01.02.2021
Brot aus Sauerteig: Gesund und lange haltbar
Brotbacken ist wieder voll im Trend, und viele greifen dafür auf den guten alten Sauerteig zurück. Frisches Sauerteigbrot punktet vor allem mit seinem unvergleichlichen Duft und Geschmack. Aber was macht Sauerteig so besonders, und ist Sauerteigbrot gesünder als herkömmliches Brot, das mit Hefe gebacken wurde? Die bESSERwisser haben recherchiert.
Brotbacken: Vom antiken Ägypten bis heute
Brotbacken zählt zu den ältesten Errungenschaften der Menschheit. Dafür sind im Prinzip nur wenige Zutaten nötig: Wasser, Getreide (bzw. Mehl), Salz – und Triebkraft. Und diese kommt beim herkömmlichen Brot von der zugesetzten Hefe, und beim Sauerteigbrot von Milchsäurebakterien.
Es wird vermutet, dass Getreide bereits 700 v. Chr. von Menschen kultiviert wurde, um deren Überleben zu sichern. Schon im antiken Griechenland und Ägypten sowie bei den Römern und Babyloniern war Brot ein Teil der Ernährung. So war schon damals das Fladenbrot, das mit Hefe hergestellt wird, eine beliebte Form von Brot. Auch Sauerteigbrot hat eine lange Geschichte: Die Gärung von Weizen mit Hefe und Milchsäurebakterien ist ein uralter biochemischer Prozess, dessen Tradition im alten Ägypten seinen Ursprung hat.
Dank vielfältiger Technologien wird heute in weiten Teilen der Welt eine Vielzahl unterschiedlicher Brotarten gebacken. Auch das Sauerteigbrot hat sich bis zur jetzigen Zeit gehalten. Beim Brotbacken kommen neben Weizen auch andere Arten von Getreide zum Einsatz. Insgesamt werden weltweit über 30 Getreidesorten angebaut und konsumiert. Bei uns sind vor allem Weizen, Gerste, Reis, Roggen, Mais und Amaranth sowie Hirse bekannt [1].
Sauerteig: Einfache Herstellung aus Wasser und Mehl
Bei Sauerteig, einem der ältesten biologischen Triebmittel, handelt es sich im Prinzip um nichts anderes als ein fermentiertes Gemisch aus Mehl und Wasser. Die Herstellung von Sauerteig ist anfangs recht zeitaufwendig und beginnt mit dem Herstellen eines so genannten Starters, auch Anstellgut genannt: Dazu wird Wasser mit Mehl vermengt und zugedeckt bei Zimmertemperatur stehen gelassen. Alle 24 Stunden werden gleiche Mengen an Wasser und Mehl zugegeben. Damit Sauerteigbrot gelingt, ist es wichtig, dass der Sauerteig ausreichend aktiv ist. Das erkennt man daran, dass im Ansatz nach drei bis vier Tagen Luftbläschen sichtbar sind und er frisch säuerlich riecht. Für das Ansetzen von Sauerteig wird meist Weizen- oder Roggenmehl verwendet.
Ein Teil des Anstellguts kann dann ab dem dritten oder vierten Tag fürs Brotbacken verwendet werden. Der Rest der Sauerteig-Masse wird als Basis zum Weiterführen der Sauerteig-Kultur aufbewahrt. Diese muss regelmäßig mit Wasser und Mehl gefüttert werden. Ein Teil wird immer zum Brotbacken entnommen, und ein Teil wird weitergeführt. Es soll daher Sauerteige geben, die durch diesen Kreislauf schon mehrere Jahrzehnte alt sind.
