Kriecherl, Dirndl und anderes Wildobst: Gut und gesund

Schlehdorn

Schlehdorn, Bild: Pixabay, CCO

In Parks, Wäldern und auf anderen Grünflächen wächst oft Wildobst auf Bäumen oder Sträuchern, von denen nach Lust und Liebe geerntet werden kann. Auch in Städten gibt eine große Vielfalt an solchen Gewächsen. Wilde Haselnuss, Holunder und Hundsrose (Hagebutte) kennen wohl die meisten Menschen.  Die bESSERwisser stellen hier die weniger geläufigen Wildobstarten Felsenbirne, Dirndl (Kornelkirsche), Wildpflaume (Kriecherl), Schlehe, Elsbeere, Mispel und Maulbeere vor.

Was ist „Wildobst“?

Unter Wildfrüchten oder Wildobst versteht man die Früchte von Obstarten, die vom Menschen nur wenig züchterisch bearbeitet wurden. Das bedeutet  natürlich nicht, dass sie nicht auch in Gärten wachsen oder in manchen Regionen sogar erwerbsmäßig vermarktet werden können.

Zum Naschen frisch vom Baum oder Strauch sind viele Sorten bestens geeignet. Will man aber mehr von den Früchten ernten oder gar konservieren, zeichnen sie sich leider durch eine sehr aufwändige Verarbeitung mit viel Handarbeit aus. Deshalb haben sie auch nicht den Weg in die industrielle Lebensmittelproduktion gefunden.

Dabei haben viele Wildobstsorten erwiesenermaßen positive Auswirkungen auf die Gesundheit. Wildfrüchte enthalten häufig bioaktive Inhaltsstoffe, wie beispielsweise Anthocyane oder Flavonoide. Wildobst kann als freier Radikalfänger oder Antioxidans wirken und  entzündungshemmende, antimikrobielle und antikanzerogene Eigenschaften haben. Ein gesundheitlicher Benefit durch den Konsum von Wildobst konnte mittlerweile in vielen Studien gezeigt werden [1].

Felsenbirne

Felsenbirne, Bild: Melanie Konegger

Bereits im Juni kann man Felsenbirnen (Gewöhnliche Felsenbirne, manchmal auch Felsenmispel genannt) ernten. Ihre natürlichen Standorte sind sonnige Steilhänge, zum Beispiel auch im Wienerwald, und die Alpen. In  den letzten Jahren wird dieses Wildobst häufig in Parks und auf Grünstreifen oder in Hecken als  Futterangebot für Schmetterlinge und Vögel angepflanzt. Die Früchte haben allerdings keine Birnenform, der ursprünglich keltisch-gallische Name „amelanche“, zu Deutsch „Äpfelchen“, passt besser.

Felsenbirnen  sind dunkelblau und rund, in etwa nur so groß wie Kulturheidelbeeren und gehören zum Kernobst.  Sie enthalten u.a. Gerbstoffe, Flavonoide, Vitamine, Kalium und Zink.

Man kann die wohlschmeckenden Früchte roh genießen, sollte aber die kleinen Kerne unzerkaut schlucken, da sie – wie z.B. auch Apfelkerne – Blausäure enthalten. Bei der Verarbeitung zu Marmelade sollten die Kerne abgesondert werden, indem man das Mus durch die flotte Lotte dreht. Auch Saft oder Sirup lässt sich daraus machen, und natürlich auch Likör.

Maulbeere

Maulbeere, Bild: Pixabay, CCO

Die aus Asien stammende Weiße Maulbeere wurde ab dem 18. Jahrhundert in Europa gepflanzt, da die  grünen Blätter des Baumes als Nahrung für die Seidenspinnerraupen benötigt wurden.  Vor allem in Südeuropa wurden Maulbeerbäume als Grundlage für die Seidenproduktion gepflanzt, bis schließlich billige Seidenimporte  aus Südostasien diese überflüssig machten.  Aber auch in Österreich gibt es noch einzelne Maulbeerbäume und sogar Teile von Maulbeerbaumalleen, die damals auf Geheiß von Kaiserin Maria Theresia gepflanzt wurden.

Die Früchte ähneln länglichen Brombeeren und sind cremefarben oder ganz dunkel. Sie können direkt vom Baum gegessen werden oder müssen sofort getrocknet oder zu Saft verarbeitet werden, da sie sonst nicht haltbar sind. Da sie in unterschiedlichem Tempo reifen, erstreckt sich die Ernte über mehrere Wochen, von Ende  Juni bis Anfang August.

