30.12.2024
Mehr Ballaststoffe für einen gesunden Darm
Ballaststoffe sind wichtig Nährstoffe für das Darmmikrobiom und unterstützen unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden. Mit ein paar einfachen Tricks lassen sich leicht in den Speiseplan integrieren.
Ihren Namen tragen Ballaststoffe völlig zu Unrecht, denn sie sind alles andere als Ballast und haben eine äußerst wichtige Funktion für Gesundheit und Wohlbefinden. Die Pflanzenfasern dienen als tolle Sattmacher, fördern die Verdauung und dienen Mikroorganismen im Darm als Nahrungsgrundlage.
Die fasrigen Bestandteile von Pflanzen, die aus komplexen Kohlenhydraten oder dem Zellwandbestandteil Lignin bestehen [1], sind in Obst, Gemüse, und Getreideprodukten enthalten. Hülsenfrüchte, Nüsse und Samen sind besonders ballaststoffreich.
Essen – auch für die Darmbakterien
Der Mensch ist innen und außen dicht mit Mikroorganismen besiedelt, die sich zum Großteil aus Bakterien, Pilzen und Viren zusammensetzen [2,3]. Die meisten Bakterien des Menschen befinden sich im Darm. Für ihr Überleben sind sie auf Nährstoffe angewiesen, wobei die Ernährungsweise einer Person stark die Zusammensetzung ihres Darmmikrobioms beeinflusst.
Der Weg der Nahrung zu den Darmmikroorganismen ist lang: Im Magen wird das zerkaute Essen zunächst durch spezielle Verdauungsenzyme zerkleinert. Im Dünndarm wird es dann weiter zerlegt, und der Körper nimmt wichtige Nährstoffe sowie Vitamine und Mineralstoffe auf. Auch Mikroorganismen schalten sich hier schon in die Essensverwertung mit ein.
Im Dickdarm wird dem Nahrungsbrei schließlich Wasser entzogen, und Salze und Elektrolyte werden aufgenommen. In diesem Darmabschnitt sitzen besonders viele Mikroorganismen und arbeiten auf Hochtouren: Mit ihrem einzigartigen Stoffwechsel verwerten sie vor allem Ballaststoffe, die bis hierher nicht umgesetzt wurden. Dabei liefern sie zusätzliche Energie und geben wichtige Stoffe an die Darmschleimhaut ab, wie beispielsweise Vitamine und kurzkettige Fettsäuren [2,3].
Intaktes Mikrobiom für Gesundheit und Wohlbefinden
Mikroorganismen erfüllen auch noch andere wichtige Funktionen im Darm: Sie unterstützen die Darmschleimhaut, die eine wichtige Barriere darstellt, produzieren antimikrobielle Stoffe und lassen potenziell schädlichen Erregern keinen Platz zum Ausbreiten. Außerdem trainieren sie das Immunsystem [2,3].
Des Weiteren können die Mikroorganismen im Darm über bestimmte Botenstoffe mit dem Gehirn kommunizieren – man spricht von der Darm-Hirn-Achse. So etwa werden von Bakterien produzierte kurzkettige Fettsäuren über das Blut zum Gehirn transportiert und führen dort u. a. zur Freisetzung des Glückshormons Serotonin und somit zu guter Laune [4]. Die Zusammensetzung der Darmflora beeinflusst auch Schlaf [5] sowie Haut [6].
Das Mikrobiom birgt somit enormes Potenzial für die Gesundheit und wird aktuell intensiv erforscht. Heute ist ein Zusammenhang zwischen zahlreichen Erkrankungen und einer veränderten Zusammensetzung der Darmmikroben bekannt. Das trifft beispielsweise auf Diabetes, Fettleibigkeit, Asthma, Allergien, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und entzündliche Darmerkrankungen zu. Auch bei Depressionen, Autismus, Parkinson und Alzheimer dürften die Mikroorganismen im Darm eine wichtige Rolle spielen [7].
Im Tiermodell konnte des Weiteren gezeigt werden, dass sich bereits wenige Tage ohne Ballaststoffe nachteilig auf die Gesundheit auswirken [8].
Zu wenige Ballaststoffe auf den T
Europäische Richtlinien empfehlen eine tägliche Ballaststoffaufnahme von mindestens 25 bis 35 Gramm für Erwachsene, in Österreich sind es 30 Gramm [9,10]. Die meisten erwachsenen Europäerinnen und Europäer erreichen diese Menge jedoch nicht [11]. Dabei ist die Integration von Ballaststoffen in den Speiseplan nicht schwer. Diese sollten aus verschiedenen Quellen stammen, um auch noch möglichst viele unterschiedliche Vitamine, Mineralien und andere Nährstoffe abzudecken.
In der EU sind Vollkorngetreide, Hülsenfrüchte, Obst, Gemüse und Kartoffeln die Hauptquellen für Ballaststoffe. Vergleichsweise ballaststoffreich sind Bohnen, Erbsen, Linsen und Getreideprodukte mit möglichst vollem Korn wie Roggenbrot, Haferflocken sowie Vollkornbrot und -nudeln.