Wird nicht wie beim Bäcker täglich Brot gebacken, kann der Ansatz im Kühlschrank gelagert werden, wo er länger haltbar ist und bis zu 14 Tage ohne „Füttern“ stehen kann. Zum Füttern nimmt man das Anstellgut aus dem Kühlschrank, vermengt es mit gleichen Teilen Mehl und Wasser und lässt das Ganze ein paar Stunden, wie gewohnt, bei Zimmertemperatur stehen. Sobald der Ansatz wieder Aktivität zeigt, kann er zurück in den Kühlschrank gestellt werden. Zum Backen nimmt man dann, je nach Rezept, einen Teil des Anstellguts aus dem Kühlschrank, um einen neuen Brotteig anzusetzen. Will man den Ansatz langfristig konservieren, kann er auch eingefroren oder getrocknet und als Trockensauerteig verwendet werden [1,2].
Säuerlicher Geschmack und Triebkraft des Sauerteigs durch Milchsäurebakterien
Mikroorganismen kommen heute standardmäßig bei der Lebensmittelproduktion zum Einsatz. Für das Gelingen von Sauerteig ist die Aktivität ganz bestimmter Mikroorganismen notwendig: Im Sauerteig finden sich vor allem Milchsäurebakterien, aber auch Essigsäurebakterien und Hefen. Die Milchsäurebakterien stammen aus dem verwendeten Wasser und dem Mehl. Die Mikroflora von Rohgetreide besteht aus Bakterien, Hefen und Pilzen und enthält die für den Sauerteig typischen Milchsäurebakterien.
Bei der Milchsäuregärung (Fermentation) wird das Mehl – genauer gesagt der Zucker aus dem Getreide – vergoren. Das saure Milieu und der anfangs niedrige pH-Wert von 5,0–6,2 bieten Milchsäurebakterien die idealen Bedingungen. Anhand ihres Gärungsstoffwechsels und der vorhandenen oder nicht vorhandenen Kohlenstoffdioxid-Produktion werden Milchsäurebakterien in verschiedene Gruppen eingeteilt. Man unterscheidet dabei zwischen homo- und heterofermentativen Arten. Homofermentative Bakterien produzieren bei der Fermentation ausschließlich Milchsäure, während bei der heterofermentativen Gärung zusätzlich Essigsäure, Kohlendioxid und Ethanol (Alkohol) entstehen. Im Sauerteig gibt es sowohl homo- als auch herterofermentative Milchsäurebakterien. Die typischen Arten im Sauerteig sind Lactobacillus plantarum (homofermentativ) und Lactobacillus brevis (heterofermentativ) [3,4].
Einfluss der Gärungsprodukte auf Geschmack und Konsistenz
Milch- und Essigsäure verleihen Backwaren aus Sauerteig letztendlich deren charakteristischen säuerlichen Geschmack. Das Kohlendioxid lockert als Triebmittel den Teig auf, weshalb heterofermentative Milchsäurebakterien bei der Sauerteigherstellung von größerer Bedeutung sind. Da bei schweren Hefe-Roggenteigen die Triebkraft der Hefe allein oft nicht ausreicht, werden noch zusätzlich Sauerteigkulturen beigemengt, um das Brot schön aufgehen zu lassen. Bei manchen Sauerteigrezepten wiederum kommt zusätzlich Hefe zum Einsatz. Durch die Zugabe von Hefe zum Sauerteig entstehen ebenfalls Kohlendioxid und Ethanol (Alkohol), welcher in Essigsäure umgewandelt wird [1,4].
Der Geschmack des Sauerteiges ist vom Verhältnis der gebildeten Milch- und Essigsäure abhängig. Dieses ist jedoch nicht immer gleich und hängt unter anderem von der Teigtemperatur bei der Teigführung ab. Hält man die Temperatur bei der Sauerteigherstellung niedriger – zwischen 24 und 28 Grad Celsius – wird der Teig saurer, da mehr Essigsäure entsteht. Bei höheren Temperaturen ab etwa 30 Grad Celsius überwiegt der Anteil an Milchsäure, und der Teig wird milder [5].
Auch die Konsistenz von Sauerteig ist nicht immer gleich. Sauerteig aus Roggenmehl erinnert in seiner Konsistenz an Schokoladenmousse, ein Weizensauerteig hingegen ist eher schaumig und leicht wabbelig. Es gibt aber auch andere Varianten, die auf Hafer, Gerste oder Mais basieren. Je nach verwendeter Getreideart variieren Geschmack, Nährwert und Haltbarkeit [2].
