Umami: der fünfte Geschmack

Getrocknete Shiitake-Pilze in einer Holzschüssel

Getrocknete Shiitake-Pilze sind eine reichhaltige Umami-Quelle Bild: Pixabay, CCO

Umami heißt die geheimnisvolle fünfte Geschmacksrichtung. Wie schmeckt sie und warum war sie nicht schon immer bekannt? Die bESSERwisser haben sich das genauer angeschaut.

Die Entdeckung von Umami

Im Jahr 1908 schloss Kikunae Ikeda an der Kaiserlichen Universität Tokyo seine Forschungen zu einer neuen fünften Geschmacksrichtung ab. Der Professor für Physikalische Chemie hatte einen in Japan für die Herstellung der Dashi-Brühe sehr beliebten Seetang untersucht und dabei folgendes herausgefunden: In dieser Alge ist eine Geschmackssubstanz enthalten, die keiner der bekannten Geschmacksrichtungen bitter, sauer, süß oder salzig entsprach. Er nannte diese umami, was übersetzt in etwa so viel wie würzig oder wohlschmeckend bedeutet [2, 3, 5].

Ikeda identifizierte Glutaminsäure als diesen unbekannten Bestandteil und schaffte es, diese zu extrahieren, zu isolieren und zu reinigen. Er entwickelte und patentierte einen Prozess, um aus Weizengluten Natriumglutamat herzustellen. Dieses ist das Salz der Glutaminsäure. Gemeinsam mit dem Chemieunternehmer Saburosuke Suzuki begann er 1909 mit der industriellen Produktion von Mononatriumglutamat unter dem Markennamen Aji-no-moto, das bald als neues Würzmittel eingesetzt wurde [2, 5].

Glutaminsäure war schon zuvor 1866 von Karl Ritthausen in Deutschland chemisch beschrieben worden, und Ikeda kannte diese möglicherweise von einem Forschungsaufenthalt in Leipzig. In den folgenden Jahren identifizierten er und seine Nachfolger auch die Umami-Komponenten von Bonito-Flocken (getrockneter Thunfisch) und Shiitake-Pilzen [2].

Spätes Interesse der Forschung

Die Erforschung der Geschmacksrichtung umami nahm vor allem in Europa und Nordamerika erst ab den 1980er-Jahren zu, davor hielt sich das wissenschaftliche Interesse daran in Grenzen. Erst mit Ende des 20. Jahrhunderts wurde umami von der Forschungsgemeinschaft als fünfter Basisgeschmack akzeptiert. Das hängt eventuell damit zusammen, dass außerhalb Asiens der Umami-Geschmack lange nicht als eigenständig wahrgenommen wurde, da es keine puren Umami-Kochzutaten gab [2, 6].

1982 gründete eine interdisziplinäre Gruppe japanischer Forscher:innen die Umami Research Association, um die Forschung in diesem Bereich zu unterstützen und zu vernetzen. Seitdem wurden weitere Geschmackssubstanzen von umami identifiziert und die Geschmacksreaktion von Tieren und Menschen darauf erforscht. Es wurden verschiedene Geschmacksrezeptoren für Glutamat im menschlichen Hirn gefunden und die Konzentration der Umami-Geschmackssubstanzen in unterschiedlichen Lebensmitteln gemessen [1, 3, 4, 5].

Zahlreiche natürliche Umami-Quellen

So findet sich der Umami-Geschmack nicht nur in Seetang und (getrockneten) Pilzen, sondern beispielsweise auch in Grüntee, Tomaten, Kartoffeln, Erbsen, Chinakohl, Sojabohnen, Parmesan, im Fleisch von Huhn, Rind, Schwein oder Pferd, in getrockneten Fischen wie Makrele, Thunfisch oder Sardinen sowie in Meeresfrüchten wie Garnelen und Muscheln [1, 5, 6].

Umami kommt ist ausreichend in europäischen Suppenfonds und Bouillons, in japanischer Dashi-Brühe oder den Fischsaucen Südostasiens vorhanden, in denen umamireiche Lebensmittel verarbeitet und konzentriert werden. Die Verwendung von fermentierten Fischsaucen ist übrigens schon lange beliebt und konnte bereits in der griechischen und römischen Antike nachgewiesen werden.

Einen besonders starken Umami-Geschmack kann man mit einer Kombination unterschiedlicher umamihaltiger Substanzen erzeugen – etwa dann, wenn zur Seetangbrühe noch getrockneter Thunfisch oder Sardinen zugefügt werden oder wenn in der Suppe Fleisch gemeinsam mit Gemüse gekocht wird. Besonders umami-intensiv wird es aber auch, wenn Tomatensauce gemeinsam mit Parmesan serviert wird [2, 6].

Wozu brauchen wir umami?

Glutamat ist eine der häufigsten natürlich vorkommenden Aminosäuren, da es in vielen Proteinen, Peptiden und den meisten Geweben vorkommt. Es wird auch im Körper produziert und bindet sich mit anderen Aminosäuren zu Strukturproteinen, die unseren Körper aufbauen [1].

