Vitamin C gilt als das Vitamin, das vor Erkältungen und Infekten schützt. Ist es sinnvoll, in der kalten Jahreszeit mehr davon zu sich zu nehmen, um nicht krank zu werden? Und kann es bei einem Infekt bewirken, dass man schneller gesund wird? In welchen Lebensmitteln ist es enthalten? Was muss man bei der Zubereitung beachten? Antworten auf diese Fragen liefern die bESSERwisser.
Vitamin C – eine lange Geschichte
Das wasserlösliche Vitamin C wird auch als Ascorbinsäure, L-Ascorbinsäure oder Natrium-L-Ascorbat bezeichnet. Es wurde 1928 vom ungarischen Wissenschaftler Albert Szent-Györgyi erstmals aus Paprika und Kohl isoliert. Fünf Jahre später klärte Walter Norman Haworth die chemische Struktur des Vitamins auf, und der Chemiker Tadeus Reichstein entwickelte ein Verfahren für die industrielle Herstellung dieses Vitamins aus Traubenzucker. Alle drei Wissenschaftler wurden später mit dem Nobelpreis für Medizin und Chemie ausgezeichnet.
Vitamin C ist essentiell und kann vom menschlichen Körper nicht selbst hergestellt und auch nicht gespeichert werden. Ein Überschuss davon wird ausgeschieden. Lange Zeit wusste man das nicht, und so erkrankten vor allem im 17. Jahrhundert viele Seefahrer bei langen Reisen an Skorbut, da sie nur Vitamin C-freie Nahrung wie Zwieback oder Dörrfleisch zu sich nahmen. Skorbut tritt bei langanhaltendem Vitamin C-Mangel auf und führt zu aufgeweichten Knochen, Zahnfleischbluten und Herzmuskelschwäche, der Verlauf ist meist tödlich. Im Jahr 1752 jedoch fand der englische Schiffsarzt James Lind zufällig eine Behandlungsmethode gegen diese Mangelerkrankung: frische Orangen und Zitronen. Zum ersten Mal hatte er auf dem Schiff frische, Vitamin C-haltige Zitrusfrüchte dabei. Das rettete fortan den Seefahrern das Leben. Später wurde der Seefahrer James Cook geehrt, weil er auf hoher See immer Sauerkraut und Zitronen mitführte und so keine Matrosen mehr verstarben. [1]
Vitamin C regelt wichtige Prozesse im Körper
Vitamin C regelt viele Stoffwechselprozesse im Körper: So ist dieses Vitamin am Aufbau des Bindegewebes (Kollagen), der Knochen und der Zähne sowie der Bildung von Botenstoffen und Hormonen beteiligt. Außerdem wirkt es antioxidativ. Das bedeutet, es schützt die Zellen im Körper vor freien Radikalen, indem es schädliche Verbindungen und reaktive Sauerstoffmoleküle abfängt. Bei pflanzlichen Lebensmitteln verbessert es die Eisenabsorption und hemmt die Bildung von Nitrosaminen, die krebsauslösend wirken können. [2] [3]
Langfristiges Speichern von Vitamin C ist nicht möglich. Kurzfristig allerdings kann es im menschlichen Körper in Organen und Geweben wie Nebenniere, Hypophyse oder Augenlinse kurzfristig deponiert werden. Auch Milz und Gehirn können das über die Nahrung aufgenommene Vitamin C speichern. In Leukocyten und Plasma konnten ebenfalls Ansammlungen dieses Vitamins nachgewiesen werden. [4]
Vorkommen
Als Lebensmittelzusatz
In verarbeiteten Lebensmitteln wird Vitamin C oft als Zusatzstoff beigegeben, um diese haltbar und farbstabil zu machen. Dadurch werden Lebensmittel vor unerwünschten Reaktionen mit Sauerstoff geschützt. Enthaltenes Fett wird nicht so schnell ranzig, und auch die Farbe verändert sich nicht so schnell, wodurch die Lebensmittel länger appetitlich aussehen.
Auf der Verpackung wird Vitamin C als Antioxidationsmittel unter den Nummern E300 bis E304 sowie E315 und E316 ausgewiesen. [5] Im Supermarkt findet man auch Lebensmittel, die extra mit Vitamin C angereicherte wurden, wie beispielsweise Fruchtsäfte, Joghurt oder Kaugummi.
Natürliches Vorkommen
Vitamin C kommt natürlich in allen Obst und vielen Gemüsesorten vor. Die Annahme, dass Zitrusfrüchte den höchsten Vitamin C-Gehalt haben, hält sich hartnäckig. Dieser Mythos ist aber nicht richtig, wie in der unten angeführter Tabelle ersichtlich ist – Zitronen und Orangen liegen weit hinten im Vitmain C-Ranking.
Vitamin C-Gehalt verschiedener Lebensmittel, absteigend in Milligramm pro 100 Gramm [6] [7] [8]:
Vitamin C reagiert empfindlich auf Hitze, Wasser, Sauerstoff und Licht. Sein Gehalt kann demnach in einem bestimmten Lebensmittel je nach Erntezeitpunkt, Transport, Dauer und Art der Lagerung unterschiedlich sein. Ein Paprika zum Beispiel, der eine Woche im Kühlschrank gelagert wurde und dann klein geschnitten verkocht wird, weist kaum mehr Vitamin C auf. Die Ausrichtung zur Sonne, während das Obst oder Gemüse wächst, spielt auch eine Rolle für dessen Vitamin C-Gehalt. So haben zum Beispiel zur Sonne ausgerichtete Orangen eine höhere Vitamin C-Dichte als schattenseitig gewachsene Orangen.
Auch die Zubereitungsart ist ausschlaggebend. Es wird empfohlen, das Obst und Gemüse nach Möglichkeit nur kurz zu waschen, da Vitamin C aufgrund seiner Wasserlöslichkeit leicht herausgewaschen werden kann. Gemüse sollte bei niedriger Temperatur gegart oder überhaupt roh verzehrt werden.
Verzehrmengen
39% der ÖsterreicherInnen, davon mehr Frauen als Männer, schlucken regelmäßig Nahrungsergänzungsmittel, um vermeintliche Defizite auszugleichen. Die empfohlene tägliche Menge an Vitamin C bei Erwachsenen liegt zwischen 90 und 110 Milligramm. RaucherInnen, Schwangere oder stillende Frauen benötigen bis zu 155 Milligramm pro Tag. Das würde zum Beispiel schon ein halber roter Paprika (75g) oder ein kleines Glas Orangensaft (125ml), beinhalten. 150 Gramm gegarter Karfiol, ein Apfel und zwei mittelgroße Tomaten würden die Menge ebenfalls abdecken. Überdosierungen sind durch natürliche Lebensmittel so gut wie nicht möglich, weil überschüssiges Vitamin C einfach ausgeschieden wird. Werden Nahrungsergänzungsmittel eingenommen, kann das bei zu hohen Dosen (ab etwa 3 Gramm täglich) jedoch zu Übelkeit, Durchfall, Blähungen und Magenkrämpfen führen. Ist der Vitamin C-Spiegel wiederum dauerhaft zu niedrig, führt das zu Müdigkeit, Schwäche und Zahnfleischbluten.
Schutz des Immunsystems
Da Vitamin C durch seine radikalfangenden Eigenschaften auch zur Immunabwehr beiträgt, empfehlen viele Ärzte oder Ernährungswissenschaftler eine höhere Zufuhr bei Infektionen. Bei einem Infekt verbraucht der Körper aufgrund der erhöhten Entzündungsreaktionen und Stoffwechselaktivität erheblich mehr Vitamin C. Vitamin C kann die Immunsuppression verhindern, indem es Zellen des Immunsystems vor oxidativem Stress schützt. [9] Eine Studie von 2013 besagt, dass die Erkältungsdauer bei Erwachsenen durchschnittlich um 8% reduziert wurde, wenn während der Erkältung mehr als 0,2 Gramm Vitamin C täglich eingenommen wurden. Bei Kindern konnte die durchschnittliche Erkältungsdauer sogar um bis zu 18% gesenkt werden, wenn die tägliche Dosis an Vitamin C ein bis zwei Gramm betrug. Routinemäßige Vitamin C-Supplemetierungen hingegen, führten zu keinem Ergebnis. [10][11][12]
Fazit
Eine gesunde Ernährung beinhaltet von sich aus schon ausreichend Vitamin C, wenn man sich an die täglich empfohlenen zwei Portionen Obst und drei Portionen Gemüse hält. So kommt es außerdem auch zu einer Mischung von sekundären Pflanzenstoffen, Spurenelementen und Mineralien, die in Obst und Gemüse natürlich vorkommen, und Vitamin C kann gut absorbiert werden. Hier sollte man auf die optimale Lagerung und Zubereitung von Früchten und Gemüse achtet, um so auch die bestmögliche Dosis an Vitmain C abzubekommen. Während der Erkältungszeit kann es allerdings Sinn machen, vorübergehend zusätzlich Vitamin C in Form von Nahrungsergänzungsmitteln einzunehmen.
Eine kurze Bestrahlung mit UV-Licht kann den Vitamin-D-Gehalt in Pilzen um ein Vielfaches steigern. Einen solchen Vitamin-Boost gibt es auch für Milch und Hefe. Die bESSERwisser haben recherchiert.
Neben den Tieren und Pflanzen bilden die Pilze eine große Gruppe der Lebewesen, man spricht auch von einem eigenen „Reich“. Schätzungen zufolge gibt es weltweit bis zu fünf Millionen verschiedener Pilzarten, von denen aber erst rund 100.000 wissenschaftlich beschrieben wurden [1, 2]. In Mitteleuropa kennt man etwa 10.000 Arten von Großpilzen – so werden Pilze genannt, deren oberirdisch wachsender Teil, der Fruchtkörper, mit bloßem Auge gut erkennbar ist [1]. Alleine in Österreich gibt es etwa 200 Großpilze, deren äußerer Teil zum Verzehr geeignet ist und die somit als Speisepilze gelten [2, 3].
Pilze: gut für die Gesundheit
Pilze bestehen nicht nur aus dem außen sichtbaren Fruchtkörper, sondern auch aus dem Myzel – einem unter der Erde verlaufenden Geflecht aus Pilzfäden (Hyphen). Dieses dient der Nährstoff- und Wasseraufnahme und ermöglicht es Pilzen des Weiteren, sich auszubreiten und kann riesige Ausmaße annehmen. Beim Hallimasch (Armillaria ostoyae) etwa, einem parasitären Pilz, der Bäume befällt und ihnen langsam, aber sicher das Leben aussaugt, kann das Myzel eine Fläche von bis zu 10 Quadratkilometern einnehmen [1, 2, 3].
Essbare Pilze wie beispielsweise Champignons, Eierschwammerl oder Steinpilze zeichnen sich durch ihren geringen Kaloriengehalt und ihre „guten“ Fette wie beispielsweise Ölsäure oder Linolsäure aus. Pilze sind außerdem eine gute Quelle für Antioxidantien [3, 4] und enthalten eine hohe Menge an Mikronährstoffen. Diese liefern im Gegensatz zu den Makronährstoffen (Proteinen, Kohlenhydraten und Fetten) zwar keine Energie, sind aber gut für die Gesundheit [5]. Zu den Mikronährstoffen zählt beispielsweise Vitamin D.
Vitamin D schützt DNA vor UV-Schäden
Einer Theorie zufolge entstand Vitamin D schon in den allerfrühesten Lebensformen vor über 900 Millionen Jahren. Zu dieser Zeit waren Lebewesen wie etwa Cyanobakterien einer enormen Menge an UV-Strahlung ausgesetzt, da es noch keine Atmosphäre gab, die sie davor schützte [6, 7]. Cyanobakterien sind Mikroorganismen, die als Einzeller, Zellkolonien oder als Fäden in vielen Lebensräumen zu finden sind und heute beispielsweise einen der Bestanteile von Phytoplankton bilden. Sie waren die ersten, die damals durch Photosynthese Sauerstoff herstellten und somit dann im Laufe der Zeit unsere Atmosphäre formten, wie wir sie heute kennen.
Starke UV-Belastung schädigte unter den atmosphärenfreien Bedingungen die DNA und war tödlich. Vitamin D und seine Vorstufen jedoch konnten das UV-Licht absorbieren und dadurch einen Schutz dagegen bieten. Daher überlebte damals jenes Plankton, welches Gene für die Vitamin-D-Produktion besaß, mit einer höheren Wahrscheinlichkeit und konnte so diese Fähigkeit an seine Nachkommen weitergeben – ein Prozess der natürlichen Selektion [8, 9].
Vitamin D3 entsteht im menschlichen Körper über mehrere Zwischenschritte: Durch UV-B-Strahlung wird in unseren Hautzellen aus Provitamin D3 zunächst das Previtamin D3 hergestellt. Dieses wird dann schlussendlich in der Leber und den Nieren in die aktive Form des Vitamins D3 umgewandelt. Unser Körper schafft es auf diese Weise, rund 80 bis 90 Prozent des benötigten aktiven Vitamins D3 selbst herzustellen. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass man sich genügend im Freien an der Sonne aufhält. Fensterscheiben filtern die notwendigen UV-B Strahlen übrigens [10].
Vitamin D2 hingegen wird von Pilzen und Hefen produziert und geht ebenfalls aus einer Vorstufe, in diesem Fall dem Provitamin D2, hervor. Dieses benötigt genauso wie Vitamin D3 UV-B-Strahlung, um in seine aktive Form umgewandelt zu werden.
Bei einer Bestimmung des Vitamin-D-Gehalts aus dem Blut messen Ärzt:innen nicht direkt die Menge an Vitamin D, sondern die einer Vorstufe des aktiven Vitamins, nämlich von 25-Hydroxyvitamin D. Es wurde gezeigt, dass dessen Menge sowohl durch die Aufnahme bzw. Bildung von Vitamin D3 und D2 erhöht werden kann [11, 12, 13].
Vitamin-D-Defizit und mögliche Folgen
In unserem Körper wird die aktive Form von Vitamin D dazu benötigt, um das Kalzium-Phosphat-Gleichgewicht zu regulieren und hat so einen großen Einfluss auf unser Muskelskelett sowie das Immun-, Nerven- und Blutkreislaufsystem [14]. Bei Unterversorgung mit Vitamin D kann es zur Demineralisierung der Knochen und in weiterer Folge zu Osteoporose kommen [15]. Das Sonnenvitamin ist außerdem in der Lage, Makrophagen – das sind Immunzellen, die Eindringlinge auffressen – zu aktivieren und die Produktion von antimikrobiellen Stoffen auszulösen [16]. In diesem Kontext ist es in unserem Körper gegen den Kampf von Krebszellen beteiligt, und es gibt dementsprechend auch einen Zusammenhang zwischen einem geringen Vitamin-D-Level und einem erhöhten Krebsrisiko [17].
Tagesbedarf oft schwierig zu decken
Der Tagesbedarf an Vitamin D liegt laut der European Food Safety Authority (EFSA) bei 15 Mikrogramm für alle Personen, die älter sind als ein Jahr. Noch jüngere Kleinkinder benötigen nur 10 Mikrogramm pro Tag. Obwohl Vitamin D häufig in Form von Nahrungsergänzungsmitteln aufgenommen wird, wird angenommen, dass rund 40 Prozent der Europäer:innen heute an einem Vitamin-D-Defizit leiden und 13 Prozent eine schwerwiegende Unterversorgungen aufweisen [18]. Gefährdet sind dabei vor allem ältere Personen, und hier besonders diejenigen, die sich in Pflege befinden und daher nicht mehr so viel ins Freie kommen. Des Weiteren nimmt die Hautdicke mit dem Alter zu, und somit wird von älteren Personen generell auch weniger Vitamin D gebildet. Personen mit höherer Hautpigmentierung und Menschen, die aus religiösen oder kulturellen Gründen ihre Haut bedecken sowie Säuglinge, die ja direkte Sonnenstrahlen meiden sollten, zählen ebenfalls zu den Risikogruppen für einen Mangel an Vitamin D [19]. Auch Personen mit chronischen Nierenerkrankungen oder Verdauungsstörungen sowie Veganer:innen sind häufig davon betroffen [20].
Übrigens: Die empfohlene Tagesdosis von Vitamin D bezieht sich auf Personen, die sich nicht an der Sonne aufhalten und denen somit körpereigenes Vitamin D fehlt [21, 22]. Daher sollte man überprüfen lassen, ob der Körper nicht selbst schon genügend Vitamin D bereitstellt, bevor man Vitamin-D-Präparate zu sich nimmt.
UV-behandelte Schwammerl für mehr Vitamin D
UV-Licht für mehr Vitamin D! Durch eine gezielte Behandlung mit UV-Licht ist es mittlerweile möglich, Pilze dazu zu bringen, mehr Vitamin D zu produzieren. Konkret konnte gezeigt werden, dass die UV-Behandlung den Vitamin-D2-Gehalt von Pilzen erhöhen kann. Dies könnte sie zu einer guten Alternative zu den klassischen Vitamin-D-Nahrungsergänzungsmitteln machen. Es konnte nämlich gezeigt werden, dass der Verzehr von UV-behandelten Pilzen prinzipiell die gleiche Auswirkung wie die Einnahme von Vitamin-D-haltigen Nahrungsergänzungsmitteln hat und nachweislich die Vitamin- D2-Werte im Blut erhöht [19, 23,24 ,25].
Die Methode der Bestrahlung ist recht simpel: Die Pilze werden einer kontrollierten Dosis an UV-Licht von einer UV-Lampe ausgesetzt, wobei das beste Resultat mit UV-B Strahlung (Wellenlänge von 280-315nm) erzielt wird [26, 27]. Je länger Pilze UV-B Strahlung ausgesetzt werden, umso mehr Vitamin bilden sie. Doch nach 90 Minuten ist ein Höchstwert erreicht, der danach trotz weiterer Bestrahlung wieder absinkt. Versuche zeigten, dass bereits 15 Minuten Bestrahlung das Vitamin D in den Pilzen um ein Vielfaches boostete: Die Pilze enthielten danach etwa 187 Mikrogramm Vitamin D pro 100 Gramm, was im Vergleich zu 0,4 Mikrogramm pro 100 Gramm vor dem UV-Kick beachtlich ist. Bei einem anderen Test erhöhte sich die Vitamin D-Menge in Pilzen allerdings „nur“ auf durchschnittlich 9,6 Mikrogramm pro 100 Gramm. Zum Vergleich: 100 Gramm Lachs hat im Schnitt 16 Mikrogramm Vitamin D pro 100 Gramm [29]. Die Werte hier schwanken vermutlich aufgrund von Unterschieden bei der Bestrahlung so deutlich.
Vitamin D bleibt auch beim Kochen erhalten
Verschiedene Faktoren können das Ergebnis der Bestrahlung beeinflussen: So etwa entstand bei 27 Grad Celsius und 30cm Abstand zwischen der UV-Lampe und den Pilzen die meiste Menge an Vitamin D. Der erhöhte Vitamin-D-Gehalt bleibt nach der Bestrahlung länger bestehen – nach 24 Stunden bei Raumtemperatur etwa gab es hier in Versuchen keinen nennenswerten Verlust. Nach einer einwöchigen Lagerung der Pilze bei vier Grad oder im Tiefkühler jedoch nahm der Vitamin-D-Gehalt um mehr als die Hälfte ab. Hitze wiederum konnte dem Vitamin-Boost durch die Strahlung nicht schaden, denn gekochte oder gebratene Pilze hatten so gut wie den gleichen Vitamin-D-Gehalt wie rohe Pilze [28].
UV-behandelte Pilze: Novel foods
UV-behandelte Pilze zählen laut Europäischer Union gesetzlich zu den Neuartigen Lebensmitteln („Novel Foods“) – das sind Lebensmittel, die vor dem 15. Mai 1997 nicht in einem wesentlichen Ausmaß konsumiert wurden. „Novel Foods“ müssen auch in eine von zehn Kategorien fallen, um als solche bezeichnet werden zu dürfen. Eine dieser Kategorien von Lebensmitteln wird per Definition mit nicht üblichen Verfahren hergestellt oder verändert. Daher fallen auch UV-behandelte Pilze, Bäckerhefe oder Milch unter die Novel-Food-Kategorie [30].
Auch wild wachsend Pilze bekommen durch die Sonne eine gewisse Dosis an UV-Strahlung ab, die ist jedoch meist vergleichsweise gering, da sie meist an dunklen Standorten wachsen [31, 32].
Neben UV-behandelten Pilzen werden auch Bäckerhefe, Brot und Milch UV-Strahlung ausgesetzt, um den Gehalt des Vitamin D zu erhöhen. Man kann diese UV-behandelten Novel Foods ohne Bedenken zu sich nehmen – die Europäische Behörde für Lebenssicherheit (EFSA) stuft sie als sicher ein. In Zukunft könnte man vielleicht auch UV-behandeltes und somit Vitamin-D-reiches Pulver von getrockneten Mehlwürmern auf der Inhaltsliste mancher Lebensmittel, wie etwa Pasta oder Käse, finden, erste Bemühungen in diese Richtung gibt es schon [33, 34].
Fazit
Pilze können durch eine kurze UV-Bestrahlung einen wahren Vitamin-D-Boost erhalten und so eventuell eine gute Alternative zu den klassischen Nahrungsergänzungsmitteln sein, um einem Vitamin-D-Mangel vorzubeugen.
Referenzen:
[1] Pflanzenforschung.de: Lexikon A-Z, Hyphe; Abgefragt am 07.05.2024
[2] Rimbach G., Nagursky J. and Erbersdobler H F (2015): Lebensmittel-Warenkunde für Einsteiger (2 Ausg.). Berlin, Heidelberg: Springer-Verlag. (S.200-201)
[12] Sundar RK, Sang-Chul J., Pang G., Teal A. and Biggs T.: Concentration of vitamin D2 in white button mushrooms (Agaricus bisporus) exposed to pulsed UV light (2011),Journal of Food Composition and Analysis,Volume 24, Issue 7, Pages 976-979,ISSN 0889-1575,https://doi.org/10.1016/j.jfca.2011.02.007.
[13] Jäpelt RB and Jakobsen J. Vitamin D in plants: a review of occurrence, analysis, and biosynthesis. Front Plant Sci. 2013 May 13;4:136. doi: 10.3389/fpls.2013.00136. PMID: 23717318; PMCID: PMC3651966.
[14] Zmijewski MA. Vitamin D and Human Health. Int J Mol Sci. 2019 Jan 3;20(1):145. doi: 10.3390/ijms20010145. PMID: 30609781; PMCID: PMC6337085.
[15] Lewiecki EM. Osteoporosis: Clinical Evaluation. [Updated 2021 Jun 7]. In: Feingold KR, Anawalt B, Blackman MR, et al., editors. Endotext [Internet]. South Dartmouth (MA): MDText.com, Inc.; 2000
[16] Gruber-Bzura BM. Vitamin D and Influenza-Prevention or Therapy? Int J Mol Sci. 2018 Aug 16;19(8):2419. doi: 10.3390/ijms19082419. PMID: 30115864; PMCID: PMC6121423.
[17] Liu W., Zhang L., Xu H.-J., Li Y., Hu C.-M., Yang J.-Y., Sun M.-Y. The Anti-Inflammatory Effects of Vitamin D in Tumorigenesis. Int. J. Mol. Sci. 2018;19:2736. doi: 10.3390/ijms19092736.
[18] Cashman KD, Dowling KG, Škrabáková Z, Gonzalez-Gross M, Valtueñ aJ, De Henauw S, et al. Vitamin D deficiency in Europe: pandemic? Am J Clin Nutr. 2016;103:1033–44. doi: 10.3945/ajcn.115.120873.
[19] RKI – Navigation – Wer hat ein erhöhtes Risiko für einen Vitamin-D-Mangel?; Abgefragt am 07.05.2024
[20] Zittermann, Armin. (2018). Neuere Erkenntnisse über Vitamin D: Was soll der niedergelassene Arzt berücksichtigen?. Ernährung & Medizin. 33. 25-28. 10.1055/s-0044-101818.
[21] Vitamin D: EFSA legt Referenzwerte für Aufnahme fest | EFSA (europa.eu); Abgefragt am 07.05.2024
[22] Vitamin D – Bedarf, Quellen und Mangel | Gesundheitsportal; Abgefragt am 07.05.2024
[23] Rondanelli M, Moroni A, Zese M, Gasparri C, Riva A, Petrangolini G, Perna S, Mazzola G. Vitamin D from UV-Irradiated Mushrooms as a Way for Vitamin D Supplementation: A Systematic Review on Classic and Nonclassic Effects in Human and Animal Models. Antioxidants (Basel). 2023 Mar 16;12(3):736. doi: 10.3390/antiox12030736. PMID: 36978984; PMCID: PMC10045067.
[24] Simon, R.R.; Phillips, K.M.; Horst, R.L.; Munro, I.C. Vitamin D mushrooms: Comparison of the composition of button mushrooms (Agaricus bisporus) treated post-harvest with UVB light or sunlight. J. Agric. Food Chem. 2011, 59, 8724–8732.
[26] UV-Behandlung kann für mehr Vitamin D in Lebensmitteln sorgen | Verbraucherzentrale.de; Abgefragt am 07.05.2024
[27] Jasinghe, V.J.; Perera, C.O. Ultraviolet irradiation: The generator of vitamin D2 in edible mushrooms. Food Chem. 2006, 95, 638–643.
[28] Salemi S, Saedisomeolia A, Azimi F, Zolfigol S, Mohajerani E, Mohammadi M, Yaseri M. Optimizing the production of vitamin D in white button mushrooms (Agaricus bisporus) using ultraviolet radiation and measurement of its stability. Lebensm Wiss Technol. 2021 Feb;137:110401. doi: 10.1016/j.lwt.2020.110401. Epub 2020 Oct 14. PMID: 33078031; PMCID: PMC7556826.
[29] Vitamin-D-Pilze: Halten diese Champignons, was sie versprechen? | Stiftung Warentest; Abgefragt am 07.05.2024
[30] Neuartige Lebensmittel – AGES; Abgefragt am 07.05.2024
[31] Cardwell G., Bornman J.F., James A.P., Black L.J. A Review of Mushrooms as a Potential Source of Dietary Vitamin D. Nutrients. 2018;10:1498. doi: 10.3390/nu10101498.
[32] Sánchez C. Modern aspects of mushroom culture technology. Appl. Microbiol. Biotechnol. 2004;64:756–762. doi: 10.1007/s00253-004-1569-7.
[33] EFSA NDA Panel (EFSA Panel on Nutrition, Novel Foods and Food Allergens), Turck D, Bohn T, Castenmiller J, De Henauw S, Hirsch-Ernst KI, Maciuk A, Mangelsdorf I, McArdle HJ, Naska A, Pelaez C, Pentieva K, Siani A, Thies F, Tsabouri S, Vinceti M, Aguilera-Gómez M, Cubadda F, Frenzel T, Heinonen M, Marchelli R, Neuhäuser-Berthold M, Poulsen M, Prieto Maradona M, Siskos A, Schlatter JR, van Loveren H, Zakidou P, Ververis E and Knutsen HK, 2023. Scientific Opinion on the safety of UV-treated powder of whole yellow mealworm (Tenebrio molitor larva) as a novel food pursuant to Regulation (EU) 2015/2283. EFSA Journal 2023; 21(5):8009, 32pp. https://doi.org/10.2903/j.efsa.2023.8009
[34] EFSA NDA Panel (EFSA Panel on Dietetic Products, Nutrition and Allergies), 2016. Scientific opinion on the safety of UV-treated milk as a novel food pursuant to Regulation (EC) No 258/97. EFSA Journal 2016; 14(1):4370, 14 pp. doi:10.2903/j.efsa.2016.4370
Sonne tanken für Vitamin D: Es ist bekannt, dass der Körper für die Bildung von Vitamin D Sonne braucht. Warum das so ist, wie viel Sonne man dafür benötigt und warum man den Bedarf am „Sonnenvitamin“ nicht über die Ernährung decken kann, haben die bESSERwisser recherchiert.
Vitamine – lebenswichtig für den Körper
Als Vitamine werden organische Verbindungen bezeichnet, die keine Energieträger darstellen, die der Körper aber für lebenswichtige Funktionen benötigt. Sie müssen in kleinen Mengen aufgenommen werden und sind an fast allen Stoffwechselprozessen im Körper beteiligt. Vitamine dienen unter anderem dem Schutz von Zellen, sie stärken das Immunsystem, bauen Zellen, Knochen und Zähne auf und sind wichtig für die Blutbildung. Auch die geistige Leitungsfähigkeit wird durch Vitamine unterstützt.
Es sind heute insgesamt dreizehn Vitamine bekannt, die für den Menschen lebensnotwendig sind. Diese können aufgrund ihrer Löslichkeit in Wasser in zwei Gruppen unterteilt werden: Es werden die fettlöslichen Vitamine A, D, E und K von den wasserlöslichen Vitaminen C, B1, B2, B6, B12, Niacin, Pantothensäure, Biotin und Folsäure unterschieden. Sie können im Körper unterschiedlich gespeichert werden [1].
Vitamin D wird vom Körper selbst hergestellt
Elf der dreizehn Vitamine zählen zu den so genannten essenziellen Stoffen. Das bedeutet, sie müssen mit der Nahrung aufgenommen werden, da sie der Stoffwechsel nicht bedarfsdeckend synthetisieren kann. Vitamin D und Niacin (Vitamin B3) stellen hier eine Ausnahme dar: Vitamin D kann als einziges Vitamin vom Körper durch direkte Sonneneinstrahlung selbst hergestellt werden, man spricht von endogener Synthese. Auch Niacin kann der Mensch selbst produzieren, als Basis wird dafür allerdings die Aminosäure Tryptophan benötigt. Da der Körper Tryptophan in Form von Protein aufnehmen muss, wird die Eigensynthese von Niacin von den Ernährungsgewohnheiten beeinflusst.
Bildung von Vitamin D benötigt Sonne
Im Durchschnitt bildet der Körper rund 80 bis 90 Prozent des benötigten Vitamin D selbst, den Rest bekommt er über die Nahrung zugeführt.
Körpereigenes Vitamin D wird in mehreren Zwischenschritten durch direkte Sonneneinstrahlung in der Haut gebildet: Ausgangssubstanz für die Vitamin-D-Produktion ist ein in der Haut vorliegender Vorläufer, das Provitamin 7-Dehydrocholesterol. In den obersten Hautschichten wird aus diesem durch das Einwirken der UV-B-Sonnenstrahlung zunächst das Prävitamin D3 (Cholecalciferol) gebildet. Aus diesem entsteht in weiterer Folge Vitamin D3, welches ins Blut gelangt und zur Leber transportiert wird. In der Leber wird Vitamin D3 zu Calcidiol weiterverarbeitet. Calcidiol stellt eine Speicherform von Vitamin D und einen Vorläufer der aktiven Form dieses Vitamins dar. Im Blutkreislauf ist Calcidiol die vorherrschende zirkulierende Form von Vitamin D im Körper und wird auch zur Bestimmung des Vitamin D-Wertes im Blut herangezogen. Bei Bedarf wird Calcidiol von Zellen oder in der Niere in Calcitriol, die aktive Form von Vitamin D, umgewandelt.
Speichern vom „Sonnenvitamin“ im Sommer
Sommer, Sonne, Sonnenschein: Vitamin D entsteht im Körper durch das Einwirken von UV-B-Strahlung. In unseren Breiten ist das von März bis Oktober möglich. Vor allem im Sommer können in kurzer Zeit größere Mengen an Vitamin D gebildet werden. Bei ausreichendem Aufenthalt an der Sonne kann dann nicht nur der akute Bedarf gedeckt werden, es werden auch Vitamin-D-Reserven im Fett- und Muskelgewebe für das Winterhalbjahr angelegt. Im Winter, wenn die UV-B-Strahlungsintensität dann deutlich geringer ist, kann der Körper auf diesen Speicher zurückgreifen – so lautet zumindest die Theorie.
Im Laufe der letzten Jahrzehnte hat sich unsere Lebensweise allerdings stark verändert: Wir verbringen viel Zeit in geschlossenen Räumen wie Schule oder Büro und weniger Zeit draußen. Den Aufenthalt in der Sonne, der für das Auffüllen des Vitamin-D-Speichers für den Winter wichtig wäre, schaffen viele nicht mehr.
Vitamin D-Mangel weit verbreitet
Um genügend Vitamin D zu produzieren, sollte man Gesicht, Hände und Arme unbedeckt und ohne Sonnenschutz mehrmals pro Woche für etwa fünf bis zwanzig Minuten der Sonne aussetzen. Die Empfehlungen für die Häufigkeit des Sonnenanbetens gehen auseinander und unterscheiden sich von zwei-bis dreimal bis zu fünfmal pro Woche [2-4]. Die Dauer der Sonnenexposition ist von Individuum zu Individuum unterschiedlich und sollte die Hälfte der Zeit betragen, in der man ungeschützt einen Sonnenbrand bekommen würde [2]. Die exakte Zeit hängt von verschiedenen Faktoren wie beispielsweise dem Hauttyp der Person ab. So etwa reichen bei hellhäutigen Menschen schon 5 bis 10 Minuten Sonnenlicht auf einem Viertel der unbedeckten Körperoberfläche aus, um genügend Vitamin D zu bilden, dunklere Hauttypen benötigen mehr Sonne [3]. Auch die Tageszeit hat Einfluss auf die Zeit der Sonneneinwirkung: Morgens und abends, wenn die Sonne tiefer steht, sollte diese Zeitspanne länger sein als mittags.
Da in der warmen Jahreszeit oft nicht genügend Vitamin D angelegt wird, mangelt es vielen Menschen in der kalten Jahreszeit dann am Sonnenvitamin: Über die Wintermonate sind fast zwei Drittel der Österreicher und Österreicherinnen aus allen Bevölkerungsgruppen mit Vitamin D unterversorgt [4]. Weltweit leidet gar etwa die Hälfte der Bevölkerung an Vitamin-D-Mangel [5].
Übrigens: Die UV-B-Anteile vom Sonnenlicht werden von Fensterglas nahezu vollständig absorbiert, und Sonnencreme behindert die Vitamin-D3-Produktion. Da bei einem Solarienbesuch die Haut meist mit UV-A- und nicht mit UV-B-Licht bestrahlt wird, ist dieser hier in der Regel auch nicht förderlich und erhöht zudem noch das Hautkrebsrisiko [2].
Folgen von Unterversorgung mit Vitamin D
Vitamin D ist in unserem Körper für die Aufnahme von Kalzium und Phosphor zuständig. Diese Mineralstoffe werden für gesunde Knochen, Muskeln und Zähne benötigt. Vitamin D stärkt außerdem das Immunsystem und verringert die Infektanfälligkeit. Auch für einen intakten Hormonhaushalt ist Vitamin D wichtig, und ein Zusammenhang zwischen einer Unterversorgung mit Vitamin D und Depressionen wird vermutet [2-6]. Des Weiteren konnte gezeigt werden, dass eine ausreichende Versorgung mit Vitamin D auch Diabetes vorbeugen kann [7].
Ein Vitamin-D-Mangel kann vielfältige gesundheitliche Folgen haben und wird auf den ersten Blick oft gar nicht als solcher erkannt. Eine Unterversorgung mit dem früher auch als Knochenvitamin bekannten Vitamin D kann zu Knochenerweichungen oder einer Verminderung der Knochenmasse – so genannter Osteoporose – führen. Aber auch die Muskeln können betroffen sein. Vor allem bei älteren Menschen erhöht sich durch fehlendes Vitamin D das Risiko für Stürze, Knochenbrüche, Kraftverlust, Mobilitäts- und Gleichgewichtseinbußen.
Risikogruppen für Vitamin-D-Mangel
Neben älteren immobilen Menschen besteht auch für Heimbewohner und Heimbewohnerinnen sowie Büroarbeiter und Büroarbeiterinnen die Gefahr, mit Vitamin D unterversorgt zu sein. Auch Personen mit dunklem Hauttyp und traditionell verschleierte Menschen haben ein erhöhtes Risiko für einen Vitamin-D-Mangel.
Die Jüngsten zählen ebenfalls zur Risikogruppe: Denn auch Säuglinge und Kleinkinder sollten genug vom Sonnenvitamin abbekommen, dürfen jedoch der Sonne nicht direkt ausgesetzt werden. Bei ihnen kann es daher zu Vitamin-D-Mangel und somit unzureichender Mineralisierung der Knochen kommen. Eine weitere Folge davon kann eine als Rachitis bekannte Skelettdeformation sein [2, 4]. Vorbeugend erhalten Säuglinge hierzulande daher Vitamin-D-Präparate.
Ein hohes Risiko für einen Vitamin-D-Mangel besteht außerdem bei Menschen mit chronischen Erkrankungen der Leber, der Niere und des Magen-Darm-Traktes. Auch Schwangere und Stillende, Immunschwache und Übergewichtige sowie Personen mit dunkler Hautpigmentierung sollten besonders auf eine ausreichende Versorgung mit Vitamin D achten [2, 4, 7].
Deckung des Bedarfs durch Ernährung nicht möglich
Der genaue Bedarf an Vitamin D ist nicht bekannt, es gibt jedoch Schätzwerte, auf denen auch die wissenschaftlichen Empfehlungen beruhen. Diese unterscheiden sich allerdings regional. In Österreich, Deutschland und der Schweiz wird Kindern ab einem Jahr, Jugendlichen ab 15 Jahren, Erwachsenen sowie Schwangeren und Stillenden bei fehlender körpereigener Bildung eine Tagesdosis von 20 Mikrogramm Vitamin D empfohlen. Die Zufuhrempfehlungen werden häufig auch in internationalen Einheiten (IE) angegeben, wobei 1 Mikrogramm 40 IE und somit 20 Mikrogramm 800 IE entsprechen. Säuglinge sollten kontinuierlich 10 Mikrogramm Vitamin D pro Tag erhalten, da sie in der Regel nicht direkt der Sonne ausgesetzt werden [6].
Vitamin D ist in der Nahrung kaum enthalten, daher trägt diese auch nur mit einem geschätzten Anteil von etwa 10 bis 20 Prozent zur Vitamin-D-Versorgung bei [7]. Bei Personen, die sich nur wenig im Freien aufhalten, kann der Vitamin-D-Bedarf daher übers Essen nicht gedeckt werden. Jugendliche und Erwachsene nehmen über die Ernährung im Durchschnitt nur rund zwei bis vier Mikrogramm Vitamin D pro Tag auf, also deutlich zu wenig [6]. Selbst Vitamin-D-reiche Lebensmittel wie fetter Fisch, Eier, Steinpilze oder Innereien können nicht in so großen Mengen konsumiert werden, um hier eine ausreichende Versorgung zu gewährleisten. Auch durch den Verzehr von Lebensmitteln, die mit Vitamin D angereichert wurden – wie beispielsweise Margarine – kann dem Körper nicht genügend Vitamin D zu geführt werden.
Vitamin-D-Präparate
Ist eine ausreichende Versorgung mit Vitamin D nicht gewährleistet, ist es sinnvoll, auf Vitamin-D-Präparate zurückzugreifen. Bei bestimmten Risikogruppen kann die Gabe von Vitamin D in Form von Nahrungsmittelergänzungsmitteln auch prophylaktisch erfolgen. Da eine Überdosierung von Vitamin D allerdings auch schwerwiegende Folgen haben kann, ist hier Vorsicht geboten [8]: Einen gesundheitlich relevanten Vitamin-D-Mangel können nur Arzt oder Ärztin diagnostizieren und dann auch die passenden Ergänzungsmittel verschreiben.
Der Verzicht auf Fleisch boomt aktuell, stößt jedoch häufig noch auf Skepsis. Dabei kann ein fleischloser Lebensstil durchaus gut für die Gesundheit sein. Die bESSERwisser haben recherchiert.
Wir Menschen gehören der Gattung Homo an, die es schätzungsweise schon seit rund 2,5 Millionen Jahren gibt. Vor etwa zwei Millionen Jahren gab es eine evolutionäre Sternstunde, als das Gehirn unserer Vorfahren sich vergrößerte und der Homo erectus entstand [1]. Dieser war ein Allesfresser und ernährte sich als Jäger und Sammler von Fleisch und Pflanzen, wie es der heutige Mensch an und für sich auch tut.
Im Lauf der letzten Jahre hat sich in unserer Gesellschaft ein klarer Trend hin zu einem fleischlosen Lebensstil entwickelt. Eine Befragung von Personen im Alter ab 18 Jahren aus zehn Ländern zeigte, dass die Hälfte von ihnen ihren Fleischkonsum in den letzten Jahren reduziert hatte [2]. Österreich besaß unter diesen Ländern sogar den höchsten Anteil an Veganer:innen.