Vorteile von Brot aus Sauerteig
Die Milchsäuregärung beim Brotbacken ist traditionell, natürlich und nachhaltig. Die Verwendung von Sauerteig garantiert eine bessere Textur sowie Haltbarkeit im Vergleich zu konventionellem Brot aus Hefe. Das saure Milieu und die verschiedenen Metabolite – also Stoffwechselprodukte – von Mikroorganismen im Sauerteig tragen zur Hemmung des Wachstums von Schimmel und anderen schädlichen Mikroorganismen bei. Außerdem wird der Nährwert verschiedenster tierischer und pflanzlicher Lebensmittel durch die Fermentation mit Milchsäurebakterien verbessert [2,6]. Neueste Forschungen beschäftigen sich mit verschiedenen Getreidesorten als sogenanntes „functional food“. So werden Lebensmittel bezeichnet, die neben der Ernährung einen weiteren Zweck erfüllen und zusätzliche Vorteile für die Gesundheit bringen können. Darüber hinaus werden ernährungsphysiologische Vorteile von Sauerteig diskutiert [1]:
Höherer Gehalt an sekundären Pflanzenstoffen
Unter allen Verarbeitungsmöglichkeiten von Getreide hat die Sauerteigfermentation den größten Einfluss auf den Gehalt und die Bioverfügbarkeit von sekundären Pflanzenstoffen. Letztere beschreibt die Aufnahme von Stoffen über den Darm während der Verdauung. Im Vergleich zu anderen Herstellungsverfahren ist der Gehalt an sekundären Pflanzenstoffen in Backwaren aus Sauerteig wesentlich höher [6].
Niedriger glykämischer Index
Durch die Fermentierung sinkt der glykämische Index (GI) von Sauerteigbrot, und die Verdauung von Stärke wird erleichtert [6]. Der GI ist ein Maß für den Anstieg des Blutzuckers und der damit verbundenen Insulinausschüttung nach der Zufuhr von kohlenhydrathaltigen Lebensmitteln. Lebensmittel mit einem niedrigen GI sind beispielsweise Vollkornprodukte, Obst, Gemüse oder Hülsenfrüchte. Der Verzehr von diesen Lebensmitteln wirkt sich somit günstig auf den Langzeitblutzucker aus und hat eine präventive Wirkung auf die Entwicklung von Diabetes mellitus Typ 2 [7].
Bessere Aufnahme von Nährstoffen
Durch die Milchsäuregärung entsteht ein saures Milieu, der pH-Wert sinkt und der Gehalt an Phytinsäure wird um mehr als die Hälfte reduziert. Im Vergleich zu konventionellem Vollkornbrot enthält Sauerteigbrot also wesentlich weniger Phytinsäure. Dadurch sind Mineralien, Aminosäuren und Proteine besser bioverfügbar. [6,8].
Bessere Verträglichkeit bei Zöliakie
Durch Enzyme der Milchsäurebakterien werden Proteine im Getreide aufgespalten. Das wirkt sich wiederum positiv auf die Verträglichkeit von Backwaren bei Menschen mit Allergien und Unverträglichkeiten aus. Während der Sauerteigfermentation wird das Klebereiweiß Gluten im Weizenmehl aufgespalten. Studien zeigten beispielsweise eine generell bessere Bekömmlichkeit von Sauerteigbackwaren für Menschen mit Zöliakie (Glutenunverträglichkeit) [6].
Reduktion des Salzgehalts
Generell schmecken Backwaren aus Sauerteig von Natur aus salziger als herkömmliches Brot und Gebäck, da während der Fermentation durch Michsäurebakterien geschmacksbildende Fett- und Aminosäuren entstehen. Daher benötigt man weniger Salz, was sich wiederum positiv auf die Gesundheit auswirkt [6, 9].
