25.04.2017
Trend Mikrobrauerei – was man beim Bierbrauen zu Hause beachten sollte
Haben Sie auch schon eine Mikrobrauerei im Keller? Seit geraumer Zeit kristallisiert sich der Traum vom eigenen Bier zu einem wahren Trend heraus, der Hobbybraumeister dazu veranlasst, Experimentierlabors in Kellern und Küchen aufzubauen. Seit man diverse Heimbrausets sehr praktisch online bestellen kann, sind auch die Technik und das Wissen über das Bierbrauen jedermann zugänglich geworden. Die bESSERwisser haben recherchiert, wie es um den neuen Trend bestellt ist und welche Tipps und Tricks es für Hobbybraumeister vom Profi gibt.
Home-Breweries – Trend Mikrobrauerei
Jimmy Carter ist es zu verdanken, dass sich der Trend zum Home-Brewing in Amerika entwickeln konnte. 1977 legalisierte er das Bierbrauen für den Privatgebrauch, was viele Menschen dazu animierte, ihr Bier selbst herzustellen. Mittlerweile ist Craft Beer zum weltweiten Trend geworden. Auch in Österreich ist die Entwicklung einer regen Craft Beer und Bierbrau Start-Up Szene zu verzeichnen. Eine aktuelle Studie zum österreichischen Biermarkt zeigt auch die Wichtigkeit der regionalen Identität: Während im englischsprachigen Raum Indian Pale Ale das stilbildende Bier der Craftbierszene ist, wird in Österreich aus der Historie heraus immer mehr auf Bockbier gesetzt [1], [2].
Brautechniken und Zutaten
Recherchiert man die Möglichkeiten einer Heimbrauerei, fallen einem sofort die vielen verschiedenen Angebote an Brausets unterschiedlicher Preisklassen ins Auge. Mittlerweile kann man online zwischen hunderten von Home-Brewing Kits und Brau-Utensilien wählen. Vom Mini-Starter-Set bis zum vollautomatisierten Brauroboter in Kaffeemaschinen-Optik bleiben keine Wünsche für den Hobby-Bierbrauer offen. Zusätzlich blüht – im wahrsten Sinne des Wortes- auch der Hopfen und Gersten Markt: vor allem in den USA hat sich eine große Züchter Community rund um das Thema gebildet. Die Farmer arbeiten dabei sehr eng mit Craft-Beer Produzenten zusammen. Sie bauen in Absprache mit den Firmen die gewünschten Sorten auch in kleineren Mengen an, dafür verpflichten sich die Unternehmen zur Abnahme bereits ein bis drei Jahre im Voraus [3], [4].
Bierbrauen – im Großen wie im Kleinen
Der Ablauf des Bierbrauens funktioniert in einer modernen, automatisierten Bierbrauerei im Grunde gleich wie bei kleinen Mikrobrauereien, wobei der Automatisierungsgrad nicht unbedingt etwas mit der Größe der Brauerei zu tun hat. Auch private Bastler finden stets neue Möglichkeiten, ihre Mini-Brauerei weiter zu automatisieren. Hier das 1×1 des Bierbrauens:
Das Schroten
Als Schrot bezeichnet man grob gemahlene Malzkörner. Für das Mahlen gibt es im Handel einfache Mühlen. Von Vorteil sind Mühlen, bei denen man den Walzenabstand einstellen kann.
Tipp vom Experten: Das Malz sollte nicht zu fein gemahlen werden. Es sollte darauf geachtet werden, dass die Spelzen – die dünnen, trockenen Hülsen der Getreidekörner – erhalten bleiben. Diese Spelzen gewährleisten nämlich später beim Läutern einen gut durchlässigen Treberkuchen.
Das Einmaischen
Unter Maischen versteht man die Vermischung von warmem Wasser (dem sogenannten Hauptguss) mit dem Malzschrot. Das Malzschrot muss langsam ins Wasser eingerührt werden, um Klumpenbildung zu vermeiden.