Fleisch als Klimasünde
Der Verzicht auf Fleisch ist keineswegs eine Errungenschaft der heutigen Zeit, denn schon sehr früh und in verschieden Kulturen wurde ein solcher dokumentiert: Bereits 3200 Jahre vor Christus glaubten beispielsweise die Ägypter, durch eine vegetarische Ernährung die Chance auf Wiedergeburt zu erhöhen. Und im antiken Griechenland war der Philosoph Pythagoras einer der bekanntesten Vegetarier. Erst in der christlichen Ära geriet eine fleischlose Ernährung in den Hintergrund [3].
Heute entscheiden sich Menschen aus den unterschiedlichsten Gründen dazu, Fleisch den Rücken zu kehren – sei es aus ethischen Bedenken, aufgrund einer Fleischallergie, wegen eines Angebots an besseren Alternativen oder dem steigenden Bewusstsein für den Klimawandel. Eines steht jedenfalls außer Frage: Fleischkonsum hat einen negativen Einfluss auf unsere Umwelt. Rund 23 Prozent der totalen Gasemissionen gehen auf die Landwirtschaft zurück, die somit zu den größten Antreibern des Klimawandels zählet. Es wird geschätzt, dass alleine die Viehwirtschaft zwischen zwölf und 18 Prozent zu den totalen Gasemissionen beisteuert [4].Daneben trägt die Viehzucht mancherorts auch zu Wasserverschmutzung und -knappheit bei. Schätzungsweise braucht man für die Produktion eines Kilogramms Protein vom Rind achtzehnmal mehr Land, zehnmal mehr Wasser, neunmal mehr Treibstoff, zwölfmal mehr Düngemittel und zehnmal mehr Pestizide als für ein Kilogramm pflanzliches Protein von Kidneybohnen [5].
In einer Zeit, in der bewusster Konsum und ethische Verantwortung gegenüber der Umwelt immer mehr in den Fokus rücken, stellt sich somit die Frage: Braucht der Mensch wirklich Fleisch?
Vegetarisch, vegan und Co
Neben der „klassischen“ Ernährungsweise mit Fleisch gibt es auch zahlreiche fleischlose Alternativen, die sich durch verschiedene Eigenheiten auszeichnen. So etwa wird bei der vegetarischen Ernährung einfach Fleisch weggelassen. Veganer:innen hingegen nehmen überhaupt keine tierischen Produkte zu sich – kein Fleisch, keine Milch oder Eier, keinen Fisch und in der Regel auch keinen Honig.
Es gibt aber noch eine ganze Fülle anderer Ernährungsstile, die in der Regel nicht ganz so bekannt sind: Pescetarier essen kein Fleisch, aber trotzdem Fisch. Menschen, die sich als Flexitarier:in bezeichnen, leben nicht zu jeder Zeit vegetarisch und gönnen sich selten auch mal Fleisch in kleinen Mengen. Und Lakto-Vegetarier:innen verzehren neben pflanzlicher Kost auch Milch und Milchprodukte. Ovo-Vegetarier:innen machen bei Eiern eine Ausnahme, essen aber sonst keine tierischen Produkte [6].
Verzicht auf Fleisch fördert die Gesundheit
Laut der World Health Organization (WHO) wird eine hauptsächlich pflanzliche Ernährung in Kombination mit wenig Salz, Zucker und gesättigten Fettsäuren als gesund angesehen [7]. Ebenso gilt es als gesundheitsfördernd, wenn man auf rotes Fleisch – wie etwa Rind, Schwein oder Lamm – sowie auf verarbeitetes Fleisch, wie beispielsweise Würstel oder geräuchertes Fleisch, verzichtet. Ob auch weißes Fleisch, also Geflügel, einen negativen Einfluss auf die Gesundheit hat, ist aktuell noch unklar.
Kein oder ein geringer Konsum von rotem und verarbeitetem Fleisch stehen jedenfalls mit einer Senkung eines frühen krankheitsbedingten Todes in Verbindung. Es vermindert sich dadurch auch das Risiko, an nicht-übertragbaren Krankheiten zu sterben. Dazu zählen beispielsweise Krebs, Blutkreislauferkrankungen, Diabetes oder chronische Lungenerkrankungen, und diese machen immerhin 71 Prozent der frühzeitigen Todesfälle weltweit aus [8].Studien belegen außerdem, dass eine vegetarische oder vegane Ernährung Herzerkrankungen und Schlaganfällen vorbeugen kann [9-11].
Ein fleischloser Lebensstil, besonders vegane Ernährung, kann auch positive Auswirkungen auf den Blutdruck haben, der einen enormen Risikofaktor für Kreislauf- und Nierenerkrankungen darstellt [12, 13]. Außerdem besitzen Menschen, die sich fleischlos ernähren, im Schnitt einen geringeren BMI (body mass index) als Fleischesser:innen, sind also viel seltener übergewichtig. Dies wiederum senkt das Risiko, an Diabetes zu erkranken [14]. Des Weiteren deuten Studien darauf hin, dass Vegetarier:innen und Veganer:innen einem geringeren Risiko ausgesetzt sind, an verschiedenen Arten von Krebs, wie Lymphknoten-, Blasen-, Lungen-, Darm- oder Magenkrebs, zu erkranken, als Fleischesser:innen [15, 16].
Der World Cancer Research Fund – eine Organisation, die sich seit Jahrzehnten der Krebsprävention widmet – empfiehlt nur geringe Mengen an rotem Fleisch und sehr wenig bis gar kein verarbeitetes Fleisch für ein reduziertes Krebsrisiko [17].
Mögliche Nährstoffdefizite bei fleischloser Lebensweise
Fleisch liefert dem Körper allerdings wichtige und gesunde Stoffe. Es ist eine gute Proteinquelle und reich an Mikronährstoffen – also Vitaminen und Mineralien, die für den Menschen lebensnotwendig sind. Im Gegensatz zu Makronährstoffen (Proteinen, Kohlenhydraten und Fetten) dienen Mikronährstoffe nicht als Energiequelle, sind aber dennoch essenziell für unsere Gesundheit: Fehlen sie im Körper, kann es zu neuronalen Beeinträchtigungen, Knochenproblemen, einem geschwächtem Immunsystem oder mentalen Problemen kommen [18]. Daher sollte man bei fleischloser Ernährung darauf achten, dass es nicht zu einer Unterversorgung mit diesen Stoffen kommt. Oft entsteht bei vegetarischer und veganer Ernährungsweise jedoch ein Defizit an Zink, Kalzium, Iod oder Eisen [19, 20].
Vitamin B12
Auch ein Mangel an Vitamin B12 tritt häufig bei Vegetarier:innen und Veganer:innen auf. Dieses Vitamin wird vom menschlichen Körper unter anderem für die Produktion von roten Blutkörperchen, neurologische Funktionen sowie die Herstellung von DNA benötigt, ist aber ausschließlich in tierischem Gewebe und nicht in Pflanzen zu finden. Einige vegetarische Nahrungsmittel, wie zum Beispiel Tempeh oder Fischsauce, die durch Bakterien fermentiert wurden, enthalten auch Vitamin B12, allerdings nur in sehr geringen Mengen. Der Vitamin-B12-Gehalt in Eiern und Milch ist ebenfalls sehr gering und wird durch Verarbeiten oder Kochen noch einmal weniger [21-23].
Vitamin D
Bei einer fleischlosen Ernährung wird des Weiteren oft auch zu wenig Vitamin D aufgenommen. Hier haben Pescetarier einen klaren Vorteil gegenüber Vegetarier:innen und Veganer:innen, denn Vitamin D ist außer in Fleisch auch vermehrt in Fischen und Algen zu finden [24]. Auch in Eiern ist es enthalten. Vegetarische und vegane Ernährung führt außerdem öfters zu einem Mangel an DHA (Docosahexaensäure). Diese Omega-3-Fettsäure ist ein Bestandteil der Zellmembran von Nervenzellen und es wird angenommen, dass geringe DHA-Werte in Zusammenhang mit neurologischen Beschwerden stehen. Auch für eine gute Spermaqualität sollt ausreichend DHA aufgenommen werden [25, 26].
Fleischlose Ernährung: Gute Planung wichtig
Prinzipiell gehen Vegetarier:innen ein geringeres Risiko ein, mit Mikronährstoffen unterversorgt zu sein als Veganer:innen. Doch ob Vegetarier:in, Veganer:in oder eine andere Form von Fleisch-Verweigerer:in – in der heutigen Zeit kann man Mängeln durch eine gut geplante Lebensmittelauswahl oder auch durch die Einnahme von passenden Nahrungsergänzungsmitteln vorbeugen. Bei falscher Planung und Unausgewogenheit kann eine fleischlose Ernährung jedenfalls ungesund sein und unter anderem zu chronischen Entzündungen führen [27]. Interessanterweise können aber Personen mit fleischloser Lebensweise im Vergleich zu Fleischesser:innen manche ungesättigten Fettsäuren, Folat, Vitamin C, E und Magnesium besser aufnehmen [28].
Weniger Protein: Schrumpft der Bizeps vom Salat?
Heute weiß man, dass pflanzliche Proteine um 50 bis 70 Prozent schlechter zu verdauen sind als tierische. Ein möglicher Grund dafür sind deren strukturelle Unterschiede: In Pflanzenproteinen dominiert eine Struktur, die in unserem Verdauungstrakt gegen den für die Aufnahme nötigen Abbau teilweise widerstandsfähiger ist. Zusätzlich verklumpen pflanzliche Proteine vermehrt, was deren Verarbeitung im menschlichen Verdauungstrakt Körper noch einmal erschwert. Über Pflanzen nehmen wir außerdem auch Mehrfachzucker und Stoffe auf, welche die Verfügbarkeit von Verdauungsenzymen verringern, da sie Enzyme für den Proteinabbau blockieren [29-31]. Pflanzliche Proteine bestehen auch aus weniger essenziellen Aminosäuren – also Bausteinen von Proteinen, die dem Körper zugeführt werden müssen – als tierische. [32].
Alles in allem besitzen tierische Proteine eine höhere Wertigkeit als pflanzliche. Das bedeutet, dass tierisches Nahrungseiweiß besser zur Bildung körpereigener Proteine genutzt werden kann als pflanzliches. Daher ist der Muskelaufbau mit rein pflanzlicher Ernährung auch schwieriger, als wenn auch tierische Produkte und Fleisch verzehrt werden. Das bedeutet aber nicht zwingend, dass eine vegetarische oder vegane Lebensweise Menschen körperlich schwächen muss. Das haben etwa Sportler:innen wie der vegane Tennisspieler Novak Djokovic, der vegane Formel-1-Fahrer und Weltmeister Lewis Hamilton oder die mehrfache Grand-Slam-Siegerin Serena Williams – sie isst mittlerweile wieder Fleisch, hat aber als Veganerin die French Open gewonnen – bewiesen: Sie haben gezeigt, dass es für einen sportlichen Körper und Spitzenleistungen nicht unbedingt Fleisch benötigt [33, 34].
Tricks für mehr Protein
Welche Möglichkeiten gibt es also, trotz vegetarischer oder veganer Lebensweise und ohne ergänzende Proteinriegel oder Proteinpulver genügend Protein zu sich zu nehmen? Ein einfacher Trick bei pflanzlichen Proteinen ist es, sie durch Kochen verdaulicher zu machen [35]. Naheliegend ist auch, einfach mehr Gemüse und Obst und – falls es die persönliche Ernährungsform erlaubt – auch Milchprodukte und Eier zu essen. So kann die Proteinzufuhr gezielt erhöht werden, um den Körper mit genügend Aminosäuren zu versorgen. So können dann unter anderem die Muskeln beim Wachsen unterstützt werden [36].
Kein automatischer Nährstoffmangel
Wie lautet also die Antwort auf die Frage, ob der Mensch Fleisch braucht? Wenn man es richtig macht, dann nicht. Fleisch ist zwar ein wertvolles Lebensmittel mit einem hohen Gehalt an Proteinen, Vitaminen und Mineralien. Doch ein Verzicht auf Fleisch und tierische Produkte muss nicht zwingendermaßen zu einem Nährstoffstoffmangel führen – ganz im Gegenteil: Plant man die Auswahl seiner Lebensmittel sorgfältig, ist ein Leben ohne Fleisch sogar gut für die Gesundheit. Voraussetzung ist natürlich immer das entsprechende Wissen zu passenden Alternativen, was bisweilen eine Herausforderung darstellen kann. Im Zweifelsfall kann es nicht schaden, hier auch eine:n Diätolog:in mit einzubeziehen.
Ein Verzicht auf Fleisch kommt außerdem der Umwelt zugute, und auch die Volkswirtschaft könnte von einem Umstieg der Bevölkerung auf eine pflanzliche Ernährung profitieren: Das europäische Gesundheitssystemen könnte so vermutlich Milliarden an Geldern einsparen [37].
[14] Jardine, M. A., Kahleova, H., Levin, S. M., Ali, Z., Trapp, C. B., & Barnard, N. D. (2021). Perspective: Plant-Based Eating Pattern for Type 2 Diabetes Prevention and Treatment: Efficacy, Mechanisms, and Practical Considerations. Advances in nutrition (Bethesda, Md.), 12(6), 2045–2055. https://doi.org/10.1093/advances/nmab063
Knoblauch wird gerne in unserer Küche eingesetzt. Er enthält jedoch spezielle Schwefelverbindungen, die schlechten Atem verursachen. Studien haben untersucht, was gegen Knoblauchgeruch hilft. Unter anderem sind hier Apfel und Minze vorn dabei – die bESSERwisser berichten.
Gesunde Wunderknolle
Knoblauch schmeckt nicht nur gut, er enthält auch viele wertvolle Inhaltsstoffe: Neben Kalzium, Magnesium und Kalium sind in Knoblauch auch B-Vitamine, Vitamin K und Vitamin C enthalten [1]. Das erkannten schon die alten Ägypter, und den Pharaonen wurde Knoblauch als heilige Pflanze sogar in deren Grabstätte mitgegeben. Auch den Sklaven wurde beim Pyramidenbau Knoblauch vorgesetzt, damit sie bei der anstrengenden Arbeit gesund und bei Kräften blieben.
Mit seinem Geruch und Geschmack begeisterte die gesunde Knolle jedoch schon von Anfang an nicht alle: Bei den Griechen beispielsweise war Knoblauch als „stinkende Rose“ bekannt. Seinen Geruch kann man sich jedoch der Legende nach auch zunutze machen und sich damit Vampire vom Leibe halten: Diese sollen eine derart feine Nase haben, dass Knoblauchgestank für sie unerträglich ist – so eine mögliche Erklärung.
Eine der ältesten Kulturpflanzen
Knoblauch wurde bereits vor über 5000 Jahren in Zentralasien angebaut und ist somit eine der ältesten Kulturpflanzen. Er verbreitete sich dann schnell und fand über den Vorderen Orient seinen Weg auch nach Europa.
In Mitteleuropa wird Knoblauch heute meist sparsam und eher wie ein Gewürz verwendet, botanisch gesehen ist er aber ein Gemüse. Der in unserer Küche so gerne verwendete Knoblauch (Allium sativum) ist eine Pflanzenart, die zur Unterfamilie der Lauchgewächse aus der Familie der Narzissengewächse zählt. Er hat bei uns ganzjährig Saison und gedeiht am besten an hellen Standorten auf durchlässigen Böden. Während Solo- oder Einzehenknoblauch aus einer einzigen Knolle ohne Zehen besteht, findet man bei anderen Varietäten eine Hauptzwiebel mit mehreren kleinen Nebenzwiebeln, auch Zehen genannt. Es gibt außerdem verschiedene Sorten von Knoblauch, wie beispielsweise den Schlangen-, Porzellan-, Purpur-, Silber-, Kreolen- oder Artischockenknoblauch.
Knoblauch als „Medizin“
Knoblauch wird schon seit Jahrtausenden nicht nur als Nahrungsmittel eingesetzt. Aufgrund seiner Schwefelbestandteile, die vielfache therapeutische Wirkungen haben, findet er auch zur Behandlung von Krankheiten Anwendung [2, 3]. So etwa ist die „Wunderknolle“ ein natürliches Antibiotikum gegen Bakterien und zeigt auch gegen Viren und Pilze Wirkung. Daher wird Knoblauch häufig bei Harnwegsinfekten und Erkältungen angewandt.
Das schmackhafte Lauchgewächs ist des Weiteren als natürlicher Blutdruck- und Cholesterinsenker bekannt. Es soll auch eine positive Wirkung auf das Herz-Kreislaufsystem haben und generell das Immunsystem stärken. Da Knoblauch die Fließeigenschaften des Blutes verbessert, soll er außerdem gegen Arterienverkalkung helfen. Sogar bei Krebsleiden, Rheuma, Diabetes und Alzheimer erhofft man sich Hilfe von Knoblauch, und auch bei anderen Leiden kommt er zum Einsatz. Für einen Teil der medizinischen Anwendungen von Knoblauch gibt es bereits aussagekräftige Studien, und an seinem medizinischen Potential wird aktuell intensiv geforscht [3].
Schwefelverbindungen verursachen Knoblauchgeruch
Die flüchtigen Schwefelverbindungen machen den Knoblauch nicht nur zur natürlichen Medizin, sie haben auch andere Effekte: Sie sind ebenso für die unangenehmen Ausdünstungen nach seinem Genuss verantwortlich. Und so eine Knoblauchfahne kann schon einmal einen ganzen Tag lang anhalten.
Dabei dient der typische Geruch und Geschmack von Knoblauch der Pflanze eigentlich vordergründig als Abwehrmechanismus gegen Bodenparasiten und Pilze [2]. Erst durch Quetschen, Zerschneiden oder Zerdrücken kommt die geruchlose Aminosäure Alliin des Knoblauchs mit dem Enzym Alliinase in Kontakt und wird so zu Allicin gespalten. Diese schwefelhaltige Verbindung ist auch noch geruchlos, aber nicht stabil. Daher bilden sich daraus dann andere Schwefelverbindungen, die für den typischen Knoblauchgeruch verantwortlich sind.
Übrigens: Alliin ist auch in anderen Lauchgewächsen, wie beispielsweise in Bärlauch oder Zwiebel, enthalten.
Was wirklich gegen Knoblauchgeruch hilft
Die Liste der Hausmittel gegen Knoblauchgeruch ist lang und reicht von A wie Apfel bis Z wie Zitrone. Neben diesen Obstsorten wird auch verschiedenen Kräutern wie Petersilie, Salbei oder Minze nachgesagt, dass sie den Knoblauchatem vertreiben können. Kaffeebohnen, Milch und grüner Tee werden ebenfalls häufig als Wunderwaffen gegen Knoblauchgeruch genannt.
Einige Studien haben auch schon auf solider wissenschaftlicher Basis untersucht, was wirklich gegen Knoblauchatem hilft. Für diese Untersuchungen mussten die Studienteilnehmer:innen zunächst eine bestimmte Menge an Knoblauch gut durchkauen. So wurde sichergestellt, dass möglichst viele Schwefelverbindungen in ihre Ausatemluft gelangten. Danach nahmen die Proband:innen verschiedene Lebensmittel zu sich oder bekamen diese alternativ schon als Gemisch gemeinsam mit dem Knoblauch verabreicht. Mithilfe einer speziellen Spektometrie-Methode wurde zu guter Letzt deren Wirkung auf den Atem der Knoblauchesser:innen analysiert [4-6]:
Im Jahr 2010 untersuchte eine US-Forschungsgruppe den Effekt von Milch auf den Mundgeruch. Dabei konnte gezeigt werden, dass sowohl fettfreie als auch Vollmilch den Knoblauchatem signifikant verbessern konnten, wobei der Effekt von Vollmilch besser war. Die Wirkung von Milch gegen eine unangenehme Knoblauchfahne war übrigens dann am besten, wenn sie zeitgleich mit dem Knoblauch konsumiert wurde und nicht erst kurz danach [4].
Eine 2014 durchgeführte Studie zeigte, dass der Verzehr von rohem Apfel, Petersilie, Spinat und Minze gegen den unangenehmen Knoblauchatem half. Molke hingegen zeigte hier keine Wirkung [4].
Auch die Ergebnisse einer 2016 durchgeführten Studie waren eindeutig: Minzblätter konnten die flüchtigen Stoffe im Knoblauchatem am besten reduzieren, dicht gefolgt von rohem Apfel und rohem Salat. Auch Saft aus Äpfeln und Minzblättern hatte einen ähnlichen Effekt, war aber nicht ganz so effizient. Grüner Tee hingegen zeigte keine Wirkung auf den unangenehmen Atem [5].
Fazit
Der Genuss von Knoblauch muss im Laufe des nächsten Tages nicht unbedingt für die Umgebung zur Qual werden: Laut Studien helfen Minze, roher Apfel, roher Salat, Petersilie, Spinat und Milch gegen einen unangenehmen Knoblauchgeruch und können diesen um bis zur Hälfte reduzieren. Mit diesem Wissen kann man die Wunderknolle guten Gewissens genießen und tut auch noch etwas Gutes für seine Gesundheit. Ein interessantes Detail hier noch am Rande: Überraschenderweise konnte gezeigt werden, dass Knoblauchgeruch Männer für Frauen attraktiver macht. Es wurden hier allerdings nur Schweißproben und nicht die Fahne nach dem Knoblauchgenuss bewertet [7].
Der Romanesco mit seiner wunderschönen, spiraligen Blütenanordnung ist ein wahres Wunder der Natur. Es handelt sich dabei um keine Kreuzung aus Karfiol (Blumenkohl) und Brokkoli, sondern um eine auf den Karfiol zurückgehende Züchtung. Die charakteristische Wuchsform des Romanescos kommt durch eine Störung bei der Blütenbildung sowie eine veränderte Wachstumsdynamik zustande. Die bESSERwisser berichten.
Karfiol, Brokkoli und Romanesco zählen zur botanischen Familie der Kreuzblütengewächse. Bei allen drei Gemüsesorten werden die noch nicht voll entwickelten Blütenstände gegessen. Diese stehen in einem Kopf als „Röschen“ zusammen und bestehen aus mehreren kleinen Blütenknospen. Diese Gemüse werden daher auch als Blüten- oder Knospengemüse bezeichnet.
Romanesco: Keine Kreuzung aus Karfiol und Brokkoli
Mit seinen spitz zulaufenden, türmchenförmigen Röschen mutet der Romanesco beinahe schon ein wenig futuristisch an. Aufgrund seiner speziellen Blütenanordnung ist er auch als Minarett- oder Türmchenkohl bekannt. Das wohlschmeckende und gesunde Gemüse wird meistens gekocht gegessen und übertrifft mit seinem Gehalt an Vitamin C den Karfiol.
Sein Aussehen verleitet zu der Annahme, dass es sich beim Romanesco um eine Kreuzung aus Karfiol und Brokkoli handelt. Doch das stimmt nicht, denn er ist eine Variante des Karfiols. Die Ursprünge des Romanescos liegen in Italien in der Nähe von Rom, wo er vor rund 400 Jahren aus Karfiol gezüchtet wurde. Daher stammt die Bezeichnung Römischer Blumenkohl (Karfiol), die heute nicht mehr sehr gebräuchlich ist.
Im Gegensatz zum Karfiol, der einen eher schattigen Platz bevorzugt, benötigt der Romanesco einen Platz an der Sonne. Er faltet seine Blätter etwas auf, da erst durch die Einwirkung der Sonne Chlorophyll gebildet wird, welches ihm seine grüne Farbe verleiht.
Fraktale Struktur des Romanescos
Als Fraktale werden bestimmte natürliche oder künstliche Gebilde oder geometrische Muster bezeichnet, bei denen einzelne Teile dem Ganzen gleichen. Egal wie genau man hinsieht, ein bestimmtes Muster wiederholt sich bei jeder Vergrößerungsstufe immer weiter in sich selbst. Der Name „Fraktal“ stammt aus dem lateinischen „fractus“ für „gebrochen“, d.h. mit unzähligen Details übersät. Der Romanesco ist ein typisches Beispiel für eine fraktale Struktur, die in der Natur vorkommt: Seine Röschen und die Untereinheiten davon ähneln dem Gemüse in seiner Gesamtform.
Mutation bei der Blütenbildung und schnelles Wachstum sorgen für spiralförmigen Wuchs
Einem internationalen Forscherteam gelang es nun, das Geheimnis der speziellen Wuchsform des Romanescos zu lüften: Eine Störung des Gennetzwerkes zur Blütenbildung in Kombination mit schnellem Wachstum dürfte die Ursache für seine fraktalen Türmchen sein.
Die Wissenschaftler fanden heraus, dass sowohl die Knospen des Romanescos – wie auch die des Karfiols – zwar zur Blütenbildung angelegt sind, dies aber nicht schaffen. Stattdessen entwickeln sie sich zu Stämmchen, die Anlagen für Blüten besitzen, welche dann aber ebenfalls erfolglos versuchen, diese zu bilden. Diese Abfolge startet dann wieder von neuem.
Der Unterschied zwischen Karfiol und Romanesco ist aber deren Wachstumsdynamik: Während beim Karfiol gleichmäßigem Tempo neue Knospen aus den Stämmchen entstehen, legt der Romanesco hier den Turbo ein. Seine Stämmchen produzieren immer schneller neue Knospen, wodurch dann die für ihn typische fraktale Struktur zustande kommt.
All diese Veränderungen haben den Romanesco sowohl optisch als auch geschmacklich zu dem gemacht, was er heute ist: Einem wahren Wunder der Natur.
Es gibt viele Ratschläge dazu, was man bei Erkältungen, Magen-Darm-Infekten oder bei Grippe essen sollte. Doch wie wissenschaftlich fundiert sind diese Empfehlungen, und kann richtige Ernährung tatsächlich bei Krankheiten helfen? Und was hat es mit dem „Aushungern“ von Krankheiten auf sich? Die bESSERwisser haben dazu recherchiert und nehmen bekannte Hausmittel bei Grippe & Co unter die Lupe.
Erkältung, Magen-Darm Infekt oder echte Grippe?
Bei Unwohlsein und Fieber spricht man umgangssprachlich schnell einmal von einer Grippe. Doch auch wenn man sie leicht verwechseln kann, bestehen zwischen sogenannten „Grippe“-Erkrankungen und der echten Grippe große Unterschiede:
Eine Erkältung – auch als grippaler oder viraler Infekt bekannt – ist eine Sammelbezeichnung für unkomplizierte Atemwegsinfekte. Sie kann durch über 100 verschiedenen Viren ausgelöst werden, meistens handelt es sich um Rhinoviren. Charakteristisch sind Symptome wie Husten, Schnupfen und Halsschmerzen, die über einige Tage graduell ansteigen. Gegen grippale Infekte gibt es keine präventive Impfung.
Die echte Grippe – auch Influenza genannt – wird von Influenzaviren ausgelöst. Die Symptome einer echten Grippe treten meist innerhalb von Stunden auf und schließen Kopfweh, Erschöpfung, oft Fieber und bei Kindern auch Erbrechen ein. Bei schweren Verläufen kann es zu Komplikationen bis hin zu Lungenentzündungen kommen. Die wirksamste, vorbeugende medizinische Maßnahme gegen Influenza ist die Grippeimpfung. In den letzten Jahren lag die Influenza-Durchimpfungsrate der österreichischen Bevölkerung nur bei 6-10% [1].
Die Magen-Darm Grippe – auch Gastroenteritis – hat hingegen nichts mit Influenza zu tun. Hier sind Noroviren oder Rotaviren, seltener auch Bakterien wie Salmonellen die Auslöser. Die Symptome – Erbrechen und Durchfall – treten schnell auf, häufig sind verunreinigte Lebensmittel der Auslöser.
Was hilft bei Grippe?
Im Normalfall klingen Grippe und Erkältung von selbst wieder ab, wenn unser Immunsystem die krankmachenden Mikroorganismen aus dem Körper eliminiert hat. Medikamente gegen Viren wirken nur bei Einnahme innerhalb der ersten zwölf Stunden nach der Infektion [2]: Die bei Influenza eingesetzten Neuraminidase-Hemmer blockieren das Binden der Viren an die Körperzellen. Sie wirken jedoch nicht mehr, wenn sich die Viren bereits in den Zellen vermehren. Studien zeigten, dass diese Medikamente bei einer akuten Influenza nur geringe, unspezifische Wirkung haben und die Dauer der Grippe um maximal einen Tag verkürzen [3]. Das Sprichwort „eine Grippe dauert eine Woche und mit Medikamenten sieben Tage“ trifft in den meisten Fällen bei milden Verläufen also wirklich zu.
Es gibt viele Hausmittel und Ernährungsempfehlungen zur Behandlung einer Grippe. Die Klassiker – Vitamin C, Zink und Pflanzenextrakte – haben sich in Studien wirksam zur Vorbeugung von Grippe und positiv auf den Verlauf der Erkrankung gezeigt. Als Therapie gegen eine bereits akute Erkrankung konnten sie sich jedoch nicht als statistisch wirksam erweisen [4]. Die meisten Hausmittel zielen darauf ab, Symptome zu lindern und den Körper mit wichtigen Nährstoffen zu versorgen.
Tee: Der Klassiker unter den Erkältungsgetränken, da Flüssigkeit und Dampf die Schleimhäute benetzen. So kann der Körper Viren, die die Atemwege befallen, durch Schleim leichter abtransportieren. Diesen Prozess unterstützt man durch Trinken und Inhalieren.
Ruhe und Schlaf: Wenn das Immunsystem Erreger bekämpft und durch Fieber deren Verbreitung eindämmt, ist das für den Körper sehr anstrengend. Er benötigt in dieser Zeit viel Ruhe und Schlaf. Rauchen oder Alkohol sind in Zeiten der Krankheit eine unnötige zusätzliche Belastung.
Leicht Bekömmliches: Verstopfte Nase oder Übelkeit führen häufig dazu, dass sich der Geschmack und der Appetit während einer Krankheit verändern. Die Lust auf stark gewürzte Speisen nimmt ab. Um den Körper dennoch mit Energie zu versorgen, sind leicht bekömmliche Speisen wie Zwieback oder gekochtes Gemüse empfehlenswert.
Soletti und Cola: Bei Magen-Darm-Grippe besser nicht
Wenn der Körper mit Erbrechen oder Durchfall auf einen Erreger reagiert, verliert er dabei viel Flüssigkeit und Mineralstoffe. Diesen Wasser- und Salzverlust gilt es auszugleichen. Oft wird bei Übelkeit und Durchfall „Soletti und Cola“ empfohlen. Dieser Rat ist jedoch mit Vorsicht zu genießen: Die in Cola enthaltene Kohlensäure und Koffein können Magen und Darm weiter reizen und so die Symptome noch verschlimmern. Auch der hohe Zuckeranteil wirkt sich nicht förderlich auf die Darmtätigkeit aus. Salzstangen liefern zwar Kochsalz und Kohlenhydrate, jedoch keine anderen benötigten Mineralien oder Nährstoffe. Eine bessere Alternative sind verdauungsschonende Speisen, die Flüssigkeit und Mineralstoffe liefern.
Neben leicht gesüßten Tees und klaren Suppen helfen Bananen, geriebene Karotten und weich gekochter Reis oder Kartoffeln dabei, die Verdauung wieder zu normalisieren.
Wenn Erbrechen oder Durchfall über mehrere Tage hinweg andauern und Flüssigkeit nicht aufgenommen oder behalten werden kann, besteht die Gefahr der Dehydration, also des „Austrocknens“. Für diesen Fall gibt es in der Apotheke Rehydrationslösungen – Gemische aus Wasser, Traubenzucker und Salz – zu kaufen. Besonders bei Kindern sollte auf Symptome der Dehydration geachtet werden. Und auch hier gilt: Flüssigkeit nicht mit süßen oder kohlensäurehaltigen Getränken, sondern mit Wasser und Tee zuführen [5].
Die Sache mit der Hühnersuppe
Eines der beliebtesten Hausmittel gegen Infekte im Allgemeinen ist selbstgekochte Hühnersuppe [6]. Sie liefert viel Flüssigkeit und Mineralstoffe und ist mit gekochtem Gemüse und Nudeln eine leicht verdauliche, nährstoffreiche Speise. Eine Studie konnte zeigen, dass durch einen Hühnersuppenextrakt Immunzellen (neutrophile Granulozyten), die Entzündungen und Schwellungen der Schleimhäute auslösen, tatsächlich blockiert werden [7]. Veröffentlicht wurde die Studie bereits vor etwa zwanzig Jahren und fand seither in der Presse großen Anklang.
Angesicht der Corona-Pandemie bezogen die Autoren und Autorinnen nun Stellung zu ihrer damaligen Arbeit: Sie stellten klar, dass die Studie in der Öffentlichkeit weit über die wissenschaftliche Signifikanz ihrer Ergebnisse diskutiert wurde. Die Untersuchungen von damals zeigten an Zellen im Reagenzglas einen leichten Effekt auf die Bewegung der Immunzellen, es können daraus jedoch keine Aussagen über die klinische Wirksamkeit von Hühnersuppe gezogen werden. Gleichzeitig betonten die Autoren aber auch, dass das Kochen von Hühnersuppe positive Auswirkungen über den medizinischen Effekt hinaus haben kann. Mit Hingabe und Liebe eine Suppe zuzubereiten oder serviert zu bekommen kann eine wichtige psychosoziale Unterstützung während einer Krankheit – und besonders während einer Pandemie – sein [8].
Viren oder Bakterien – der Erreger macht den Unterschied
Einige Krankheiten verändern den Appetit und verderben den Kranken teilweise tagelang die Lust aufs Essen. Einerseits braucht der Körper Energie, um Krankheitserreger zu bekämpfen. Andererseits kann die verringerte Aufnahme von Nahrung auch eine Strategie gegen die Verbreitung der Erreger im Körper sein. Der typische Appetitverlust bei manchen Infektionen betrifft nicht nur Menschen, sondern kommt auch bei Mäusen und sogar Insekten vor. Mögliche Auswirkungen der Appetitlosigkeit und der veränderten Nahrungsaufnahme während einer Krankheit haben Forscher und Forscherinnen in einer Studie an Mäusen untersucht [9]:
Bei bakteriellen Infektionen überstanden die Tiere die Krankheit besser, wenn ihnen weniger Nahrung zur Verfügung stand. Eine erhöhte Energiezufuhr in Form von Zucker wirkte sich hingegen nachteilig auf die Krankheit aus. Dies führten die Forscher auf den schützenden Mechanismus der Ketogenese zurück. Das ist ein Stoffwechselweg des Körpers, der bei Kohlenhydratemangel aktiviert wird und Nervenzellen vor zerstörerischen Sauerstoffradikalen (ROS) schützt.
Bei viralen Infektionen wie Influenza wirkte sich die erhöhte Zuckerzufuhr positiv auf den Krankheitsverlauf bei den Mäusen aus. Weniger Futter hatte hingegen negative Auswirkungen. Hier vermuten die Forscher, dass der Zucker notwendig ist, um den für virale Infektionen typischen Zellstress zu blockieren. Dies schützt Nervenzellen und hatte bei den Mäusen weniger Todesfälle zur Folge.
Schnupfen füttern, Fieber aushungern?
Ein Sprichwort zur Ernährung im Krankheitsfall lautet: „Schnupfen füttern, Fieber aushungern“. In Anbetracht der Studienergebnisse könnte an dieser Empfehlung tatsächlich etwas dran sein, wenn man bedenkt: Schnupfen wird so gut wie immer von Viren ausgelöst, und Fieber liegt oft auch eine bakterielle Infektion zu Grunde. Die Ergebnisse der Studie an Mäusen können jedoch nicht direkt auf den Menschen übertragen werden. Ratsam ist es deshalb, auf seinen Appetit zu hören und sich körperlich zu schonen. Bei schweren Verläufen von Krankheiten sollte unbedingt medizinische Hilfe aufgesucht werden.
Jefferson T, Jones MA, Doshi P, Del Mar CB, Hama R, Thompson MJ, Spencer EA, Onakpoya IJ, Mahtani KR, Nunan D, Howick J, Heneghan CJ. Neuraminidase inhibitors for preventing and treating influenza in adults and children. Cochrane Database of Systematic Reviews 2014, Issue 4. Art. No.: CD008965. DOI: 10.1002/14651858.CD008965.pub4
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2018 surveillance of diarrhoea and vomiting caused by gastroenteritis in under 5s: diagnosis and management (NICE guideline CG84). London: National Institute for Health and Care Excellence (UK); 2018 Oct 31. PMID: 31851440
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In Parks, Wäldern und auf anderen Grünflächen wächst oft Wildobst auf Bäumen oder Sträuchern, von denen nach Lust und Liebe geerntet werden kann. Auch in Städten gibt eine große Vielfalt an solchen Gewächsen. Wilde Haselnuss, Holunder und Hundsrose (Hagebutte) kennen wohl die meisten Menschen. Die bESSERwisser stellen hier die weniger geläufigen Wildobstarten Felsenbirne, Dirndl (Kornelkirsche), Wildpflaume (Kriecherl), Schlehe, Elsbeere, Mispel und Maulbeere vor.
Was ist „Wildobst“?
Unter Wildfrüchten oder Wildobst versteht man die Früchte von Obstarten, die vom Menschen nur wenig züchterisch bearbeitet wurden. Das bedeutet natürlich nicht, dass sie nicht auch in Gärten wachsen oder in manchen Regionen sogar erwerbsmäßig vermarktet werden können.
Zum Naschen frisch vom Baum oder Strauch sind viele Sorten bestens geeignet. Will man aber mehr von den Früchten ernten oder gar konservieren, zeichnen sie sich leider durch eine sehr aufwändige Verarbeitung mit viel Handarbeit aus. Deshalb haben sie auch nicht den Weg in die industrielle Lebensmittelproduktion gefunden.
Dabei haben viele Wildobstsorten erwiesenermaßen positive Auswirkungen auf die Gesundheit. Wildfrüchte enthalten häufig bioaktive Inhaltsstoffe, wie beispielsweise Anthocyane oder Flavonoide. Wildobst kann als freier Radikalfänger oder Antioxidans wirken und entzündungshemmende, antimikrobielle und antikanzerogene Eigenschaften haben. Ein gesundheitlicher Benefit durch den Konsum von Wildobst konnte mittlerweile in vielen Studien gezeigt werden [1].
Felsenbirne
Felsenbirne, Bild: Melanie Konegger
Bereits im Juni kann man Felsenbirnen (Gewöhnliche Felsenbirne, manchmal auch Felsenmispel genannt) ernten. Ihre natürlichen Standorte sind sonnige Steilhänge, zum Beispiel auch im Wienerwald, und die Alpen. In den letzten Jahren wird dieses Wildobst häufig in Parks und auf Grünstreifen oder in Hecken als Futterangebot für Schmetterlinge und Vögel angepflanzt. Die Früchte haben allerdings keine Birnenform, der ursprünglich keltisch-gallische Name „amelanche“, zu Deutsch „Äpfelchen“, passt besser.
Felsenbirnen sind dunkelblau und rund, in etwa nur so groß wie Kulturheidelbeeren und gehören zum Kernobst. Sie enthalten u.a. Gerbstoffe, Flavonoide, Vitamine, Kalium und Zink.
Man kann die wohlschmeckenden Früchte roh genießen, sollte aber die kleinen Kerne unzerkaut schlucken, da sie – wie z.B. auch Apfelkerne – Blausäure enthalten. Bei der Verarbeitung zu Marmelade sollten die Kerne abgesondert werden, indem man das Mus durch die flotte Lotte dreht. Auch Saft oder Sirup lässt sich daraus machen, und natürlich auch Likör.
Maulbeere
Maulbeere, Bild: Pixabay, CCO
Die aus Asien stammende Weiße Maulbeere wurde ab dem 18. Jahrhundert in Europa gepflanzt, da die grünen Blätter des Baumes als Nahrung für die Seidenspinnerraupen benötigt wurden. Vor allem in Südeuropa wurden Maulbeerbäume als Grundlage für die Seidenproduktion gepflanzt, bis schließlich billige Seidenimporte aus Südostasien diese überflüssig machten. Aber auch in Österreich gibt es noch einzelne Maulbeerbäume und sogar Teile von Maulbeerbaumalleen, die damals auf Geheiß von Kaiserin Maria Theresia gepflanzt wurden.
Die Früchte ähneln länglichen Brombeeren und sind cremefarben oder ganz dunkel. Sie können direkt vom Baum gegessen werden oder müssen sofort getrocknet oder zu Saft verarbeitet werden, da sie sonst nicht haltbar sind. Da sie in unterschiedlichem Tempo reifen, erstreckt sich die Ernte über mehrere Wochen, von Ende Juni bis Anfang August.
