deren Wachstumsraten untereinander bei verschiedenen Temperaturen, und zwar konkret bei einem Temperaturunterschied von 6°C.

Wie erwartet wurde in wärmerer Umgebung eine höhere Wachstumsrate von Bakteriengemeinschaften – also Zusammenschlüssen verschiedener Bakterienarten, die auch untereinander interagieren können – beobachtet als in kälterer Umgebung. Dabei wiesen die Mikroben in wärmeren Böden und „normal“ temperierten Böden aber erstaunliherweise ähnliche Wachstumsraten auf. Doch einen entscheidenden Unterschied gab es, und der lag in der bakteriellen Vielfalt: Wärmere Böden zeigten eine größere Vielfalt an aktiven Bakterien als kältere auf.

Mehr aktive Bodenbakterien durch Klimawandel

Die Reaktion des Bodenmikrobioms auf den Klimawandel vorherzusagen ist eine große Herausforderung. Der Boden wird daher in den meisten Klima- und Kohlenstoffkreislaufmodellen als 'Black Box' behandelt. […] Diese Arbeit schafft die Voraussetzungen für genauere Vorhersagen des mikrobiellen Verhaltens und der daraus resultierenden Auswirkungen auf den Kohlenstoffkreislauf in einem sich entwickelnden Klimaszenario", so Christina Kaiser, Mitautorin der Studie, zu den neuen Erkenntnissen.

Laut den Forscher:innen ist das Verständnis der Reaktion der Bodenbakterien auf den Klimawandel besonders wichtig, um Vorhersagen zu möglichen Veränderungen des Kohlenstoffkreislaufs in der Zukunft treffen zu können.  

CS, 20.03.2024


Quellenangaben

Quelle:

Medienportal der Universität Wien vom 23.2.2024, abgerufen am 20.3.2024

Originalpublikation:

Metze D., Jörg Schnecker J., Le Noir de Carlan C., Bhattarai B., Verbruggen E., Ostonen I., Janssens I., Sigurdsson B., Hausmann B., Kaiser C., Richter A. Soil warming increases the number of growing bacterial taxa but not their growth rates. Science Advances, 23 Feb 2024, Vol 10Issue 8. DOI: 10.1126/sciadv.adk6295