Währen der Eiweißrast bei einem Temperaturoptimum von 50°- 60°C wird das Malzeiweiß enzymatisch durch proteolytische, also eiweißspaltende, Enzyme in Eiweißfraktionen unterschiedlicher Größe abgebaut.
Tipp vom Experten: Die Verteilung und Zusammensetzung der Eiweißfraktionen haben im fertigen Bier Auswirkung auf die Vollmundigkeit, die Eiweißtrübung und die Schaumstabilität. Daher gilt diesem Schritt besondere Beachtung. Die Maltoserast (Verzuckerung) erfolgt optimal bei einer Temperatur von 60°- 65°C und einer Dauer von 30 – 35 min. Anschließend wird die Maische auf 72°C aufgeheizt und optimalerweise eine Rast von 20 – 30 min eingehalten.
Die Jodprobe
Mit der Jodprobe wird die vollständige Verzuckerung der Maische nachgewiesen. Dafür kann man einige Tropfen der Maische auf eine weiße Porzellanschale geben und mit ein paar Tropfen 0,5 N (normaler) Jodlösung versetzen. Verfärbt sich die Probe blau, ist die Maische nicht vollständig verzuckert. Anschließend an die Maltoserast wird die Maische auf 78°C erwärmt und in den Läuterbottich umgepumpt.
Das Läutern
Beim Läutern wird die flüssige Würze von den festen Bestandteilen, den sogenannten Treben, getrennt, man erhält die Vorderwürze. Durch das Überschwänzen oder Anschwänzen mittels heißen Wassers (der sogenannte Nachguss) werden aus dem Treberkuchen die restlichen Malzinhaltsstoffe gelöst. Vorderwürze und Nachguss ergeben dann die sogenannte Pfanne-voll-Würze.
Tipp vom Experten: Während und am Ende des Läuterns sollte man mehrmals den Zuckergehalt der Läuterwürze messen.
Würze kochen und Hopfung
Die im vorherigen Schritt gewonnene Würze wird anschließend gekocht. Es wird Hopfen zugegeben, der für einen bitteren und herberen Geschmack verantwortlich ist. Gekocht wird im offenen Kessel, denn hierbei entweichen unerwünschte Stoffe wie Dimethylsulfid (DMS). DMS forciert durch sein gemüseartiges Aroma schon in geringen Konzentrationen die Ausprägung eines Fehlaromas im Bier.
Tipp vom Experten: Lieber länger kochen und später wieder rückverdünnen. Auch auf die Eiweißkoagulation während des Würzekochens ist zu achten: Mitunter entzieht das flockende Eiweiß große Mengen an Bitterstoffen und damit Würze.
Spindeln
Bevor die Würze aus dem Einkocher in den Gäreimer umgefüllt wird, sollte eine kleine Menge in die Spindel gefüllt werden, um die Stammwürze zu messen.
Tipp vom Experten: Die Würze vor der Messung unbedingt auf Zimmertemperatur abkühlen lassen, da die Spindel auf eine bestimmte Temperatur geeicht ist. Außerdem sollte man die Spindel vorher gründlich reinigen. Keinesfalls darf man die Probe später wieder in den Sud zurückführen.
Ausschlagen und Heißtrubenentfernung
Anschließend muss man die Würze „ausschlagen“, was bedeutet, dass der als „Heißtrub“ bezeichnete, nicht gelöste Hopfen, aus der Würze entfernt wird. Die klare Würze kann anschließend abgezogen und gefiltert werden. Dann wird die Flüssigkeit in den Gärbottich überführt.
Tipp vom Experten: Das Ausschlagen der Eiweißbestandteile ist wichtig, um später die Bierfiltration nicht zu behindern. Der Vorgang sollte jedoch ausgewogen sein, um nicht zu viele wertvolle Bestandteile des späteren Bieres zu filtern – viele davon werden für die Hefegärung gebraucht.