Die Früchte sind reich an Vitaminen, vor allem Vitamin C, Mineralstoffen und Flavonoiden, haben aber auch einen für Obst ungewöhnlich hohen Eiweißgehalt. Sie wirken unter anderem blutdruckregulierend, cholesterinsenkend, entzündungshemmend und immunstärkend. In der traditionellen chinesischen Medizin finden auch die Blätter Verwendung.
Wildpflaume (Kriecherl)
Wildpflaume (Kriecherl), Bild; Melanie Konegger
Die Kriechen-Pflaume, in Österreich Krieche oder Kriecherl, in Deutschland auch Hafer-Pflaume, Haferschlehe oder Pflaumenschlehe genannt, ist eine unveredelte Kleinpflaume. Die kleinwüchsigen und kurzlebigen Bäume sterben am Ende ihres Lebens nicht ab, sondern bilden viele Jungtriebe aus dem Wurzelsystem. Daraus entstehen dichte Kriecherlgebüsche, die kaum noch zugänglich sind. Je nach Region können die Früchte sehr unterschiedlich aussehen: Im Waldviertel kommt das grün-gelbe und kugelige Waldviertler Kriecherl vor, meist sind die Früchte aber blau.
Die Früchte reifen Ende August bis September. Sie enthalten im Vergleich zu veredelten Pflaumensorten weniger Zucker, aber mehr Fruchtsäuren.
Das Fruchtfleisch lässt sich nicht gut vom Kern trennen. Das Marmeladekochen wird so zur Herausforderung. Oft wird daher dem Schnapsbrennen der Vorzug gegeben.
Kornelkirsche (Dirndl)
Kornelkirsche (Dirndl), Bild: Pixabay, CCO
Die in Ostösterreich als „Dirndl“ bezeichnete Kornelkirscheist den meisten wegen der zarten gelben Blüten bekannt. Das Hartriegelgewächs gehört zu den ersten blühenden Sträuchern. Bereits im März, bei warmen Wintern schon im Februar, sind die Blüten in Gärten, Parks, Hecken und an Waldrändern eine wichtige Bienenweide. Die Früchte reifen erst gegen Ende September und verstecken sich gut im dichten Blätterwerk.
Die glänzend roten länglichen Steinfrüchte enthalten einen großen Kern, der sich nur schwer vom Fruchtfleisch löst. Reife (sehr dunkelrote) Früchte können roh gegessen werden, sind allerdings etwas herb. Mit viel Geduld lässt sich daraus Marmelade zubereiten, sie eigenen sich außerdem hervorragend zur Herstellung von Saft, Limonaden, Likören und Spirituosen. Getrocknete Früchte passen zu Fleisch- oder Reisgerichten oder als Kompott. Weniger bekannt ist die Verwendung der Blüten zur Aromatisierung von Getränken. Dirndl enthalten u.a. Gerbstoffe, Anthocyane, organische Säuren, mehrere Vitamine (B-C, E) und Flavonoide.
In der Volksmedizin wurden die Früchte sowie ein Aufguss aus der Rinde als Mittel gegen Durchfall eingesetzt, daher auch der Name „Ruhrbeeren“.
Elsbeere
Elsbeeren, Bild: Melanie Konegger
Die Elsbeere, auch als Alz-oder Adlitzbeere oder Schweizer Birnbaum bekannt, ist ein Kernobst. Als Wildform kommt die wärmeliebende Elsbeere eher selten vor, unter anderem im westlichen Wienerwald, Teilen Niederösterreichs und des Burgenlands sowie in der Mittelsteiermark. Sie wird in letzter Zeit aber vermehrt angepflanzt, da sie eine wichtige Winterfutterpflanze für Eichhörnchen und Vögel ist. Die Bäume blühen erst Ende Mai/Anfang Juni, die Früchte können ab Ende September bis Ende Oktober geerntet werden.
Die rundlichen, kleinen Früchte haben erst eine grünliche, später rötliche und schließlich eine bräunliche Farbe mit hellen Punkten. Die Oberfläche ist ledrig. Auch wenn sie nicht sehr einladend aussehen, sind sie auch roh genießbar. Sie enthalten viel Vitamin C sowie Tannine, Fruchtsäuren und Carotinoide und sind leicht adstringierend.
Eine Besonderheit ist, dass die Früchte nicht abfallen, sondern nur nach und nach an den Stängeln verschrumpeln. Sie stehen Tieren, sofern sie nicht restlos abgefressen werden, den ganzen Winter über zur Verfügung. Die Ernte der Elsbeeren sollte erfolgen, bevor sie überreif werden. Die Früchte müssen händisch samt Stängeln einzeln aus den Bäumen gepflückt werden. Bei doch recht hohen Bäumen ist dies eine schwierige Aufgabe. Anschließend müssen die Elsbeeren noch, ebenfalls per Hand, von den Stängeln gelöst werden.
Je reifer die Früchte werden, desto mehr Gerbstoffe werden abgebaut, und desto süßer werden sie. Beim Einkochen zu Marmelade oder Kompott wird das Tannin durch die Hitzeeinwirkung abgebaut. Getrocknet finden Elsbeeren als Zutat für Müsli oder in Schokoladen Verwendung. Am bekanntesten sind die Spirituosen – der Likör und noch mehr der Elsbeerenbrand, auch als Adlitzbeerenschnaps beziehungsweise im Elsass als Alisier bezeichnet.
Wie die Dirndln sind auch Elsbeeren als „Ruhrbirnen“ bekannt, da sie wegen der Gerbstoffe schon seit der Antike ein beliebtes Mittel gegen Durchfälle und die Ruhr waren.
Schlehdorn
Schlehdorn, Bild: Pixabay, CCO
Der Schlehdorn (Schlehe, Schwarzdorn) bevorzugt sonnige Standorte und wächst in vielen Hecken und Parkanlagen. Er wird heute wieder vermehrt gepflanzt, da Vögel wie Meisen oder Grasmücken sowohl Nester in seinem Gestrüpp anlegen als auch die Beeren lieben. Der Neuntöter, ebenfalls ein Vogel, spießt seine Beute gerne an den Dornen der Schlehe auf.
Die kleinen blauschwarzen, kugeligen Früchte reifen ab Ende September oder Oktober. Früher wurden sie erst nach dem ersten Frost geerntet, da sie davor sehr herb schmecken wegen des hohen Tanningehalts. Durch den Frost wird ein Teil der Gerbstoffe abgebaut. Wegen des Klimawandels wird heute oft durch Tiefkühlen nachgeholfen, wenn sich kein Frost einstellt. Aus den Früchten kann Marmelade oder Fruchtsaft gemacht werden, aber auch Likör oder Schnaps (Schlehengeist). Man kann die Steinfrüchte aber auch kurz vor dem Reifen pflücken und wie Oliven einlegen. Auch die Blüten können in Zuckerwasser benetzt und getrocknet als essbare Dekoration verwendet werden.
Blüten, Rinde und Früchte wirken adstringierend (zusammenziehend), harntreibend und fiebersenkend. Ein Tee aus den Blüten war früher bei Magenproblemen und Durchfallerkrankungen beliebt.
Mispel
Mispel, Bild: Pixabay, CCO
Die Mispel (auch Echte oder Deutsche Mispel) ist ebenfalls ein Kernobstgewächs. Der kleine Baum bevorzugt mildes Klima, stellt aber sonst nur geringe Standortansprüche. Die rundlichen, bei Wildformen nur 1,5 bis 3 cm Durchmesser großen Früchte (in Ostösterreich häufig Asperln genannt) werden erst gegen Ende Oktober oder Anfang November reif. Sie sind bräunlich und unansehnlich, mit großen Kelchblättern an der Spitze. Sie enthalten Gerbstoffe, Säuren und Vitamin C.
Mispeln können roh gegessen werden, allerdings empfiehlt es sich, die harten Kelchblätter nicht mitzuessen. Am besten kann man die Früchte nach dem ersten Frost essen, alternativ kann man sie vorher pflücken und danach lagern, bis sie essbar sind. Durch das Lagern werden Tannine und Fruchtsäuren abgebaut, die Früchte werden weich und ihr Zuckergehalt steigt. Am bekanntesten ist wohl ihre Verarbeitung zu Marmeladen.
Mispeln waren früher als Obstbäume weit verbreitet. Kulturformen haben auch etwa doppelt so große Früchte als Wildformen. Unreife Früchte haben einen Tannin-Gehalt von etwa 2,6 % und wurden mit Blättern und Borke zum Gerben genutzt. Aufgrund ihrer harntreibenden und adstringierenden Wirkung wurden sie gegen Fieber und Durchfall verwendet.
Wildkräuter erfreuen vor allem im Frühling viele Sammler. Viele Pflanzen sowie deren Knospen, Samen, Triebe, Blüten und Wurzeln können gegessen oder verarbeitet werden. Die bESSERwisser stellen Löwenzahn, Spitzwegerich, Schafgarbe, Pimpernell und Taubnesseln vor.
Löwenzahn
Löwenzahn ist sehr bekannt und auch leicht zu finden. Beliebt sind vor allem seine jungen Blätter, aber auch Stängel, Blütenknospen, Blüten und Wurzeln sind verwertbar. Die jungen Blätter werden gerne als Salat zubereitet, aber man kann sie auch zu Suppen, Gemüselaibchen oder Pestos verarbeiten. Blüten hingegen lassen sich gut zu Sirup – dem sogenannten Löwenzahnhonig– verkochen. Löwenzahn enthält sehr viele gesunde Bitterstoffe, zudem Vitamin C und sehr viel Provitamin A, Flavonoide und einen relativ hohen Kaliumgehalt. Letzterer dürfte für die harntreibende Wirkung verantwortlich sein. Die Bitterstoffe sind verdauungsfördernd und gut gegen leichte Gallenbeschwerden. Neben Tees aus Blättern werden auch Presssäfte angeboten.
Löwenzahnwurzeln enthalten im Frühjahr Milchsaft, im Herbst dann Inulin. Sie schmecken noch bitterer als die Blätter, man kann sie aber gut mit anderem Wurzelgemüse mischen. Als Kaffee noch für die meisten unerschwinglich war, wurden geröstete Löwenzahnwurzeln auch als Kaffeeersatz verwendet, ähnlich wie Zichorienwurzeln, die ebenfalls viel Inulin enthalten.
In der Kräuterheilkunde ist der Löwenzahn sowohl in Euopa als auch in Asien sehr beliebt. Traditionell wird er bei Gallenleiden, Verdauungsbeschwerden sowie zur Unterstützung bei Blasenentzündungen verwendet. Seit einiger Zeit wird er beispielsweise in Russland, China oder Mexiko auch als Volksheilmittel bei Leberbeschwerden und Diabetes Typ2 eingesetzt. Die Inhaltsstoffe des Löwenzahns, insbesondere Chicorsäure, Taraxasterol (Triterpen), Chlorogensäure und Sesquiterpenlactone (Bitterstoffe) haben eine blutzuckerregulierende, antioxidative und anti-entzündliche Wirkung. Auch in der medizinischen Forschung rückt die potenzielle Wirksamkeit von Löwenzahn bei Diabetes Typ 2 in den Fokus, da er praktisch weltweit verfügbar und relativ billig ist [1, 2]. Zu beachten gilt, dass Löwenzahn allergenes Potential besitzt. Daher sollte sich der tägliche Verzehr auf nicht mehr als vier bis zehn Gramm frische Blätter, zwei Teelöffel Presssaft aus Blättern oder zwei bis acht Gramm frische Wuzeln beschränken [3].
Schadstoffindikator und Bienenweide
Löwenzahn eignet sich gut als Indikator für verschiedene Schadstoffe und Schwermetalle wie beispielsweise Kupfer, Zink oder Mangan in Böden. Die Mengen davon in seinen Blättern oder Wurzeln hängen von der Höhe der Konzentration in den Böden ab. Wer selbst sammelt, sollte daher aufpassen, wo die Pflanzen wachsen und wie kontaminiert Böden sind [3].
Beim Sammeln beachten, dass Löwenzahnblüten eine wichtige Bienenweide sind und sollte auch diesen Tieren ihren Anteil überlassen. Beim Pflücken sollte man außerdem Kontakt mit dem frischen Milchsaft in den Stängeln vermeiden, da dieser allergischen Reaktionen auslösen kann.
Spitzwegerich
Spitzwegerich ist vielen als Heilpflanze bekannt, die bei Erkältungen eingesetzt wird. Manchen ist wahrscheinlich auch die Wirkung der frischen, zerquetschten Blätter bei Insektenstichen oder nach Kontakt mit Brennesseln geläufig.
Der Spitzwegerich kommt aber auch als Tee, Presssaft aus den Blättern oder als Spitzwegerichsirup aus Blättern und Blüten zum Einsatz. Er enthält u.a. Iridoidglycoside, Schleimstoffe, Gerbstoffe, Kieselsäure. Die Wirksamkeit gegen Erkältungen ist durch die einhüllende Wirkung der Schleimstoffe als auch durch die adstringierende Wirkung der Gerbstoffe sowie durch die antibakterielle Wirkung der Abbauprodukte der Iridoide zurückzuführen.
Sitzwegerichsirup kann auch selbst hergestellt werden. Ansonsten sind die Blätter in der Küche eher sparsam einzusetzen, da sie ziemlich bitter sind. Sie können Salaten und Kräuteraufstrichen beigefügt oder kleingeschnitten mit anderen Kräutern zu Kräuteromeletts verarbeitet werden. Als Bestandteil von Kräutersalz eigenen sich die Knospen, die auch leicht angeröstet als Gewürz mit leicht pilzartigem Geschmack gut schmecken.
Schafgarbe
Ähnlich wie der Spitzwegerich ist auch die Schafgarbe eher als Heil- denn als Küchenpflanze bekannt. Sie enthält unter anderem Proazulen, ätherische Öle, Gerbstoffe, Flavonoide und Bitterstoffe und besitzt antibakterielle, entzündungshemmende und krampflösende Wirkung. Sie eignet sich vor allem als Gewürz, das besonders fettreiche Speisen besser verdaulich macht.
Ähnlich wie die Gundelrebe wurde die Schafgarbe als Bierwürze verwendet. In Zeiten, in denen die Menschen karges Essen gewöhnt waren, war sie ein wichtiges Gewürz bei Festspeisen, um diese bekömmlicher zu machen. So etwa waren und sind ihre Blätter und Blüten Bestandteil traditioneller Gründonnerstagsgerichte.
Pimpernell
Pimpernell oder Pimpinelle – auch als kleiner Wiesenknopf bekannt – ist ein altes Würzkraut. Sie wuchs früher in vielen Hausgärten und war zu Ostern Bestandteil traditioneller Gründonnerstagsgerichte. Durch ihren gurkenähnlichen Geschmack eignet sie sich als Salatkraut, für Kräuteraufstriche oder Kräuterbutter und als Zutat in Pestos. Auch Tee kann aus getrocknetem Kraut hergestellt werden. In Saucen sollte Pimpernell erst ganz am Schluss beigefügt werden, damit das Vitamin C nicht durch Kochen verloren geht. Neben Vitamin C enthält der kleine Wiesenknopf auch Gerbstoffe und Gallussäure sowie Kampferol.
Von der Antike bis die frühe Neuzeit wurde die Pflanze zur Blutstillung und Wundversorgung eingesetzt, da sie astringierende (zusammenziehende) und anti-entzündliche Eigenschaften aufweist.
Taubnessel
Als Heilpflanze wird vor allem die weiße Taubnessel verwendet, in der Küche werden auch die goldene, die purpurrote oder gefleckte Taubnessel verarbeitet. Taubnesseln enthalten unter anderem ätherische Öle, Iridoide, Flavonoide, Bitter-, Gerb- und Schleimstoffe.
Die Blätter und jungen Triebe vor der Blüte können als Salat oder Rohkost verwendet werden, ab der Blüte die Triebspitzen. Sie haben eine leichte Pilznote, die sich auch gut als Gemüse-, Suppen- und Eierspeisenzutat eignet. Die Blüten enthalten Nektar und können roh oder in süßen Desserts, aber auch in Salaten genossen werden Im Herbst kann man die ebenfalls pilzartig schmeckenden Wurzeln roh in Salaten oder klein geschnitten in Gemüsesuppen verwenden. Ähnlich wie Löwenzahnwurzeln wurden die wurzeln der Taubnessel früher auch geröstet als Kaffeeersatz verwendet.
Quellen:
[1] Sharifi‐Rad M., Roberts T.H, Matthews K.R. et al: Ethnobotany of the genus Taraxacum—Phytochemicals and antimicrobial activity. Phytotherapy research 32, p 2131-2145 (2018). https://doi.org/10.1002/ptr.6157
[2] Wirngo F.E., Lambert MN, Jeppesen PB: The Physiological Effects of Dandelion (Taraxacum Officinale) in Type 2 Diabetes. Rev Diabet Stud.13(2-3), p 113–131 (2016). doi: 10.1900/RDS.2016.13.113
[3] Królak E., Marciniuk J., Popijantus K. et al: Environmental Factors Determining the Accumulation of Metals: Cu, Zn, Mn and Fe in Tissues of Taraxacum sp. sect. Taraxacum. Bull Environ Contam Toxicol 101, p 68–74 (2018). https://doi.org/10.1007/s00128-018-2356-y
Im Frühling hat das Sammeln von Wildkräutern wieder Saison. Knospen, Samen, Triebe, Blüten, Wurzeln sowie die Pflanzen selbst können oft zu richtigen Delikatessen verarbeitet werden und liefern noch dazu wertvolle Nährstoffe. Auch zum Herstellen von Kosmetikprodukten sind Wildkräuter beliebt. Die bESSERwisser stellen hier Bärlauch, Brennessel, Brunnenkresse, Sauerampfer und Gundelrebe vor.
Bärlauch
Der Bärlauch ist eine Zwiebelpflanze, die in auf feuchten Böden in Laub- und Auwäldern wächst. Verwendet werden die Blätter, die bereits sehr früh – meist im März – noch vor der Blütenbildung gesammelt werden. Bärlauch liefert viel Vitamin C, zudem enthält er die Mineralstoffe Kalium, Kalzium und Eisen. Der typische knoblauchartige Geschmack und Geruch kommt durch die flüchtigen Schwefelverbindungen in seinem ätherischen Öl zustande. Wie bei Zwiebel und Knoblauch entfalten diese Stoffe erst nach dem Zerreiben bzw. Anschneiden ihre Wirkung. Ähnlich dem Knoblauch hat auch Bärlauch eine blutdrucksenkende Wirkung.
Bärlauch zählt zu den beliebtesten Wildkräutern. Er kann roh oder gekocht genossen werden. Seine Blätter werden für Kräuterbutter und -aufstriche, in Pestos, Suppen und Soßen oder im Salat verwendet. Man kann sie auch in Öl einlegen oder ähnlich wie Spinat zu Strudel, Quiches oder als Füllung für Ravioli verarbeiten. Gekochten Speisen wie Suppe sollte er erst gegen Ende der Kochzeit beigemengt werden, damit sein Aroma und seine Vitamine nicht verloren gehen.
Achtung: Bärlauch wird häufig mit giftigen Pflanzen wie Herbstzeitlosen, Maiglöckchen, geflecktem Aronstab, vielblütigem Weißwurz oder verwilderten Gartentulpen verwechselt. Vergiftungsfälle können tödlich enden! Also nur sammeln, wenn man sich ganz sicher ist und jedes Blatt einzeln pflücken. Zudem gibt es in Österreich zunehmend Warnungen vor Fuchsbandwurm-Eiern auf Bärlauch. Diese werden erst bei Temperaturen über 60 Grad C abgetötet, nicht jedoch durch Tiefkühlen. Deshalb Blätter immer gut unter heißem Wasser abwaschen. Falls man alle Risiken ausschließen möchte: Bärlauch kann man auch frisch im Handel kaufen, dieser stammt von landwirtschaftlichen Anbauflächen.
Brennesseln
Brennesseln sind wohl jedem bekannt. Essbar sind sowohl die jungen Pflanzen als auch die Triebspitzen schon älterer Pflanzen sowie die Samen. Die Blätter und Triebe können ähnlich wie frischer Spinat oder roh in Salaten verarbeitet werden. Beim Kochen fallen sie wie Spinat sehr stark zusammen. Roh sollten die von den Stängeln gezupften Blätter kurz heiß übergossen werden, um unangenehme s Brennen im Mund zu verhindern. Getrocknet sind Blätter und Triebe in Teemischungen beliebt.
Brennesseln finden schon lange in der Kräuterheilkunde Verwendung. Ihre harntreibende und stoffwechselfördernde Wirkung wird noch heute geschätzt. Aus den Wurzeln werden Mittel gegen Prostatabeschwerden hergestellt, und in Shampoos und Haarpflegemitteln sind Auszüge aus der kieselsäurereichen Pflanze enthalten. Die Brennessel enthält unter anderem ätherische Öle, organische Säuren, Vitamin C, B und K, Mineralien wie Kalium, Kalzium, Eisen und Kieselsäure, in den Blättern Flavonoide und das Cumarin Skopoletin, in den Wurzeln pflanzliche Steroidhormone und Lektine.
Die Brennhaare auf Blättern und Stängel, mit denen vermutlich alle schon Bekanntschaft gemacht haben, verursachen Brennen und Rötungen, manchmal auch Quaddeln. Bricht man die Brennhärchen ab, bohrt sich eine kanülenartige Spitze aus harter Kieselsäure in die Haut. Ein chemischer Cocktail, der unter anderem Histamin, Serotonin, Acetylcholin und Ameisensäure enthält, wird in die Haut gespritzt.
Sauerampfer
Früher war der Wiesen-Sauerampfer, der roh gekaut oder verkocht wurde, sehr beliebt. Heute ist bekannt, dass er neben Eiweiß, Flavonoiden, reichlich Vitamin C, Carotin, Eisen und Gerbstoffe auch viel freie Oxalsäure enthält – ähnlich wie Rhabarber. Deshalb sollte er nur in sehr kleinen Mengen roh genossen werden, ansonsten lieber nur gekocht, wie beispielsweise in Saucen. Oxalsäure gilt in größerern Mengen als nierenschädigend. Obwohl er viel Eisen enthält, sollte er nicht bei Eisenmangel eingesetzt werden, da die Oxalsäure die Eisenaufnahme hemmt.
Sauerampfer kann ähnlich wie Spinat zubereitet oder mit diesem gemischt werden, damit ein würzigerer Geschmack entsteht. Auch in Suppen wird er verwendet. Besonders beliebt ist die Ampfersuppe in Frankreich, aber auch in Polen und Litauen. Auch in Saucen findet Sauerampfer Verwendung. Es sollten nur junge, makellose Blätter der Pflanze verwendet werden, denn ältere – besonders solche mit Löchern – sind unbekömmlich. Zudem wird der säuerlich-herbe Geschmack des Sauerampfers im Laufe des Jahres immer bitterer.
Brunnenkresse
Die Brunnenkresse wurde bereits in einer sehr frühen irischen Dichtung aus dem 8. Jahrhundert als Nahrung für Einsiedler erwähnt. Sie war auch wichtig für an Skorbut erkrankte Seeleute, sobald diese wieder an Land waren .
Heute ist die Brunnenkresse leider nicht mehr so häufig wie früher zu finden. Sie wächst an fließenden Gewässern, Quellen, Bächen und Fließ-Brunnen. Man kann sowohl Blätter, Triebe als auch Blüten und Blütenknospen essen oder Keimlinge aus den Samen ziehen. Bedeutend war sie einst, als es noch keine Importwaren gab, als Quelle für Vitamin C. Sie eignet sich für den Rohgenuss, beispielsweise in Salaten oder Aufstrichen. Die Kleimlinge sind beliebte Microgreens. Neben Vitaminen enthält sie auch Bitter- und Gerbstoffe sowie ätherische Öle.
Gundelrebe
Die Gundelrebe (oder Gundermann) eignet sich besonders als Gewürzkraut. Ihr Geschmack ist leicht bitter, aber sehr intensiv. Sie passt in Suppen, Salate, Fleischspeisen, aber auch in Topfen- und andere Aufstriche. Sie enthält Flavonoide, Gerb- und Bitterstoffe und ätherische Öle und wirkt verdauungsfördernd. In den Blättern finden sich zudem Lektine, ähnlich jenen in Hülsenfrüchten. Für Menschen ist sie ungiftig, allerdings möglicherweise nicht für Pferde und Kaninchen. In der Landwirtschaft ist sie als Unkraut unbeliebt. Beim Sammeln kann sie leicht mit dem kriechenden Günsel verwechselt werden.
Die Gundelrebe wurde vor der Kultivierung des Hopfens aufgrund ihrer Bitterstoffe zur Konservierung von Bier genutzt. Der Name „Soldatenpetersilie“ weist auf ihre Beliebtheit als Gewürz hin. Bedeutung hatte sie in traditionellen Gründonnerstagsgerichten aus Kräutern wie grünen Saucen.
Viele kennen ihn aus ihrer Kindheit, den Mythos Spinat essen sei besonders gesund, weil das Blattgemüse besonders viel Eisen enthält. Popeye, der Spinat-essende Trickfilm-Matrose, trug vermeintlich zu diesem Irrtum bei. 1981 wurde der Mythos durch eine Publikation entlarvt, die zeigte, dass die Eisenmessungen in den 1930er Jahren falsch waren und lediglich eine Dezimalstelle verrutscht war. Doch auch diese Feststellung traf nicht des Pudels Kern – es entstand ein Mythos um den Mythos. Die bESSERwisser haben die Geschichte genauer beleuchtet und zum Thema Eisen und Ernährung recherchiert.
Die Mär vom Eisengehalt im Spinat und der Dezimalstellenfehler
Trickfilmfigur Popeye ernährte sich ausschließlich von Spinat, deswegen war er so besonders stark, so die Story. Mit ihm als Vorbild wurden Kinder jahrzehntelang mit dem Mythos konfrontiert, dass der Konsum von viel Spinat unseren Eisenbedarf deckt und damit zu guter Gesundheit beiträgt. Doch wenn man genauer recherchiert, sagt Popeye im Cartoon von EC Segar: „Spinach is full of Vitamin A. An’ tha’s what make hoomans strong an’ helty!“. Der schlaue Popeye also wusste sehr wohl, dass Spinat nicht etwa sehr viel Eisen sondern vielmehr besonders viel Vitamin A enthält. 1981 veröffentlichte Professor Terence Hamblin im British Medical Journal, dass bei der Bestimmung des Eisengehaltes im Spinat in den 1930er Jahren versehentlich das Komma um eine Stelle nach rechts verrutscht sei und somit Spinat ein unnatürlich hoher Eisengehalt verschafft wurde. Dieser Dezimalstellenmythos ist heute noch in vielen Publikationen rund um das Thema Eisengehalt im Spinat präsent. Tatsächlich aber wurden bereits Jahre zuvor zu hohe Eisenmengen im Spinat von Wissenschaftlern festgestellt. Dem Fehler lagen Eisen-Kontaminationen, die durch das Erhitzen von Speisen entstanden, zugrunde, und ähnlichen Fehler ergaben sich bei den Erhebungen. Spinat hat einen ähnlich hohen Eisengehalt wie anderes dunkelgrünes Blattgemüse. Der Grund, warum Spinat tatsächlich kein besonders guter Eisenlieferant ist: Die in Spinat enthaltene Oxalsäure bzw. ihre Salze (Oxalate) beeinträchtigen die Resorption von Eisen im Darm. [1]
Spurenelement Eisen und die Eisenverarbeitung im Körper
Im August 2015 wurden beim forum ernährung heute-Mythen-Check [2] 508 Personen zu Ernährungsmythen befragt. 66,1 % der Befragten gaben an, auf jeden Fall oder zumindest teilweise zu glauben, dass Spinat reichlich viel Eisen enthält. Der Mythos zeigt sich stand fest, doch warum beschäftigen wir uns eigentlich so intensiv mit unserem Eisenbedarf?
Eisen ist ein sogenanntes Spurenelement, der Körper kann es nicht produzieren und benötigt es in „Spuren“, also verglichen mit anderen Stoffen wie beispielsweise Aminosäuren relativ wenig davon. Es kommt in mehreren Oxidationsstufen vor, wobei jedoch nur Fe2+ – zweiwertiges Eisen, und Fe3+ – dreiwertiges Eisen eine Bedeutung für den Organismus haben. Zweiwertiges Eisen kann rasch zu schwerlöslichem dreiwertigem Eisen oxidieren, daher besitzen Organismen Proteine wie Hämoglobin, Transferrin oder Ferritin, die Eisen binden. Nur so bleibt Eisen biologisch verfügbar. Circa 80 % des Eisens liegen als sogenanntes Funktionseisen vor. Dieses Funktionseisen ist größtenteils sogenanntes Hämeisen, liegt also im Eisen-Protein-Komplex vor – das bekannteste Hämprotein ist Hämoglobin, aber auch Myoglobin und Zytochrome sind Hämproteine im Körper. [3,4,5]
Eisen ist zentraler Baustein von Hämoglobin in den roten Blutkörperchen und bindet Sauerstoff, um ihn im Blut zu transportieren. Beispielweise versorgt es damit Muskeln mit Sauerstoff. Niedrige Eisenlevel gehen oft mit Kraftlosigkeit und Müdigkeit einher, weil die Sauerstoffbereitstellung nicht gewährleistetet ist. In tierischen Lebensmitteln, insbesondere in Fleisch, liegt der Großteil des Eisens als Hämeisen vor. Dieses Zweiwertige Eisen wird aufgrund seiner guten Löslichkeit etwa dreimal so gut resorbiert als Nicht-Hämeisen, das vor allem in pflanzlichen Nahrungsmitteln vorkommt. Man kann jedoch gute Eisenquellen wie Hülsenfrüchte oder Vollkorngetreide mit Vitamin C-reichen Nahrungsmitteln kombinieren – damit nimmt der Körper es besser auf. Tee oder Kaffee verschlechtern übrigens die Eisenaufnahme, sie enthalten Polyphenole und Phytate, welche die Aufnahme inhibieren. Milch- und Eiproteine hemmen die Absorption ebenso wie Rhabarber, der besonders viel Oxalsäure enthält. [3,4,5,6,7,8]
Eisenmangel und Eisenspeicherkrankheit
Die drei wichtigsten labordiagnostische Messgröße zur Beurteilung des Eisenstoffwechsels sind Eisen, Ferritin und Transferrin. Eisen gibt den messbaren Eisenwert im Blut an, ist aber als Wert alleine für die Diagnose einer Eisenmangelanämie nicht aussagekräftig. Ferritin ist ein Protein und ein Maß für die Eisenspeicherung im Körper, Transferrin ist ebenso ein Eiweiß und transportiert Eisen. Bei einem Eisenmangel liegt das Eisen- und Ferritinlevel unter den geltenden Referenzwerten, Transferrin ist meist erhöht. Gemeinsam mit den Blut- und Vitaminwerten (z.B. Folsäure) und Lebensumständen wie Schwangerschaft, kann der Eisenstatus und gegebenenfalls ein zusätzlicher Bedarf an Eisen durch Mediziner beurteilt werden. [9,10]
Nicht immer müssen Ernährung oder Lebensumstände an einem gestörten Eisenhaushalt schuld sein. Die Eisenspeicherkrankheit, auch Hämochromatose oder Bronzediabetes genannt, resultiert in einer erbliche bedingten gesteigerten Eisenaufnahme im Dünndarm. Dabei lagert sich überschüssiges Eisen in den Geweben ab und schädigt diese. Die Krankheit kommt mit einer Häufigkeit von 2-5 Betroffenen pro 1000 Personen vor. Die Betroffenen weißen meist Leberschädigungen oder Schädigungen der Bauchspeicheldrüse auf, letzteres resultiert oft in einer Zuckerkrankheit (Diabetes Mellitus). Zu unterscheiden ist diese primäre genetisch bedingte Eisenspeicherkrankheit von der sekundären Hämochromatose, bei der die Eisenüberladung eine Folge anderer Erkrankungen ist. Heutzutage kann die Eisenspeicherkrankheit bei Verdacht des behandelnden Arztes durch eine genetische Untersuchung des HFE-Gens diagnostiziert werden. [11,12]
Eisenversorgung von Kindern
Kinder wachsen rasch und haben deswegen spezielle Anforderungen an die Ernährung. Eisenmangel bei Kindern ist eine weit verbreitete Mangelkrankheit und das auch in Industrieländern. Eisen ist für die Blutbildung essentiell und eine gute Versorgung ist vor allem in Wachstumsphasen wichtig. Eine Eisenanämie, also Unterversorgung, kann sowohl die körperliche als auch geistige Entwicklung stören. Eine Studie [13] von 2017 zeigte, dass spezielle Kindermilch den Bedarf an Eisen besser decken kann als Kuhmilch. Kindermilch basiert auf Kuhmilcheiweiß und ist mit verschiedenen Zucker/Kohlenstoffarten, pflanzlichen Ölen, Vitaminen sowie Spurenelementen wie Eisen angereichert. Da vom Eisenmangel nicht nur Kleinkinder betroffen sein können, sondern auch Teenager, sollten eisenreiche Nahrungsmittel wie Fleisch, Eier, Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte und eisenreiches Gemüse auf dem Speiseplan stehen. [14]
Fazit
Es ranken sich viele Mythen um das Thema Eisen in Lebensmittel- allen voran um Eisen im Spinat. Das zeigt, dass der Eisenhaushalt für die Menschen eine wichtige Rolle spielt. Eisenmangel spiegelt sich in Müdigkeit und Antriebslosigkeit wieder, eine erhöhte Zufuhr an Eisen durch eisenreiche Nahrungsmittel kann dem entgegenwirken. Vor allem Kleinkinder und Jugendliche haben in den Wachstumsphasen einen erhöhten Eisenbedarf, hier ist Kindermilch bzw. in der Pubertät eine eisenreiche Ernährung essentiell, um Schäden vorzubeugen. Nicht immer kann der Eisenhaushalt mit der Ernährung optimiert werden: die Eisenspeicherkrankheit bedingt eine gesteigerte Eisenaufnahme im Darm und Ablagerung von Eisen im Gewebe und ist genetisch bedingt. Sie muss frühzeitig diagnostiziert und behandelt werden.
Quellen:
[1]Sutton M. How the spinach, Popeye and iron decimal point error myth was finally bust. HealthWatch Newsletter 2016;101:7
[5] Leitzmann C, Müller C, Michel P, Brehme U, Hahn A, Laube H: Ernährung in Prävention und Therapie. 68-70. Hippokrates Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG 2005
[13] Akkermans MD et al.: Iron and Vitamin D Deficiency in Healthy Young Children in Western Europe Despite Current Nutritional Recommendations. J Pediatr Gastroenterol Nutr. 62: 635-642 (2016)
Auch wenn sie nicht jedem schmecken: Rote Rüben sind gesund, so viel ist bekannt. Weniger geläufig ist, dass das bunte Gemüse auch gegen Karies wirkt. Die bESSERwisser haben recherchiert, warum rote Rüben so gesund sind und welche Inhaltsstoffe sie zum Schutzschild gegen Karies machen.
Herkunft und botanische Zugehörigkeit
Mit Herbstbeginn hat die Rote Rübe – auch als Rote Bete (Deutschland), Rande (Schweiz), Randig oder Rahner (Teile Österreichs) bekannt – wieder Saison. Sei es als Salat, Suppe, Beilage oder Schnitzerl – das Gemüse ist von unserem Speiseplan vor allem in der kalten Jahreszeit kaum mehr wegzudenken.
Ursprünglich stammt die Rote Rübe von der Wilden Rübe ab. Diese kannte man schon vor 2000 Jahren im Mittelmeerraum und im Vorderen Orient, über die Römer gelangte sie dann nach Mittel- und Westeuropa. Hier wurde die rote Rübe im 19. Und 20. Jahrhundert durch Veredelung zu dem gleichmäßig roten, geschmackvollen Gemüse, das wir heute kennen.
Die Rote Rübe gehört zur Familie der Fuchsschwanzgewächse und ist unter anderem mit Spinat, Mangold, Zucker- und Futterrüben sowie Quinoa verwandt. Sie wächst in der Erde als runde oder längliche Knolle mit braun-roter Schale. Rote Rüben sind innen rot, manchmal auch rot-weiß gemustert.
Rote Rübe: Wahres „Wundergemüse“
Ihre Farbe erhält die Rote Rübe von dem in ihr enthaltenen Betanin, das auch als Betenrot bekannt ist. Es handelt sich dabei um einen wasserlöslichen, natürlichen Farbstoff, der empfindlich auf Licht und Wärme reagiert und auch als pH-Indikator eingesetzt werden kann. Betanin gehört der Gruppe der Betalaine an, die als Antioxidantien beschrieben wurden [1].
Die Rote Rübe ist reich an Eisen, Kalium, Magnesium und Phosphor. Neben Zucker und Eiweiß enthält diese ballaststoffreiche und kalorienarme Gemüsesorte auch Folsäure, Vitamin C und B-Vitamine. Weiters werden der Roten Rübe unter anderem appetitanregende Wirkung, Förderung der Gallensekretion, Unterstützung der Blutbildung sowie vorbeugende Wirkung gegen Erkältungen und Grippe nachgesagt.
Rote Rüben nehmen – wie alle Blatt- und Wurzelgemüse – Nitrat aus dem Boden auf. In dem Zusammenhang wurde lange auch über mögliche krebsauslösende Wirkungen roter Rüben diskutiert – beim Menschen konnten Studien diese jedoch nicht bestätigen. Heute weiß man, dass sich Abbauprodukte von Nitrat sogar positiv auf die Gesundheit auswirken und den Blutdruck senken können [2]. Auch eine Leistungssteigerung durch Nitrat konnte in klinischen Studien bereits nachgewiesen werden [3] . Das ist sicherlich mit ein Grund dafür, dass es Rote Rüben-Säfte für Leistungssportler im Handel gibt.
Stark gegen Karies
Studie 1
In einer österreichischen Studie der Fachhochschule Oberösterreich konnte im Jahr 2015 die Wirkung Roter Rüben gegen Karies gezeigt werden. Für seine Untersuchungen testete der Lebensmitteltechnologe Otmar Höglinger mit seinem Team zunächst sieben Rote-Rüben-Sorten auf ihren Nitratgehalt. Dabei fanden die Wissenschaftler heraus, dass die Sorte „Mona Lisa“ rund zehnmal so viel Nitrat wie andere Sorten enthält [4].
Beim Verzehr von Roten Rüben läuft im Körper der so genannte Nitrat-Nitrit-Kreislauf ab: Das über die Rübe aufgenommene Nitrat wird durch den Speichel im Mundraum verteilt. Das saure Milieu bewirkt eine Reduktion von Nitrat zu Nitrit, und in weiterer Folge dann zu Stickstoffmonoxid, welches eine stark bakterizide (keimtötende) Wirkung besitzt. Und Bakterien gibt es in unserem Mund ausreichend: auf unserem Zahnbelag ernähren sie sich von Kohlenhydraten aus unserem Essen und bilden dabei Säure, die den Zahnbelag angreift. Das Resultat ist Karies. Entsteht nun aus dem Nitrit der Roten Rüben Stickstoffmonoxid, sollte dieses gegen die milchsäure-produzierenden Keime im Zahnschmelz wirken, so die Folgerung der Forscher.
Studie 2
In einer weiteren Studie konnten Höglinger und Kollegen das dann auch nachweisen: Tranken Probanden Rote Rüben-Saft, erhöhten sich ihre Nitrit-, Nitrat- und Stickstoffmonoxid-Werte im Mund, und der pH-Wert veränderte sich und wurde weniger sauer [5]. Rote Rüben verhindern somit ein Übersäuern der Spucke und tragen dadurch zur Kariesprävention bei.
Referenzen
[1] Kanner J., Harel S und Granit R.: Betalains–a new class of dietary cationized antioxidants (2001). J Agric Food Chem. 2001 Nov;49(11):5178-85.
[2] Bahadoran Z., Mirmiran P., Kabir A. et al.: The Nitrate-Independent Blood Pressure-Lowering Effect of Beetroot Juice: A Systematic Review and Meta-Analysis (2017). Adv Nutr. 2017 Nov 15;8(6):830-838. doi: 10.3945/an.117.016717.