Die Früchte sind reich an Vitaminen, vor allem Vitamin C,  Mineralstoffen und Flavonoiden, haben aber auch einen für Obst ungewöhnlich hohen Eiweißgehalt. Sie wirken unter anderem blutdruckregulierend, cholesterinsenkend,  entzündungs­­hemmend und immunstärkend. In der traditionellen chinesischen Medizin finden auch die Blätter Verwendung.

Wildpflaume (Kriecherl)

Wildpflaume (Kriecherl), Bild; Melanie Konegger

Die Kriechen-Pflaume, in Österreich Krieche oder Kriecherl, in Deutschland  auch Hafer-Pflaume, Haferschlehe  oder  Pflaumenschlehe genannt,  ist eine unveredelte Kleinpflaume. Die kleinwüchsigen und kurzlebigen Bäume sterben am Ende ihres Lebens nicht ab, sondern bilden viele Jungtriebe aus dem Wurzelsystem. Daraus entstehen dichte Kriecherlgebüsche, die kaum noch zugänglich sind. Je nach Region können die Früchte sehr unterschiedlich aussehen: Im Waldviertel kommt das grün-gelbe und kugelige Waldviertler Kriecherl vor, meist sind die Früchte aber blau.

Die Früchte reifen Ende August bis September. Sie enthalten im Vergleich zu veredelten Pflaumensorten weniger Zucker, aber mehr Fruchtsäuren.

Das Fruchtfleisch lässt sich nicht gut vom Kern trennen. Das Marmeladekochen wird so zur Herausforderung. Oft wird daher dem Schnapsbrennen der Vorzug gegeben.

Kornelkirsche (Dirndl)

Kornelkirsche (Dirndl), Bild: Pixabay, CCO

Die in Ostösterreich als „Dirndl“  bezeichnete Kornelkirsche  ist den meisten wegen der zarten gelben Blüten bekannt. Das Hartriegelgewächs gehört zu den ersten blühenden Sträuchern. Bereits im März, bei warmen Wintern  schon im Februar, sind die Blüten in Gärten, Parks, Hecken  und an Waldrändern eine wichtige Bienenweide. Die Früchte reifen erst gegen Ende September und verstecken sich gut im dichten Blätterwerk.

Die glänzend roten länglichen Steinfrüchte enthalten einen großen Kern, der sich nur schwer vom Fruchtfleisch löst. Reife (sehr dunkelrote) Früchte können roh gegessen werden, sind allerdings etwas herb. Mit viel Geduld lässt sich daraus Marmelade zubereiten,  sie eigenen sich außerdem hervorragend zur Herstellung von Saft, Limonaden, Likören und Spirituosen. Getrocknete Früchte passen zu Fleisch- oder Reisgerichten oder als Kompott. Weniger bekannt ist die Verwendung der Blüten zur Aromatisierung von Getränken. Dirndl enthalten u.a. Gerbstoffe, Anthocyane, organische Säuren, mehrere Vitamine (B-C, E) und  Flavonoide.

In der Volksmedizin wurden die Früchte sowie ein Aufguss aus der Rinde als Mittel gegen Durchfall eingesetzt, daher auch der Name „Ruhrbeeren“.

Elsbeere

Elsbeeren, Bild: Melanie Konegger

Die Elsbeere, auch als Alz-oder Adlitzbeere oder Schweizer Birnbaum bekannt, ist ein Kernobst. Als Wildform kommt die wärmeliebende Elsbeere eher selten vor, unter anderem im westlichen Wienerwald, Teilen Niederösterreichs und des Burgenlands sowie in der Mittelsteiermark. Sie wird in letzter Zeit aber vermehrt angepflanzt, da sie eine wichtige Winterfutterpflanze für Eichhörnchen und Vögel ist. Die Bäume blühen erst Ende Mai/Anfang Juni, die Früchte können ab Ende September bis Ende Oktober geerntet werden.

Die rundlichen, kleinen Früchte haben erst eine grünliche, später rötliche  und schließlich eine bräunliche Farbe mit hellen Punkten. Die Oberfläche ist ledrig. Auch wenn sie nicht sehr einladend aussehen, sind sie auch roh genießbar. Sie enthalten viel Vitamin C  sowie Tannine, Fruchtsäuren und Carotinoide und sind leicht adstringierend.