Bei Obst und Gemüse zählen Beeren, Äpfel, Birnen, Bananen, Pfirsiche, Avocados, Sellerie, Brokkoli, Karotten und Kartoffeln zu den besten Ballaststofflieferanten. Top für eine ballaststoffreiche Kost sind auch Nüsse und Samen: Flohsamenschalen, Leinsamen, Weizenkleie und Chiasamen lassen hier Mandeln, Pekannüsse, Pistazien und Kürbiskerne hinter sich [9-12].
Einfache Tricks für mehr Ballaststoffe
Es gibt ein paar einfache Tricks, um das Essen mit mehr Ballaststoffen anzureichern:
- Ballaststoffreiches Obst und Gemüse für die Gerichte verwenden. Daher nicht an Äpfeln, Kartoffeln und anderen guten Ballaststofflieferanten sparen!
- Ballaststoffe wie Karotten, Zucchini und Sellerie können in geraspelter Form einfach in manchen Speisen „versteckt“ werden. So kann etwa ein Teil von Fleisch in Fleischspeisen ohne Geschmackseinbußen durch Gemüse ersetzt werden. Und durch das Beimengen von Zucchini oder Karotten (unbedingt ganz fein raspeln!) gelingen herrlich saftige Torten und Kuchen.
- Die Schale von Obst und Gemüse enthält viele Ballaststoffe. Daher wenn möglich Äpfel ungeschält verwenden – beispielsweise beim Zubereiten von Apfelmus, aber auch beim weihnachtlichen Bratapfel. Das spart Arbeit und ist eine Wohltat für den Darm.
- Wenn möglich auf Vollkornprodukte zurückgreifen, beispielsweise auf Vollkornnudeln und Vollkornnudelblätter bei Pasta-Gerichten.
- Weißmehl durch Vollkornmehl ersetzen, beispielsweise bei Einbrenn, Béchamelsauce und Bäckerei. Wem das geschmacklich nicht ganz so zusagt: Auch schon das Ersetzen eines Teils des Mehls durch die Vollkornvariante ist ein Plus für die Gesundheit. Vollkornmehl enthält im Gegensatz zu Weißmehl nicht nur den Mehlkörper mit der Stärke, sondern auch den Keimling und die Schale des Kornes und liefert so mehr Ballaststoffe, Vitamine und Mineralstoffe. Ein kleiner Tipp: Baguette und Toast aus Weißmehl durch die entsprechende Vollkornvariante ersetzen.
- Viele Speisen lassen sich durch das Beimengen von Haferflocken, (geriebenen) Nüssen, Kernen und Samen ballaststoffreicher gestalten. So können etwa Suppen, Smoothies, Salate, Joghurts und Müsli auf diese Art mit Ballaststoffen aufgebessert werden. Auch Bäckerei mit Haferflocken wie etwa Haferflockenkekse schmecken wunderbar.
- Auch als gesunder Snack eignen sich Ballaststoffe hervorragend: Eine Handvoll Nüsse oder Mandeln sind nicht nur gut gegen Heißhunger, sondern erfreuen auch den Darm. Und falls es doch etwas Süßes sein soll für zwischendurch: Auch dunkle Schokolade liefert Ballaststoffe. Weniger weihnachtlich, aber durchaus gut zu wissen: Popcorn tut das ebenso.
- Kräuter und Gewürze sind ebenfalls tolle Ballaststofflieferanten, daher unbedingt den Mahlzeiten frische gehackte Kräuter und Gewürze beimengen. Diese verstärken nicht nur das natürliche Aroma, sondern wirken sich auch auf die Darmgesundheit und das allgemeine Wohlbefinden aus.
Viele dieser Tipps sind nicht nur kulinarisch ein Plus, auch der Darm und das allgemeine Wohlbefinden profitieren davon. Ein höherer pflanzlicher Anteil in unserem Essen tut außerdem nicht nur der Gesundheit, sondern auch dem Klima gut.
Dieser Beitrag ist in Kooperation mit der Mikrobiologin und Ernährungsexpertin Annelieke Overbeeke entstanden, die auf ihrer Darm Kram-Seite Tipps und Tricks sowie zahlreiche Rezepte und Kochvideos für eine ballaststoffreichere Ernährung anbietet.
Referenzen:
[9] The European Food Information Council: Empfohlene tägliche Aufnahme von Ballaststoffen und ballaststoffreichen Lebensmitteln, um Ihnen zu helfen, dieses Ziel zu erreichen. Zuletzt aktualisiert 2023. Abgerufen am 27.11.2024.
[10] Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs: DGE/ ÖGE-Referenzwerte. Abgerufen am 27.11.2024
[11] McKeown NM, Fahey GC Jr, Slavin J. and van der Kamp JW: Fibre intake for optimal health: how can healthcare professionals support people to reach dietary recommendations? BMJ. 2022 Jul 20;378:e054370. doi: 10.1136/bmj-2020-054370. PMID: 35858693; PMCID: PMC9298262.
[12] Deutsche Gesellschaft für Ernährung: Ballaststoffe. Abgerufen am 13.12.2024