[3] Tan R., Wylie LJ., Thompson C. et al.: Beetroot juice ingestion during prolonged moderate-intensity exercise attenuates progressive rise in O2 uptake (2018). J Appl Physiol (1985). 2018 May 1;124(5):1254-1263. doi: 10.1152/japplphysiol.01006.2017
Endivie? Zu bitter! Radicchio? Kauf ich nie wieder! Bitter schmeckende Lebensmittel sind nicht nur bei Kindern, sondern auch bei vielen Erwachsenen unbeliebt. Andere wiederum sind unglücklich darüber, dass es Endivie und Zuckerhut kaum noch zu kaufen gibt. Die bESSERwisser haben dazu recherchiert und nicht nur festgestellt, wie gesund Bitterstoffe sind, sondern sie verraten auch Tricks, wie man den bitteren Geschmack verringern kann.
Alle verwandt
Hätten Sie gewusst, dass Endivie, Radicchio, Chicorée, Zuckerhut und Frisée enge Verwandte sind? Es ist erstaunlich, wie viele Zuchtsorten aus einem am Wegrand blühenden „Unkraut“, der Wegwarte oder Zichorie, entstanden sind. Schon die alten Römer haben daraus Gemüse zubereitet. Die Wurzeln der Pflanze dienten lange zur Herstellung von Ersatzkaffee, und nach einem starken Rückgang des Anbaus sind sie derzeit wieder beliebt. Sie liefern den präbiotischen Ballaststoff Inulin, der inzwischen gerne von der Lebensmittelindustrie für sogenannte „gesunde“ Produkte verwendet wird.
Endivie (Winterendivie, Eskariol) ist bei uns schon lange als ein typischer Herbst/Wintersalat verbreitet, da er leichten Frost aushält, bis in den November im Freien bleiben kann und sich relativ gut lagern lässt. Chicorée ist eine belgische Zuchtform, bei der die Zichorienwurzeln im Winter abgedeckt austreiben – die blassen Triebe werden verkauft. Radicchio und Zuckerhut sind italienische Züchtungen, von denen nur der rote Radicchio sehr häufig auch bei uns zu finden ist. Auch Frisée-Salat ist eine Endivien-Art, allerdings kein Wintersalat.
Abgesehen von der Herkunft verbindet all diese Züchtungen eine typisch bittere Geschmacksnote. Grund dafür sind die Bitterstoffe Lactucin und Lactucopikrin (früher auch als Intybin bezeichnet), die vor allem in den Blättern enthalten sind. Diese haben unter anderem eine beruhigende und antientzündliche Wirkung. Besonders interessant könnten für die Forschung positive Effekte gegen neurodegenerative Erkrankungen wie Demenz sein: In Versuchen haben die Wirkstoffe das Wachstum der Nervenfortsätze gefördert [1].
Bitter gehört zu den Geschmackserlebnissen, an die man sich erst gewöhnen muss. Babys haben eine angeborene Abneigung gegen Bitteres und Saures und einen Abwehrreflex gegen die beiden Geschmacksrichtungen. Dieser wird also gustofazialer Reflex bezeichnet. Kinder lernen erst allmählich, saure oder bittere Speisen und Getränke zu akzeptieren, wenn ihnen diese von ihrer Umgebung vorgesetzt werden. Mit dem Alter steigt oft die Toleranz für Bitteres, vielleicht auch, weil dann die Fähigkeit der Geschmackswahrnehmung abnimmt. Interessant ist, dass es für „süß“ nur einen Rezeptor gibt, während für „bitter“ bereits 25 Rezeptoren gefunden wurden. Das hängt damit zusammen, dass es für unsere Vorfahren wichtig war, oft bittere giftige Substanzen zu erkennen. [2]
Genetische Dispositionen beziehungsweise die Anzahl der Geschmacksrezeptoren spielen ebenfalls eine Rolle, wie sensibel Menschen auf die Wahrnehmung von Geschmacksreizen reagieren. Sogenannte Superschmecker reagieren viel intensiver auf Geschmackserlebnisse als Normalschmecker. Nicht-Schmecker dagegen erleben Geschmäcker viel weniger intensiv. [3]
Allerdings liegt es nicht an den Genen, dass immer häufiger auch Erwachsene bittere Speisen und Getränke ablehnen, sondern an der kulturellen Prägung. In den westlichen Industrienationen wird immer häufiger nur süß und salzig bevorzugt, während sauer und bitter langsam verschwinden. Der Geschmack wird erst nach und nach gebildet, Kinder müssen eine Speise (z.B. eine Gemüsesorte) mindestens zehnmal essen, bis sie den Geschmack wiedererkennen. In diesem Prozess steigt die Akzeptanz für jene Speisen, die häufig gegessen werden. Das nennt sich der „mere exposure effect“. Kommt immer nur Ähnliches auf den Tisch, zum Beispiel nur die Lieblingsspeisen, ist das der Geschmacksentwicklung nicht förderlich. [4]
Viele Bitterstoffe sind sehr gesund. Bereits im Mund lösen die Geschmacksrezeptoren auf der Zunge bei bitterem Geschmack eine vermehrte Magensaftproduktion aus. Zudem regen bittere Substanzen die Galle an und sorgen damit für die Unterstützung der Leber. Auch Abnehmwillige können profitieren, da Bitterstoffe eine längere Sättigung fördern. [5]
Wegen der Geschmacksvorlieben der Konsumenten sind Pflanzenzüchter ständig bemüht, bei Endivien, Chicorée oder Radicchio-Sorten möglichst die Bitterstoffe wegzuzüchten, um deren Beliebtheit zu steigern. [6] Das ist vom gesundheitlichen Standpunkt aus eigentlich schade. Auch beim Einkauf kann das zu Überraschungen führen, wenn man eine ursprünglichere, besonders bittere Sorte erwischt.
Wie man die Bitterstoffe austricksen kann
Nur wegen der Bitterstoffe sollten die gesunden Salate nicht gemieden werden. Sie sind weniger mit Nitrat belastet als der beliebte Kopfsalat und enthalten zudem viel Vitamin C, B-Vitamine, Kalium und Kalzium. Bei Radicchio sind besonders der Strunk und die Rippen bitter, bei Chicorée der Strunk. Werden sie entfernt, ist der Salat gleich weniger bitter. Bei Endivie hilft das kurze Einlegen der Salatblätter in lauwarmes Wasser, da Lactopikrin und Lactucin zwar wasserlöslich sind, sich aber in kaltem Wasser nur schwer lösen. Nicht zu lange einweichen, damit die wasserlösliche B- und C-Vitamine nicht auch verloren gehen. Leider werden in Supermärkten oft nur die Endivienherzen angeboten. Dabei enthalten die äußeren grünen Blätter der Rosette mehr Vitamine als die gelben inneren.
Auch bei der Zubereitung kann man versuchen, die Bitterstoffe mit einer süßen Geschmacksnote zu kombinieren um ihnen so die Intensität zu nehmen. Endivien harmoniert zum Beispiel mit Bananen- oder Mandarinen- oder Orangenstücken, die man einfach unter den Salat mischt, oder ganz klassisch mit gekochten Erdäpfeln. Chicorée harmoniert sowohl mit Orangen als auch mit Äpfeln, und Radicchio kann entweder mit anderen Salaten gemischt oder durch Joghurt oder andere Milchprodukte gemildert werden. Die Marinade kann ebenfalls dazu beitragen, bittere Inhaltsstoffe abzumildern, indem sie zum Beispiel mit Joghurt oder geriebenen Nüssen verfeinert wird.
Salat als Gemüse
Vielfach ist in Vergessenheit geraten, dass alle Zichorien-Salate auch warm als Gemüse zubereitet werden können. Versuchen Sie einmal kurzgebratenen Endivien mit Sonnenblumenkernen und Reis, Radicchio-Risotto oder Chicorée-Auflauf. Viele dieser Rezepte enthalten zusätzlich Milch, Orangen oder andere Zutaten, die Bitterstoffe abmildern. Das Kochen ist auch eine gute Verwertung für gröbere äußere Blätter, die nicht von allen im Salat geschätzt werden.
Es gibt noch andere Lebensmittel, die reich an Bitterstoffen sind, wie zum Beispiel Artischocken, Brokkoli, Grapefruit, Kohlsprossen, Löwenzahn oder Rucola. Diese enthalten andere Bitterstoffe als Lactucopikrin, sind aber ebenfalls gesund.
Bitter schmeckende Lebensmittel sind bei vielen unbeliebt. Doch wie gesund sind Bitterstoffe? Open Science verrät auch Tricks, um den bitteren Geschmack verringern.
Manch einer liebt es, manch einer mag es nicht: Chili. Die beliebte Zutat in Currys, Suppen oder Soßen zeichnet sich durch eine ungewöhnliche Schärfe aus, die je nach Verkoster als positiv oder negativ empfunden wird. Aber woher bekommt Chili eigentlich seine Schärfe?
Für diesen Beitrag wurden die bESSERwisser von Gerald Zhang-Schmidt von ChiliCult mit seiner Expertise unterstützt.
Was macht die Chili scharf?
In den Scheidewänden der Chili wird der Stoff Capsaicin gebildet. Bei sehr scharfen Sorten breitet es sich von dort in die ganze Frucht aus – womit es dann nichts mehr nützt, die Scheidewände zu entfernen, wie gelegentlich geraten wird. Das Capsaicin reizt Nervenendigungen im Mund, sogenannte Nozizeptoren, die normalerweise vor Verbrennungen warnen – was das brennende Gefühl bei scharfem Essen erklärt. Capsaicin löst dementsprechend keine Geschmacksempfindung, sondern einen Schmerzreiz aus.
Strukturformel Capsaicin, eigene Darstellung
Die Schärfe der Chili-Pflanze ist übrigens ihre als einmalig geltende Anpassungsstrategie: Säugetiere, die die Samen durch Kauen zerstören könnten, werden durch das scharfe Capsaicin von der Pflanze abgeschreckt. Vögel hingegen haben keine Rezeptoren, die auf den Scharfstoff reagieren könnten, weshalb sie der ideale Transporteur sind und die Verbreitung von Chilis gewährleisten können. Ein weiterer Vorteil ist, dass Capsaicin eine antibakterielle und fungizide Wirkung aufweist, was die Chili-Pflanze vor Pilzen und Schimmelbefall schützt.
Experten-Info von ChiliCult:
Capsaicin ist das wichtigste der Capsaicinoide, der bekannteste Scharfmacher – aber nicht der einzige. Womöglich ist das der Grund, weshalb verschiedene Chilis unterschiedliche Arten von Schärfe haben. Manche Sorten schmerzen gleich auf Lippen und Zunge und sehr schnell, manche langsamer aber nachhaltiger, und manche erst im Rachen so richtig.
Messung der Schärfe – die Scoville-Skala
Zur Messung des Schärfegrades wird meistens die beliebte Scoville-Skala verwendet. Eine milde Paprika hat 0, Pepperoni hat 300-500, Jalapeno-Chili bis zu 8000 Scoville-Einheiten. Reines Capsaicin hat im Vergleich dazu etwa 15.000.000 Scoville-Einheiten. Das bedeutet, dass 15 Millionen Milliliter (also 15.000 Liter) Wasser benötigt werden, um einen Milliliter reines Capsaicin zu neutralisieren. Selbst die schärfsten Chilischoten reichen an diesen Wert nicht heran – ab einer gewissen Größenordnung erreicht man höhere Capsaicinwerte nur noch durch chemische Konzentrationen. Die Scoville-Einheiten spielen aber oberhalb von ca. 1.000.000 Scoville keine Rolle mehr – der menschliche Körper ist ab diesem Punkt nicht mehr in der Lage, die Schärfe oberhalb des Wertes zu unterscheiden.
Experten-Info von ChiliCult:
Achtung mit der Scoville-Skala: Das Beispiel der Chilischoten veranschaulicht das Problem mit dieser Messung sehr gut. Gerade die mittelscharfen Chilis werden je nach Sorte und Bedingungen unterschiedlich scharf, und zum Teil unterscheiden sich auch verschiedene Stellen einer einzelnen Schote in der Schärfe. Schlussendlich ist es außerdem nicht der Schärfegrad, sondern der Geschmackssinn des Essers und die gewünschte Zubereitung, worum es geht. Der Genuss liegt nicht in Messwerten, sondern im guten Kochen und Essen. Mehr über die missverständlichen Einteilungen der Chili-Sorten sind hier zu finden.
Sauer macht lustig, scharf macht glücklich?
Der Chili werden zahlreiche positive Wirkungen zugeschrieben: Sie enthält doppelt so viel Vitamin C wie eine Zitrone, zusätzlich noch die Vitamine A, B1, B2, B3 und E, ebenso Calcium und Eisen. Auch der Scharfstoff Capsaicin wirkt sich positiv aus: Er schützt die Magenschleimhaut gegen schädliche Einflüsse, etwa von Aspirin oder Alkohol, und macht zudem auch noch glücklich. Bei Genuss von Chili werden die Hitzerezeptoren im Mund aktiviert, und die Schmerzempfindung führt im Gehirn zu einer Ausschüttung von Endorphinen. Der „Pepper-High“-genannte Effekt tritt aber nicht nur bei Chili, sondern auch Pfeffer, Ingwer oder Meerrettich ein. Demzufolge macht scharfes Essen im wahrsten Sinne des Wortes glücklich.
Was kann man gegen die Schärfe tun?
Viele Menschen sind gegenüber scharfem Essen empfindlich und suchen nach Möglichkeiten, um die Schärfe etwas zu mildern. Wasser schafft allerdings keine Abhilfe, da Capsaicin nicht wasserlöslich ist. Stattdessen ist es fettlöslich, sodass fetthaltige Lebensmittel helfen können.
Auch Zuckerhaltiges mildert den Schmerz der Schärfe. Ein ideales Gegenmittel ist somit die gesüßte Kondensmilch, die eine Kombination aus beiden Hilfsmitteln darstellt – ebenso sollen Milchprodukte wie Joghurt, Milch, Quark und Mascarpone effektiv wirken.
Die Sensibilität gegenüber scharfem Essen ist aber keineswegs unveränderlich. Wer wiederholt scharf isst, macht seine Schmerzrezeptoren von Mal zu Mal unempfindlicher. So kann mit etwas Übung jeder scharfe Gerichte essen.
Schärfe mal anders – Scharf und süß, etc
Trotz oder gerade wegen seiner Schärfe wird Chili in der Küche gerne und vielfältig eingesetzt – so verleiht die Frucht auch herzhaften oder süßen Gerichten das gewisse Etwas. Capsaicin regt nämlich nicht nur die Hitzerezeptoren an, sondern fördert auch die Durchblutung der benachbarten Geschmacksrezeptoren. Demnach unterstreicht Schärfe andere Geschmacksrichtungen, wie etwa süß oder salzig.
Dies erklärt, weshalb Chili (oder auch andere scharfe Gewürze, allen voran Pfeffer) oftmals mit Schokolade kombiniert werden. Die bESSERwisser haben es ausprobiert und gemeinsam Kekse, die mit einer Prise Chili gebacken wurden, verkostet – die Geschmackskombination ist zu empfehlen.
Fazit
Die vielen Vorteile der Chili und die vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten machen sie zu einer wahren Super-Zutat, die wir aus unseren Küchen kaum mehr wegdenken können. Und auch wer empfindlich auf die Schärfe reagiert und dem scharfen Essen eher abgeneigt ist, kann in kleinen Dosen versuchen, sich dem Scharfstoff zu nähern.
Wer mehr über die scharfe Frucht erfahren will, findet bei ChiliCult Umfangreiches zu Chilianbau, -kultur und –küche.
Der Cranberry werden vielfältige gesundheitsfördernde Wirkungen zugeschrieben. Sie soll Harnwegsinfektionen heilen und Krebserkrankungen vorbeugen. Doch was steckt wirklich hinter der Wunderbeere? Die bESSERwisser haben recherchiert.
Rotbeere aus Übersee
Die strauchförmigen Cranberry-Pflanzen, zu Deutsch Kranichbeeren, wachsen bevorzugt auf moorigen Böden. Sie kommen vor allem in den Feuchtgebieten des US-amerikanischen Nordens sowie in Kanada vor. Außerdem ist die Cranberry eng verwandt mit der in Mitteleuropa heimischen Preisel- und Heidelbeere. Jedoch unterscheiden sich diese in der Süße: Preisel-oder Heidelbeeren sind deutlich süßer als Kranichbeeren [1].
Sauer macht lustig…und gesund?
Der hohe Säureanteil der Cranberry soll bei Harnwegsinfekten helfen. Die in der Cranberry enthaltenen Säureverbindungen, unter anderem Zitronensäure und Vitamin C, so wurde postuliert, können den Harn ansäuern. Damit sollen sie vor dem Wachstum von Bakterien schützen. Jedoch ist diese These seit Jahrzehnten wissenschaftlich überholt.
Bereits in den 1950er Jahren wurde wissenschaftlich erwiesen, dass sich der pH-Wert im Harn auch beim Konsum großer Mengen Cranberrysaft nicht signifikant ändert [2]. Hingegen konnte einige Jahrzehnte später gezeigt werden, dass der in der Cranberry enthaltene Stoff Proanthocyanidin bestimmte Bakterienarten daran hindert, sich an Zellwände der Harnwege zu heften [3].
Neueste Erkenntnisse aus der Wissenschaft
In den letzten Jahren häuften sich Studien zur Untersuchung gesundheitssfördernder Effekte der Cranberry. Nicht zuletzt wurden viele dieser Studien von Cranberrysafthersteller finanziert, sodass objektive Aussagen zur Wirkung dieser Beeren noch immer rar sind.
Negative Ergebnisse
Eine von Cranberrysaft Hersteller Ocean Spray gesponserte und 2011 publizierte Studie untersuchte 319 Patientinnen mit wiederkehrenden Harnwegsinfekten. Dabei hatte die Konsumation von Cranberrysaft keine schützende Wirkung im Vergleich zum Placebo (Wasser) [4].
Ein Jahr darauf verglich eine Metaanalyse mehrere Studien. Dabei war das Ziel die Wirkung von Cranberrysaft bei Harnwegsinfektionen zu analysieren. Infolgedessen wurden die Ergebnisse von 24 Studien und insgesamt 4473 Fällen statistisch analysiert. Jedoch war der Saft auch hier nicht wirksamer als das Placebo, respektive reines Wasser [5].
Positive Ergebnisse
Eine weitere Metaanalyse analysierte 13 Studien von 1616 Fällen mit Harnwegsinfekten. In den Studien wurden unterschiedliche Cranberry-Produkte für die Behandlung von Harnwegsinfekten eingesetz (Saft, Tabletten, Kapseln…). Doch problematisch war dabei die Deutung der Ergebnisse: Zwar wurde ein schützender Effekte der Cranberry-Produkte erkannt, aufgrund der Heterogenität der Produkte konnte man jedoch keinen Rückschluss auf eine passende Dosierung oder Anwendungsart ziehen [6].
Beginnend mit 2013 sponserte ein Cranberrysaft-Hersteller eine wissenschaftliche Studie. Diese sollte den schützenden Effekt von Cranberrysaft auf das Entstehen von Harnwegsinfekten nun statistisch beweisen. Infolgedessen wurden 185 Frauen auf die Wirkung von Cranberrysaft getestet, weitere 188 erhielten als Kontrollgruppe die gleiche Menge Wasser. In Folge wurde das Ergebnis 2016 publiziert: Cranberrysaft verringerte die Anzahl an wiederkehrenden Harnwegsinfekten [7].
Alles nur Placebo?
Viele der Studien zeigten, dass Probanden, die Flüssigkeiten konsumierten, weniger Infekte hatten. Jedoch geschah dies nicht aufgrund des Cranberry-Saftes, sondern eher aufgrund der konsumierten Flüssigkeitsmenge. Daher steht bis dato nicht fest, ob das Anheften der Bakterien durch die Flüssigkeitsmengen oder tatsächlich durch das Proanthocyanidin verhindert wird.
Nichtsdestotrotz: Auch wenn sich die Studien und Metanalysen immer noch widersprechen, der Placebo Faktor Cranberry ist nicht zu vernachlässigen. Dessen sind sich auch medizinische Gesellschaften wie der Europäische Urologen-Verband (EUA) bewusst. Doch auch die EUA Richtlinien müssen sich stets nach den Ergebnissen aktueller Studien richten. Daher wurde in den Leitlinien von 2015 keine Empfehlung für die Prophylaxe von Harnwegseffekten mit Hilfe von Cranberry-Produkten mehr ausgesprochen [8].
Unabhängige Studien?
Nachdem eine aktuellere Studie [7] positive Versuchsergebnisse zeigte, bleibt fraglich, wie die Leitlinien sich entwickeln werden. Jedoch ist diese Studie nicht unumstritten. Schließlich wurde die Studie durch Mittel eines der größten Cranberrysaftherstellers der Welt gesponsert. Weiter waren wissenschaftliche Mitarbeiter der Firma aktiv an der Studiendurchführung und Auswertung beteiligt. Daher sind die Ergebnisse fragwürdig: Über 39% der Harnwegsinfekte bei Frauen sollen durch den regelmäßigen Konsum von Cranberrysaft reduziert worden sein. Dies entspricht einer Effektzahl, die nicht einmal bei sehr effektiven Medikamenten zu finden ist [9].
Die Radikalen sind los – Cranberry als Antioxidans
Bei all den offenen Fragen zur Wirkung von Kranichbeeren bei Harnwegsinfekten bleibt die bereits wissenschaftlich erwiesene Wirkung der Wunderbeere als Antioxidans oft unbeachtet. Schließlich wurde erst vor kurzem die anti-oxidative Wirkung der in der Cranberry vorkommenden Substanzen im Darmkrebs-Zellmodell erfolgreich getestet. Dabei zeigte sich: Der Flavonoide enthaltende Cranberryextrakt löste an der Oberfläche der Krebszellen einen Prozess aus, der über die Reduktion entzündungsstimulierender Botenstoffe in der Zelle einen verringerten oxidativen Stress mit sich brachte [10].
Sekundäre Pflanzenstoffe
Die Cranberry reiht sich zu jenen pflanzlichen Lebensmitteln, die durch ihre Chemikalien den Körper vor oxidativen Stress schützen kann. Damit können Kardiovaskuläre Erkrankungen, Krebs, Osteoporose, Neurodegenerativen Erkrankungen sowie Diabetes Mellitus vorbeugt werden [13]. Aber auch ohne Nutzen für die Gesundheit schmecken die Wunderbeeren sehr lecker. Einige Rezepte zum Backen und Kochen mit Cranberries sind hier zu finden.
Sekundäre Pflanzenstoffe („Phytochemikalien“)
Bis dato sind über tausend sogenannte Phytochemikalien bekannt. Dies sind sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe, die eine gesundheitsfördernde Wirkung haben. Jedoch werden diese im Gegensatz zu den primären nicht vom menschlichen Körper als Nährstoff genutzt, sondern üben eine pharmakologische Wirkung aus.
Besonders bekannt sind unter anderem das Carotinoid Lycopin der Tomate, die Isoflavone in Soya oder die Flavonoide in verschiedenen Fruchtarten. Diese Flavonoide gehören zu der uneinheitlichen Stoffklasse der Polyphenole. Übrigens ist der Phenolring dabei für die charakteristische Färbung verantwortlich. Daher verleihen Anthocyane oder Proanthocyanidine als Untergruppe der Flavonoide, Beeren oder Trauben ihre blauen, roten oder violetten Farbtöne [11]. Genauso ist das im grünen Tee enthaltene EGCG (Epogallatcatechin) ist ein Flavonoid, das sich zunehmender Beliebtheit erfreut [12].
Referenzen
Anja Schemionek, Cranberry: Die Powerfrucht für mehr Gesundheit. (2016) LebensBaum Verlag
Wenn sich im Herbst die Auswahl an frischem heimischem Obst nicht mehr so vielfältig zeigt, beginnt die Hauptsaison getrockneter Früchte. Spätestens im Nikolosackerl hat Dörrobst einen festen Platz. Über die gesundheitlichen Aspekte von gedörrten Pflaumen, Feigen und Apfelringen scheiden sich allerdings die Geister. Für die einen sind Trockenfrüchte nichts weiter als Kalorienbomben, für die anderen stellen sie einen wichtigen Teil einer gesunden Ernährung da. Was ist dran an diesen Meinungen? Die bESSERwisser haben sich selbst ein Bild gemacht.
Wie bei den meisten Fragen gibt es viele Facetten zu beachten.
Nährstoffe und Energiedichte
Eine Befürchtung ist, dass beim Trocknungsprozess wertvolle Inhaltstoffe der Früchte zerstört werden. Hitzeempfindliche Vitamine gehen tatsächlich zum Teil verloren; speziell der Vitamin C Gehalt verringert sich beim Trocken deutlich. Der Großteil der Vitamine, Mineralstoffe und sekundären Pflanzenstoffe wird aber kaum beeinträchtigt [1]. Demnach kann der regelmäßige Genuss von Trockenfrüchten sogar auch – so wie der von frischem Obst – bei der Krebsprävention und der Vermeidung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen helfen [2, 3].
Durch den Wasserentzug liegen die Mineralstoffe im Dörrobst im Vergleich zur gleichen Masse frischer Frucht sogar konzentriert vor [4]. 100 g Trockenfrüchte enthalten also beispielsweise mehr Kalium, Eisen und Magnesium als 100 g Frischobst. Die erhöhte Nährstoffdichte geht allerdings auch mit einer Konzentration des im Obst enthaltenen Zuckers einher. Der Fruchtzuckergehalt von Trockenfrüchten kann bei bis zu 70 % liegen [1]. Das Problem dabei ist, dass man auf Grund des kleineren Volumens der getrockneten Früchte versucht ist, mehr davon zu essen als vom frischen Pendant. Das Sättigungsgefühl im Magen wird nämlich vom Volumen und nicht von der Energiedichte der aufgenommenen Nahrung bestimmt.
Eine tabellarische Gegenüberstellung der Kalorien und Nährwerte verschiedener Dörrobstsorten und der entsprechenden frischen Früchte finden Sie in der Zusammenfassung der Plattform Richtig dörren [5].
Bessere Bekömmlichkeit
Trockenfrüchte sind eine gute Ballaststoffquelle. Das kommt der Verdauung zugute und macht die getrockneten Früchte für manche Menschen bekömmlicher als frisches Obst. Bei übermäßigem Verzehr kann der hohe Ballaststoffanteil allerdings zu Blähungen führen oder abführend wirken.
Längere Haltbarkeit
Eine Folge des Wasserentzugs beim Dörren – nur etwa 20% des Wasseranteils der frischen Frucht bleiben erhalten – ist auch die lange Lagerfähigkeit von Trockenfrüchten. Schimmel und Bakterien haben im relativ trockenen Milieu schlechte Lebensbedingungen, und so bleibt das Obst bis zu einem Jahr haltbar.
Trotz dieser natürlichen langen Haltbarkeit setzen einige Hersteller Konservierungsstoffe wie Schwefeldioxid zu – auch um die frische Farbe der Früchte besser zu erhalten. Hier ist besonders für Asthmatiker Vorsicht geboten, da ein Asthmaanfall ausgelöst werden könnte. Empfindliche Personen können auch mit Kopfweh, Übelkeit oder Magenproblemen auf hohe Schwefeldosen reagieren. Ein Blick auf die Zutatenliste gibt Aufschluss.
Fazit
Als süßer Energielieferant zwischendurch sind Trockenfrüchte sicher empfehlenswerter als nährstoffarme Süßigkeiten. Wie bei frischem Obst gilt auch bei Dörrobst natürlich: am gesündesten sind Früchte, die nicht mit Pestiziden oder chemischen Düngemitteln belastet sind und reif geerntet wurden. In Maßen genossen können sie einen wertvollen Beitrag zu einer gesunden Ernährung leiten. Auf frisches Obst sollte allerdings trotzdem nicht verzichtet werden.
Eine interessante Alternative zur herkömmlichen Trocknung durch Hitze könnte übrigens die Gefriertrocknung (auch Lyophilisation) sein. Hier wird die Frucht zuerst gefroren und dann das enthaltene Wasser durch Anlegen eines Vakuums direkt vom festen in den gasförmigen Zustand überführt (Sublimation). So bleiben Aroma und Struktur der Früchte fast vollständig erhalten und auch hitzeempfindliche Inhaltsstoffe werden durch den schonenden Prozess nicht zerstört.
Zwiebeln zählen zu den ältesten Kulturpflanzen, und nur wenige Gerichte in der Küche kommen ohne sie aus – Zwiebelschneiden gehört einfach zum Kochen dazu.
Gesunder Geschmacksstoff
Zwiebeln sind geschmackvoll und auch gesund, da sie antibakteriell, entzündungshemmend, keimabtötend, harntreibend und schmerzlindernd wirken. Sie sind reich an Vitaminen der B-Gruppe, Vitamin C, Kalium, Schwefel und sekundären Pflanzenstoffen wie ätherischen Ölen. Zudem enthalten sie keine Stärke, sondern nutzen stattdessen Fruktane, eine Gruppe wasserlöslicher Oligo- und Polysaccharide, als Speicherkohlenhydrate. Das macht sie kalorienarm, aber auch schwer verdaulich, sodass manche Menschen mit Blähungen auf ihren Genuss reagieren. Für Haustiere wie Katzen, Hunde oder Kaninchen ist die Zwiebel sogar giftig.
So unentbehrlich Zwiebeln in der Küche sind, so unbeliebt ist das Zerkleinern, das mit brennenden und tränenden Augen verbunden ist. Die bESSERwisser sind der Frage nachgegangen, warum wir beim Zwiebelschneiden weinen müssen und was man dagegen tun kann.
Geschmack und Tränen durch Aufbrechen der Zellstruktur
Wie jedes Obst und Gemüse besteht auch die Zwiebel aus vielen Millionen pflanzlicher Zellen. Beim Zwiebelschneiden werden diese Zellen verletzt. Zellwände werden zerstört und auch räumliche Trennungen innerhalb der Zellen werden aufgebrochen. Zuvor getrennte Substanzen treten miteinander in Kontakt, und eine Reihe biochemischer Reaktionen wird in Gang gesetzt.
Reaktion der Aminosäue Isoalliin mit dem Enzym Alliinase
In intakten Zwiebeln liegt die schwefelhaltige Aminosäure Isoalliin in der Zelle räumlich getrennt vom Enzym Alliinase vor. Beim Verletzen der Zellen und dem Zerstören der Zellstrukturen jedoch können Isoalliin und die Alliinase miteinander reagieren. In weiterer Folge wird Isoalliin von der Alliinase aufgespalten. Einerseits entsteht so Thiosulfinat, ein wichtiger Geschmacksstoff, der für den typischen Zwiebelgeschmack verantwortlich ist. Andererseits wird der Reizstoff Propanthial-S-Oxid, der sogenannte Tränenfaktor, freigesetzt [2, 3]. Für letzteren Prozess ist die sogenannte Tränenfaktor-Synthase nötig [3]. Propanthial-S-Oxid steigt auf und reagiert mit dem Wasser in unseren Augen zu Schwefelsäure, die brennt und den Tränenfluss anregt. Laut einer anderen Theorie steigt der leichtflüchtige Tränenfaktor zuerst in die Nase und wird in einer Region nahe des Riechkolbens wahrgenommen. Dort verursacht er eine chemische Reaktion – die Tränendrüsen werden anregt, und die Tränen fließen.
Hätten Sie es gewusst? Die Zwiebel setzt die Schwefeldämpfe gezielt ein, um sich gegen Frassfeinde wie Wühlmäuse oder Ratten zu wehren.
Tipps gegen tränende Augen beim Zwiebelschneiden
Sicher haben sie schon viele Tipps gehört, wie man Tränen beim Zwiebelschneiden vermeiden kann.
Verraten Sie uns, auf welche Tricks Sie schwören!
Auch die bESSERwisser werden sich schlau machen und zum Thema „Zwiebelschneiden ohne Tränen“ experimentieren. Das Beträufeln der Zwiebel mit Essig beispielsweise soll Wunder wirken. Die Ergebnisse der Küchenexperimente gibt es hier in Kürze.
Imai S., Tsuge N., Tomotake M. et al.: Plant biochemistry: an onion enzyme that makes the eyes water (2002), Nature, Oct 17;419(6908):685; doi: 10.1038/419685a
Das kennen wohl viele: Für die gesunde Jause wird ein Apfel für die Liebsten in kleine Stücke geteilt. Doch ehe das Obst mit anderen guten Sachen in die Jausenbox gepackt ist, sind die Fruchtstückchen schon braun und unansehnlich. Aber warum ist das so und was passiert dabei?
Enzymatische Bräunung
Durch das Aufschneiden des Apfels werden die Zellstrukturen (Zellwände, Zytoplasma und Organellen wie z.B. Vakuolen) aufgebrochen und Luft tritt in die verletzten Zellen ein. Vakuolen sind von Membran umschlossene Hohlräume in der Zelle, die hauptsächlich Wasser und sekundäre Pflanzenstoffe beinhalten. Einer dieser Stoffe ist Polyphenol, der das Ausgansprodukt für die braune Farbe ist. Durch die Zerstörung der Vakuole kommt Polyphenol einerseits in Kontakt mit dem Luftsauerstoff und andererseits mit dem Enzym Polyphenoloxidase (PPO) aus der Zelle. Mit Hilfe des Sauerstoffs kann die PPO Polyphenol umsetzen (oxidieren). Dadurch entsteht Chinon – ein natürlicher Abwehrstoff der Pflanze gegen Mikroorganismen. Im Gegensatz zum farblosen Polyphenol weist Chinon eine eher gelbe Farbe auf. Es kann allerdings noch weiter umgewandelt werden, sodass braungefärbtes Melanin entsteht. Das ist jener Stoff, den man auch von der bräunlichen Färbung von Haut und Haaren kennt.
Kann der Bräunungsprozess verlangsamt oder gar gestoppt werden? Hausmittelchen dagegen gibt es viele – Ratschläge umfassen das Eintauchen der Apfelstücke in Wasser, das Aufbewahren im Kühlschrank, das Beträufeln mit Zitrone und das Mischen mit Joghurt.
Kleines Küchenexperiment: Oxidationshemmung beim Apfel
Frisch aufgeschnittene Apfelspalten, Bild: Open Science – Lebenswissenschaften im Dialog, CC BY-NC-SA 4.0
Den gängigsten Trick nehmen sich die bESSERwisser in diesem Artikel vor: die Verwendung von Zitronensaft. Um die Wirkung zu überprüfen, haben wir ein kleines Küchenexperiment gestartet. Außerdem wollten wir auch testen, ob Saures generell den Bräunungsvorgang verhindern kann bzw. ob vielleicht sogar nur die Befeuchtung an sich (durch Verzögerung des Kontakts mit der Luft) hilft. Dazu haben wir die Wirkung von Zitronensaft mit der von Essig und Wasser verglichen.
Wir verwendeten drei Äpfel der Sorte Golden Delicous, schnitten je vier Spalten heraus und legten sie einzeln auf.
Drei Spalten, von jedem Apfel eine, wurden mit dem Saft von frischgepressten Zitronen beträufelt. Drei weitere Spalten wurden mit reinem Apfelessig (5% Säure) und wieder drei weitere mit Leitungswasser beträufelt. Drei Spalten blieben als Kontrolle ohne Behandlung.
Die Spalten wurden für zwei Stunden an einem schattigen Platz bei Raumtemperatur stehengelassen.
Ergebnisse
Nach der Testzeit zeigten die mit Zitronensaft beträufelt Spalten kaum Braunfärbung, bei allen anderen Methoden war eine Verdunkelung zu sehen. Auch der Essig hat die Braunfärbung nicht verhindert. Die Bräunung wirkte sogar ein wenig stärker als bei der Kontrollgruppe. Das saure Milieu hilft also nicht, die Bräunung zu verlangsamen. Ebensowenig führte die Befeuchtung mit Wasser zum gewünschten Ergebnis.
Apfelspalten nach zwei Stunden Testzeit, Bild: Open Science – Lebenswissenschaften im Dialog, CC BY-NC-SA 4.0
Oxidationshemmung durch Vitamin C
Für die langsamere Braunfärbung bei den mit Zitronensaft beträufelten Apfelspalten ist vor allem das in Zitronen üppig vorkommende Vitamin C (Ascorbinsäure) verantwortlich. Ascorbinsäure verhindert die beschriebene Oxidationsreaktion dadurch, dass es selbst oxidiert und so die Oxidation des Phenols hemmt. Zusätzlich trägt sie dazu bei, das gelbliche Chinon zu farblosem Phenol umzuwandeln – sie kehrt also die Oxidationsreaktion um.
Aufgrund ihrer generellen oxidationshemmenden Wirkung wird Ascorbinsäure als Antioxidans bezeichnet und als solches in der Industrie als Zusatzstoff E 300 Lebensmitteln zugesetzt um deren Haltbarkeit zu erhöhen.
Die Wirkung von Vitamin C ist jedoch zeitlich beschränkt. Sie hält nur solange an, bis die vorhandene Ascorbinsäure vollständig oxidiert wurde. Laufen diese Reaktionen in einem geschlossenen Gefäß ab (wie bei luftdicht verpackten Lebensmitteln), kann der Sauerstoff schon vorher aufgebraucht sein, sodass die Oxidation gestoppt wird.
Noch ein Hinweis für alle, die dieses Experiment nachkochen wollen: So manchem Essig sind Antioxidantien zugefügt, wodurch die Bräunung ebenfalls gehemmt wird. Das liegt dann allerdings nicht an der Säure sondern eben an dem Zusatzstoff.
Fazit: Wer die Bräunung seiner frisch geschnittenen Apfelspalten verhindern will, ist aufgrund der enthaltenen Ascorbinsäure mit der Verwendung von Zitronensaft gut beraten. Und ganz ehrlich: das schmeckt sicher auch besser als Essig-Äpfel.
Es ist oft schwierig, eine Portion Nudeln, Kartoffeln oder Reis für eine Mahlzeit korrekt einzuschätzen, und oft bleibt etwas übrig. Beim Abkühlen dieser Lebensmittel entsteht dann resistente Stärke. Resteessen von Pasta und anderen stärkehaltigen Lebensmitteln ist gut für die Gesundheit und kann auch beim Abnehmen helfen. Warum das so ist, erklären die bESSERwisser in diesem Artikel.
In vielen Kulturen sind Reis, verarbeiteter Weizen, Mais oder Kartoffeln fixer Bestandteil der Mahlzeiten – und somit kommt auch eine reichliche Portion Stärke auf den Teller [1,2]. Personen mit herkömmlicher Ernährungsweise nehmen bis zu einem Viertel ihrer Kalorien über dieses Kohlenhydrat zu sich, Vegetarier noch mehr [3].
Während Pasta und Kartoffel generell als Dickmacher gelten, verhält es sich mit diesen Lebensmitteln in abgekühlter Form ganz anders: Sie sollen das Abnehmen erleichtern und auch noch gut für die Gesundheit sein.
Stärke – ein Vielfachzucker
Stärke ist ein Vielfachzucker (Polysaccharid), der aus einzelnen miteinander verknüpften Glukoseeinheiten (Traubenzucker) aufgebaut ist. Im menschlichen Dünndarm wird Stärke in ihre kleineren Zuckerbestandteile aufgespalten und in Form von Glukose vom Körper aufgenommen. Für diesen Prozess sind spezielle Verdauungsenzyme zuständig: Amylasen und Amyloglukosidasen.
Manche Arten von Stärke können den Dünndarm jedoch unverdaut passieren, man spricht in so einem Fall von so genannter resistenter Stärke. Diese gelangt dann als Vielfachzucker in den Dickdarm, wo unser Darmmikrobiom – eine Vielzahl an diversen Bakterien – schon darauf wartet und sie verarbeitet [4]. Da resistente Stärke vom menschlichen Verdauungssystem nicht oder nur teilweise abgebaut werden kann, wird sie zu den Ballaststoffen gerechnet.
Resistente Stärke weist eine komplexe Struktur auf, und es sind nicht alle Mikroorganismen in der Lage, sie abzubauen. Ruminococcus bromii oder Eubacterium rectale sind neben Firmicutes prausnitzii jene Bakteriengruppen im menschlichen Verdauungstrakt, die das schaffen [5].
Da resistente Stärke im Dünndarm nicht in ihre Glukose-Einheiten aufgespalten wird, steigt der Glukosespiegel nach ihrem Verzehr weniger stark an als bei herkömmlicher Stärke.
Verdaubarkeit von Stärke – eine Typenfrage
Resistente Stärke ist nicht gleich resistente Stärke, denn es gibt davon insgesamt fünf verschiedene Arten – so genannte Subtypen oder Fraktionen.