Sogar in menschlicher Muttermilch wurde Glutamat gemessen, und das in ähnlichen Konzentrationen wie in der Dashi-Brühe. Menschen werden also sehr früh an diesen Geschmack gewöhnt [2]. Und der Geschmack signalisiert unserem Körper bestimmte Dinge: So zeigt uns Süße Zucker als Energielieferant, Bitterkeit warnt uns vor schadhaften Substanzen, und Umami signalisiert uns Proteine als essentielle Nährstoffe, da Glutamat oft in eiweißreicher Kost tierischer Herkunft vorkommt [7].

Umami kann auch medizinisch vorteilhaft eingesetzt werden: So kann man mit umamireichem Essen den Salzgehalt gewürzter Speisen deutlich reduzieren. Der Umami-Geschmack kann außerdem die Nahrungsaufnahme älterer Personen steigern, die durch verschiedene Einschränkungen nicht mehr ausreichend Nahrung zu sich nehmen [1].

Schlechter Ruf: das Chinarestaurant-Syndrom

Als künstlich hergestellter Geschmacksverstärker Mononatriumglutamat (MNG), der vor allem in Chinarestaurants zahlreich eingesetzt wurde, bekam Glutamat jedoch einen schlechten Ruf. Beim so genannten China-Restaurant-Syndrom werden durch die Unverträglichkeit auf bestimmte Zutaten im chinesischen Essen Symptome wie plötzliche Kopfschmerzen, Hitzewallungen, Herzklopfen und Schwindel ausgelöst. Lange stand das künstlich zugesetzte Glutamat im Verdacht, dafür verantwortlich zu sein, und geriet daher in Verruf.

Studien konnten allerdings mittlerweile belegen, dass zwischen diesen typischen Beschwerden und MNG keinerlei Zusammenhang besteht. So etwa reagierten in einer Studie Personen, die von sich behaupteten, gegen Glutamat empfindlich zu reagieren, bei verdeckter Gabe von Glutamat nicht darauf. Glutamat löst daher einen so genannten Noceboeffekt aus: Der wissentliche Verzehr von Lebensmitteln kann bei manchen Personen zumindest kurzfristig negative Effekte auslösen. Diese würden jedoch nicht auftreten, wenn sie nichts vom Glutamat und seinen vermeintlich negativen Effekten wüssten [1, 8].

Die Food and Drug Administration (FDA) in den USA hat das natürliche Glutamat schon 1958, gemeinsam mit Salz, Essig und Backpulver für unbedenklich erklärt. Das künstliche Mononatriumglutamat wurde 1987 nach genauen Untersuchungen als für den menschlichen Verzehr unbedenklich eingestuft. Glutamat wird übrigens auch vielen Suppenwürfeln und Fertignahrungsmitteln zugefügt, um diese stark verarbeiteten Lebensmittel schmackhafter zu machen [1].

Fazit

Umami wurde als die fünfte Geschmacksrichtung erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts und somit relativ spät entdeckt. Dieser Geschmack wird unter anderem durch Glutamat hervorgerufen, welches als künstlicher Geschmacksverstärker einen schlechten Ruf hat. Wie man heute weiß, ist das allerdings nicht gerechtfertigt, denn seine negativen Effekte konnten wissenschaftliche nicht belegt werden. Es ist spannend, wie ein schon immer existierender Geschmack in der westlichen Welt erst spät entdeckt und erforscht wird, während er in anderen Gegenden der Welt schon lange akzeptierter Teil des Geschmackserlebnisses ist. Wer trotzdem skeptisch bleibt, kann sich an einer der zahlreichen natürlichen Umami-Quellen bedienen und seine Geschmacksknospen auf umami trainieren!

Quellen

(1) Jinap S., & Hajeb P. (2010). Glutamate: its applications in food and contribution to health. Appetite, 55(1), 1-10.

(2) Kurihara K. (2009). Glutamate: from discovery as a food flavor to role as a basic taste (umami). The American Journal of Clinical Nutrition, 90(3S), 719S-722S.

(3) Lindemann B., Ogiwara Y. & Ninomiya Y. (2002). The Discovery of Umami. Chemical Senses, 27(9), 843-844.

(4) Roper SD (2007). Signal transduction and information processing in mammalian taste buds. Pflügers Archiv: European Journal of Physiology, 454(5), 759-776.

(5) Sano C. (2009). History of glutamate production. The American Journal of Clinical Nutrition, 90(3S), 728S-732S.

(6) Yamaguchi S. & Ninomiya K. (2000). Umami and Food Palatability. The Journal of Nutrition, 130(4), 921S-926S.

(7) Yamaguchi S. & Ninomiya K. (1998). What is Umami? Food Reviews International, 14(2-3), 123-138.

(8) Zanfirescu A., Ungurianu A., Tsatsakis A.M., Nițulescu G.M., Kouretas D., Veskoukis A., Tsoukalas D., Engin AB, Aschner M., & Margină D. (2019). A review of the alleged health hazards of monosodium glutamate. Comprehensive Reviews in Food Science and Food Safety, 18(4), 1111-1134.

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