Eine Besonderheit ist, dass die Früchte nicht abfallen, sondern nur nach und nach an den Stängeln verschrumpeln. Sie stehen Tieren, sofern sie nicht restlos abgefressen werden, den ganzen Winter über zur Verfügung. Die Ernte der Elsbeeren sollte erfolgen, bevor sie überreif werden. Die Früchte müssen händisch samt Stängeln einzeln aus den Bäumen gepflückt werden. Bei doch recht hohen Bäumen ist dies eine schwierige Aufgabe. Anschließend müssen die Elsbeeren noch, ebenfalls per Hand, von den Stängeln gelöst werden.

Je reifer die Früchte  werden, desto mehr Gerbstoffe werden abgebaut, und desto süßer werden sie.  Beim Einkochen zu Marmelade oder Kompott wird das Tannin durch die Hitzeeinwirkung abgebaut. Getrocknet finden Elsbeeren als Zutat für Müsli oder in Schokoladen Verwendung.  Am bekanntesten sind die Spirituosen – der Likör und noch mehr der Elsbeerenbrand, auch als Adlitzbeerenschnaps beziehungsweise im Elsass als Alisier bezeichnet.

Wie die Dirndln sind auch Elsbeeren als „Ruhrbirnen“ bekannt, da sie wegen der Gerbstoffe schon seit der Antike  ein beliebtes Mittel gegen Durchfälle und die Ruhr waren.

Schlehdorn

Schlehdorn, Bild: Pixabay, CCO

Der Schlehdorn (Schlehe, Schwarzdorn) bevorzugt sonnige Standorte und wächst in vielen Hecken und Parkanlagen. Er wird heute wieder vermehrt gepflanzt, da Vögel wie Meisen oder Grasmücken sowohl Nester in seinem Gestrüpp anlegen als auch die Beeren lieben. Der Neuntöter, ebenfalls ein Vogel,  spießt seine Beute gerne an den Dornen der Schlehe auf.

Die kleinen blauschwarzen, kugeligen Früchte reifen ab Ende September oder Oktober. Früher wurden sie erst nach dem ersten Frost geerntet, da sie davor sehr herb schmecken wegen des hohen Tanningehalts. Durch den Frost wird ein Teil der Gerbstoffe abgebaut. Wegen des Klimawandels wird heute oft durch Tiefkühlen nachgeholfen, wenn sich kein Frost einstellt.  Aus den Früchten kann Marmelade oder Fruchtsaft gemacht werden, aber auch Likör oder Schnaps (Schlehengeist). Man kann die Steinfrüchte aber auch kurz vor dem Reifen pflücken und wie Oliven einlegen. Auch die Blüten können in  Zuckerwasser benetzt und getrocknet als essbare Dekoration verwendet werden.

Blüten, Rinde und Früchte wirken adstringierend (zusammenziehend), harntreibend und fiebersenkend. Ein Tee aus den Blüten war früher bei Magenproblemen und Durchfallerkrankungen beliebt.

Mispel

Mispel, Bild: Pixabay, CCO

Die Mispel (auch Echte oder Deutsche Mispel) ist ebenfalls ein Kernobstgewächs. Der kleine Baum bevorzugt mildes Klima, stellt aber sonst nur geringe Standortansprüche. Die rundlichen, bei Wildformen nur 1,5 bis 3 cm Durchmesser großen Früchte (in Ostösterreich häufig Asperln genannt) werden erst gegen Ende Oktober oder Anfang November reif. Sie sind bräunlich und unansehnlich, mit großen Kelchblättern an der Spitze. Sie enthalten Gerbstoffe, Säuren und Vitamin C.

Mispeln können roh gegessen werden, allerdings empfiehlt es sich, die harten Kelchblätter nicht mitzuessen. Am besten kann man die Früchte nach dem ersten Frost essen, alternativ kann man sie vorher pflücken und danach lagern, bis sie essbar sind. Durch das Lagern werden Tannine und Fruchtsäuren abgebaut, die Früchte werden weich und ihr Zuckergehalt steigt. Am bekanntesten ist wohl ihre Verarbeitung zu Marmeladen.

Mispeln waren früher als Obstbäume weit verbreitet. Kulturformen haben auch etwa doppelt so große Früchte als Wildformen. Unreife Früchte haben einen Tannin-Gehalt von etwa 2,6 % und wurden mit Blättern und Borke zum Gerben genutzt. Aufgrund ihrer harntreibenden und adstringierenden Wirkung wurden sie gegen Fieber und Durchfall verwendet.

Quellen:

Li Y., Zhang JJ, Xu DP et al.: Bioactivities and Health Benefits of Wild Fruits (2016). Int J Mol Sci. 2016;17(8):1258. doi:10.3390/ijms17081258

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