Typ1 der resistenten Stärke (RS 1) ist natürliche Stärke, die durch ihre kompakte Struktur für Verdauungsenzyme kaum bis gar nicht zugänglich ist. Durch Mahlen wird diese Stärke-Fraktion, die vor allem in ganzen Getreidekörnern, Samen, Saaten und Hülsenfrüchten zu finden ist, besser verdaulich.
Resistente Stärke des Typ 2 (RS 2) ist ebenfalls natürliche Stärke und kommt in granulärer Form in Stärkekörnern vor. Sie ist beispielsweise in ungekochten Kartoffeln, grünen Bananen oder Maisstärke enthalten [6]. RS 2 ist in kaltem Zustand gegenüber den menschlichen Verdauungsenzymen resistent und wird für diese erst nach dem Erhitzen zugänglich, wenn die Stärkekörner quellen und platzen [7, 8].
Resistente Stärke Typ 2 ist die Vorstufe der resistenten Stärke Typ 3 (RS3). Diese ist nicht in rohen Produkten enthalten und entsteht nur dann, wenn zuvor erhitzte stärkehaltige Lebensmittel erkalten. Ein Teil der Stärkemoleküle bildet dabei kristalline Strukturen aus, und die Stärke „verkleistert“ zur RS 3. Diese ist für die Verdauungsenzyme nicht mehr angreifbar und für den Menschen daher unverdaulich – für die Bakterien in unseren Darm aber nicht [9, 10]. Das Aufwärmen kann den Gehalt an resistenter Stärke wieder verringern [11, 12, 13]. Ein Beispiel für ein Gericht mit RS3 ist Kartoffel- oder Nudelsalat.
Beim Typ 4 der resistenten Stärke (RS 4) handelt es sich um chemisch modifizierte unverdauliche Stärke. Diese wird künstlich vernetzt oder mit bestimmten Molekülen versehen, um so ihre Eigenschaften zu verändern. Das Vernetzen der einzelnen Stärke-Moleküle wird hauptsächlich in der Pharma- und Lebensmittelindustrie eingesetzt. Diese Veränderung führt zu einer widerstandfähigeren Stärke, der Hitze, Säure und mechanische Kräfte weniger anhaben können [14]. Stärke des Typs 4 findet man beispielsweise in Ballaststoff-Drinks oder bestimmten Brot- und Kuchensorten.
Bei RS 5 handelt es sich wie bei RS4 um resistente Stärke, die nicht in natürlichen Lebensmitteln vorkommt. Sie liegt als Komplex aus Zucke rund Fetten vor und ist ebenfalls unverdaulich.
Kleine Untermieter im Darm – unser Darmmikrobiom
Der Mensch ist dicht mit Mikroorganismen besiedelt, die auch als menschliches Mikrobiom bezeichnet werden. Genaugenommen bestehen wir sogar zur Hälfte aus Mikroorganismen: Es wird geschätzt, dass ein Mensch im Durchschnitt aus 30 Billionen Zellen besteht. Dazu kommen dann noch einmal ungefähr 30 Billionen Mikroorganismen, die ihn innen und außen besiedeln [15]. Die meisten davon tummeln sich im Darm und werden als Darmmikrobiom bezeichnet.
Heute weiß man, dass die Zusammensetzung unseres Darmmikrobioms kann unseren Energiehaushalt und unsere Gesundheit beeinflussen kann [16, 17]. Die kleinen Untermieter in unserem Darm brauchen, ebenso wie wir, auch Nahrung und ernähren sich von dem, was bei ihnen im Darm landet. Essen, das im Dünndarm nicht verdaut wurde – vor allem Ballaststoffe – gelangt in den mittleren Teil des Dickdarms. Dort bietet es den Bakterien einen herausragenden Nährboden [18]. Dies erklärt, warum unsere Ernährung auch einen Einfluss auf die Zusammensetzung unseres Darmmikrobioms hat [19].
Gelangt resistente Stärke in den Dünndarm, wird der Prozess der anaeroben – also ohne Sauerstoff ablaufenden – Fermentation gestartet. Dabei stellen die Bakterien aus der Nahrung Alkohol, CO2 und organische Säuren her [20]. Durch die anaerobe Fermentation entstehen aus resistenter Stärke schließlich Salze von kurzkettigen Fettsäuren wie Buttersäure, Essigsäure und Propionsäure: Butyrat, Acetat und Propionat.
Nicht alle Arten resistenter Stärke wirken sich allerdings gleich auf die Zusammensetzung unseres Darmmikrobioms aus. So etwa lässt resistente Stärke vom Typ 2 andere Bakterien im Darm wachsen als Typ 4 [21, 22]. Um konkrete Aussagen zum Einfluss verschiedener Stärke-Typen auf die Biodiversität in unserem Darm machen zu können, bedarf es aber noch weiterer Studien.
Der Einfluss kurzer Fettsäuren auf unsere Gesundheit
Unsere Darmbakterien produzieren aus resistenter Stärke im Dickdarm unter anderem Acetat, welches im menschlichen Körper eine wichtige Rolle im Fett-Metabolismus spielt und entzündungshemmende Eigenschaften besitzt. Seine Rolle im Fett-Stoffwechsel ist aber eher negativ behaftet, denn eine erhöhte Produktion von Acetat geht mit größerem Appetit und einem höheren Risiko für Übergewicht einher [23].
Vom Propionat, das ebenfalls vom Darmmikrobiom im Dickdarm aus resistenter Stärke gebildet wird, wird jedoch angenommen, dass es der Gegenspieler zum Acetat ist und unseren Appetit zügelt. Propionat hat außerdem möglicherweise einen schützenden Einfluss auf unseren Blutkreislauf, indem es der Verstopfung der Arterien entgegenwirkt [24]. Sowohl Acetat als auch Propionat wirken entzündungshemmend, und beide können ins Gehirn gelangen [25, 26].
Buttersäure und ihre Derivate sind eine der Hauptenergiequellen der Darmepithelzellen und halten diese funktionsfähig, sodass keine ungewünschten Substanzen in unseren Kreislauf gelangen können. Diese Fettsäure schafft es auch, Entzündungsreaktionen im Darm herunterzuregulieren und hat möglicherweise einen gesundheitsfördernden Effekt [27, 28, 29]. Außerdem besitzt sie antioxidative Eigenschaften und einen möglichen Tumor-hemmenden Effekt, weshalb sie verstärkt in den Fokus der Wissenschaft gerückt ist. Durch eine Ernährung, die viel resistente Stärke enthält, kann man den Buttersäure-Spiegel erhöhen, was auch den Verlauf von Darmkrebs-Erkrankungen verbessern kann [30,31].
Darm-Hirn-Achse: Wie unser Bauch das Hirn beeinflusst
Kurze Fettsäuren, die Hauptprodukte der Fermentationsprozesse unserer Darmbakterien, können nicht nur unsere Gesundheit beeinflussen, sie wirken sich auch auf das Gehirn aus. Auch wenn die genauen Mechanismen noch unklar sind, konnte schon gezeigt werden: Ein Ungleichgewicht in unserem Darmmikrobiom kann Auswirkungen auf unser Hirn haben. Etliche Studien legen eine Verbindung zwischen einem gestörten Darmmikrobiom und neurologischen Krankheiten nahe – von Depressionen, Alzheimer, Parkinson bis hin zu Autismus [32, 33, 34, 35].
Eine mögliche Erklärung dafür: Acetat, das beim Abbau resistenter Stärke in unserem Darm entsteht, kann über den Blutstrom in unser Gehirn gelangen. Dort hat es nicht nur Einfluss auf unser Sättigungsgefühl, es ist auch wichtig für die Reifung von Mikroglia-Zellen im Gehirn. Diese speziellen Immunzellen fressen Fremdkörper oder schadhafte Gehirnzellen auf. Studien weisen des Weiteren darauf hin, dass durch Mikroorganismen erzeugtes Acetat dem Fortschreiten neurodegenerativer Erkrankungen entgegenwirken kann [36].
Auch Butyrat ist in der Lage, die Blut-Hirn-Schranke zu durchqueren, welche als Schutzbarriere zwischen Hirnsubstanz und Blutstrom dient, und gelangt so ins Gehirn. Dort kann es dann durch das Regulieren von Genen verschiedene positive Wirkungen haben. aher wird Butyrat in der Forschung als experimentelles Medikament für Studien zu neurologischen Erkrankungen – von Depression über neurodegenerative Erkrankungen bis hin zu kognitiven Beeinträchtigungen – eingesetzt [37, 38].
Resistente Stärke: Gut fürs Abnehmen?
Der Konsum von resistenter Stärke scheint auch gut fürs Abnehmen zu sein – zumindest bei Mäusen. Bei diesen konnte gezeigt werden, dass resistente Stärke von Kartoffeln zu einer geringeren Gewichtszunahme führte als bei Ernährung ohne resistente Stärke [39].
Beim Menschenaber scheint resistente Stärke bei gesunden Personen keinen Effekt auf die Gewichtsabnahme zu haben – zu diesem Ergebnis kam zumindest eine Zusammenfassung von mehreren Daten [40]. Da resistente Stärke die Fettverbrennung ankurbelt und die Speicherung von Fett in den Fettzellen verringert, betonen die Studienautor:innen aber, dass resistente Stärke übergewichtigen Menschen durchaus beim Abnehmen helfen könnte. Hinweise dafür gab es in einer Studie, bei der die Studienteilnehmenden 40 Gramm resistenter Stärke einnahmen und innerhalb von 8 Wochen 2,8 Kilogramm verloren. Das Problem dabei war jedoch, dass mit 37 übergewichtigen Studienteilnehmer:innen die Gruppe an Proband:innen ziemlich klein war. Des Weiteren wurde mit 40 Gramm die empfohlene Tagesdosis von 25-30 Gramm an Ballaststoffen, zu denen die resistente Stärke ja auch zählt, überschritten [41, 42].
Was auch noch bekannt ist: Resistente Stärke schafft es, den Glukose-Stoffwechsel im Körper anzuregen. Dies könnte für Diabetiker:innen interessant sein, um den Blutzuckerspiegel zu senken – hier benötigt es aber einer besseren Studienlage, um sichere Aussagen treffen zu können [43].
Fazit
Resistente Stärke, die beim Erkalten von zuvor gewärmten Nudeln, Kartoffeln, Reis und auch Süßkartoffeln entsteht, birgt großes Potential für unsere Gesundheit: Sie ist eine hervorragende Nahrungsgrundlage für die Bakterien in unserem Darm, die sie dann zu kurzen Fettsäuren weiterverarbeiten. Diese spielen eine Schlüsselrolle in der Regulation verschiedenster Stoffwechselprozesse und können Einfluss auf die Funktion unseres Gehirns, die Regulation des Blutzuckers, den Schutz des Blutkreislaufs bin hin zu potenzieller Prävention von Darmkrebs haben. Mit resistenter Stärke tun wird somit nicht nur unseren Darmbakterien etwas Gutes, sondern in weiterer Folge vermutlich auch unserem Wohlbefinden.
Des Weiteren wäre es möglich, dass resistente Stärke übergewichtigen Personen beim Abnehmen hilft, und auch im Zusammenhang mit Diabetes wird ihr Positives nachgesagt. Aktuell wird mit Hochtouren an diesen Themen geforscht, und es braucht noch mehr Studienergebnisse, um hier sichere Aussagen treffen zu können.
[2] Amagliani L., O’Regan J., Kelly AL and O’Mahony JA: Chemistry, structure, functionality and applications of rice starch (2016). J. Cereal Sci.;70:291–300. doi: 10.1016/j.jcs.2016.06.014.
[6] Jay-lin J., Zihau A., Duvick SA, Wiklund M., Yoo SH, Wong KS and Gardner C.: Structures of Amylopectin and Starch Granules: How Are They Synthesized? (2003), Journal of Applied Glycoscience, Volume 50, Issue 2, Pages 167-172. Doi: 10.5458/jag.50.167
[8] Jay-lin J, Zihau A., Duvick SA, Wiklund M., Yoo SH, Wong KS and Gardner C.: Structures of Amylopectin and Starch Granules: How Are They Synthesized? (2003), Journal of Applied Glycoscience, Volume 50, Issue 2, Pages 167-172. Doi: 10.5458/jag.50.167.
[14] Compart J., Singh A., Fettk, J. and Apriyanto A.: Customizing Starch Properties: A Review of Starch Modifications and Their Applications (2023). Polymers, 15(16), 3491. doi: 10.3390/polym15163491
[31] Maier TV, Luci, M., Lee LH, VerBerkmoes NC, Brislawn CJ, Bernhardt J., Lamendella R., McDermott JE, Bergeron N., Heinzmann SS, Morton JT, González A., Ackermann G., Knight R., Riedel K., Krauss RM, Schmitt-Kopplin P. and Jansson JK: Impact of Dietary Resistant Starch on the Human Gut Microbiome, Metaproteome, and Metabolome (2017). mBio. 2017 Oct 17;8(5):e01343-17. doi: 10.1128/mBio.01343-17.
Schön langsam erwacht die Natur wieder in ihrer Farbenpracht, und bald werden die Osternester mit bunten Eiern bestückt – Ostern ist ein farbenfrohes Fest! Keine bessere Zeit also für ein kleines Experiment mit Farben: Hier eine Anleitung von den bESSERwissern, wie der orange Farbstoff aus Karotten isoliert werden kann.
Für das Experiment benötigt man:
Reibe
verschließbares Glas
Öl (möglichst farblos)
Esslöffel
Wasser
So wird’s gemacht:
Die Karotte fein reiben (optional: für den anschließenden Verzehr die Karotte waschen und schälen).
Die gerieben Karotte in ein verschließbares Glas (z.B. Marmeladen- oder Gewürzglas) geben und mit Wasser bedecken.
Mit 2-3 Esslöffel Öl überschichten.
Das Glas gut verschließen und anschließend kräftig schütteln.
Das Glas 5 Minuten lang stehen lassen. Beobachten.
Was passiert?
Beim Reiben werden die Zellen der Karotte zerstört und die Zellflüssigkeit tritt aus. Diese enthält den orange-roten Farbstoff Beta-Carotin, der im Körper zu Vitamin A umgewandelt wird. Beta-Carotin wird daher auch häufig als Provitamin A bezeichnet. Carotine sind unpolar und damit fettlöslich. Daher lösen sie sich in der Ölphase, und diese sollte dann stärker orange gefärbt sein als das Wasser.
Tipps zum Weiterforschen – einfach ausprobieren:
Funktioniert das Experiment auch mit andersfarbigen Karotten?
Enthalten violette Karotten ebenfalls Beta-Carotin?
Das Herauslösen der orangen Farbe durch Öl wird noch besser veranschaulicht, wenn man die Karottenraspeln auf zwei Gläser aufteilt und sie einmal mit Wasser und einmal mit Öl überschichtet.
Wussten Sie das schon? 100 g Karotten (ca. 1 Stück) enthalten 1,6 mg Vitamin A. Das ist fast das Doppelte des Tagesbedarfs an diesem Vitamin für einen Erwachsenen.
Für begeisterte Forscher:innen:
Noch mehr Experimente für daheim gibt’s im #ViennaHomeLab!
Und im Frühlings-Special des Vienna Open Lab kommen alle Pflanzen-Fans und JungforscherInnen auf ihre Kosten und können im Labor folgenden Fragen auf den Grund gehen: Woher wissen Pflanzenkeime wann sie austreiben sollen? Wie sieht eine Wurzel im Mikroskop aus? Und was bringt Kastanienäste im UV-Licht zum Leuchten?
Milch mit Honig ist ein altbekanntes Hausmittel zum Einschlafen. Die in der Milch enthaltene Aminosäure Tryptophan sowie der Zucker im Honig könnten das Geheimnis des Schlaftrunks sein. Die bESSERwisser haben die Datenlage zur Wirkungsweise von Milch mit Honig recherchiert.
Schlaf stellt einen wichtigen Teil unserer täglichen Routine dar und nimmt in etwa ein Drittel unseres Lebens ein: Jede Nacht schlafen wir mehrere Stunden lang, um am nächsten Morgen wieder fit in einen neuen Tag starten zu können. Guter Schlaf ist ebenso wichtig für unser Wohlbefinden wie Essen und Trinken. Doch Schlafen und im Speziellen Einschlafen kann auch eine Herausforderung sein: Rund 45% der Weltbevölkerung plagen sich mit Schlafstörungen. Dabei kann ein andauernd schlechter Schlaf zu gravierenderen Problemen als Augenringen führen und etwa das Risiko erhöhen, an Diabetes, Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Fettleibigkeit oder Depressionen zu erkranken [1].
Die Zentrale des Schlafs: das Gehirn
Die zentrale Schaltstelle für unseren Schlaf ist das Gehirn. Wie dieses unseren Schlaf-Wach-Zyklus genau steuert, ist noch nicht gänzlich geklärt. Man weiß aber bereits, dass daran mehrere wichtige Schaltkreise in unserem Gehirn beteiligt sind. So kontrollieren spezielle Nervenzellen im Thalamus, dem größten Teil des Zwischenhirns, sowohl das Einschlafen als auch das Aufwachen [2]. Auch ob wir schon frühmorgens topfit sind oder erst in den Abendstunden in Fahrt kommen, bestimmt unser Gehirn: In einer erbsengroßen Region des Zwischenhirns – dem so genannten suprachiasmatischen Kern – steuert unsere „innere Uhr“ den Biorhythmus. Die Hell-Dunkel-Phasen des Tagesablaufs, Klimafaktoren sowie gesellschaftliche Einflüsse sind von hier aus Taktgeber für viele Vorgänge in unserem Körper. So etwa werden mehrere Gene im Tag-Nacht-Rhythmus reguliert. Die Lehre des zeitlichen Rhythmus biologischer Prozesse wird als Chronobiologie bezeichnet (verlinken auf Artikel „Chronobiologie“ auf OSc-Website).
Melatonin – Schlafhormon und Wunderwaffe?
Unser Schlaf-Wach-Zyklus wird durch das Hormon Melatonin reguliert. Dieses wird bei Dunkelheit durch Impulse aus dem suprachiasmatischen Kern in der Zirbeldrüse im Zwischenhirn produziert und in den Blutkreislauf abgegeben [1], und erst genug Melatonin lässt uns einschlafen. Dem Schlafhormon werden neben seiner schlaffördernden Funktion auch andere Eigenschaften zugeschrieben: Melatonin wirkt Jetlag entgegen, ist ein Antioxidans, wirkt sich positiv auf unserer Immunsystem aus und ist entzündungshemmend [3]. Des Weiteren ist Melatonin auch als Anti-Tumor-Wirkstoff bekannt, und eine Vorstufe dieses Hormons soll den Alterungsprozess verlangsamen [4, 5]. Die durch Schlaf angekurbelte Melatonin-Produktion hat somit viele bekannte positive Wirkungen auf den Körper.
Müdemacher Tryptophan
Da Melatonin auch in Pflanzen, Insekten, Pilzen und sogar Bakterien vorkommt, kann es nicht nur vom Körper hergestellt, sondern auch über die Nahrung aufgenommen werden.
Für die körpereigene Produktion von Melatonin wird Tryptophan benötigt. Diese Aminosäure ist nicht nur am Aufbau von Eiweißen (Proteinen) beteiligt, sondern auch für eine Reihe lebensnotwendiger Prozesse wichtig – unter anderem die Synthese von Melatonin. Tryptophan stellt eine wichtige Vorstufe des Schlafhormons dar: In der Zirbeldrüse im Gehirn wird Tryptophan zunächst in das Glückshormon Serotonin umgewandelt, aus dem dann Melatonin entsteht. Daher ist Tryptophan wesentlich an der Regulierung des Schlaf-Wach-Rhythmus beteiligt [6]. Damit Tryptophan im Gehirn zur Bildung von Melatonin zur Verfügung steht, muss es zunächst einmal über die so genannte Blut-Hirn-Schranke dorthin gelangen. Ein erhöhter Blutzuckerspiegel begünstigt diesen Transport [7].
Da der Körper Tryptophan selbst nicht herstellen kann, muss diese Aminosäure über die Ernährung aufgenommen werden. Zahlreiche Studien belegen, dass die Einnahme von Tryptophan in Form von Nahrungsergänzungsmitteln oder tryptophanreicher Ernährung den Schlaf verbessert [8]. Auch durch Melatonin-reiche Ernährung konnte die Schlafqualität verbessert werden [9].
Milchproteine für guten Schlaf
Bei der schlaffördernden Wirkung bestimmter Nahrungsmittel kommen nun auch Milch und Milchprodukte wie Cottage Cheese, Hartkäse und Joghurt ins Spiel, denn sie sind reich an Tryptophan: Das in der Milch enthaltene Kasein und die Molkenproteine stellen gute Quellen für diese Aminosäure dar [10]. Wie gezeigt werden konnte, führt eine Dosis des Molkenproteins alpha-Laktalbumin vor dem Schlafengehen zu allgemein besserem Schlaf [11]. Auch die abendliche Gabe von Tryptophan half bei Schlaflosigkeit [12]. Die Dosis an Tryptophan, die für die Versuche teilweise eingesetzt wurde, kann mit einer Tasse Milch allerdings nie erreicht werden: Tryptophan wirkt sich erst ab einer Menge von rund 250 Milligramm wesentlich auf den Schlaf aus – ein Glas Milch enthält jedoch nur etwa 100 Milligramm dieser Aminosäure.
Milch beinhaltet des Weiteren auch viele Mikronährstoffe, welche für die Umwandlung von Tryptophan zu Melatonin benötigt werden. So etwa wird Vitamin B6 für die Produktion von Serotonin aus Tryptophan benötigt, und Magnesium und Zink kommen bei der Umwandlung von Serotonin zu Melatonin zum Einsatz [13].
Spärliche Studienlage zu Milch als Einschlafhilfe
Die allgemeine Studienlage zur Wirkung von Milch auf die Schlafqualität ist allerdings spärlich. Einige Studien konnten zeigen, dass sowohl ein sehr hoher als auch ein sehr niedriger Milchkonsum mit eher schlechtem Schlaf in Verbindung stehen [9]. Dass ein sehr niedriger Milchkonsum mit schlechterem Schlaf korreliert, erscheint nicht überraschend. Die negative Auswirkung von zu viel Milch auf den Schlaf könnte laut Expert:innen das Resultat einer Entzündungsreaktion sein, verursacht durch die gesättigte Fette und den Zucker in der Milch.
Leider wurde nur in den wenigsten Studien ein Zusammenhang vom Milchkonsum kurz vor dem Zubettgehen und der Einschlafdauer untersucht. Bei einer der raren Studien, die sich dieser Fragestellung widmeten, konnten die Versuchspersonen nach dem Konsum von Milch besser einschlafen [14]. Für aussagekräftige Daten sind hier jedoch noch weitere Studien nötig.
Honig als Transporthelfer für Tryptophan
Honig ist ein vielfältiges Naturprodukt: Neben verschiedenen Zuckern enthält das „flüssige Gold“ unter anderem Antioxidantien, die im Körper freie Radikale binden und so Zellschäden vorbeugen sowie entzündungshemmende und antibakterielle Stoffe. Durch das Beimengen des Honigs zur Milch könnten dessen Zucker den Tryptophan-Transport ins Gehirn beschleunigen – so zumindest die Theorie. Wissenschaftliche Untersuchungen dazu gibt es allerdings bisher noch nicht.
Fazit
Milch enthält neben vielen anderen wertvollen Nährstoffen auch die Aminosäure Tryptophan, die für die körpereigene Produktion des Schlafhormons Melatonin benötigt wird. Zahlreiche Studien belegen die positive Wirkung von Tryptophan und Melatonin auf den Schlaf, und von Zuckern ist bekannt, dass die den Transport von Tryptophan ins Gehirn beschleunigen. Doch wissenschaftliche Daten zur Wirkung von Milch mit Honig auf die Einschlafdauer und die Schlafqualität sind rar. Aber selbst, wenn es wissenschaftlich nicht klar erwiesen ist, dass ein warmes Glas Milch mit Honig das (Ein)schlafen verbessern kann: Man darf hier die Kraft unserer Psyche nicht außer Acht lassen. Schon der Gedanke an Omas Honigmilch lässt viele von uns wohlige Wärme verspüren und könnte uns in schönen Kindheitserinnerungen schwelgend schneller ins Land der Träume reisen lassen.
Nüsse sind nicht nur gut und gesund, sie sollen außerdem gut für unser Gehirn sein. Die bESSERwisser haben recherchiert, ob das stimmt.
Die Gesundheit unseres Gehirns und damit der Erhalt seiner Fähigkeiten beruht auf einem komplexen Zusammenspiel vieler Faktoren. Einer davon, den wir täglich im wahrsten Sinn des Wortes selbst in der Hand haben, ist unsere Ernährung. Nüsse sind Bestandteil vieler Bäckereien und Speisen und auch roh eine beliebte Knabberei für zwischendurch. Und sie könnten auch einen Boost fürs Gehirn liefern: Denn Nüsse schmecken nicht nur gut, sondern haben auch den Ruf, positive Auswirkungen auf die Gesundheit und Leistungsfähigkeit unseres Gehirns zu haben.
Harte Schale, gesunder Kern
Typisch für Nussfrüchte, die botanisch gesehen zu den Schließfrüchten zählen, ist die Verholzung ihrer drei Fruchtwandschichten zur Schale. Diese umschließt einen Samen – den als „Nuss“ bezeichneten ölhaltigen Kern, der meist essbar ist.
Alle Nüsse haben prinzipiell ähnliche Inhaltsstoffe: Sie sind generell wasserarm und reich an Fett, Eiweiß, Kohlenhydraten und Ballaststoffen. Außerdem dienen sie als gute Quelle für Mineralstoffe, Vitamine und sekundäre Pflanzenstoffe, wobei es in der genauen Zusammensetzung Unterschiede bei den verschiedenen Nussarten gibt. Da Nüsse „kerngesund“ sind, sollten sie Teil einer ausgewogenen Ernährung sein. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt sogar, eine Portion Obst am Tag durch eine Hand voll Nüsse zu ersetzen.
Studien zu Nüssen: eine „harte Nuss“
Die Auswirkung von Nüssen auf die menschliche Gesundheit interessiert die Wissenschaft und Medizin schon seit langem. Es ist allerdings prinzipiell recht kompliziert, die Auswirkungen einzelner Bestandteile unserer Ernährung isoliert zu untersuchen. Zu diesem Zweck können beispielsweise in vitro Versuche durchgeführt werden, bei denen der Effekt bestimmter Inhaltsstoffe im Labor analysiert wird. Auch Ernährungsstudien, bei denen Nahrungsmittel oder deren Bestandteile ähnlich wie Medikamente untersucht werden, werden dafür oft eingesetzt. Häufig können einzelne Studien jedoch aufgrund von Unterschieden in Studiendauer, Anzahl der Proband:innen, Menge des konsumierten Nahrungsmittels und teils auch der gemessen Parameter bzw. verwendeten Tests oft schwer verglichen werden. Die aussagekräftigsten Daten zur Wirkung von Nüssen auf die menschliche Gesundheit stammen aus so genannten Metastudien. In diesen systematischen Übersichtsarbeiten wird eine Vielzahl von Studien kombiniert, gemeinsam analysiert und statistisch ausgewertet, sodass eine eindeutige Aussage getroffen werden kann.
So wurde etwa durch Metastudien erhoben, dass sich der regelmäßige Verzehr von Nüssen positiv gegen Krebs auswirken könnte, und auch eine antibakterielle Wirkung wird den gesunden Energiepaketen zugeschrieben [1, 2]. Nusskonsum kann außerdem das Risiko, an Diabetes oder Bauchspeicheldrüsen- und Darmkrebs zu erkranken, reduzieren und Gallensteinen vorbeugen [3, 4].
Positive Effekte von Nüssen bei Erkrankungen des Gehirns
Für viele Bestandteile der Nuss konnte des Weiteren eine positive Auswirkung auf die Gesundheit unserer Gefäße und des Blutkreislaufs im Allgemeinen gezeigt werden [1, 5]. Dies wirkt sich indirekt auch auf unser Denkorgan aus, da Personen mit gesunden Gefäßen und einem gut funktionierenden Blutkreislauf weniger häufig an Erkrankungen des Gehirns leiden. So sind bei ihnen insbesondere Schlaganfälle und Hirnblutungen seltener, aber auch Demenzerkrankungen können so vermieden werden [6].
Gerade bei diesen so häufigen Erkrankungen des Gedächtnisses – in Österreich leben zumindest 150.000 Menschen mit Demenz – gibt es experimentelle Hinweise, dass Nüsse einen davon unabhängigen, positiven Effekt haben könnten. Die Alzheimererkrankung, die mit Abstand die häufigste Ursache für Demenzerkrankungen ist, zeichnet sich durch die Ablagerung von zwei Eiweißen im Gehirn aus: Amyloid-Beta und Tau, die sich zu sogenannten Plaques und Bündeln zusammenkleben. Bestandteile von Nüssen, insbesondere Walnüssen, zeigten im Labor einen positiven Effekt auf diese Veränderungen – sowohl auf die Plaques (siehe Refs 80-94 in [7]) als auch auf die Bündel (siehe Refs 103-105 in [7]).
Die in Nüssen enthaltenen Antioxidantien, wie zum Beispiel Vitamin E oder Folat (Vitamin B9), können außerdem oxidativen Stress von Zellen vermindern, der unter anderem durch Rauchen, UV-Strahlung, Abgase, Pestizide, Schlafmangel oder schlechte Ernährung entstehen kann. Andauernder oxidativer Stress, der durch den heutigen Lebenswandel begünstigt ist, kann unsere kognitive Leistung beeinträchtigen. Da es im Gehirn durch oxidativen Stress zum Verlust von Nervenzellen und Synapsen kommt, steht er auch in Zusammenhang mit neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer oder Parkinson [8].
Nüsse als Powerfood fürs Gedächtnis
Wie sich der Konsum von Nüssen auf unser Gehirn bzw. unsere Gedächtnisleistung auswirkt, ist unter anderem aus so genannten beobachtenden Studien bekannt. Bei diesen werden indirekte Hinweise gesammelt, indem beispielsweise die Gedächtnisfähigkeit einer Person getestet und diese gleichzeitig befragt wird, wie sich ihre Ernährung in einem gewissen Zeitraum in der Vergangenheit zusammengesetzt hat. Das ist manchmal jedoch gar nicht so einfach zu beantworten, und es sind auch nicht immer alle Proband:innen dabei ganz ehrlich. Ein besserer Weg wäre es daher, die Testpersonen zuvor nach ihrer Ernährung zu befragen und dann erst zu einem späteren Zeitpunkt deren Gehirnleistungen zu testen.
Eine Zusammenfassung von Studien der letzten 15 Jahre zeigte folgendes: Bis auf eine Ausnahme [8] konnte in allen beobachtenden Studien ein positiver Effekt von Nüssen auf die Gedächtnisleistung im Ganzen oder in Teilen gezeigt werden [10-15]. Insbesondere gute Wirkung durch Nusskonsum wurde bei Menschen erzielt, die aufgrund anderer Umstände – wie zum Beispiel zu wenig Bewegung, Übergewicht oder Diabetes – ein höheres Risiko für die Entwicklung von Demenzerkrankungen mitbrachten [16].
Risikokandidat:innen für Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Nüsse essen!
Um den Beweis zu erbringen, dass die positiven Zusammenhänge nicht nur auf Zufällen beruhen, wurden noch weitere Studien durchgeführt. Um ausschließen zu können, dass Proband:innen, die gerne Nüsse essen, auch auf eine andere, von den Forschenden nicht abgefragte Art und Weise etwas Gutes für ihr Gedächtnis tun, wurden Nüsse daher fast wie Medikamente eingesetzt: In sogenannten prospektiven randomisierten Studien wurde einer Hälfte der Testpersonen eine Nussdiät verordnet, während die andere Hälfte normal weiter aß. In diesen Studien zeigte sich ein uneinheitliches Bild. Die bei weitem größte Studie, in der 15% des täglichen Energiebedarfs über zwei Jahre aus Walnüssen gedeckt wurden, zeigte keinen Effekt auf die Gehirnleistung bei gesunden älteren Proband:innen [17] . Wenn jedoch Menschen mit einem hohen Risiko für Herzkreislauferkrankungen eingeschlossen wurden, die also auch ein hohes Risiko für Erkrankungen des Gedächtnisses haben, gab es sehr wohl positive Effekte des Nusskonsums: Wurden täglich 30 Gramm Nüsse zusätzlich zu einer gesunden mediterranen Diät verspeist, waren nach vier bis sechs Jahren die Ergebnisse bei Tests zur Gedächtnisleistung besser [18,19]. Auch in kürzeren Untersuchungen mit weniger Teilnehmenden konnten positive Effekte für Erdnüsse [20] und Mandeln [21] gefunden werden.
Unmittelbare Wirkung von Nüssen aufs Gedächtnis fraglich
Und wie steht es um die unmittelbare Wirkung von Nüssen auf die Kognition? Alkohol berauscht schließlich auch sofort, Sportler:innen essen vor Wettkämpfen oft große Mengen an Kohlenhydraten, und Popeye war ohne Spinat kaum einsatzbereit.
Dazu gibt es aktuell leider wirklich wenige Daten. Eine Querschnittsstudie bei Personen im Alter von 20 – 59 Jahren fand positive Effekte auf die Geschwindigkeit bei Reaktionstests [22]. Und in einer kleinen randomisierten prospektiven Studie, bei derWalnüsse in ein Bananenbrot eingebacken wurden, gab es lediglich eine positive Auswirkung auf die kritische Denkleistung [23].
Fazit
Die Antwort auf die Frage, ob Nüsse gut sind fürs Gehirn, ist nicht so ganz einfach zu beantworten, da die wenigen dazu durchgeführten Studien oft schwierig zu vergleichen sind.
Setzt man die vorhandenen Puzzlestücke an Beweisen dennoch so gut es geht zusammen, wird klar: Nüsse haben wohl insbesondere über ihre positive Wirkung auf die Gesundheit von Gefäßen und Kreislauf auch einen positiven Effekt auf das Gedächtnis. Dieser ist naturgemäß bei jenen Personen am größten, die ein höheres Risiko für solche Erkrankungen haben. Als Supernuss in diesem Zusammenhang erweist sich die Walnuss – für sie gibt es fast nur positive Studien. Dazu kommen Hinweise, dass Nüsse möglicherweise direkt vor den häufigsten Demenzerkrankungen des Alters schützen und bei regelmäßigem Konsum die Reaktionsfähigkeit erhöhen könnten.
Bei all der notwendigen kritischen Betrachtung sollten wir eines nicht vergessen: in keiner einzigen Studie konnte ein nachteiliger Effekt von Nüssen festgestellt werden.
Greifen Sie also öfters genüsslich zur Nuss!
Dieser Beitrag entstand in Kooperation mit dem Neurologen Raphael Wurm, der an der Medizinischen Universität Wien Demenzerkrankungen erforscht.
Um beim Sport genügend Energie zu haben und schneller Muskeln aufzubauen, wird eine Extraportion Protein benötigt – so die weitverbreitete Meinung. Deshalb greifen viele Sportler unter anderem zu Milchprodukten, die mit Protein angereichert sind. Aber wie viel Eiweiß braucht der Körper wirklich, und kann zu viel Eiweiß gar schaden? Die bESSERwisser haben die Antworten.
Eiweiß ist für Hobbysportler und Fitnessfanatiker schon längst unverzichtbar. Wer viel Sport macht, der braucht viel Protein – diese Meinung wird häufig vertreten. Viel Energie und schneller Muskelaufbau sind das Ziel. Dazu greifen Sportler häufig zu Proteinriegeln, Shakes & Co, die schon längst fixer Bestandteil vieler Supermarktregale sind. In den letzten Jahren wurde der Markt jedoch zunehmend von Milchprodukten erobert, die mit der Extraportion Protein werben – egal ob Milch, Joghurt oder Topfencreme. Auch Protein-Eis gibt es seit längerem zu kaufen. Das Versprechen all dieser Produkte: Schlank, fit und gesund dank einer Extraportion Eiweiß.
Was sind Proteine?
Eiweiße – auch Proteine genannt – sind stickstoffhaltige organische Substanzen, die aus vielen hintereinander angeordneten Aminosäuren bestehen und unterschiedlich langen Ketten bilden. Proteine erfüllen im menschlichen Körper wichtige Funktionen: Sie sind Baustoffe von Zellen, Gewebe – wie beispielsweise Muskelfasern – und Organen. Enzyme, Hormone und Antikörper sind ebenfalls Proteine. Auch die Blutgerinnung und der Transport von Vitaminen oder Eisen erfolgen über Proteine. Diese stellen außerdem wichtige Energielieferanten dar.
Die in der Nahrung enthaltenen Proteine sind aus insgesamt 20 verschiedenen Aminosäuren aufgebaut. Neun davon sind unentbehrlich und müssen mit der Nahrung aufgenommen werden. Auch die entbehrlichen, oder bedingt unentbehrlichen Aminosäuren werden vom Organismus benötigt, um körpereigene Proteine aufzubauen. Letztere kann der Körper in bestimmten Lebens- und Krankheitssituationen gar nicht oder unzureichend selbst synthetisieren.
Über unsere Ernährung nehmen wir Eiweiß durch eine Vielzahl tierischer und pflanzlicher Lebensmittel wie Fleisch, Eier oder Hülsenfrüchte auf. Die Empfehlung für die tägliche Proteinzufuhr liegt für gesunde Erwachsene bei 0,8 Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht [1]. Eine 70 kg schwere Person sollte demnach rund 56 Gramm Eiweiß pro Tag verzehren, was bereits mit einer Portion Fleisch von ungefähr 200 Gramm erfüllt wäre. Durch eine vollwertige Mischkost wird der tägliche Bedarf an Eiweiß also ohne Schwierigkeiten gedeckt.
Bei der Zufuhr spielt aber nicht nur die Quantität, sondern vor allem die Qualität eine entscheidende Rolle. Am besten kann der menschliche Körper tierisches Eiweiß für sich nutzen. Die so genannte biologische Wertigkeit dient der Abschätzung der Qualität von Proteinen in Lebensmitteln: Hühnereier besitzen mit einem Wert von 100 die höchste Eiweißqualität, dicht gefolgt von Schweinefleisch und Soja. Durch die Kombination verschiedener Nahrungsmittel verbessert sich die biologische Wertigkeit nochmals deutlich, ein gutes Beispiel ist der Klassiker Spinat mit Spiegelei und Kartoffeln [1].
Extraportion Protein: Nur bei Leistungssportlern sinnvoll
Viele Lebensmittelhersteller sehen in der Anreicherung von Lebensmitteln mit Protein das große Geschäft. Vor allem Milchprodukte mit extra zugesetztem Protein überschwemmen aktuell den Markt – und das, obwohl Milch schon von Natur aus Eiweiß enthält. Neben Milch, Joghurt und Topfencreme werden inzwischen aber auch Müsli und Brot mit zusätzlichem Protein aufgepeppt. Damit Produzenten mit Slogans wie „hoher Proteingehalt“ oder „Proteinquelle“ werben dürfen, müssen diese Produkte einen gewissen Anteil an Eiweiß enthalten. Der erforderliche Mindestgehalt ist in der europäischen „Health Claims-Verordnung“ festgelegt [2].
Tatsächlich sind mit Protein angereicherte Produkte für die meisten Konsumenten verzichtbar, da der Proteinbedarf durch eine ausgewogene Ernährung ohne Probleme gedeckt werden kann. Das zeigt auch der Österreichische Ernährungsbericht 2017, laut dem Frauen und Männer in Österreich genügend Protein zu sich nehmen [3]. Es stellt sich somit die Frage, ob eine Extraportion Eiweiß überhaupt benötigt wird. Es gibt ein paar Personengruppen, die darauf tatsächlich angewiesen sind. Dazu zählen Schwangere und Stillende sowie Leistungs- und Profisportler [1].
Im höchsten Leistungsbereich beim Sport steigt der Proteinbedarf von 0,8 auf 1,2 bis 1,7 Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht. Experten empfehlen allerdings, eine tägliche Zufuhr von 2 Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht nicht zu überschreiten. Bei Leistungssportlern ist daher eine Nahrungsergänzung mit Eiweiß durchaus sinnvoll, sollte aber unter ärztlicher Aufsicht erfolgen. Bei normal sportlich aktiven Menschen lässt sich der Bedarf allerdings noch problemlos über die Ernährung decken, da eine erhöhte Gesamtkalorienaufnahme auch automatisch zu einer höheren Zufuhr an Eiweiß führt. Selbst Menschen, die vier- bis fünfmal pro Woche Sport betreiben, können auf eine extra Portion Eiweiß in Form von angereicherten Lebensmitteln verzichten [4,5].