Praxistipps: So gelingt das perfekte Sauerteigbrot
- Für den Sauerteigansatz eignet sich am besten Bio-Mehl, das in der Steinmühle gemahlen wurde. Dieses enthält noch wertvolle Randschichten des Getreides, die zur Bildung des Sauerteiges wichtig sind.
- Für besonders säuerliches und lockeres Sauerteig-Gebäck möglichst dunkles Mehl mit hoher Mehltype-Zahl verwenden. Diese Zahl gibt den so genannten Aschegehalt an – dafür werden 100 Gramm Mehl verbrannt, und die übrig gebliebene Asche wird gewogen. Je höher diese Zahl, umso höher ist auch der Mineralstoffgehalt des Mehls.
- Sauerteig mag es warm. Daher sollte der Sauerteigansatz an einem konstant warmen Ort stehen, wie beispieslweise in der Nähe eines Heizkörpers. Alternativ kann man auch das Gefäß, in dem man den Sauerteig ansetzt, anwärmen. Im Sommer ist das nicht notwendig.
- Den Sauerteigansatz sollte man auf jeden Fall abdecken, aber nicht luftdicht verschließen. Die Mikroorganismen brauchen etwas Sauerstoff, um zu arbeiten. Deshalb mit einem Tuch abdecken oder den Deckel eines Schraubglases lose auflegen.
- Geduld, Geduld, Geduld. Wenn es beim ersten Mal nicht klappt, einfach einen neuen Versuch starten.
- Für eine knusprige Brotkruste am besten den Laib vor dem Backen mit Wasser bestreichen, mit Mehl bestäuben und einritzen.
- Tipp für Profis: Wer das Grundrezept beherrscht, kann sein Sauerteigbrot durch weitere Zutaten wie Nüsse, Kerne, Oliven, Apfel oder Speck aufpeppen.
Fazit
Die Herstellung von Sauerteig hat lange Tradition. Sauerteig besteht im Prinzip nur aus Mehl und Wasser und ist leicht zuzubereiten. Das Ansetzen und Verarbeiten verlangt jedoch etwas Zeit, Geduld und Übung. Seinen einzigartigen Geschmack und seine Textur erhält der Sauerteig vor allem durch die Milchsäuregärung der darin enthaltenen Bakterien. Das so entstehende saure Milieu beeinflusst auch maßgeblich die Haltbarkeit und den Nährstoffgehalt von Sauerteigbbackwaren. Im Gegensatz zu normalem Hefebrot ist Sauerteigbrot insgesamt gesünder und besser verträglich, auch für Menschen mit Allergien und Unverträglichkeiten.
Quellen
[1] Sakandar HA., Hussain R., Kubow S et al.: Sourdough bread: A contemporary cereal fermented product (2019). Journal of Food Processing and Preservation. DOI: 10.1111/jfpp.13883
[2] Süddeutsche Zeitung: „Die Diva unter den Broten“ – Sauerteig braucht viel Geduld (2015).
[4] De Vuyst L. and Neysens P.: The sourdough microflora: biodiversity and metabolic interactions (2005). Trends in Food Science & Technology, 16(1-3), 43–56. doi:10.1016/j.tifs.2004.02.012
[5] Loderbauer J. Das Bäckerbuch in Lernfeldern. Verlag Handwerk und Technik, Hamburg, Deutschland, 2008.
[6] Gobetti M., De Angelis M., Di Cagno R. et al.: Novel insights on the functional/nutritional features of the sourdough fermentation (2019). International Journal of Food Microbiology, S. 103-113. DOI: 10.1016/j.ijfoodmicro.2018.05.018
[7] https://www.oege.at/index.php/component/content/article/56-bildunginformation/diaetetik/erkrankungen/1813-uebergewicht-adipositas
[8] Koistinen VM, Matilla O., Katina K. et al.: Metabolic profiling of sourdough fermented wheat and rye bread (2018). Sci Rep 8, 5684.
[9] Gobbetti M., Rizzello CG, Di Cagno R. et al.: How the sourdough may affect the functional features of leavened baked goods (2004). Food Microbiology, 37, S. 30–40. DOI: 10.1016/j.fm.2013.04.012