Ein Forschungsteam der Veterinärmedizinischen Universität (Vetmeduni) Wien konnte zeigen, dass sich bei Vögeln ein hohes Alter der Großmutter negativ auf die Lebenserwartung ihrer Enkel auswirkt. Grund dafür sind verkürzte Schutzstrukturen an den Enden der Chromosomen.
Forscher:innen rund um Studien-Erstautorin Valeria Marasco vom Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie (FIWI) der Vetmeduni Wien haben in einer Mehrgenerationenstudie die Lebenserwartung der Nachkommen von Zebrafinken untersucht. Dabei konnten sie zeigen, dass kürzere Telomere – so nennt man die Schutzkappen an den Enden der Chromosomen – von Generation zu Generation weitergeben werden.
Telomere verhindern, dass die Chromosomen bei der Zellteilung beschädigt werden und sind wichtig für die Stabilität des Erbguts in der Zelle. Sie werden bei Tieren mit jeder Zellteilung kürzer. Nach einer bestimmten Anzahl von Teilungen haben die Telomere eine kritische Länge erreicht, und die Zelle kann sich nicht mehr weiter teilen. Man spricht von zellulärer Seneszenz, also dem Altern von Zellen. Dies spielt eine wichtige Rolle beim Altern generell und bei verschiedenen Krankheiten.
Es ist schon seit längerem bekannt, dass sich vor allem bei Säugetieren das Alter der Eltern auf die Telomerlänge der Folgegeneration auswirkt: So haben ältere Eltern Nachkommen mit tendenziell kürzeren Telomeren als jüngere Eltern. Zurückzuführen ist dies vermutlich auf eine Zunahme von Zellschäden und eine verminderte Fähigkeit zur Reparatur bei älteren Eltern.
Ob eine solche Telomerverkürzung auch über mehrere Generationen weitergegeben werden kann, war bisher allerdings nicht bekannt. Dieser Frage widmeten sich nun Wissenschaftler:innen der Vetmeduni Wien in einer Kooperation mit der Universität Glasgow und untersuchten dafür Zebrafinken.
In ihrer Arbeit analysierten die Forscher:innen drei Generationen der Vögel: Die Großmütter (Generation 0), deren Töchter (Generation 1) und die Enkel (Generation 2). Dabei zeigte sich, dass die Telomere, die bei den Töchtern älterer Zebrafinken verkürzt waren, auch in der Enkelgeneration verkürzt blieben – selbst wenn die Mütter der zweiten Generation noch jung waren. Der Unterschied war beträchtlich, denn die Telomere der Nachkommen von älteren Großmüttern waren durchschnittlich um 43 % kürzer als die von jüngeren Großmüttern, wenn die Tochtergeneration (Generation 1) bei der Geburt ihrer Nachkommen noch jung war.
Dazu Erstautorin Marasco: „Kürzere Telomere zum Zeitpunkt des Flüggewerdens sind bei Zebrafinken mit einer verkürzten Lebensspanne verbunden. Unsere Daten zeigen eindrücklich, dass es notwendig ist, über eine einzelne Generation hinauszublicken, um interindividuelle Unterschiede im Altern und unterschiedliche altersspezifische Reproduktionsanstrengungen zu erklären.“
Interessant wird es nun natürlich sein, auch zu untersuchen, welche Auswirkungen eine ältere Großmutter in Kombination mit einer älteren Mutter auf die Telomerlänge bei den Enkeln hat und ob sich der beobachtete Effekt durch eine ältere Mutter noch verstärkt.
Die Studie zeigt deutlich, dass das Alter der Großmütter für die Lebenserwartung der Nachkommen eine wichtige Rolle spielt und das in den Telomeren versteckte Erbe über Generationen hinweg vererbt werden kann. „Evolutionsbiolog:innen und Ökolog:innen müssen deshalb über eine einzelne Generation und die aktuellen Umweltbedingungen hinausblicken, um die Ursachen für interindividuelle Unterschiede bei den Alterungsraten und dem altersspezifischen Reproduktionsaufwand vollständig zu verstehen“ erläutert Marasco.
Als nächster Schritt sind generationenübergreifende Langzeitstudien zu Lebensspanne, Fortpflanzungsfähigkeit und Geschlechterunterschieden nötig, um die Auswirkungen des Alters der Eltern auf die Nachkommen besser zu verstehen. „Dadurch ließe sich unser Wissen über die Prozesse verbessern, die der Evolution des Alterns und der Vielfalt der Lebensstrategien innerhalb von Arten zugrunde liegen“, meint Marasco.
Kürzere Telomere der Großmütter bedeuten bei Vögeln also kürzere Lebenserwartung der Enkel. Doch wie es scheint, können sich – zumindest bei Hunden – die Telomere auch wieder verlängern. Ein Team der Vetmeduni Wien rund um Julia Weixlbraun vom Zentrum für Biologische Wissenschaften konnte dies in einer vor kurzem veröffentlichten Studie zeigen: Bei gut trainierbaren Hunden schrumpften die Telomere nicht nur langsamer, sondern wurden in einigen Fällen sogar länger.
Dazu Weixelbraun: „Die Trainierbarkeit war der beste Vorhersagefaktor für die Telomerveränderung, wobei wir sogar eine Verlängerung der Telomere beobachten konnten. Dies deutet darauf hin, dass eine höhere Trainingsfähigkeit die Telomerdynamik bei alternden Hunden positiv beeinflusst und Faktoren wie Alter, Geschlecht, Ernährung und andere kognitive Parameter weniger wichtig sind."
CS, 27.02.2025
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