Zu viel Protein kann der Gesundheit schaden
Eine dauerhaft zu hohe Proteinzufuhr kann negative Auswirkungen auf den menschlichen Körper haben. So kann beispielsweise langfristig zu viel Eiweiß die Verdauung beeinflussen und zu Verstopfung führen. Sollte dieser Fall eintreten, ist es besonders wichtig, auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr zu achten [5].
Auch die Nieren können betroffen sein, die Effekte sind hier jedoch vom individuellen Gesundheitszustand abhängig: Gesunde Erwachsene brauchen selbst bei täglichem Konsum von 1,8 Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht keine negativen Auswirkungen auf ihre Nierenfunktion befürchten. Aussagen über mögliche Langzeiteffekte können jedoch aufgrund fehlender Daten derzeit nicht getroffen werden [6].
Bei Personen mit unterdurchschnittlicher Nierenfunktion gibt es einen Zusammenhang von hohem Eiweißkonsum und dem langfristigen Risiko einer Verschlechterung der Nierenfunktion. Bei Personen mit fortschreitender Nierenerkrankung sollte die Proteinaufnahme jedenfalls eingeschränkt werden, um den Rückgang der Nierenfunktion einzudämmen. Eine Eiweißzufuhr nach den Empfehlungen ist hier ratsam [7].
Auch Allergiker müssen bei Protein-Zusätzen vorsichtig sein. Denn Hersteller müssen ihre Rezepturen anpassen, um einen gewissen Anteil an Protein im Endprodukt zu erreichen. Während Müsli beispielsweise mit Soja-, Erbsen- oder Weizen-Eiweiß angereichert wird, kommt bei Vanillemilch zusätzlich Milcheiweiß hinzu. Bei Smoothies werden häufig Soja-Proteine zugesetzt – ein großes Problem für Personen, die dagegen allergisch sind. Es lohnt sich also immer, ein Blick auf die Zutatenliste zu werfen [7].
Extraportion Protein: Vergleichsweise teuer
Abgesehen vom gesundheitlichen Aspekt spricht auch der hohe Preis von Protein-Produkten nicht gerade für deren Kauf. Wie die Marktanalyse der Konsumentenschutzorganisation foodwatch 2017 zeigte, müssen Konsumenten für die Extraportion Protein tief in die Tasche greifen: Die Produkte mancher Hersteller waren bis zu 2,5-mal so teuer wie vergleichbare Produkte ohne zugesetztem Protein. Seit 2009 zeichnet foodwatch Produkte, die mit besonders dreister Verbrauchertäuschung arbeiten, mit dem „Goldenen Windbeutel“ aus. Für die Wahl 2017 war unter anderem eine Protein-Vanillemilch für den Preis nominiert [2].
Mehr Protein bedeutet nicht mehr Muskeln
Ein bekannter heimischer Produzent preist seine Topfencreme als „optimalen Trainingsabschluss zum Löffeln“ an. Ein Vanilledrink aus den Supermarktregalen wiederum soll „den Muskelaufbau unterstützen“ und wird als sportliches Getränk für eine „fitnessorientierte und alltagsaktive Zielgruppe“ beworben [8]. Die Werbung richtet sich somit nicht an jene Verbraucher, die auf eine erhöhte Zufuhr angewiesen sind, sondern soll normal sportlich aktive Menschen zum Kauf bewegen.
Vor allem Hobbysportler, die schnell Fett verlieren und Muskeln aufbauen wollen, setzen auf proteinreiche Diät. Teilweise tun sie das zu Recht, denn es gibt mittlerweile wissenschaftlich fundierte Belege, die für eine zusätzlich Proteinzufuhr sprechen – allerdings nur in geringen Mengen: Eine Proteinsupplementation – also die zusätzliche Aufnahme von Nahrungsprotein – verbessert den Muskelzuwachs durch Krafttraining, wenn die tägliche Versorgung mit Eiweiß unter 1,6 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht liegt. Der Einfluss des Krafttrainings auf den Zuwachs von Muskelmasse ist jedoch wesentlich größer als die Protein-Supplementation.
Eine weitere Strategie, die viele Sportler zum Aufbau von Muskelmasse verfolgen, ist eine Kalorienaufnahme über dem tatsächlichen Energiebedarf. Eine positive Energiebilanz scheint den Aufbau von Muskulatur aber nicht wesentlich zu fördern. Bei gesunden, übergewichtigen Personen oder Profisportlern, die nach einer Verletzung oder Saisonpause das Training wieder aufnehmen, wurde folgendes beobachtet: Krafttraining in Verbindung mit erhöhter Proteinzufuhr und negativer Energiebilanz – dh wenn mehr Kalorien verbrannt als zugeführt werden – hatte einen Zuwachs der Muskulatur und Abbau der Fettmasse zur Folge. Bei regelmäßig trainierenden Personen konnte dies jedoch nicht beobachtet werden [6].
Um die Muskulatur möglichst gut aufzubauen, setzen viele Sportler auch darauf, ihre Proteinaufnahme rund um die Zeit des Trainings zu planen. Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass eine Verteilung der täglichen Proteinaufnahme auf mehrere Mahlzeiten alle drei bis fünf Stunden den Aufbau von Muskulatur fördert. Es bleibt jedoch unklar, ob dies im Rahmen einer ausgeglichenen oder positiven Energiebilanz der Fall ist [6].
Fazit
Von „Protein-Müsli“ bis „Eiweiß-Brot“ – die Bandbreite an Lebensmitteln, denen eine Extraportion Protein hinzufügt wurde, ist groß. Meist werden diese Produkte von den Herstellern als sportlich-gesunde Lebensmittel vermarktet – häufig zu überteuerten Preisen. Dabei ist das Extra-Protein meist völlig überflüssig. Gesunde Menschen, die sich ausgewogen ernähren, sind ohnehin mit ausreichend Eiweiß versorgt. Auch Erwachsene, die oft sportlich aktiv sind, können die empfohlene tägliche Proteinmenge problemlos über ihre Ernährung aufnehmen. Bei gleichbleibender Ernährung und Aktivität führt die Extraportion Protein nicht zu einem erhöhten Muskelaufbau.
Insgesamt ist es schwierig, die sehr hohe Proteinaufnahme einiger Kraftsportler zu rechtfertigen. Es fehlt derzeit an unterstützender Forschung, die eine eindeutige Verbesserung der positiven Auswirkungen von Krafttraining auf die Muskelmasse bestätigt.
Aufgrund steigender Antibiotikaresistenzen ist die Forschung stets auf der Suche nach neuen antimikrobiellen Wirkstoffen. Dabei spielen Naturstoffe, die schon in früheren Zeiten eingesetzt wurden, eine immer größere Rolle. So etwa gilt Kren – beziehungsweise die Krenwurzel – als natürliches Antibiotikum aus dem Garten. Doch wirkt Kren wirklich gegen Mikroben? Die bESSERwisser haben recherchiert.
Gesunde Wurzel
Kren, im deutschen Sprachraum auch als Meerrettich bekannt, gehört zur botanischen Familie der Kreuzblütler. Die scharfe Wurzel wird seit dem Mittelalter als Gemüse und Gewürz in der Küche verwendet und darf auf keiner Brettljause fehlen. Kren wird nach dem Frost im späten Herbst und während des Winters geerntet und kann im Garten leicht angebaut werden. Das gesunde Wintergemüse ist reich an den Vitaminen C und B und besitzt wertvolle Mineralstoffe, wie etwa Natrium, Kalium, Magnesium und Eisen. Das Interesse der Forschung und den Einsatz in der Pflanzenheilkunde verdankt der Kren jedoch den scharfen Senfölen, die in seinen Wurzeln enthalten sind.
Senföle schützen Kren vor Fraßfeinden
Die Senföle der Wurzeln – so genannte Glukosinolate – dienen dem Kren als Schutz vor Fraßfeinden. Glukosinolate sind bestimmte sekundäre Pflanzenstoffe, denen gesundheitsfördernde Wirkung nachgesagt wird. Senföle finden sich auch in anderen Kreuzblütengewächsen wie etwa der Kapuzinerkresse, Senf und vielen Kohlarten. Wird das Gewebe einer solchen Pflanze zerstört, kommt es zur Reaktion der Glukosinolate mit einem speziellen Enzym, das ebenfalls in den Pflanzenzellen gespeichert ist. Dieses Enzym – die Myrosinase – spaltet die Schwefel-Zucker Verbindung der Glukosinolate zu Isothiocyanat, welches den scharfen Geschmack und Geruch hervorruft. Isothiocyanat kann jedoch nur entstehen, wenn die Pflanzenzellen durch Schneiden oder Kauen zerkleinert werden. Gekochter, intakter Kren hat deshalb auch keinen stechend scharfen Geschmack. Übrigens: Gegen die beißenden Dämpfe beim Krenreiben helfen ähnliche Tricks wie beim Zwiebelschneiden.
Das bekannteste Senföl ist Sinigrin. Vor allem schwarze Senfsamen, Kren, Kresse und Kohlsprossen enthalten nennenswerte Mengen an Sinigrin. Weiße Senfsamen hingegen enthalten höhere Anteile an Sinalbin, einem weniger scharfen Senföl.
Antimikrobielle Wirkung
Neben ihrer kulinarischen Verwendung wird die Krenwurzel seit jeher auch zur Behandlung von Krankheiten, besonders von Entzündungen und Rheumatismus, eingesetzt. Seit dem frühen 20. Jahrhundert werden Kreuzblütengewächse wissenschaftlich auf ihre antimikrobiellen Eigenschaften hin untersucht. Die scharfen Senföle konnten sich wirksam gegen verschiedene Erreger zeigen. Neben Viren und infektiösen Pilzen konnten sie in Versuchen auch krankmachende Bakterien hemmen.
Die steigenden Antibiotikaresistenzen und der damit einhergehende dringende Bedarf an neuen Antibiotika macht die antibakterielle Wirkung von Senfölen besonders interessant. In den letzten Jahren konnten einige Studien wichtige Erkenntnisse zur Wirkung von Senfölen gegen Bakterien liefern und machen Kren somit als natürliches Antibiotikum interessant:
Kapuzinerkresse und Krenextrakte zeigten gute Wirkung gegen bakterielle Erreger im Mundraum, die etwa Zahnfleischentzündungen hervorrufen. In klinischen Studien hatten die Extrakte außerdem eine Wirkung gegen Atemwegsinfekte (Bronchitis) und leichte Harnwegsinfekte, die mit jener von klassischen Antibiotika vergleichbar war [1].
Interessanterweise war eine Mischung von Isothiozyanaten aus Kren und Kapuzinerkresse nicht nur gegen Keime, die auch mit herkömmlichen Antibiotika bekämpft werden können, wirksam, sondern auch gegen antibiotikaresistente Keime [2].
Eine weitere Studie zeigte, dass Isothiozyanate die Wirkung von klassischen Antibiotika unterstützen können. Das macht ihren Einsatz vielversprechend, da so vielleicht das Risiko der Bildung von resistenten Keimen verringert werden könnte. Bei einer Kombination mit natürlichen Isothiozyanaten könnten geringere Dosen von herkömmlichen Antibiotika eingesetzt werden [3].
Natürliches Antibiotikum mit Schärfe
Der Mechanismus, mit dem die in den Senfölen enthaltenen Isothiozyanate Bakterien schädigen, ist nicht vollständig geklärt. Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass sie ähnlich wie Antibiotika die Zellmembranen von Bakterien, deren Proteinsynthese und ihren Metabolismus angreifen.
Ein Nachteil natürlicher Isothiozyanate im medizinischen Gebrauch ist deren scharfer Geschmack und die damit einhergehende Reizung des Verdauungstraktes. Eine Möglichkeit, dieses Problem zu umgehen, ist die Inaktivierung der in den Pflanzen enthaltenen Myrosinase durch Hitze. Die Glukosinolate werden dann nicht schon im Mund, sondern erst im Darm von den Myrosinasen der natürlich vorkommenden Darmbakterien zu Isothiozyanaten gespalten [4].
Einsatz von Kren: Ayurveda und Lebensmittelproduktion
Auch in der traditionellen indischen Heilkunst (Ayurveda) werden Senföle aus Pflanzen für die Ernährung und als Heilmittel eingesetzt. In Indien und Afrika findet vor allem der sogenannte Meerrettichbaum (Moringa oleifera), der Senfölglykoside in Blättern und Wurzeln enthält, gegen Entzündungen und Rheuma Anwendung [5].
Weiters wird der Einsatz von Isothiozyanaten gegen Pflanzenkrankheiten und als Konservierungsstoff für Lebensmittel diskutiert. Allylisothiocyanat aus natürlichen Quellen ist in Japan bereits als Konservierungsstoff für Lebensmittel zugelassen [4].
Da die Schärfe des Krens jedoch auf das Verdauungssystem leicht reizend wirkt, sollten Personen mit Magen- oder Darmgeschwüren Kren nicht zu gesundheitlichen Zwecken zu sich nehmen. Auch Patientinnen und Patienten mit Schilddrüsenfehlfunktion sollten Kren nicht in großen Mengen konsumieren, da hohe Mengen der Glukosinolate die Jodaufnahme der Schilddrüse beeinträchtigen können [6].
Quellen
[1] Eichel V., Schüller A., Biehler K. et al.: Antimicrobial effects of mustard oil-containing plants against oral pathogens. An in vitro study (2020). BMC complementary medicine and therapies 20 (1), S. 156. DOI: 10.1186/s12906-020-02953-0.
[2] Conrad A., Biehler D., Nobis T. et al.: Broad spectrum antibacterial activity of a mixture of isothiocyanates from nasturtium (Tropaeoli majoris herba) and horseradish (Armoraciae rusticanae radix) (2013). Drug Res (Stuttg). 2013 Feb;63(2):65-8. doi: 10.1055/s-0032-1331754
[3] Palaniappan K. and Holley RA: Use of natural antimicrobials to increase antibiotic susceptibility of drug resistant bacteria (2010). International journal of food microbiology 140 (2-3), S. 164–168. DOI: 10.1016/j.ijfoodmicro.2010.04.001.
[4] Dufour V., Stahl M. and Baysse C.: The antibacterial properties of isothiocyanates (2015). Microbiology (Reading, England) 161 (Pt 2), S. 229–243. DOI: 10.1099/mic.0.082362-0.
Bier ist für viele das Lebenselixier schlechthin. Eine Grillfeier, das gemütliche Beisammensein mit Freunden, die Fußball-WM oder das Oktoberfest ohne Bier? Für viele völlig undenkbar. Da Bier sehr kalorienreich ist, soll man davon einen Bierbauch bekommen – stimmt dieser Mythos? Die bESSERwisser haben recherchiert.
Biernation Österreich
Österreich ist ein Land der Bierliebhaber: Bier liegt bei den alkoholischen Getränken auf der Beliebtheitsskala an erster Stelle [1]. Ungefähr die Hälfte des konsumierten Alkohols in Österreich entfällt auf Bier [2]. Allein im Jahr 2019 wurden in Österreich stolze 103 Liter Bier pro Kopf konsumiert. Damit liegt Österreich im weltweiten Ranking weit vorne: Österreich nimmt beim jährlichen Bierkonsum den zweiten Platz hinter Tschechien ein [3]. Mit rund 60% konsumieren mehr als die Hälfte der Österreicher regelmäßig Bier, 9% davon fast täglich [1]. Männer greifen häufiger zu Bier als Frauen – diese Tendenz zeigt sich bereits bei Jugendlichen zwischen 15 und 24 Jahren. In der Altersklasse zwischen 25 und 49 Jahren entfallen bei den Männern durchschnittlich 66% der getrunkenen Alkoholmenge auf Bier, bei Frauen sind es hingegen nur 35%. Auch im höheren Alter setzt sich dieser Trend fort [2].
Dabei darf nicht außer Acht gelassen werden, dass Bier und Alkohol generell viele Kalorien haben. Dies wird gut durch die Weisheit umschrieben, die man an feuchtfröhlichen Abenden öfters hört: „Ein Bier ist wie zwei Semmerl.“ Das erklärt auch die Bezeichnung von Bier als flüssiges Brot. Kein Wunder also, dass leidenschaftliche Biertrinker früher oder später mit dem Mythos konfrontiert werden, dass der bekömmliche Gerstensaft einen Bierbauch verursacht.
Kleine Biergeschichte
Bier ist eines der ältesten alkoholischen Getränke. Sein Ursprung liegt vermutlich im Gebiet des Fruchtbaren Halbmondes am nördlichen Rand der Syrischen Wüste. Dort haben die Menschen bereits vor mehr als 10.000 Jahren Getreide gesammelt und zufällig entdeckt, dass Getreidebrei nach tagelangem Stehenlassen zu gären beginnt [4]. Heute weiß man, dass bereits vor rund 13.000 Jahren Bier gebraut wurde. Relikte des ältesten Braubetriebs wurden 2018 in der Rakefet-Höhle im Norden Israels von Archäologen der Universitäten Haifa und Stanford entdeckt [5]. Vermutlich wurde der Gerstensaft damals vor allem für rituelle Zwecke genutzt.
In unterschiedlichen Kulturen und Epochen gibt es zahlreiche Nachweise für altertümliches Bierbrauen. Die Babylonier kannten bereits 20 verschiedene Sorten Bier. In Ägypten war Bier ein Grundnahrungsmittel, während in Mitteleuropa bierähnliche Getränke bereits im 3. Jahrtausend v. Chr. bekannt waren. Der römische Schriftsteller Tacitus bezeichnete Bier in seinem Werk Germania als das Hauptgetränk der Germanen, und in vielen Teilen des Römischen Reiches war das Biergeld eine der wichtigsten Steuerquellen [4]. Im Mittelalter galt Bier als das einzige saubere Getränk, das man trinken konnte, ohne krank zu werden. Aufgrund des Alkohols, der Kohlensäure und des vergleichsweise niedrigen pH-Wertes war es im Gegensatz zu normalem Wasser frei von Keimen.
Verschiedene Brauweisen
Anhand der Art der verwendeten Hefe unterscheidet man obergärige Biere wie Altbier oder Kölsch und untergärige Biere wie Pils oder Helles. Mitte des 19. Jahrhunderts setzte sich allmählich die untergärige Brauweise mit sogenannten untergärigen Hefen bei niedrigen Temperaturen durch. 1841 wurde das erste untergärige Lagerbier in Wien gebraut. 1870 war es Louis Pasteur, der durch seine Erkenntnisse in Hinblick auf das Wirken von Fäulniserregern den Gärvorgang von Bier enträtselte. Sieben Jahre später erfand der Münchner Carl von Linde die Kältemaschine. Die technischen Neuerungen zur Zeit der industriellen Revolution erlaubten es bereits, Bier nach heutigen Vorstellungen zu brauen [4]. In Österreich gibt es aktuell etwas mehr als 300 Brauereien, wobei rund zwei Drittel davon gewerbliche Betriebe und ein Drittel Hausbrauereien sind [6]. Auch das Bierbrauen daheim liegt aktuell im Trend.
Mehr Alkohol im Bier, mehr Kalorien
Bier ist ein kohlensäurehaltiges Getränk, dem Hopfen oder andere Würzstoffe wie beispielsweise Früchte oder Kräuter zugesetzt werden und welches nicht destilliert wird. Bei der Bierherstellung entsteht der Alkohol durch die Gärung von Zucker. Dieser wird beim Bier aus stärkehaltigen Getreidesamen (Gerste, Weizen, Roggen, Hafer, Hirse, Reis oder Mais) gewonnen. Für die Gärung selbst ist Hefe verantwortlich. Alkohol ist ein sehr „energiereiches“ Nahrungsmittel mit einem Brennwert von rund 7,1 kcal (Kilokalorien) pro Gramm [7]. Zum Vergleich: 1 Gramm Fett liefert 9 kcal. Zusätzlich zum Brennwert des Alkohols kommt beim Bier noch der Energiegehalt der Kohlenhydrate dazu [7]. Rund zwei Drittel der Kalorien im Bier stammen aus dem enthaltenen Alkohol, ein Drittel aus Kohlenhydraten, eine geringe Menge aus enthaltenen Proteinen. Dieses Verhältnis kann abhängig von Zusammensetzung und Alkoholgehalt des Bieres sowie dem Brauverfahren schwanken [8].
Generell gilt: Je höher der Alkoholgehalt eines Bieres, umso höher auch sein Energiegehalt. Ein Liter helles Vollbier (3–5 vol. % Alkohol) kommt auf rund 390 kcal pro Liter [7]. Wer auf die Kalorien achten möchte, greift am besten zu alkoholarmem oder alkoholfreiem Bier, das meist nur auf die Hälfte der Kalorien kommt [9]. Die Empfehlung für den Konsum von Alkohol liegt für Männer bei maximal 20 Gramm Alkohol pro Tag und für Frauen bei maximal 10 Gramm Alkohol pro Tag (D-A-CH Referenzwerte) [7]. Das entspricht einem halben Liter Bier pro Tag für Männer und einem viertel Liter Bier pro Tag für Frauen (5,2 vol. % Alkohol) [2].
Bier als Appetitanreger
Trotz der vielen Kalorien macht Bier nicht satt – im Gegenteil, Alkohol wirkt sogar appetitanregend [7]. Der moderate Konsum von Alkohol mit maximal 20 Gramm pro Tag regt die anschließende Nahrungsaufnahme an. Alkohol macht insbesondere auf fettreiches und herzhaftes Essen Lust und verstärkt den kurzfristigen Belohnungseffekt der Nahrung im Gehirn. Das könnte auch ein gelernter Effekt sein, da in der westlichen Kultur der Konsum von Alkohol unmittelbar mit dem Konsum von herzhaftem Essen verbunden ist [9, 10]. In Punkto Kulinarik verbindet der Großteil der befragten Österreicher und Österreicherinnen Bier mit Gegrilltem (74 %), deftigen Fleischspeisen (70 %), der typischen Hausmannskost (59 %) oder einer Jause (49 %) [1].
Bierkonsum und Bierbauch: Kein direkter Zusammenhang
Der Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und Körpergewicht ist umstritten und komplex. Generell tendieren Männer im Gegensatz zu Frauen klar dazu, in der Bauchregion zuzunehmen. Das liegt hauptsächlich an der höheren Nahrungsfettaufnahme durch das viszerale Bauchfett – jenem Fett, das die inneren Organe umgibt [11, 12]. Ob der Konsum von alkoholischen Getränken, insbesondere Bier, zur Gewichtszunahme in der Bauchregion führt, ist wissenschaftlich noch nicht eindeutig bewiesen. Das liegt auch daran, dass andere Faktoren wie das Trinkmuster, der Lebensstil oder Konsum von anderen alkoholischen Getränken eine entscheidende Rolle spielen. Eine Gewichtszunahme besonders in der Bauchregion scheint nur mit dem Genuss größerer Biermengen einherzugehen [9, 12, 13].
Das zeigt auch eine europäische Studie, die den Zusammenhang zwischen dem Bierkonsum und abdominellem Übergewicht untersuchte. Dazu wurde neben dem Körpergewicht von 20.000 Probanden auch deren Bierkonsum und waist-to-hip ratio (= WHR) analysiert [14]. Diese berücksichtigt im Gegensatz zum Body-Mass-Index (BMI) die Verteilung des Körperfettes und hilft bei der Beurteilung möglicher Gesundheitsrisiken durch Übergewicht. Bei Männern konnte zwar eine Korrelation zwischen dem Bierkonsum und einer höheren WHR festgestellt werden, diese konnte jedoch nicht eindeutig auf das Biertrinken zurückgeführt werden. Männer, die mehr als einen Liter Bier pro Tag tranken, tendierten zu einer größeren WHR als moderate Biertrinker, da sie mehr Kalorien zu sich nahmen. Die Zunahme von viszeralem Bauchfett hing mit einer generellen Gewichtszunahme zusammen. Ein direkter Zusammenhang zum Bierkonsum konnte jedoch nicht festgestellt werden [12, 14].
Ist Bier gesund?
Hopfen und Malz, Gott erhalt’s! Wer kennt diesen Spruch nicht? In der wissenschaftlichen Literatur auch positive Effekte von moderatem Bierkonsum auf die Gesundheit beschrieben. Bier wird aus natürlichen Zutaten hergestellt und liefert neben geringen Mengen an B-Vitaminen aus Getreide und Hefe auch Mineralien sowie Polyphenole und Ballaststoffe aus Getreide und Hopfen. Die tatsächliche Zusammensetzung variiert bei den verschiedenen Biersorten und ist von den verwendeten Rohstoffen und der Art der Herstellung des Bieres abhängig. Besonders interessant ist, dass Bier ein relativ hohes Kalium-Natrium-Verhältnis (meist 4:1) aufweist. Gerade deswegen greifen viele gerne nach dem Sport zu alkoholfreiem Bier, um ihren Elektrolythaushalt wieder aufzufüllen. Mit rund 177 Milligramm Kalium und 23 Milligramm Natrium deckt ein halber Liter Bier jedoch längst nicht den täglichen Bedarf an diesen Mineralien.
Studien haben gezeigt, dass Bier den Körper nach dem Sport umso weniger rehydrieren kann, je stärker es ist. Bier mit einem Alkoholgehalt von 2 vol. % oder weniger erhöht die Urinmenge bzw. ausgeschiedene Flüssigkeit nicht. Alkoholfreies Bier ist somit eine gute Alternative zu regulärem Bier, vor allem für die Rehydrierung nach dem Sport. Es ist jedoch mehr Forschung erforderlich, um den genauen Alkoholgehalt zu bestimmen, der weder die Urinmenge, noch den Wasserhaushalt beeinflusst. Auch wenn Bier die Ernährung positiv ergänzen kann, ist auf einen moderaten Konsum als Teil einer ausgewogenen Ernährung zu achten [9, 12].
Fazit
Der weit verbreitete Glaube, dass Biertrinken einen„Bierbauch“ verursacht, kann aus wissenschaftlicher Sicht nicht bestätigt werden. Der Bierkonsum an sich und die Kalorien vom Bier selbst führen nicht unmittelbar zur Gewichtszunahme. Da Bier jedoch appetitanregend wirkt, kann bei Genuss von größeren Biermengen der Bauchumfang trotzdem zunehmen. Neben Trinkmuster und Geschlecht spielen hier jedoch auch der Lebensstil (Rauchen, Bewegung etc.) und individuelle Ernährungsgewohnheiten eine entscheidende Rolle und machen den Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und Übergewicht sehr komplex.
Oft hört man, dass Apfelkerne giftig sind und Blausäure enthalten. Deshalb sollte man sie nicht essen, so der damit einhergehende Ratschlag. Tatsächlich schützen viele Pflanzen ihre Samen mit giftigen Substanzen. Die bESSERwisser haben recherchiert, welche Früchte das betrifft und ob der Verzehr von Obstkernen gefährlich sein kann.
Schutzmechanismus in Kernen: Anreicherung von Amygdalin
Da Pflanzen vor ihren Fraßfeinden nicht davonlaufen können, haben sie andere Taktiken entwickelt, um ihre Vermehrung sicherzustellen. Dazu zählt unter anderem die Produktion von giftigen sekundären Pflanzenstoffen, die sie in ihren Zellen anreichern. Die Familie der Rosengewächse (Rosaceae), zu der auch Äpfel, Birnen, Marillen, Zwetschken und Mandeln zählen, konzentriert zu diesem Zweck Amygdalin in den Kernen ihrer Früchte. Sind Apfelkerne deshalb giftig?
Gebundene Blausäure in Apfelkernen
Amygdalin ist ein sogenanntes cyanogenes Glycosid – also eine Zuckerverbindung mit gebundener Blausäure. Unzerkaut passieren Apfelkerne den Verdauungstrakt, und Amygdalin wird vom Körper nicht aufgenommen. Werden Apfelkerne jedoch im Mund zerkaut oder in gemahlener Form gegessen, wird dieses freigesetzt. Im Körper kommt Amygdalin in Kontakt mit Wasser und wird von speziellen Enzymen, den sogenannten beta-Glucosidasen, gespalten. Dieser Vorgang läuft im Darm durch die Bakterien des Darmmikrobioms ab. Dabei ensteht Cyanwasserstoff (HCN), besser bekannt als Blausäure, welche vom Körper dann aufgenommen wird [1].
Blausäure ist hochgiftig, da sie die Zellatmung blockiert und der Körper in Folge keine Energie mehr gewinnen kann. Schon ein bis zwei Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht können für den Menschen tödlich sein. Geringe Mengen an Blausäure kann der Körper jedoch durch das Enzym Rhodanase in den ungefährlichen Stoff Rhodanid umwandeln.
Verzehr: Wie viele Apfelkerne sind giftig?
Bei der Verarbeitung von ganzen Früchten – etwa zu Saft – werden häufig auch Kerne oder Teile davon mitverarbeitet. Der Amygdalin-Gehalt dieser Produkte ist aber relativ gering und stellt laut Studien kein Risiko für die Ernährungssicherheit dar [2].
Anders verhält es sich beim Verzehr der Kerne selbst: Hier können durchaus nennenswerte Mengen von Blausäure im Körper angereichert werden. Im Fall von Apfelkernen kann in etwa abgeschätzt werden, wie viele Kerne gefährlich werden können:
Ein großer Apfelkern wiegt im Schnitt rund ein Gramm (0,7 Gramm werden in der Literatur angegeben). Abhängig von der Apfelsorte enthält ein Kern ein bis vier Milligramm Amygdalin [3].
Ein Milligramm Amygdalin kann in weiterer Folge zu etwa 0,06 Milligramm Blausäure umgewandelt werden [4]. Somit können durch das Verspeisen eines einzigen Apfelkerns je nach Größe und Apfelsorte zwischen 0,06 und 0,24 Milligramm Blausäure im Körper entstehen.
Die europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA) hat die kritische Dosis von Blausäure für einen erwachsenen Menschen bei 30-50 Milligramm angesetzt. Um diese Menge zu erreichen, müsste ein Erwachsener je nach Körpergewicht somit rund 150 Apfelkerne essen, um diesen Wert zu erreichen.
Bei den wesentlich größeren Marillenkernen wird aufgrund des im Inneren enthaltenen Amygdalins jedoch dazu geraten, nicht mehr als drei Kerne pro Tag zu verspeisen. Für Kinder kann schon der Verzehr von einem Kern gefährlich werden [4]. Bei versehentlichem Verschlucken wird Amygdalin jedoch nicht freigesetzt, und die Erstickungsgefahr ist in diesem Fall wohl das größere Problem. Die inneren Weichkerne von Marillen, die in Aussehen und Konsistenz Mandeln ähneln, erhält man durch Aufknacken des äußeren Marillenkerns. Es gibt die inneren Marillenkerne auch geröstet und gesalzen zu kaufen, hier ist beim Genuss jedoch Vorsicht geboten. Auch Leinsamen enthalten Amygdalin, weswegen nicht mehr als zwei Esslöffel pro Tag konsumiert werden sollten.
Bei übermäßigem Konsum von Amygdalin treten vor der Vergiftung Symptome wie Schwindel und Kopfschmerzen auf. Da Blausäure im Körper angereichert und nur langsam abgebaut wird, kann auch eine regelmäßige Einnahme auf Dauer zu einer Vergiftung führen [4].
Fragwürdiger Einsatz in der Alternativmedizin
Nun stellt sich die Frage, wieso manche Menschen überhaupt auf die Idee kommen, die bitteren und nicht besonders schmackhaften Kerne in größeren Mengen zu sich zu nehmen.
Der Hintergrund ist der Einsatz von Amygdalin in der Alternativmedizin als „Wundermittel“ gegen Krebs. Unter dem Namen Laetril oder der – übrigens falschen – Bezeichnung Vitamin B17 wird Amygdalin angepriesen, Krebszellen zu zerstören. Wissenschaftlich seriöse Beweise für die therapeutische Wirksamkeit von Amygdalin auf Krebszellen fehlen jedoch [5].
Fazit
Viele Obstkerne enthalten Amygdalin – ein Stoff, der im Körper enzymatisch zu Blausäure umgesetzt wird. Obwohl Blausäure hochgiftig ist, liegt sie in Apfelkernen in so geringen Mengen vor, dass der Verzehr von Äpfeln inklusive Kernen unbedenklich ist. Es müssten schon über 150 Apfelkerne verspeist – und auch zerkaut – werden, um hier überhaupt die Untergrenze des kritischen Grenzwerts zu überschreiten. Anders verhält es sich mit dem weichen, mandelähnlichen Inneren von Marillenkernen, die man durch Aufknacken des äußeren Kerns erhält: Hier sollten nicht mehr als drei Stück gegessen werden.
Milch und Milchprodukte liefern hochwertiges Eiweiß und versorgen uns mit wichtigen Vitaminen und Mineralstoffen. Sie können aber auch viel Zucker und Fett enthalten. Trotz ihrer vielen positiven Eigenschaften gerät Milch aber auch immer wieder in Kritik. Ist Milch gesund oder ungesund? Was ist dran an den Vorwürfen, die Milch in Verbindung mit diversen Krankheiten bringt? Und worauf soll beim Kauf geachtet werden? Ein Gastbeitrag von Irene Wallisch und und Bettina Meidlinger (AGES).
Das Besondere an Milch und Milchprodukten
Milch und Milchprodukte liefern hochwertiges Eiweiß und versorgen uns mit wichtigen Mineralstoffen und Vitaminen iwie beispielsweise Kalzium und Vitamin B12 [1]. Eiweiß ist unter anderem für die Zunahme und den Erhalt der Muskelmasse wichtig. Kalzium sorgt für die notwendige Stabilität von Knochen und Zähnen [2], wobei für die Knochengesundheit auch eine ausreichende körperliche Aktivität erforderlich ist [3]. Vitamin B12 trägt zum Beispiel zur Bildung roter Blutkörperchen bei und übernimmt wichtige Aufgaben im Immun- bzw. Nervensystem [1, 4].
Wie viele Portionen sollten es sein?
In Österreich konsumieren Kinder und Erwachsene weniger als die empfohlenen drei Portionen Milch und Milchprodukte am Tag. Ideal wären zwei Portionen sogenannter „weißer“ Produkte wie beispielsweise Milch, Joghurt oder Buttermilch. Bei „gelben“ Produkten wie zum Beispiel Käse sollte eine Portion am Tag verzehrt werden. Als Richtwert gilt: Für Erwachsene entsprechen drei Portionen in etwa 500 Gramm.
Milchkonsum von Frauen, Männern und Kindern
Laut österreichischem Ernährungsbericht erreichen Frauen entgegen der Empfehlungen jedoch mit etwa 255 bis 268 Gramm von dieser Lebensmittelgruppe nur etwa die Hälfte der empfohlenen Menge. Männer essen zwar mengenmäßig mit 260 bis 310 Gramm etwas mehr Milch und Milchprodukte, liegen aber dennoch auch unter den Empfehlungen.
Um eine ausreichende Versorgung mit Kalzium zu gewährleisten, ist eine erhöhte Aufnahme von Milch und Milchprodukten vor allem bei Kindern empfehlenswert [5, 6]. Im Kindesalter erlernte Ernährungsgewohnheiten werden meist auch im Erwachsenenalter beibehalten. Daher kann eine auf Empfehlungen basierende Ernährung in frühen Lebensjahren positive Auswirkungen auf ein gesundes Ernährungsverhalten in späteren Jahren haben [7, 8, 9].
Zusammenhang zwischen Milchkonsum und Krankheiten?
Studien zeigen, dass der Konsum von Milchprodukten vor der Entstehung von Dickdarmkrebs schützen und möglicherweise das Brustkrebsrisiko senken kann [10]. Ein erhöhter Konsum kann weiters zu einem geringeren Risiko für Bluthochdruck und Diabetes mellitus Typ 2 führen. Außerdem können durch eine vermehrte Aufnahme von Milch und Milchprodukten Knochenmasse und Knochendichte zunehmen. An der Entstehung von Osteoporose scheint die Ernährung allein jedoch keinen Einfluss zu haben. Für Herzkreislauferkrankungen stellt der Konsum von Milch und Milchprodukten weder einen Schutz- noch einen Risikofaktor dar [11].
Verschleimt Milch wirklich?
Vor allem in der Traditionellen Chinesischen Medizin wird Kuhmilch als schleimbildend angesehen [12]. Nach vorliegender Datenlage kann die Verschleimung der Atemwege und Darmzotten durch Milch jedoch nicht bestätigt werden. Bereits im Mund startet die Verdauung der Milch. Der Speichel kann hier zu einer Ausflockung des Eiweißes führen, was mit einer vermehrten Schleimbildung verwechselt werden kann [11]. Ein wissenschaftlicher Beleg für die Verschleimung durch Milch fehlt bisher [12].
Vorsicht Zucker! Milch und Milchprodukte unter der Lupe
Generell wird empfohlen, fettarme und ungesüßte Varianten von Milch und Milchprodukten zu bevorzugen [13, 14], da diese auch leicht zur Zucker- und Fettfalle werden können.
Zucker ist nicht gleich Zucker
Eine Untersuchung von Lebensmitteln vom österreichischen Markt hat gezeigt, dass in vielen Produkten süßende Zutaten wie Zucker, Honig, Agavendicksaft, Schokolade etc. enthalten sind.
Vor allem Milchmischgetränke wie Kakaomilch, Vanillemilch oder Fruchtmilch enthalten im Vergleich zu „purer“ Milch bis zu dreimal so viel Zucker. Joghurts mit Früchten, Vanille, Schokolade und Co liefern sogar die bis zu fünfeinhalbfache Menge an Zucker verglichen mit Naturjoghurts. Selbst Fruchtjoghurts enthalten häufig zugesetzten Zucker oder andere süßende Zutaten. Joghurts mit Zutaten zum Einrühren (z. B. Kekse, Schokolade) sind im Durchschnitt zuckerhaltiger als herkömmliche Joghurts. In zuckerärmeren Produkten ist oft auch ein Süßungsmittel enthalten.
Ein 10-jähriges Kind kann beim Konsum von einem Becher Fruchtjoghurt (180 bis 250 g) abhängig von der Rezeptur bereits bis zu 75 Prozent der maximal empfohlenen Zuckermenge – bezogen auf die D-A-CH-Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr – pro Tag aufnehmen [15]!
Deshalb sollten trotz aller positiver Eigenschaften von Milch und Milchprodukten vor allem gesüßte Produkte vermieden werden. Sie zählen aufgrund ihres zum Teil hohen Zucker- und Fettgehaltes zur Gruppe „Fettes, Süßes und Salziges“ und sollten daher selten – und nicht täglich – gegessen werden [12]. Milchprodukte, die im Rahmen des EU-Schulprogramms gefördert werden, unterliegen daher auch strengen Kriterien [16].
Produkte auf pflanzlicher Basis im Vergleich
Bei Produkten auf pflanzlicher Basis ist in etwa jedes dritte Produkt mit Kalzium angereichert. Ob dieses zugesetzt wurde, ist an der Zutatenliste erkennbar. In punkto Zuckergehalt gibt es – genauso wie bei Milchprodukten – große Unterschiede.
Getränke auf pflanzlicher Basis – wie beispielsweise Hafer-, Mandel-, Reisgetränke – beinhalten im Vergleich zu Kuhmilch geringere Mengen Eiweiß [15, 17]. Aufgrund der unterschiedlichen Nährstoffzusammensetzung wird ein vollständiger Ersatz von Kuhmilch durch pflanzliche Getränke für Kinder nicht empfohlen. Wird auf die Gabe von Milch und Milchprodukten bei einseitiger Ernährung verzichtet, ist eine Beratung durch Ernährungsfachkräfte anzuraten, um einer Nährstoffunterversorgung vorzubeugen [13, 17].
Tipps für den Alltag
Milchprodukte bzw. Produkte auf pflanzlicher Basis – ohne Zucker und andere süßende Zutaten – bevorzugen.
Fruchtjoghurts selbst aus Naturjoghurt und frischen Früchten der Saison zubereiten. Auch Trinkkakaos, fruchtige Buttermilch und Milchmischgetränke können schnell und einfach selbst zubereitet werden. So bleibt die Zuckermenge unter Kontrolle.
Um den Zuckergehalt zu reduzieren, können Milchprodukte auch mit Naturjoghurts gemischt werden.
