Das Team um den Wiener Chemiker Christopher Gerner hat gemeinsam mit KollegInnen aus Regensburg entdeckt, dass Blutplättchen beim Tumorwachstum von Hautkrebs involviert sind.
Der Fortschritt in Forschung und Medizin hat es ermöglicht, dass Hautkrebs heute behandelt werden kann und auch gute Heilungschancen bestehen. Je früher Melanome entdeckt werden, umso besser ist die Wahrscheinlichkeit einer Heilung. Auch bei PatientInnen, bei denen der Hautkrebs schon relativ weit fortgeschritten ist, kann man mit therapeutischen Maßnahmen den Krebs zumindest eine Zeitlang zum Verschwinden bringen. Im Fachjargon spricht man bei einem dauerhaften oder temporären Nachlassen der Krankheitssymptome von Remissionen.
Nach einer Remissionsphase kann es zum Rückfall kommen, und die Krankheit kann wieder ausbrechen. Bei Hautkrebs beträgt diese Zeitspanne hier im Durchschnitt sechs bis zwölf Monate. Warum manche Erkrankte besser auf eine Therapie ansprechen als andere und bei ihnen die Krankheit seltener wieder ausbricht als bei anderen, ist im Moment noch nicht bekannt und Gegenstand intensiver Forschungen. Als Folge einer wiederkehrenden Erkrankung kann es zur sogenannten Kachexie kommen. Die Organsysteme des Körpers werden dabei zunehmend von der Erkrankung betroffen. Dem Körper wird immer mehr Energie entzogen, und es kommt zu einem ausgeprägten Gewichtsverlust, der letztendlich zum Tod der Erkrankten führt.
Das Team um Christopher Gerner vom Institut für Analytische Chemie der Universität Wien untersuchte gemeinsam mit KollegInnen aus Regensburg Proteine und Fette aus Blutproben von Hautkrebs-PatientInnen. Beim Vergleich von Proben von Erkrankten mit und ohne Kachexie machten sie eine interessante Entdeckung: auch Blutplättchen scheinen eine wichtige Rolle bei Hautkrebs zu spielen und dürften das Tumorwachstum begünstigen. Blutplättchen (Thrombozyten) sind allgemein für ihre wichtige Funktion bei der Blutgerinnung bekannt. „Die Tumorzellen schütten Proteine aus, die die Leber und das Fettgewebe beeinflussen. So werden Blutfette freigesetzt. Aus denen entstehen über Reaktionen - die wieder aus einer Beeinträchtigung der Leber kommen - 'Produkte', die bei Gesunden nicht entstehen würden. Die sind dann letztendlich dafür verantwortlich, dass die Blutplättchen aktiviert werden. Die heizen dann wieder das Tumorzellwachstum an", erklärt Gerner die neuen Erkenntnisse. Die in der Studie identifizierten Proteine aus den Blutplättchen im Blut bezeichnet der Wissenschaftler als „neue Komponente, die bisher überhaupt noch nicht gesehen wurde.“
Die neuen Entdeckungen könnten laut Gerner in Zukunft sowohl für die Diagnostik als auch medizinische Praxis hilfreich sein. So etwa könnte etwa PatientInnen-Blut auf die speziellen Blutplättchen-Proteine analysiert werden, um eine sich anbahnende Kachexie früh zu erkennen. Auch die Tatsache, dass die Plättchen das Tumorwachstum stimulieren, könnte einen neuen Ansatz für Therapien liefern. Pläne für klinische Testreihen in diese Richtung gibt es bereits gemeinsam mit der Medizinischen Universität Wien.
Quelle:
Medienportal der Universität Wien
Originalpublikation:
Muqaku B., Eisinger M., Meier SM ez al. Multi-omics analysis of serum samples demonstrates reprogramming of organ functions via systemic calcium mobilization and platelet activation in metastatic melanoma (2016). Mol Cell Proteomics, Nov 22. DOI: 10.1074/mcp.M116.063313
AS, 31.12.2016