Hefe hinzufügen und Belüften
Nach dem Abkühlen wird die Brauhefe hinzugefügt. Die Hefegabe muss genau berechnet werden, und die Hefe sollte an der Oberfläche Zeit haben, um zu rehydrieren. Pro hl Stammwürze wird normalerweise etwa 0,8 l frische Anstellhefe kalkuliert, für untergärige Biere und Starkbiere wird mehr Hefe verwendet, für frische Weißbiere weniger. Durch Belüften wird die Hefe mit Sauerstoff versorgt. Ist der Sauerstoff verbraucht, beginnt die Hefe den Zucker in Alkohol und Kohlendioxid zu wandeln.
Tipp vom Experten: Belüftet man ordentlich, kann der Gärungsprozess auch bei geringen Hefemengen beschleunigt werden. Generell muss man genau wissen, wie lange die Gärzeit und die Lagerzeit ist. Beim Brauen zu Hause ist es wichtig, die Hefe nicht einzufrieren, da sie sonst eventuell beschädigt werden kann.
Hauptgärung
Bei der Gärung entstehen Alkohol und Kohlendioxid durch die Umsetzung vom Malzzucker der Würze. Die Gärung kann durch Druck im Druckkessel beschleunigt werden, in offenen Behältern dauert sie länger. Man unterscheidet untergärige und obergärige Hefen. Je nach Art lagern sie sich entweder am Boden oder an der Oberfläche an.
Tipp vom Experten: Auch beim Selberbrauen wäre es optimal, eine Vorrichtung zu haben, die die Hefe während der Gärung abzieht, da sonst ein sehr bitterer Geschmack der verbrauchten Hefe entsteht. Außerdem ist darauf zu achten, dass die Temperaturen bei der Gärung nicht zu hoch werden – je niedriger die Temperaturen, desto besser werden die Aromastoffe verteilt.
Alkoholmessung und Abfüllen
Bei der Alkoholmessung gilt die Faustregel:
Volumsprozent Alkohol = (Stammwürze – Restextrakt) / 2
Der Gehalt der vorher gemessenen Stammwürze wird von dem der Restwürze, die vor dem Abfüllen gesammelt wird, subtrahiert und dann durch zwei geteilt. Beim Abfüllen ist darauf zu achten, dass die Flasche sauber ist bzw. bei Gummiverschlüssen diese vorher ausreichend erhitzt wurden.
Tipp vom Experten: Man sollte mein Abfüllen nicht allzu viel Freiraum lassen. Wird mit Traubenzucker nachgegärt, sollte nochmals umgerührt werden.
Fazit und weitere Tipps
Bei Brauen zu Hause entstehen die meisten Probleme bei der Alkohol- und Geschmacksregulierung. Deswegen sind akkurate Messungen und Messgeräte auch für den Heimgebrauch wichtig. Je mehr man über die Chemie des Bierbrauens, beispielweise über die Eigenschaften von Dimethylsulfid weiß, desto einfacher kann man Fehlern im Brauvorgang vorbeugen oder diese beheben. Möchte man das Bier später verkaufen, muss man auch den Alkoholgehalt genau bestimmen. Außerdem sollte man nicht vergessen, dass auch beim Verkauf kleiner Produktionsmengen stets eine Biersteuer anfällt. Diese ist übrigens in Deutschland wesentlich geringer als in Österreich.
Die bESSERwisser sind sich einig: Bierbrauen zu Hause ist kinderleicht, dabei ein qualitativ hochwertiges und geschmackvolles Bier zu brauen, hingegen schwierig.
Zusätzliche Quellen:
[1] H.R.1337 – An Act to amend the Internal Revenue Code of 1954 with respect to excise tax on certain trucks, buses, tractors, et cetera, home production of beer and wine, refunds of the taxes on gasoline and special fuels to aerial applicators, and partial rollovers of lump sum distributions. 95th Congress U.S., congress.gv; Zugriff 25.04.17
[2] Trends am Österreichischen Biermarkt 2017: marktmeinungmensch.at; Zugrifft: 25.04.17
[3] IFAS News: news.ifas.ufl.edu; Zugriff: 25.04.17
[4] Craft Beer and Brewing Magazine: breedandbreeing.com; Zugriff: 25.04.2017