Bei Milchprodukten bzw. Desserts für Kinder darauf achten, dass weder Koffein noch Alkohol enthalten sind. Dafür die Zutatenliste sowie andere Warnhinweis am Etikett beachten. [15]
Fazit
Milchprodukte sind gute Kalziumlieferanten, können aber aus bis zu einem Viertel aus Zucker bestehen. So können etwa in einem Becher Joghurt (Packungsgröße: 70 bis 250 g) umgerechnet bis zu 10 Stück Würfelzucker (36 g Zucker) stecken. Was viele vielleicht nicht wissen: Auch Produkte auf pflanzlicher Basis können sehr süß sein. Es lohnt sich daher immer, den Zuckergehalt zu vergleichen, denn es gibt genügend zuckerärmere Varianten.
Zu den Autorinnen: Irene Wallisch, MSc, und und Dr. Bettina Meidlinger sind im Zentrum Ernährung & Prävention der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH (AGES) tätig.
[1] Bundeslebensmittelschlüssel (BLS) 3.02 aus dato Denkwerkzeuge, Software: nut.s nutritional software, v1.32.50; Wien, (2017).
[2] Deutsche Gesellschaft für Ernährung, Österreichische Gesellschaft für Ernährung, Schweizerische Gesellschaft fur Ernährung (DACH) (Hrsg.). Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr. Bonn, 2. Auflage, 4. Ausgabe, (2018).
[3] Weaver CM, Gordon CM, Janz KF, Kalkwarf HJ, Lappe JM, Lewis R, O’Karma M, Wallace TC, Zemel BS. The National Osteoporosis Foundation’s position statement on peak bone mass development and lifestyle factors: a systematic review and implementation recommendations. Osteoporos Int. 2016; 27(4): 1281-386. DOI: 10.1007/s00198-015-3440-3
[4] Europäische Kommission – VERORDNUNG (EU) Nr. 432/2012 DER KOMMISSION vom 16. Mai 2012 zur Festlegung einer Liste zulässiger anderer gesundheitsbezogener Angaben über Lebensmittel als Angaben über die Reduzierung eines Krankheitsrisikos sowie die Entwicklung und die Gesundheit von Kindern (2012).
[5] Rust P, Hasenegger V, König J – Department für Ernährungswissenschaften: Österreichischer Ernährungsbericht 2017. 1. Auflage, Wien (2017).
[6] Elmadfa I et al. Österreichischer Ernährungsbericht 2012. 1. Auflage, Wien (2012).
[7] Methfessel B, Höhn K, Miltner-Jürgensen B: Essen und Ernährung in der KiTa. Entwicklung und Bildung in der Frühen Kindheit. Kohlhammer, Stuttgart (2016).
[8] Nicklaus S, Remy E: Early origins of overeating: tracking between early food habits and later eating patterns. Curr Obes Rep; 2013; 2:179-184. DOI: 10.1007/s13679-013-0055-x
[9] Gahagan S: Development of eating behavior: biology and context. J Dev Behav Pediatr 2012; 33:261–271. DOI: 10.1097/DBP.0b013e31824a7baa
[10] WCRF – World Cancer Research Fund/American Institute for Cancer Research. Continuous Update Project Expert Report 2018. Meat, fish and dairy products and the risk of cancer (2018).
[16] Europäische Kommission – DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) 2017/40 DER KOMMISSION vom 3. November 2016 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Gewährung einer Unionsbeihilfe für die Abgabe von Obst und Gemüse, Bananen und Milch in Bildungseinrichtungen und zur Änderung der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 907/2014 der Kommission (2013).
[17] Marchart K, Meidlinger B, Hofstädter D et al. Pflanzliche Milch-Alternativen unter der Lupe. Hrsg. AGES – Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH, Wien (2019).
Kartoffeln gelten in unseren Breiten als Standardbeilage. Dabei sind sie nicht nur sättigend, sondern auch sehr nachhaltig und besitzen viele Nährstoffe. Die interessanten Eigenschaften der Kartoffelstärke und die richtige Zubereitung der verschiedenen Sorten sind hier von den bESSERwissern zusammengefasst.
Von der Zierpflanze zum Allrounder
Die Kartoffel (lat. solanum tuberosum) wird seit über 6.000 Jahren in den Anden kultiviert und gelangte durch spanische Seefahrer Mitte des 16. Jahrhunderts nach Europa. Zuerst war sie hier aufgrund ihrer nicht genießbaren Blüten und Blätter nur als Zierpflanze verbreitet. Als sehr nährstoffreiches und gut lagerfähiges Lebensmittel legte sie zur Ernährung der wachsenden europäischen Bevölkerung in den folgenden Jahrhunderten aber eine steile Karriere hin.
Während in manchen Sprachen der lateinamerikanische Name patata übernommen wurde und im Englischen zu potato wurde, stammt der Name Kartoffel vom italienischen tartufo (Trüffel). In Österreich ist der Name Erdapfel (vom französischen pomme de terre) verbreiteter, aber auch hier gibt es regionale Unterschiede – im Burgenland wird die Knolle beispielsweise auch Grundbirne genannt.
Heute gibt es über 3.000 verschiedene Kartoffelsorten mit unterschiedlichen Farben, Formen und Reifezeiten. Sie finden Verwendung als Nahrungsmittel und Tierfutter, zur Erzeugung industrieller Rohstoffe sowie zur Alkoholproduktion [1].
Kartoffeln: Nachhaltiger Energielieferant
Als Grundnahrungsmittel spielen Kartoffeln auch heute noch eine wichtige Rolle in der Ernährungssicherheit und im weltweiten Kampf gegen Hungersnöte. Sie sind relativ günstig und haben verglichen mit anderen Gemüsesorten das beste Nährstoff-zu-Preis-Verhältnis [2]. Außerdem haben Kartoffeln eine gute Ökobilanz gemessen an der für den Anbau benötigten Menge Ackerland, Wasser und Energieressourcen. Verglichen mit Reis und Weizen hat die Kartoffel in der Produktion den geringsten CO2-Fußabdruck (3). Vor allem in Ländern, in denen Kartoffeln angebaut werden, Reis und Nudeln jedoch überwiegend importiert werden, sind kurze Transportwege möglich. Die relativ lange Kochzeit von Kartoffeln lässt den Energiebedarf jedoch steigen.
Nährstoffe und Giftstoffe in Kartoffeln
Neben ihrem hohen Anteil an Kohlenhydraten sind Kartoffeln auch reich an anderen lebenswichtigen Nährstoffen. Ihr Proteingehalt liegt – ähnlich wie bei vielen anderen Gemüsen – bei durchschnittlich zwei Prozent. Die in der Kartoffel vorkommenden Proteine sind jedoch für den Körper überdurchschnittlich gut verwertbar und enthalten alle essenziellen Aminosäuren. Weiters sind Kartoffeln gute Quellen für die Vitamine C, B6, Riboflavin, Thiamin und Folat. Kartoffeln sind außerdem eine der besten Kaliumquellen, liefern Magnesium, und das in ihnen enthaltene Eisen kann der Körper besonders gut aufnehmen. Während sich die meisten Ballaststoffe in der Kartoffelschale befinden, sind die anderen Nährstoffe überwiegend im Fruchtfleisch gespeichert. Die tatsächlich für den Körper verfügbaren Nährstoffe sind jedoch von der Art der Zubereitung abhängig. So lässt langes Kochen in Wasser die Konzentration des wasserlöslichen und hitzeempfindlichen Vitamins C sinken [4].
Als Vertreter der Nachtschattengewächse enthalten Kartoffeln aber auch einige natürliche Giftstoffe (Toxine), die sie vor Fraßfeinden schützen sollen. Vor allem Solanin, ein Glykoalkaloid, ist hier zu erwähnen. Dieses findet sich insbesondere in Kartoffelaugen – den dunklen Stellen an denen sich Triebe bilden-, den Schalen und in grünen Stellen der Knolle. Im Fruchtfleisch ist der Solaningehalt jedoch verschwindend gering. Wenn grüne Stellen und Keime vor der Zubereitung entfernt werden, können Kartoffeln also bedenkenlos verzehrt werden [5].
Resistente Stärke
Den relativ hohen Kaloriengehalt verdankt die Kartoffel der in ihr gespeicherten Stärke. Kartoffelstärke besteht aus den Polysacchariden (Vielfachzuckern) Amylopektin und Amylose und kann roh nicht verdaut werden. Erst beim Erhitzen bindet die Stärke Wasser und quillt auf (verkleistert). Im Körper können Enzyme (Amylasen) die Stärke in Zucker spalten und so verwertbar machen. Ein Teil der Stärke kann im Zuge der Verdauung aufgrund ihrer Struktur nicht enzymatisch gespalten werden. Diese sogenannte „resistente Stärke“ kommt vor allem in rohen Kartoffeln vor, entsteht aber auch beim Abkühlen erhitzter Kartoffeln, wenn sich die verkleisterte Stärke wieder zurückbildet (Retrogradation). Resistente Stärke gelangt unverdaut in den Dickdarm, wo sie von Mikroorganismen fermentiert wird. Dabei ist sie, ähnlich wie Ballaststoffe, förderlich für das Mikrobiom. In weiterer Folge wirkt resistente Stärke positiv auf den Körper, indem sie das Sättigungsgefühl verstärkt und Fett- sowie Glukosewerte im Blut positiv beeinflusst [4].
Kalte Kartoffeln, etwa im Kartoffelsalat, haben einen höheren Anteil resistenter Stärke und deshalb etwas weniger Kalorien als warme. In einer Studie wurde die Menge von resistenter Stärke in verschieden zubereiteten Kartoffeln untersucht. Dabei zeigte sich, dass gebackene Kartoffeln mehr resistente Stärke enthalten als in Wasser gekochte. Den größten Anteil an resistenter Stärke hatten abgekühlte Kartoffeln, und auch wenn sie danach wieder erwärmt wurden, blieb resistente Stärke erhalten [6].
Kälteinduziertes Süßwerden
Eine weitere, jedoch weniger bekannte Eigenschaft von Kartoffeln ist die geschmackliche Veränderung bei kalten Temperaturen. Kartoffeln sollten feucht und dunkel bei 6-10°C gelagert werden, um die Sprossenbildung zu verhindern. Bei Temperaturen unter 4°C beginnen jedoch Amylasen in der Kartoffel die Speicherstärke in Zucker zu spalten, was dazu führt, dass Kartoffeln nach kalter Lagerung süß schmecken. Die Ursache und der Mechanismus dahinter sind noch nicht genau erforscht, es wird aber ein pflanzeneigener Frostschutzmechanismus vermutet: Reduzierende Zucker wie Glukose und Fruktose setzen den Gefrierpunkt in der Kartoffelknolle herab und schützen so die Pflanzenzellen gegen Frost. Man spricht auch von kälteinduziertem Süßwerden. Während die so entstandene Süße bei Karotten willkommen ist, sind zu süße Kartoffeln eher nicht beliebt. Vor allem bei Kartoffeln, die zu Chips oder Pommes Frites weiterverarbeitet werden sollen stört der höhere Zuckergehalt, da er zu einer verstärkten Bräunung führt. [7].
Welche Kartoffelsorte für welches Gericht?
Oft steht man beim Einkaufen vor der Qual der Wahl: mehlige, vorwiegend festkochende, festkochende und speckige Sorten werden angeboten. Den rohen Kartoffeln sieht man ihre Kocheigenschaften nicht an. Wieder ist es die Stärke, die hier den Unterscheid macht: Je mehr Stärke in der Kartoffelknolle steckt, umso weicher wird sie beim Kochen.
Die vorwiegend festkochenden Kartoffeln gelten als Allrounder: Sie werden beim Kochen mittelweich und können z.B. gut zu Salzkartoffeln, Aufläufen oder Rösti verarbeitet werden.
Festkochende und speckige Kartoffeln haben gekocht eine festere Konsistenz, was bei Bratkartoffeln und Kartoffelsalaten von Vorteil ist.
Mehlige Kartoffeln werden hingegen relativ weich und eignen sich daher gut für Püree, Knödel und Suppen.
Drewnowski A.: New metrics of affordable nutrition: which vegetables provide most nutrients for least cost? J Acad Nutr Diet. 2013;113(9):1182-1187. doi:10.1016/j.jand.2013.03.015
Hess T., Chatterton J., Daccache A. and Williams A.: The impact of changing food choices on the blue water scarcity footprint and greenhouse gas emissions of the British diet: the example of potato, pasta and rice. Journal of Cleaner Production 2016; 112 (5): 4558-4568. doi: 10.1016/j.jclepro.2015.08.098
Raatz SK, Idso L., Johnson LK et al.: Resistant starch analysis of commonly consumed potatoes: Content varies by cooking method and service temperature but not by variety. Food Chem. 2016;208:297-300. doi:10.1016/j.foodchem.2016.03.120
Robertson TM, Alzaabi AZ, Robertson MD and Fielding BA: Starchy Carbohydrates in a Healthy Diet: The Role of the Humble Potato. Nutrients. 2018;10(11):1764. Published 2018 Nov 14. doi:10.3390/nu10111764
Die richtige Ernährung ist ein entscheidender Faktor bei Missionen im Weltraum. Doch was essen Astronauten? Schmeckt das Essen in den Weiten des Weltalls überhaupt? Wäre Astronautennahrung auch für die Erde eine Option? Antworten auf diese Fragen liefern die bESSERwisser.
Vom ersten Satelliten zur bemannten Raumfahrt
Reisen und Transporte im Weltraum gibt es bereits seit Beginn des 20. Jahrhunderts. Schon in den 1930er-Jahren wurden erste Raketen erfolgreich getestet. 1957 wurde von Russland mit Sputnik 1 der erste künstliche Erdsatellit in die Erdumlaufbahn geschossen. Im selben Jahr trat mit der Hündin Laika dann auch das erste Lebewesen im russischen Forschungssatelliten Sputnik 2 in die Erdumlaufbahn ein.
Die bemannte Raumfahrt startete 1961, als der sowjetische Kosmonaut Juri Gagarin mit einem Raumschiff als erster Mensch die Erde umkreiste. 1962 brachten die USA John Glenn als ersten US-Amerikaner sicher in den Orbit und auch wieder zurück. Im Jahr 1969 schließlich landete Neil Armstrong mit dem amerikanischen Raumschiff Apollo 11 auf dem Mond und setzte als erster Mensch einen Fuß auf dessen Oberfläche. Eine Reihe weiterer Missionen zum Mond folgten. Der letzte bemannte Flug zum Mond fand 1972 statt, danach verließ kein Mensch mehr die unmittelbare Nähe der Erde. Danach verlagerte sich der Schwerpunkt der bemannten Raumfahrt hin zur Entwicklung von wieder verwendbaren Transportsystemen und Raumstationen. Der Einsatz von Space Shuttles ermöglichte den Aufbau der Internationalen Raumstation (ISS), die seit dem Jahr 2000 permanent bemannt ist.
Essen im All
Für die Besatzung von Raumfähren und Raumstationen stehen Schwerelosigkeit und Enge an der Tagesordnung. Es gibt prinzipiell wenig Platz und damit auch wenig Aufbewahrungsmöglichkeiten für Nahrungsmittel. Wasser ist limitiert, und die Crew hat wenig Zeit und Möglichkeiten, um sich Essen zuzubereiten. Somit ist auch die Auswahl bei Astronautennahrung beschränkt: Haltbare Einzelportionen von Produkten in ihrer natürlichen oder konservierten Form stehen im Weltraum am Speiseplan.
Die Häufigkeit der Mahlzeiten ist im Weltraum ähnlich wie auf der Erde, und auch Astronauten essen drei Mahlzeiten am Tag: Frühstück, Mittagessen und Abendessen. Dabei können sie sich rund zwanzig Prozent ihres Essens und Trinkens aussuchen, während die restlichen achtzig Prozent vorgegeben sind. So soll eine ausreichende Nährstoffversorgung zu gewährleistet werden. Mehrere Male jährlich stehen frische Früchte und Gemüse sowie semi-haltbare Produkte am Speiseplan – nämlich dann, wenn Raumstationen von der Erde beliefert werden. Diese Lieferungen stellen nicht nur kulinarisch, sondern auch psychologisch einen großen Nutzen für die Raumfahrer dar.
Wichtigstes Kriterium: platzsparend
Bei Astronautennahrung ist vor allem die Platzfrage vorrangig: Essen darf nur so wenig Platz wie möglich einnehmen. Dies wird bei zukünftigen Missionen zu weiter entfernten Zielen noch wichtiger werden.
Zu Beginn der Astronautennahrung in den 1960er-Jahren wurde diese noch in kleinen, gepressten Würfeln eingenommen. Protein, Fett und Vitamine waren die Hauptbestandteile. Häufig konsumierten die Astronauten auch Flüssignahrung wie sterilisiertes Apfelmus durch Strohhalme. Später wurde Nahrung in Tuben verpackt. So bestand das erste Drei-Gänge-Menü im Weltraum aus drei Tuben – einer mit pürierter Gemüsesuppe, einer mit Leberpastete und einer mit Johannisbeersaft.
Heute wird Astronautennahrung so platzsparend wie möglich für den Weltraum zubereitet. Sie wird auf der Erde gefriergetrocknet, sterilisiert und in flache, spezielle Dosen oder Klarsichtfolien verpackt. Dazu wird die Mahlzeit, die aus etwa 100 Komponenten besteht, erst im Autoklaven gegart. Dieser ermöglicht es, das Essen unter Druck präzise auf die gewünschte Temperatur zu erhitzen und danach wieder abzukühlen. So werden Geflügel und Gemüse zum Beispiel unter zehn Grad verarbeitet, bei Temperaturen zwischen 63 und 80 Grad gegart und bei 117 Grad sterilisiert. Die ESA schreibt ein ungekühltes Mindesthaltbarkeitsdatum von zwei Jahren für Astronautennahrung vor. Manche Speisen mischen die Astronauten mit Wasser zu einem homogenen Brei. Zum Erwärmen werden Dosen zwischen zwei Wärmeplatten erhitzt. Die Auswahl ist für Astronauten heute schon relativ groß: Bei der NASA beispielsweise gibt es für Weltraummenüs 74 Speisen und 20 Getränke zur Auswahl.
Ansprüche an Astronautennahrung
Astronautennahrung muss folgende Kriterien erfüllen: Sie sollte möglichst wenig Platz einnehmen, gleichzeitig jedoch hoch konzentrierte Nährstoffe liefern, um Mangelerscheinungen der Weltraumreisenden zu vermeiden. Die ideale Nährstoffdichte von Astronautenessen sollte idealerweise 2,4 Kilokalorien (kcal) pro Milliliter betragen, womit der durchschnittliche Tagesbedarf eines Menschen von 2000 Kilokalorien mit rund 830 Millilitern gedeckt werden kann. Flüssignahrung ist daher eine gute Option. Die Nahrung sollte außerdem kalziumreich sein und viel Vitamin D enthalten. Dies soll Muskelschwund und Knochenabbau entgegenwirken, da in der Schwerelosigkeit Muskeln und Knochen schneller abgebaut werden.
Bei der Essensplanung fürs All muss auch noch die Schwerelosigkeit berücksichtigt werden. So etwa könnten sogar Brotkrumen gefährlich werden: Winzige Brotstückchen könnten umherschweben und in den Lüftungsschlitzen oder Filtern des Raumschiffs oder in Augen, Mund oder Nase der Astronauten landen. Als gute Brotalternative haben sich hier Tortillas etabliert, da sie nicht bröckeln und keine kleinen Stückchen erzeugen.
Genuss im Weltraum?
All die Anforderungen an das Weltraumessen sollten idealerweise keine Geschmackseinbußen mit sich bringen – eine schwierige Aufgabe. Denn Weltraumessen sieht nicht nur unappetitlich aus, es schmeckt auch nicht sonderlich gut. Mit ein Grund dafür ist die Tatsache, dass in 400 Kilometern Höhe der Geschmackssinn nicht so wie auf der Erde funktioniert. Was für uns auf der Erde total versalzen schmecken würde, wäre im Weltall gerade richtig. In luftiger Höhe schmeckt alles eintönig und fad, und gerne würden die Astronauten mit Salz den Geschmack verbessern. Da Salz allerdings wieder Knochenschwund begünstigen würde, ist das nicht möglich. Um den Astronauten trotzdem genussvolles Essen zu ermöglichen, gibt es mittlerweile eigens ausgebildete Köche von der NASA, die alle Bedingungen und Gesundheitsvorschriften berücksichtigen und trotzdem Essen kreieren, das im All schmecken soll. So etwa sollen viele Kräuter das Essen schmackhafter machen. Ketchup, Senf oder Mayonnaise werden in flüssiger Form mitgenommen, und auch Pfeffer zählt zur Essens-Ausstattung fürs All. Zusätzlich gibt es Snacks und Nüsse. Säfte, Tee und Kaffee werden in pulverisierter Form mitgeführt, von den Astronauten mit Wasser gemischt und dann mit Strohhalmen geschlürft.
Weltraumessen ist übrigens teurer als jedes Luxusessen auf der Erde: Ein Kilo Proviant fürs All kommt auf etwa 20 000 Euro. Abfälle werden nach dem Essen im Weltraum in speziellen Behältern ins All geschickt und verglühen dann in der Erdatmosphäre.
Astronautennahrung auf der Erde
Gefriertrocknung kommt auch häufig für Nahrung auf der Erde zum Einsatz. Lösliches Kaffee-Granulat, Früchte im Müsli, Kräuter und Gewürze sowie Instantgetränke werden getrocknet und gefroren. Dadurch erhöht sich die Haltbarkeit, Geschmack und Inhaltsstoffe gehen aber nicht verloren.
In der Medizin findet das Prinzip der Astronautennahrung ebenfalls Anwendung: Flüssige, kalorienreiche Nahrung dient älteren Menschen als Aufbaunahrung oder wird im Krankenhaus verabreicht, um Patienten wieder aufzupäppeln. Bergsteiger können ebenso von dieser Nahrung profitieren wie Sportler, die Muskelaufbau fördern möchten, da bestimmte Inhaltsstoffe gezielt hoch konzentriert zugeführt werden können. Hersteller bieten neben der flüssigen Form auch eine Pulvervariante an.
Nahrung für die Reise zum Mars
Für die Zukunft hat die Weltraumforschung große Ziele: Die National Aeronautics and Space Administration (NASA) plant, noch in dieser Dekade die erste Frau auf den Mond zu schicken, und im Jahr 2030 sollen die ersten Menschen die Reise zum Mars antreten. Auch Elon Musk vom privaten Unternehmen SpaceX hat ähnliche Ambitionen und verfolgt den ehrgeizigen Plan, schon 2024 Menschen zum Mars zu bringen. Ist die Distanz der Erde zum Mond mit 384.400 Kilometern für die Raumfahrt noch überschaubar, nimmt eine Reise zum Mars schon andere Dimensionen an: Alle zwei Jahre kommen sich Erde und Mars auf ihren Bahnen besonders nahe, und alle 16 Jahre sind sie sich am nächsten – und sind dann „nur“ rund 56 Millionen Kilometer voneinander entfernt. Bei Mondmissionen waren Weltraumfahrer durchschnittlich ein bis zwei Wochen unterwegs. Bei Schätzungen der Dauer des ersten Fluges von der Erde zum Mars gehen die Meinungen auseinander: Von rund einem Jahr ist hier ebenso die Rede wie von 80 Tagen.
Da bei Missionen mit längeren Distanzen von der Erde kein Nachschub geliefert werden kann, stellen diese Pläne die Raumfahrt vor eine große Herausforderung: Schließlich muss während eines Fluges die ausreichende Versorgung der Astronauten mit Essen und den wichtigsten Nährstoffen gewährleistet sein. Astronautennahrung kann ein entscheidender Faktor für den Erfolg oder Misserfolg einer Mission sein [1]. Für eine Mission zum Mars wären wir aus heutiger Sicht ernährungstechnisch noch nicht bereit, und es müssten noch andere Lösungen für eine gesicherte Nahrungsversorgung geschaffen werden. Die Raumfahrer müssten etwa teilweise zu Selbstversorgern werden.
Das Mitführen von Speisefischen in einem Raumschiff-Aquarium wäre hier beispielsweise denkbar. Allerdings benötigen die Fische wiederum Futter, es müsste also eine kleine Nahrungskette – sozusagen ein Mini-Ökosystem – aufgebaut werden. Es könnte auch die Photosynthese von Pflanzen genutzt werden, der Anbau von Algen funktioniert beispielsweise schon. Das Problem liegt hier allerdings beim Geschmack, da eine Ernährung mit Algenbrei auf Dauer macht keine Freude macht. An Bord der ISS konnte auch Zwergweizen bereits gezüchtet werden. Die Pflanzen wachsen aufgrund der fehlenden Schwerkraft höher als auf der Erde. Die fehlende Schwerkraft ist allerdings auch problematisch, denn die Pflanzen wissen nicht, wo oben und wo unten ist. Ansätze zur Problemlösung gibt es hier bereits: Künstliches Licht von oben könnte die fehlende Erdanziehung vortäuschen. Alternativ könnte durch den Einsatz einer Zentrifuge die Schwerkraft imitiert werden.
Es bedarf allerdings in Zukunft noch einiger Versuche und Experimente dazu. Diese könnten gleichzeitig eine neue Grundlage für die zukünftige Ernährung der Erdbevölkerung liefern: Vielleicht können essbare Pflanzen auch außerhalb der Erde für die Menschheit kultiviert werden?
Fazit
Nahrung für Astronauten stellt für aktuelle Missionen kein Problem dar. Sie ist kulinarisch schon auf einem hohen Level, ihre Herstellung ist allerdings sehr aufwändig. Für lange Missionen müssen noch Selbstversorgungsmöglichkeiten der Astronauten an Bord entwickelt werden. Diese könnten zukünftig vielleicht bei Nahrungsknappheit auch zur Produktion von Lebensmitteln außerhalb der Erde genutzt werden.
Quellen
[1] Douglas GL, Zwart SR and Smith SM: Space Food for Thought: Challenges and Considerations for Food and Nutrition on Exploration Missions (2020). J Nutr. 2020 Sep 1;150(9):2242-2244.
[2] Perchonok M. and Bourland C.: NASA food systems: past, present, and future (2002). Nutrition . 2002 Oct;18(10):913-20. doi: 10.1016/s0899-9007(02)00910-3.
[3] Bourland C: Advances in food systems for space flight(1998). Life Support Biosph Sci. 1998;5(1):71-7. Life Support Biosph Sci
[4] Fu B. and Nelson P.: Conditions and constraints of food processing in space (1994). Food Technol. 1994 Sep;48(9):113-22, 127, 204.
[5]Zasypkin D. and Lee T.: Food processing on a space station: feasibility and opportunities (1999). Life Support Biosph Sci. 1999;6(1):39-52.
Frischkäse ist in vielen Variationen ein wahrer Genuss. Die bESSERwisser haben ein kleines Küchenexperiment durchgeführt und Frischkäse mit Kuh-, Schaf- und Ziegenmilch selber gemacht. Ergebnis: Sehr weiterzuempfehlen!
Zutaten und Küchenutensilien
Das Selbermachen von Frischkäse aus Milch ist nicht schwierig und dauert inklusive aller Vorbereitungen nur etwa 30 Minuten. Am besten in der Küche arbeiten. Ein Herd ist von Vorteil, wird aber nicht unbedingt benötigt.
Für das Selbermachen von Frischkäse werden folgende Zutaten benötigt:
1. Zitronen mit dem Messer halbieren und auspressen. Saft durch kleines Sieb in Tasse abseihen.
2. Milch in Kochtopf erhitzen, dabei ständig rühren. Die Milch vom Herd nehmen, bevor sie aufkocht.
3. Unter Rühren der Milch Zitronensaft zugeben, bis sie ausflockt. So lange weiter Zitronensaft zugeben, bis die Flüssigkeit klar wird.
4. Sieb mit Geschirrtuch auslegen und auf Schüssel aufsetzen.
5. Ausgeflockte Milch vorsichtig ins Sieb füllen und Flüssigkeit abtropfen lassen. Dies dauert je nach Konsistenz vom Frischkäse wenige Minuten bis zu einer viertel Stunde.
6. Zwischendurch Geschirrtuch immer wieder hochziehen und die Masse zu einer Kugel formen.
7. Sobald die gesamte Flüssigkeit abgelaufen ist, Geschirrtuch fest zusammendrehen und restliche Flüssigkeit herauspressen.
8. Frischkäse auf einen Teller stürzen und einen Laib oder eine Kugel formen.
9. Mit Salz, Kräutern, Knoblauch oder Gewürzen verfeinern und am besten frisch genießen: Als Aufstrich am Brot, als Käsekugel mit Olivenöl,…. Auch Frischkäse mit Wildkräutern schmeckt hervorragend.
Tipps
Sollte kein Herd zur Verfügung stehen: Die Milch muss nicht unbedingt erhitzt werden, die Frischkäsezubereitung funktioniert auch mit zimmerwarmer Milch – in diesem Fall am besten frische und keine „Länger frisch“ Milch verwenden. Es wird allerdings etwas mehr Zitronensaft benötigt, und der Frischkäse schmeckt leicht säuerlich.
In Klarsichtfolie verpackt kann der Frischkäse auch ein bis zwei Tage im Kühlschrank aufbewahrt werden. Anstatt den Frischkäse am Ende zu salzen, kann man das Salz auch schon der Milch zugeben.
Die Konsistenz vom Frischkäse kann man durch die Zugabe von mehr oder weniger Zitronensaft variieren. Fügt man der Milch weniger Zitronensaft zu und gießt die ausgeflockte Milch schon ins Sieb, bevor die Flüssigkeit klar wird, ist der Frischkäse feinkörniger. Allerdings dauert es auch länger, bis die Flüssigkeit abgeronnen ist.
Die abgeseihte Flüssigkeit (Molke) nicht wegschütten! Mit Zucker oder Fruchtsaft abgeschmeckt und gut gekühlt schmeckt sie hervorragend.
Von der Milch zum Frischkäse
Was passiert bei der Frischkäseherstellung? Welche Bestandteile der Milch werden zum Frischkäse, welche zur Molke?
Milch besteht zum Großteil aus Wasser mit darin gelösten Kohlenhydraten, Proteinen (Eiweißen), Fetten (Lipiden), Vitaminen, und Spurenelementen. Die Lipide in der Milch bilden als kleine, membranumhüllte Tröpfchen eine Emulsion im Wasser, Milch ist daher eine Fett-in-Wasser-Emulsion. Die Proteine liegen als feine Dispersion als so genannte Mizellen vor [1].
Der Fett- und Eiweißgehalt von Milch kann schwanken: Je nachdem, um welche Milchsorte (Vollmilch, Leichtmilch) es sich handelt und von welchem Säugetier sie stammt, ist dieser unterschiedlich. Vollmilch von der Kuh enthält im Durchschnitt rund 3,5 % Fett und ebenso viel Eiweiß.
Mengt man der Milch – wie bei der Frischkäseherstellung – Säure bei, ändert das darin vorliegende Eiweiß seine Form und wird unlöslich. Es flockt aus und setzt sich von der Flüssigkeit, der Molke, ab.
Auch bei der industriellen Produktion von Frischkäse und anderen Sauermilchprodukten wird dieses Prinzip eingesetzt: Auch hier wird die Milch mit Säure versetzt. Es werden dafür so genannte Milchsäurebakterien eingesetzt, die Milchsäure bilden.
Um andere Käsearten wie Hartkäse oder Schnittkäse herzustellen, wird Lab eingesetzt. Das ist ein spezielles Enzym, welches das Milcheiweiß zum Ausflocken bringt, ohne sauer zu machen. Man spricht bei diesem Prozess vom „Dicklegen“ der Milch.
Quellen:
[1] Haug A., Høstmark AT and Harstad OM: Bovine milk in human nutrition-a review (2007). Lipids Health Dis. 2007;6:25. Published 2007 Sep 25. doi:10.1186/1476-511X-6-25
Unser Körper ist Lebensraum für eine Vielzahl von Bakterien und anderen Mikroorganismen. Vor allem jene kleinen Mitbewohner, die sich in unserem Darm ansiedeln, sind an unserem Wohlbefinden maßgeblich beteiligt. Wer von Bauchbeschwerden verschont bleiben und gleichzeitig seine Immunabwehr unterstützen will, sollte sein Darmmikrobiom hegen und pflegen. Die bESSERwisser haben recherchiert, wie das funktioniert und was es mit Probiotika und Präbiotika auf sich hat.
Das menschliche Mikrobiom
Der menschliche Körper ist von der Haut über die Atemwege bis zum Verdauungstrakt dicht mit Mikroorganismen besiedelt. Der größte Teil des menschlichen Mikrobioms – darunter versteht man die Gesamtheit der Mikroorganismen, die mit dem Menschen assoziiert sind – ist im Darm angesiedelt und auch als Darmflora oder Darmmikrobiota bekannt. Schon bei der Geburt beginnen Mikroorganismen aus dem Geburtskanal der Mutter den Darm eines Babys zu besiedeln. Im Laufe des Lebens versorgen uns Muttermilch, Ernährung und unsere Umgebung permanent mit Mikroorganismen, die sich auf und in unserem Körper ansiedeln.
Den Hauptteil des menschlichen Mikrobioms machen Bakterien aus. Aber auch Archaeen, Pilze und Viren sind Teil des Mikrobioms, das in komplexer Interaktion mit dem Körper steht. Lange Zeit wurde in der Wissenschaft die Ansicht vertreten, dass im menschlichen Körper zehnmal mehr Mikroben-Zellen als menschliche Zellen zu finden sind und diese ein bis zwei Kilogramm des Körpergewichts ausmachen [1]. Neue Berechnungen haben jedoch ergeben, dass im menschlichen Körper gleich viele Mikroorganismenzellen wie Körperzellen vorkommen Man weiß heute auch, dass das Mikrobiom nicht mehr als 200 Gramm des Körpergewichts ausmacht [2].
Mikroskopisches Leben im Verdauungstrakt
Die saure Umgebung des Magens und Dünndarms erlaubt es nur wenigen Bakterienspezies, dort zu überleben. Ab dem letzten Drittel des Dünndarms (Ileum) steigt der pH-Wert an und wird basisch, und gleichzeitig nimmt auch die Zahl der Mikroorganismen zu. Im Dickdarm sind Anzahl und Diversität der Mikroorganismen am höchsten. Hier herrschen anaerobe Bedingungen, das heißt, nur Organismen, die für ihren Stoffwechsel keinen Sauerstoff benötigen und Energie zum Beispiel aus Fermentation generieren, siedeln sich hier an [3].
Das menschliche Darmmikrobiom wird von zwei bakteriellen Stämmen beherrscht: den Bacteroidetes und den Firmicutes mit ihren jeweiligen Unterarten. Das Verhältnis dieser beiden zueinander wird in der Wissenschaft und Medizin repräsentativ zur Beurteilung der Darmgesundheit herangezogen. Das Mikrobiom ist jedoch keine einheitliche Bakteriengemeinschaft, sondern variiert von Mensch zu Mensch und verändert sich mit dem Alter. Faktoren, die die Zusammensetzung des Mikrobioms beeinflussen, sind unter anderem Alter, Genetik, geografische Lage, Art der Geburt (natürlich oder Kaiserschnitt), Ernährung in der frühen Kindheit, Medikamenteneinnahme, und Ernährungsstil [4].
Wichtige Funktionen des Darmmikrobioms
Das Darmmikrobiom wird oft auch als das „vergessene Organ“ bezeichnet, da es wichtige Funktionen im Körper übernimmt. So verarbeiten die Darmmikroben Nährstoffe, schützen vor Krankheitserregern, beeinflussen das Immunsystem und können über Verbindungen zum Hirn den Körper auf viele Arten beeinflussen.
Verdauung
Am offensichtlichsten ist die Rolle Darmmikrobioms bei der Verdauung. Hier regen die Mikroorganismen Darmbewegungen an, sind bei der Verwertung von Nahrungsbestandteilen beteiligt und produzieren für den Körper essenzielle Nährstoffe. Die Hauptnahrungsquelle des Darmmikrobioms sind fasrige Nahrungsbestandteile, sogenannte Ballaststoffe. Bei deren Fermentation generieren die Mikroorganismen nicht nur Energie für sich selbst, sondern erzeugen auch Nebenprodukte, wie etwa kurzkettige Fettsäuren (SCFA). Ein Beispiel dafür ist Butyrat, das eine wichtige Funktion bei der Versorgung der Darmzellen hat und immunmodulierend wirkt [5].
Weiters können Mikroorganismen in unserem Darm aus Ballaststoffen die Vitamine B1, B2, B5, B6, Folat, Vitamin B12 und Vitamin K2 produzieren und leisten so einen Beitrag zur Versorgung des Körpers mit diesen Nährstoffen [6]. Im Zuge der mikrobiellen Aktivität und vor allem durch den Prozess der Fermentation werden Gase wie Wasserstoff, Kohlenstoffdioxid und Methan gebildet, die sich als Blähungen bemerkbar machen können.
Schutz vor Krankheitserregern
Eine weitere wichtige Funktion des Darmmikrobioms ist die Abwehr von pathogenen Keimen, die zum Beispiel durch die Nahrung aufgenommen werden. Eine intakte Darmflora mit einer hohen Anzahl an unterschiedlichen Organismen, die alle Nischen des Darms besiedelt und ihren Lebensraum verteidigt, ist ein guter Schutz gegen die Besiedelung durch andere, krankmachende Keime.
Ein gesunder Mensch lebt mit seinem Mikrobiom in sogenannter„Normobiose – das bedeutet, der Körper profitiert von den anwesenden Mikroorganismen, und schädliche Organismen sind in der Unterzahl. Ein funktionierendes Mikrobiom ist notwendig für Stoffwechsel und Gesundheit. Es ist aber bislang nicht klar, ob das Mikrobiom nur positive Auswirkungen auf den Körper hat. Ebenso ist nicht geklärt, was ein „gesundes“ Mikrobiom ausmacht, da es hier auch bei gesunden Individuen eine hohe Variabilität gibt. Es gibt allerdings Hinweise darauf, dass ein vielfältiges Darmmikrobiom sowie das Aufwachsen in einer Umgebung mit einer hohen Zahl und Vielfalt an Mikroorganismen sich positiv auf die Gesundheit im späteren Leben auswirkt [7].
Allesesser, Vegetarier, Veganer: Das Mikrobiom i(s)st, was man isst
So gut wie alles, was wir zu uns nehmen und was in weiterer Folge unseren Darm passiert, kann Einfluss auf das Darmmikrobiom haben. Interaktionen von Nahrung, Mikrobiom und Körper sind aber hochkomplex und noch nicht ganzheitlich erforscht. Es gibt jedoch bereits etliche Studien, die sich mit der Auswirkung verschiedener Ernährungsweisen auf das Darmmikrobiom beschäftigen.
Es konnte gezeigt werden, dass im Mikrobiom von vegetarisch und vegan lebenden Personen vermehrt Bakteriengruppen zu finden sind, die Kohlenhydrate und Vitamine besonders gut metabolisieren können. Der höhere Anteil an Ballaststoffen in vegetarischer und veganer Ernährung verstärkt außerdem die mikrobielle Fermentation von gesundheitsförderlichen Butyraten im Darm [8].
Eine weitere Studie zeigte, dass sich bei einer Umstellung auf eine Ernährung mit ausschließlich tierischen Produkten das Verhältnis von Bacteroidetes/ Firmicutes verändert. Die Anzahl der proteinverwertenden Bakterien stieg, während die Zahl der Firmicutes, die für die Verdauung von pflanzlichen Ballaststoffen verantwortlich sind, zurückging. Die Studie ergab auch, dass sich das Darmmikrobiom innerhalb weniger Tage an eine neue Ernährungsweise anpassen kann, was in der Evolution des Menschen sicher hilfreich war [9].
Nicht nur die Zusammensetzung, auch die Art der Zubereitung der Nahrung beeinflusst das Darmmikrobiom. Beim Kochen von stärkehaltigen Lebensmitteln – wie etwa Kartoffeln – verkleistert die Stärke und wird somit leichter verdaulich. Dadurch erreicht weniger Stärke den Dickdarm und das Mikrobiom. In Studien an Mäusen und Menschen konnte gezeigt werden, dass gekochte Nahrung im Vergleich zu Rohkost die Funktionalität und Diversität des Mikrobioms beeinflusst [10].
Probiotika
Im Zusammenhang mit dem Darmmikrobiom ist häufig von Pro- und Präbiotika die Rede. Als Probiotika werden lebende Mikroorganismen bezeichnet, die laut Definition der WHO „dem Wirt (= Mensch, der sie aufnimmt) einen gesundheitlichen Nutzen verschaffen, wenn sie in ausreichenden Mengen verabreicht werden.“
Die Bezeichnung „probiotisch“ wird vor allem für Nahrungsmittel verwendet, die verdauungsförderliche Mikroorganismen wie Bifidobakterien oder Laktobazillen beinhalten. Dazu zählen vorrangig vergorene Lebensmittel wie Joghurt, Käse, Sauerkraut, aber auch unfiltriertes Bier. Ihnen wird nachgesagt, dass sie Verdauungsprobleme lösen, die Stuhlkonsistenz normalisieren und gegen Allergien und Unverträglichkeiten helfen. Ob die Mikroorganismen in diesen Lebensmitteln jedoch tatsächlich auch noch leben, wenn sie in den Dickdarm gelangen, ist nicht gänzlich bewiesen. Laut der europäischen Lebensmittelbehörde (EFSA) muss bei der Bewerbung eines Produktes mit dem Wort „probiotisch“ dessen Wirkung auch wissenschaftlich belegt sein. Das hat in der Lebensmittelbranche großen Unmut hervorgerufen und dazu geführt, dass heute kaum mehr „probiotisch“ beworbene Produkte in den Regalen zu finden sind [11].
Die möglichen gesundheitsförderlichen Eigenschaften von Probiotika sind in der Forschung dennoch ein heißes Thema. Mit ihrer Hilfe erwartet man sich Prävention und Behandlung von Krankheiten. So führte in einer Studie mit älteren Menschen die regelmäßige Einnahme von Joghurt, das mit Laktobazillen angereichert wurde, zu einer Verringerung von Atemwegsinfekten um mehr als die Hälfte im Vergleich zur Kontrollgruppe. Die Forscher führten diesen Effekt auf eine verbesserte T-Zell mediierte Immunabwehr zurück [12]. Eine andere Studie ergab, dass regelmäßige Einnahme von Milch bzw. Reis, die mit Laktobazillen fermentiert wurden, auch bei Kleinkindern zu einem besseren Schutz gegen Infektionskrankheiten führt [13].
Laktobazillen, die in diesen beiden Studien bei gesunden Menschen eine gesundheitsfördernde Wirkung zeigten, können in seltenen Fällen bei immunschwachen Menschen aber auch in den Blutkreislauf eindringen. Dies kann in manchen Fällen Infektionen bis hin zur Entzündung der Herzklappen oder zu Hirnhautentzündung hervorrufen [14].
Präbiotika
Als Präbiotika werden unverdauliche Substanzen bezeichnet, die für das Darmmikrobiom förderlich sind. Sie werden entweder von Mikroorganismen als Energiequelle verwertet (fermentiert) oder beeinflussen deren Lebensraum positiv.
Die wohl bekanntesten Präbiotika sind Ballaststoffe – unverdauliche Kohlenhydrate, die meist pflanzlichen Ursprung haben. Hohen präbiotischen Gehalt weisen Glykane, resistente (unverdauliche) Stärke, Inulin, und Oligofruktose auf [15]. Diese sind vor allem in fasrigem Gemüse wie Spargel oder Chicorée sowie in stärkehaltigen Nahrungsmitteln wie Johannisbrotkernmehl enthalten. Darmbakterien, die die notwendigen Enzyme (CAZyme) besitzen, können diese Stoffe verwerten. Ob Präbiotika auch einen spezifischen Nutzen für den Menschen haben, ist wie bei den Probiotika ungeklärt. Laut der EFSA muss auch für die Bezeichnung „präbiotisch“ ein gesundheitlicher Nutzen wissenschaftlich erwiesen sein. Grünes Licht für die Bezeichnung „Präbiotikum“ gab es von der EFSA bisher nur in wenigen Fällen: Für Oligofruktose, die sich nachweislich auf den Blutzuckerspiegel auswirkt, sowie für Inulin, welches aus Chicorée gewonnen wird und einen positiven Effekt auf den Stuhlgang hat [16].
Die Rolle des Mikrobioms in Krankheit und Gesundheit
Auch wenn die spezifischen Interaktionen zwischen Köper und Mikrobiom noch nicht vollständig geklärt sind, ist eines klar: Die Mikroorganismen des Menschen spielen eine wichtige Rolle für seine Gesundheit. So konnten zahlreiche Studien bereits einen Zusammenhang zwischen Darmmikrobiom und Infektionskrankheiten, chronischen Darmerkrankungen, Übergewicht, Diabetes, Darm- und Leberkrebs und Allergien belegen [17].
Tatsache ist auch, dass Antibiotika, die im Zuge von bakteriellen Infektionen eingenommen werden, nicht nur die krankmachenden Keime, sondern auch förderliche Darmbakterien angreifen. Langwierige Antibiotikatherapien können das Darmmikrobiom zerstören und die Verdauung nachhaltig negativ beeinflussen [18].
Zur Therapie von Darmerkrankungen wird in der Medizin seit einiger Zeit auf die Fäkaltransplantation zurückgegriffen. Der Hype um diesen abstoßend-faszinierenden Eingriff verschaffte dem „gesunden“ Stuhl einen neuen Wert, der in der Southpark Folge „Kot-Diebe“ (s23f8) köstlich auf die Spitze getrieben wird.
Fazit
Heute ist bereits erwiesen, dass das Mikrobiom eine wichtige Rolle in Krankheit und Gesundheit spielt. Auf welche Weise es durch Ernährung beeinflusst werden kann und welche Folgen das hat, ist aber wissenschaftlich noch nicht vollständig geklärt und Gegenstand aktueller Untersuchungen. Fest steht zumindest schon einmal, dass eine vielseitige, ballaststoffreiche Ernährung gut für das Mikrobiom ist und der Verdauung hilft.
[1] Luckey TD: Introduction to intestinal microecology (1972). The American journal of clinical nutrition 25 (12), S. 1292–1294. DOI: 10.1093/ajcn/25.12.1292.
[2] Sender R., Fuchs S., Milo R.: Revised Estimates for the Number of Human and Bacteria Cells in the Body (2016). PLoS biology 14 (8), e1002533. DOI: 10.1371/journal.pbio.1002533.
[3] Lin CS, Chang CJ, Lu CC, Martel J. et al.: Impact of the gut microbiota, prebiotics, and probiotics on human health and disease (2014). Biomedical journal 37 (5), S. 259–268. DOI: 10.4103/2319-4170.138314.
[4] Yang Q., Liang Q., Balakrishnan B., Belobrajdic D. et al.: Role of Dietary Nutrients in the Modulation of Gut Microbiota (2020). A Narrative Review. Nutrients 12 (2). DOI: 10.3390/nu12020381.
[5] Martin-Gallausiaux C., Marinelli L., Blottière HM et al.: SCFA. Mechanisms and functional importance in the gut (2020). The Proceedings of the Nutrition Society, S. 1–13. DOI: 10.1017/S0029665120006916.
[6] LeBlanc JG, Milani C., Giori GS et al.: Bacteria as vitamin suppliers to their host (2013). A gut microbiota perspective. Current opinion in biotechnology 24 (2), S. 160–168. DOI: 10.1016/j.copbio.2012.08.005.
[7] Eisenstein M.: The hunt for a healthy microbiome (2020). Nature 577 (7792), S6-S8. DOI: 10.1038/d41586-020-00193-3.
[8] de Angelis M., Ferrocino I., Calabrese FM et al.: Diet influences the functions of the human intestinal microbiome (2020). Scientific reports 10 (1), S. 4247. DOI: 10.1038/s41598-020-61192-y.
[9] David LA., Maurice CF, Carmody RN, Gootenberg DB et al.: Diet rapidly and reproducibly alters the human gut microbiome (2014). Nature 505 (7484), S. 559–563. DOI: 10.1038/nature12820.
[10] Carmody RN, Bisanz JE, Bowen BP et al: Cooking shapes the structure and function of the gut microbiome (2019). Nature microbiology 4 (12), S. 2052–2063. DOI: 10.1038/s41564-019-0569-4.
[12] Pu F., Guo Y., Li M. et al.: Yogurt supplemented with probiotics can protect the healthy elderly from respiratory infections (2017). A randomized controlled open-label trial. Clinical interventions in aging 12, S. 1223–1231. DOI: 10.2147/CIA.S141518.
[13] Nocerino R., Paparo L., Terrin G. et al.: Cow’s milk and rice fermented with Lactobacillus paracasei CBA L74 prevent infectious diseases in children (2017). A randomized controlled trial. Clinical nutrition (Edinburgh, Scotland) 36 (1), S. 118–125. DOI: 10.1016/j.clnu.2015.12.004.
[14] Goldstein EJC, Tyrrell KL and Citron DM: Lactobacillus species. Taxonomic complexity and controversial susceptibilities (2015). Clinical infectious diseases : an official publication of the Infectious Diseases Society of America 60 Suppl 2, S98-107. DOI: 10.1093/cid/civ072.
[15] Markowiak P. and Śliżewska K.: Effects of Probiotics, Prebiotics, and Synbiotics on Human Health (2017). Nutrients 9 (9). DOI: 10.3390/nu9091021.
[16] Hutkins RW, Krumbeck JA, Bindels LB, Cani PD et al.: Prebiotics. Why definitions matter (2016). Current opinion in biotechnology 37, S. 1–7. DOI: 10.1016/j.copbio.2015.09.001.
[17] Bindels LB, Delzenne NM, Cani PD and Walter J.: Towards a more comprehensive concept for prebiotics (2015). Nature reviews. Gastroenterology & hepatology 12 (5), S. 303–310. DOI: 10.1038/nrgastro.2015.47.
[18] Lange K., Buerger M., Stallmach A. and Bruns T.: Effects of Antibiotics on Gut Microbiota (2016). Digestive diseases (Basel, Switzerland) 34 (3), S. 260–268. DOI: 10.1159/000443360.
Aroniabeeren haben aufgrund ihrer Inhaltstoffe einen positiven Effekt auf unsere Gesundheit. Solche und ähnliche Aussagen sind in unserer Gesellschaft omnipräsent und werden nahezu unhinterfragt von Bürgern und Bürgerinnen aufgenommen. Die Expertenseite argumentiert mittlerweile immer wieder gegen eine solche eindimensionale Sichtweise zur Beziehung zwischen Nahrung und Gesundheit. Aber welche Annahmen und Vorstellungen stecken eigentlich hinter solchen Slogans? Wie prägt der starke Fokus auf Nährstoffe im Essen unsere alltägliche Ernährung und die Wahrnehmung unserer Körper? Und welche Konsequenzen hat dieser auf die Nahrungsmittelherstellung? Die bESSERwisser sind diesen Fragen nachgegangen.
Was uns am Essen wichtig ist
Es gibt unterschiedliche Aspekte, nach denen wir Essen bewerten: Den Grad der Verarbeitung, die Art der Haltbarmachung (frisch oder konserviert), die Herkunft (Pflanzen, Tiere) und die Methode der Produktion (Bio, traditionell, industriell, etc.). Aber auch unsere sinnlichen und verkörperten Erfahrungen und die kulturelle oder ökonomische Bedeutung bestimmter Lebensmittel – wie beispielsweise Reis in Asien – fließen hier mit ein. Seit dem späten 19. Jahrhundert gibt es einen weiteren Fokus: Den auf die im Essen enthaltenen Nährstoffe und dessen biochemische Zusammensetzung. Auch die Beziehung unserer Nahrung mit bestimmten körperlichen Funktionen sowie Gesundheit und Krankheit ist in den Vordergrund gerückt.
Das Nutritionism-Paradigma
Der Sozialwissenschaftler Gyorgy Scrinis untersuchte das Phänomen der verstärkten Wahrnehmung von Nahrung in Hinsicht auf ihre Bestandteile/Nährstoffe und bezeichnete es als Nutritionism-Paradigma [1, 2]. Darunter fällt auch die Annahme einer kausalen Verbindung von gewissen Inhaltsstoffen mit körperlicher Gesundheit oder Krankheit. Ganze Diäten und Ernährungsweisen, wie die momentan propagierte Ketogene Diät, basieren auf einer ausgeklügelten Komposition bestimmter Inhalts- oder Nährstoffe. Zudem wird Nahrung selbst als dominante Bewertungsgrundlage für Gesundheit herangezogen, was zu einer Überbewertung der Wirksamkeit von einzelnen „gesunden“ Nahrungsmitteln führt. So feiern wir in regelmäßigen Abständen sogenanntes „super food“ wie Olivenöl, Chiasamen oder die Acerola Kirsche. Andere Nahrungsmittel wie etwa Eier hingegen werden wegen ihrer angeblich negativen Auswirkungen auf den Cholesterinspiegel abgewertet.
Das Nutritionism-Paradigma basiert also auf der stark reduktionistischen Denkweise. Demnach wird ein System durch seine Einzelbestandteile (Elemente) vollständig bestimmt und wirkt losgelöst vom Nahrungsmittel, Ernährungsweisen und körperlichen Prozessen. Ein Vitamin erfüllt so gesehen beispielsweise immer seine Funktion als Vitamin, egal in welchem Nahrungsmittel es vorkommt. Es hat deshalb auch immer die gleichen Vorteile oder Risiken in Hinsicht auf die Gesundheit. Komplexe Interaktionen zwischen Inhaltsstoffen und dem Körper werden hierbei durch einen simplen Fokus auf die Wirkungsweise einzelner Inhaltsstoffe ersetzt.
Das neue Feld der Nutrigenomik
Die Entwicklungen im Bereich der Nutrigenomik gehen in dieser Hinsicht noch einen Schritt weiter, von der Betrachtung des biochemischen hin zum genetischen Level. Hier wird analysiert, wie gewisse Inhaltsstoffe mit Genen interagieren, um so eine noch präzisere, optimierte und individualisierte Ernährungsempfehlung abgeben zu können. Die bESSERwisser haben dieses Thema bereits im Artikel Gene und Ernährung: Essen, was den Genen „schmeckt“? ausführlich behandelt.
Obwohl das Forschungsgebiet erst ganz am Anfang steht, bieten schon zahlreiche Firmen im Rahmen von sogenannten direct-to-consumer Gentests Ernährungsberatung auf der Basis des individuellen genetischen Profils der Kunden an. Momentan gibt es einige wenige Gene, deren eindeutige phänogenetische Auswirkungen bekannt sind, zum Beispiel jene, die der Laktoseintoleranz oder der Koffeinverstoffwechselung zugrunde liegen. Daneben ist es jedoch fragwürdig, welche Aussagen solche eindimensionale Tests liefern und welchen tatsächlichen Nutzen diese für das Individuum haben können.
Funktionale Körper – funktionales Essen
Die beschriebenen Vorstellungen speisen gegenwärtig dominante Sichtweisen in der Öffentlichkeit, die andere Formen der Begegnung mit und Bewertung von Essen verdrängen oder unterdrücken. Sie begünstigen aber auch eine Sichtweise auf Essen, bei der seine körperliche Funktion im Vordergrund steht.
Ein Verständnis vom Körper, der wie eine Maschine funktioniert, ist nicht neu. Aber in Bezug auf Ernährung bewegte sich dieses in den letzten Jahrzehnten immer stärker ins Zentrum von Alltagsdiskursen und Konsumpraktiken. Funktionale Körper sind auch die Basis für den Erfolg von Functional food. Man denke an die Visualisierungen der Funktionsweise probiotischer Joghurts und darin enthaltener Mikroorganismen im Körper.
Messen von Nährstoffen im Essen
Neue technische Geräte ermöglichen es, die Zusammensetzung von Nahrungsmitteln präzise zu messen und zu quantifizieren. Auf dieser Basis werden die enthaltenen Komponenten mit jenen anderer Lebensmittel verglichen und bewertet. Dies wiederum führt dazu, dass bestimmte Inhaltsstoffe gezielt Nahrungsmitteln beigemengt werden, in denen diese ursprünglich gar nicht vorkommen. Solche hoch verarbeiteten Lebensmittel werden als Functional Food bezeichnet. Sie erlangen im Gegensatz zu traditioneller, unverarbeiteter Nahrung durch Zusätze ein sehr hohes Nährstoffprofil und können auf „Modeströmungen“ in der Ernährungsbranche schnell reagieren. Die Kehrseite dieser Entwicklungen reicht von der Abwertung bis zur Verdrängung von traditioneller und unverarbeiteter Nahrung aufgrund ihres „schlechteren“ Nährstoffprofils.
Nährstoffe im Essen und die Lebensmittelindustrie
Der Fokus auf Nährstoffen im Essen und ihren positiven Einfluss auf die Gesundheit ist natürlich auch ein Mittel, um Lebensmittel zu vermarkten. Das Produkt wird dabei mit einer „nährwertbezogenen Fassade“ wie beispielsweise niedrigem Fettgehalt oder hohem Proteinanteil ausgestattet und gezielt damit beworben. Durch den Fokus auf ein oder zwei Inhaltsstoffe wird sowohl vom gesamten Nährstoffprofil als auch von der – oft minderen – Qualität und Charakteristik des Nahrungsmittels abgelenkt. Sogar stark verarbeitetes Essen wird möglicherweise aufgrund von beigemengten Inhaltsstoffen als gesund wahrgenommen. Damit entsteht auf der Basis von kommerziellen Logiken und Interessen der Lebensmittelindustrie ein Bedarf an derart bearbeiteten Produkten und wird an die Charakteristiken des Agrar- und Lebensmittelsystems angeglichen.
Nutrizentrierte Individuen
In der Sphäre der alltäglichen Erfahrungen mit und Bewertungen von Essen hat sich also ein „nährwertbezogener Blick“ auf Lebensmittel etabliert. Das erzeugt widersprüchliche Tendenzen im Individuum: Einerseits ein Gefühl der Abhängigkeit, Machtlosigkeit und Verwirrtheit, andererseits jedoch die Vorstellung, ein aktives, ermächtigtes und kritisch-informiertes Individuum zu sein. Das kann zu Unsicherheiten und Ängsten führen. Die Abhängigkeit von wissenschaftlicher Expertise steigt, und Menschen werden empfänglicher für Marketingbehauptungen, die auf Inhaltsstoffe und ihre Wirkweise fokussieren. Damit entstehen neue Bedürfnissen und die Vorstellung, dass Menschen einen Bedarf an Informationen und Bewertungen auf dieser Basis haben.
Fazit
Wie erleben heute eine gesellschaftliche Entwicklung, in der Menschen Nahrung immer stärker in Hinsicht auf ihre einzelnen Bestandteile/Nährstoffe und deren Wirkung auf ihre Gesundheit begreifen. Diese neue Strömung wird als Paradigma des Nutritionism bezeichnet. Andere Arten, mit Essen umzugehen – traditionell, kulturell, sinnlich, ökologisch – spielen vor diesem Hintergrund eine untergeordnete Rolle. Die Lebensmittelindustrie nutzt und festigt das neue Credo, und sowohl Superfood als auch Functional Food werden mit entsprechenden Marketingstrategien beworben.
Der tatsächliche Nutzen dieser Lebensmittel für unsere Gesundheit ist jedoch fraglich. Dieser sollte immer im Kontext der restlichen Ernährung und zahlreichen anderen Faktoren, wie beispielsweise der Qualität des Anbaus und der Verarbeitung des Produktes, beurteilt werden.
Literatur
[1] Scrinis, G. (2008). On the Ideology of Nutritionism. Gastronomica, 8(1), 39-48.
[2] Scrinis, G. (2013). Nutritionism: the science and politics of dietary advice. Columbia University Press.
Nüsse lassen sich zwischendurch gut knabbern und kommen auch im Müsli, im Pesto oder als Nusskruste vom Fisch gerne auf den Teller. Man hört immer wieder, dass Nüsse dick machen sollen. Es wird ihnen aber auch nachgesagt, dass sie gesund sind und außerdem beim Abnehmen helfen sollen. Wie kann das zusammenpassen, und was stimmt von diesen Aussagen? Die bESSERwisser haben recherchiert.
Nüsse: Fettes Superfood
Nüsse sind in ihrem Aussehen sehr vielfältig. Als Nüsse werden allgemein rundliche Früchte mit harter, holziger Schale bezeichnet, deren ölhaltiger Kern meist essbar ist. Zu den Nusssorten, die zum Verzehr geeignet sind, zählen Haselnüsse, Walnüsse, Edelkastanien, Erdnüsse, Macadamianüsse, Cashewnüsse, Kokosnüsse, Mandeln, Paranüsse, Pekannüsse, und Pistazien.
Nüsse enthalten sehr viele Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente. Ungesättigte Fettsäuren, wie zum Beispiel Linolsäure, pflanzliches Fett und pflanzliches Eiweiß sowie leicht verwertbare Kohlenhydrate und Ballaststoffe sorgen für einen funktionierenden Stoffwechsel. Zusätzlich sorgen Natrium, Kalium, Kalzium, Phosphor, Niacin, essentielle Aminosäuren, Fluor, Eisen, Kupfer, B-Vitamine, die Vitamine A, C, D, und E für Zellschutz und eine strahlende Haut. Nüsse sind auch besonders reich an Magnesium – einem Mineralstoff, der wesentlich an der Fettverbrennung beteiligt ist. Außerdem enthalten Nüsse Folsäure und das Spurenelement Mangan, das optimiert Stoffwechselvorgänge im Körper. Die meisten Nüsse sind kohlenhydratarm, sodass sie auch für eine Low Carb Ernährung geeignet sind.
Der durchschnittliche Fettgehalt von Nüssen beträgt 56g pro 100 Gramm – das entspricht mehr als der Hälfte – und sie enthalten im Durchschnitt 650 kcal pro 100 Gramm. Am fettreichsten sind Pekannüsse mit 72 Gramm Fett pro 100 Gramm. Die fettärmste Nuss ist die Kokosnuss mit immerhin noch 36 Gramm Fett pro 100 Gramm. Das ist im Verhältnis zu anderen Lebensmitteln sehr viel – sollte somit nicht bei Nusskonsum jede Diät scheitern?
Studien zu Nusskonsum und Übergewicht
2018 wurde eine groß angelegte, über fünf Jahre laufenden Studie zum Nusskonsum an 373.293 Frauen und Männern im Alter von 25 bis 70 Jahren durchgeführt. Diese konnte zeigen, dass ein höherer Nusskonsum die Wahrscheinlichkeit, übergewichtig oder fettleibig zu werden, um fünf Prozent senkte. [1]
Auch eine 2018 in China durchgeführte Studie kam zu dem Schluss, dass der Verzehr von Nüssen bei der Vorbeugung von Übergewicht hilfreich sein kann. Als Nebeneffekt des Nusskonsums sinkt auch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. [2]
Eine ebenfalls 2018 durchgeführte Metaanalyse in China lieferte ähnliche Ergebnisse. Es zeigte sich, dass Baumnüsse einen positiven Einfluss auf den Fettstoffwechsel haben. Lediglich bei Erdnüssen konnte dieses Ergebnis nicht nachgewiesen werden. [3]
Eine Studie aus dem Jahr 2017 untersuchte übergewichtige und fettleibige Frauen und Männern aus Kalifornien. Bei einer mit Walnüssen angereicherten Standarddiät (15% der Energie) konnte die Gruppe der Probanden und Probandinnen genauso Körpergewicht und Taillenumfang reduzieren wie die jener, die eine Standarddiät mit reduzierter Energiedichte durchführten. Die Studienteilnehmer, die während der Diät Walnüsse verzehren durften, zeigten zusätzlich bessere LDL Cholesterin- und systolische Blutdruckwerte. [4]
Nüsse und ihre Besonderheiten
Haselnüsse sind eine der besten Quellen für Vitamin E, das als Antioxidans wirkt, und haben einen hohen Ballaststoffgehalt. Die eiweißreichen Strauchfrüchte weisen im Vergleich zu anderen Nüssen auch einen hohen Gehalt an Magnesium auf, welches das Nervensystem stärkt.
Walnüsse werden oft als Gehirnnahrung bezeichnet, und das liegt nicht nur daran, dass sie in ihrer Form an das menschliche Gehirn erinnern. Durch ihre Inhaltsstoffe wie Vitamin B und E, Omega-3-Fettsäuren, Linolsäure, Eisen, Kalium und Kalzium, Lecithin und Magnesium kurbeln sie Denkprozesse an.
Edelkastanien sind besonders reich an Kalium sowie B-Vitaminen, die die Bildung des „Glückshormons“ Serotonin im Gehirn fördern. Die mehrfach ungesättigten Fettsäuren, sekundären Pflanzenstoffe und komplexen Kohlenhydrate sind gesund und sättigen langanhaltend.
Erdnüsse zählen eigentlich zu den Hülsenfrüchten. Sie enthalten antioxidative Polyphenole und hochwertiges pflanzliches Protein, in dem die Aminosäure Lysin enthalten ist. Diese kann der menschliche Körper besonders gut verwerten.
Macadamianüsse haben den höchsten Fettgehalt. Sie punkten aber mit vielen gesunden Fettsäuren, die besonders reich an Omega-3- und Omega-6- Fettsäuren sind.
Cashewnüsse, die botanisch als große Samenkörner gelten, darf man nicht roh verzehren. Sie wachsen am Baum und sind von einer Schale umhüllt, die das giftige Öl Kardol enthält. Erst durch das Rösten werden Cashewnüsse genießbar. Sie enthalten besonders viel Magnesium, Eisen, Zink, Kalium und Vitamine, sowie Tryptophan und Serotonin, die das Schlafhormon Melatonin aktivieren. Dieses unterstützt über Nacht die Fettverbrennung.
Mandeln zählen zu den ältesten Snacks der Welt. Sie sättigen gut, weil sie viele Ballaststoffe enthalten. Diese sorgen dafür, dass die in ihnen enthaltenen Fette nur teilweise vom Körper aufgenommen werden und Heißhunger vermieden wird. Durch den Verzehr von Mandeln sinkt außerdem der Appetit auf kurzkettige Kohlenhydrate, wie zum Beispiel Naschereien mit hohem Zuckergehalt. Das macht sie während einer Diät zu einer perfekten Zwischenmahlzeit. Der relativ hohe Eisengehalt, B-Vitamine und das optimale Verhältnis von Kalzium zu Magnesium machen Mandeln auch bei Veganern sehr beliebt. Der Vitamin E-Gehalt versorgt den Körper mit Antioxidantien. Bereits 30 Gramm Mandeln decken ein Drittel des Tagesbedarfs an Kupfer, Mangan und Magnesium sowie mehr als die Hälfte von Biotin. Im Handel findet man meist Süßmandeln mit oder solche ohne Schale sowie Mandelmehl und Mandelmilch. Bittermandeln sind roh giftig, da sie Blausäure enthalten, und werden nur in geringen Mengen mit dem Hinweis auf Verwendung zum Backen verkauft.
Kokosnüsse gehören zu den Steinfrüchten und enthalten neben Wasser und Fett – hauptsächlich in Form gesättigter Fettsäuren – viele Mineralstoffe und Spurenelemente. Gegessen werden das Fruchtfleisch und das Kokoswasser. Die Stämme und Fasern der Samenhülle werden zu Baumaterial oder Seilen verarbeitet. Durch ihren Natrium- und Kaliumgehalt wirkt Kokoswasser im menschlichen Körper isotonisch und wurde im Zweiten Weltkrieg als Ersatz für Blutplasma verwendet. Heutzutage liegen Kokosprodukte im Trend. Presst man das Fruchtfleisch aus, entsteht Kokosmilch, die sich für asiatische Gerichte oder als Schlagobers-Ersatz eignet. Der harte Anteil der Früchte kann zu Kokosflocken zerkleinert werden. Kokosöl gilt als Allrounder – es wirkt sogar leicht desinfizierend. In der Küche wird es gerne als MCT Öl (mittelkettige Fettsäuren, die die Fettverbrennung ankurbeln) verwendet, und es wird auch zur Hautpflege verwendet. Die Blüten der Kokosnuss werden ebenfalls verwendet: Kokosblütenzucker wird gerne als Zuckerersatz eingesetzt, weil der Insulinspiegel nach dessen Genuss niedrig bleibt. Bei 200 Grad im Backofen für 15 bis 20 Minuten springt die Kokosnuss von alleine auf, und man spart sich das mühsame Öffnen.
Paranüsse sind reich an Selen und Magnesium und werden auch als Amazonasmandel bezeichnet. Sie enthalten besonders viel Kalzium, Eisen, Magnesium, Kalium, Phosphor, Zink, Selen und mehrfach ungesättigte Fettsäuren. Paranüsse sind sehr anfällig für den Befall durch Schimmelpilze, und es kann zur Bildung von giftigem Alfatoxin kommen. Daher ist es wichtig, sie kühl und trocken zu lagern. Wenn sie leicht modrig riechen, sollte man sie lieber wegwerfen.
Pekannüsse sind mit Walnüssen verwandt. Sie enthalten besonders viele ungesättigte Fettsäuren und Vitamin A, sind aber die kalorienreichsten Nüsse. 100 Gramm Pekannüsse enthalten 702 kcal. Wer abnehmen möchte, sollte nur eine kleine Menge davon in den Speiseplan einbauen.
Pistazien zählen zu den Steinfrüchten und sind kurioserweise mit dem Pfirsich verwandt. Unter der dünnen, harten Schale befindet sich der grüne, essbare Samen. Die oft rötliche Haut darüber dient zum Schutz der Keimlinge. Die Qualität der Pistazien lässt sich anhand der intensiv grünen Blätter feststellen. Pistazien enthalten die Karatinoide Lutein und Zeaxanthin, die als Zellschutz dienen. [5][6]
Fazit
Solange man es nicht übertreibt und nicht zu viel davon isst, können Nüsse tatsächlich beim gesunden Abnehmen helfen. Proteine und Fett in den Nüssen sättigt und beugt Heißhungerattacken vor. Weil Nüsse keinen Zucker enthalten, fördern sie keine Insulinreaktion und stehen dem Körper als reiner Energielieferant zur Verfügung. Die positiven Auswirkungen auf die Gesundheit lassen eine Diät leichter durchhalten. Möchte man durch den Nusskonsum nicht zunehmen, so gilt: Etwa eine Hand voll Nüsse, naturbelassen und ungesalzen, sind pro Tag erlaubt.
In der Herbst- und Winterzeit gehören Esskastanien – auch als Maroni oder Maronen bekannt – als wärmende Delikatesse einfach dazu. Aber woher kommen essbare Kastanien überhaupt? Sind sie gesund? Und wie schmecken sie am besten? Die Antworten auf diese Fragen sowie Tipps zum Einkauf und zur Lagerung liefern die bESSERwisser.
Kleine Geschichte: Vom „Brot der Armen“ zur Winterdelikatesse
Der Name Maroni stammt aus dem italienischen „marrone“ für braun. Ursprünglich stammt die Ess- oder Edelkastanie aus Kleinasien, wurde bereits in der griechischen Antike angepflanzt und schließlich über den Kaukasus nach ganz Europa verbreitet. Früher wurden Maronen auch als „Brot der Armen“ bezeichnet, weil sie zu Mehl verarbeitet und daraus Brot gebacken wurde. Bis ins 20.Jahrhundert galten Esskastanien vor allem in Gebieten, wo kein Getreide angebaut wurde, als Hauptnahrungsmittel. Um ihre Haltbarkeit zu verlängern, wurden die Maronen teilweise durch Räuchern konserviert. Ab dem 18. Jahrhundert löste die Kartoffel die Esskastanie in Europa als Hauptnahrungsmittel nach und nach ab, und die essbaren Kastanien wurden seltener. Erst seit 1990 stieg die Nachfrage nach den Maronen wieder, und heute werden sie verstärkt in mediterranen, wärmeren Ländern kultiviert. China, Bolivien und die Türkei haben die größten Anbaugebiete, knapp gefolgt von Italien – dem Hauptlieferanten für Österreich. Auch bei uns werden Edelkastanien angebaut und sind vor allem im südlichen Burgenland sowie in Teilen der Steiermark zu finden. Im Jahr 2017 wurden weltweit insgesamt 2,3 Millionen Tonnen Esskastanien geerntet. [1]
Esskastanie: botanisch gesehen eine Nuss
Bei den essbaren Kastanien handelt es sich um Früchte der Ess- oder Edelkastanie (Castanea sativa), die botanisch gesehen zur Familie der Buchengewächse und somit zu den Nüssen zählt. Die stärkereichen Früchte des sommergrünen Baumes wachsen in einer stacheligen Fruchthülle, die zwischen ein und drei Esskastanien enthält. Nicht zu verwechseln ist diese mit der nicht essbaren Rosskastanie (Aesculus hippocastanum), die ähnlich aussieht. Die Erntezeit der essbaren Kastanien ist startet im Herbst und geht bis Dezember.
Bei der Esskastanie unterscheidet man zwischen Kastanien, Maronen und Dauermaronen, die sich in Geschmack und Form unterscheiden. Kastanien sind rund oder einseitig abgeflacht, dunkelbraun, und stark segmentiert. Maroni (Maronen) sind eine Weiterzüchtung der Esskastanie, sie sind weniger eingekerbt und insgesamt größer. Sie sind heller, schmecken süßlicher und intensiver. Die Form variiert von oval- bis herzförmig, und sie sind länger haltbar als Kastanien. Bleiben Maroni vor der Ernte länger am Baum, werden sie als Dauermaronen bezeichnet. Sie sind am längsten haltbar und werden im November per Hand gepflückt. [2]
Maroni: Gut und gesund
Maroni sind glutenfrei – also auch für Allergiker und Personen mit Nahrungsmittelallergien geeignet – und wirken basisch. Obwohl sie botanisch gesehen zu den Nüssen zählen, sind sie nicht so kalorienreich wie andere Nüsse. 100 Gramm Maroni enthalten dennoch rund 200 Kilokalorien, was bei einer 250 Gramm-Tüte, wie sie meist auf der Straße verkauft werden, schon einer kleinen Hauptmahlzeit entspricht.
Maroni bestehen etwa zu 48% aus Wasser, zu 40% aus Kohlenhydraten, zu 8% aus Ballaststoffen, zu 2% aus Eiweiß und nur zu 2% aus Fett. Die Nussfrüchte sind aber auch reich an gesunden Inhaltsstoffen wie Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen. In 100 Gramm getrockneten Maroni befinden sich 707 Milligramm Kalium – das deckt fast schon den täglichen Bedarf. Kalium fördert den Ausgleich zu Natrium und wirkt so leicht entwässernd. Die Vitamine B1, B2 und B6 sind wichtig für den Energiestoffwechsel, gut für die Nerven und fördern die Bildung von Serotonin. Außerdem enthalten Maroni Calcium, Magnesium, Phosphor, Schwefel, Eisen, Kupfer, Folsäure und das Provitamin A, Betacarotin. Die hohe Ballaststoffdichte sorgt für eine gesunde Verdauung. [3][4]
Eine italienische Studie aus dem Jahr 2018 zeigte, dass Lebensmittel, die mit Kastanienmehl angereichert sind, wie zum Beispiel glutenfreie Pasta, einen positiven Effekt auf die Gesundheit haben. Dies ist auf auf die darin enthaltenen Polyphenole zurückzuführen [5].
In einer koreanischen Studie aus dem Jahr 2011 wurde die positive Auswirkung von Ethanolextrakten der rohen Kastanie und Kastanienpulver auf Magenkrebs, Brustkrebs und Prostatakrebs getestet. Es zeigte sich, dass bei Magenkrebszellen nach der Gabe von Kastanienextrakten eine leichte Apoptose (Zelltod) ausgelöst wurde. Auch das Zellwachstum konnte eingeschränkt werden. Bei Brustkrebs und Prostatakrebs konnte man keine Veränderungen bei den Zellen messen. [6]
Vielseitige Verwendung
Maroni und Edelkastanien können nicht roh verzehrt werden, sie müssen gekocht, gedünstet oder gebraten werden. Nur so wird ihre Stärke aufgeschlossen, sodass die Früchte auch verdaulich werden. Das süße Aroma kommt erst durchs Erhitzen zustande, da die Stärke dabei in Zucker umgewandelt wird. Üblicherweise kommen die essbaren Kastanien bei 180 Grad für etwa 30 Minuten lang in den Backofen. Weicht man die Früchte vor dem Rösten für zehn Minuten in heißem Wasser ein, kann man sie leichter einritzen, und sie bleiben saftiger. Die Schale wird am besten kreuzweise eingeschnitten, damit sie sich später besser lösen kann und die Esskastanien im Backofen nicht „explodieren“. Beim Schälen sollte man die innere, braune Schale entfernen, da diese bitter schmeckt. [7]
Edelkastanien erfreuen sich nicht nur pur großer Beliebtheit, sie werden auch häufig als Zutat beim Kochen beigemengt. So etwa harmonieren Maroni bei einem klassischen Herbstgericht mit Rotkraut sehr gut. Sie eignen sich auch als wohlschmeckende Beilage zu Huhn, Truthahn, Kalb, Lamm oder Wild. Wer gerne vegetarisch isst, kann aus Esskastanien eine Fülle für Gemüse herstellen oder eine cremige Suppe zubereiten. Als Süßigkeit gibt es glasierte oder kandierte Maroni, Kastanienpüree, Kastaniencreme, Kastanienmus oder auch Kastanieneis. Aus dem leicht herb schmeckenden Kastanienmehl lassen sich köstliche Waffeln oder Palatschinken herstellen. Durch die komplexen Kohlenhydrate bleibt der Blutzuckerspiegel nach dem Genuss konstant, und die Sättigung hält länger an. [8]
Tipps beim Einkauf und Lagerung
Frische Edelkastanien erkennt man daran, dass sie sich fest und schwer anfühlen und glänzend aussehen. Wirkt die Schale matt und weist Wurmeinstichlöcher auf, sollte man die Früchte wegwerfen. Man kann den Frischegrad von Maroni testen, indem man sie in lauwarmes Wasser einlegt. Frische, gute Früchte sinken zu Boden, schwimmende sind ungenießbar. Der Gesetzgeber duldet 20 Prozent Schadanteil, allerdings haben Stichprobentests ergeben, dass oft weit mehr ungenießbare Esskastanien in den Supermärkten aussortiert werden müssten. Der durchschnittliche Preis liegt bei etwa 9 Euro pro Kilogramm. [9]
Maroni sollten möglichst bald nach dem Kauf gegessen oder verarbeitet werden. Bei Raumtemperatur halten sich die Esskastanien etwa eine Woche, im Kühlschrank bis zu einem Monat. Will man Edelkastanien länger aufbewahren, kann man sie im Tiefkühler bis zu einem halben Jahr lagern. Dazu blanchiert man die kreuzweise eingeschnittenen Früchte etwa 15 Minuten in kochendem Wasser, entfernt die Schale und kann sie dann problemlos einfrieren. [10]
Fazit
Esskastanien sind eine köstliche und gesunde Abwechslung im Speiseplan. Sie lassen sich vielseitig zubereiten und punkten durch ihren leicht süßlichen Geschmack. Eine feste und glänzende Schale ohne Wurmstiche zeugt von einwandfreier Qualität.
Unsere Schlafqualität wird von vielen Faktoren beeinflusst, beispielweise vom Nährwert und den Nährstoffen unseres Essens. Auch die Uhrzeit des Verzehrs und die Genetik spielen eine Rolle. Die bESSERwisser haben recherchiert.
Kalorienreiche Lebensmittel und Schlaf
Trotz bleierner Müdigkeit fällt manchen Menschen das Einschlafen schwer. Sie werden von Stress oder Sorgen geplagt, oft ist durch Schichtarbeit die innere Uhr aus dem Gleichgewicht geraten, oder Schmerzen sind der Grund für Schlaflosigkeit. Aber auch die Ernährung spielt beim Einschlafen eine wichtige Rolle. Wissenschaftler konnten bereits einen Zusammenhang zwischen Ernährung und Schlaf nachweisen: Schlafstörungen führen dazu, dass sich die Betroffenen oft ungesünder ernähren − sie konsumieren öfters fett- und kohlenhydratreiches, hochkalorisches Essen − und häufiger fettleibig werden [1]. Umgekehrt zeigten bereits erste Studien, dass bestimmte Nährstoffe in unserem Essen unser Schlafverhalten beeinflussen [2]. Mit fettigem Essen vor dem Schlafengehen verhält es sich so, dass der Körper mit dem Zersetzen mächtig zu tun hat und ihn das hindert, sich auf das Einschlafen zu konzentrieren.
Milch und Datteln fürs Einschlafen
Milch ist ein traditionelles Hausmittel gegen Schlaflosigkeit. Was viele nicht wissen: Milch enthält das Schlafhormon Melatonin, das auch im menschlichen Körper bei Dunkelheit aus dem Neurotransmitter Serotonin produziert wird. Normalerweise hemmt Licht die Produktion des Hormons in der Zirbeldrüse (Epiphyse). Bei Dunkelheit wird die Hemmung aufgehoben und vermehrt Melatonin freigesetzt, was die Einschlafbereitschaft fördert [3]. Es gibt eine Studie, die sogar zeigt, dass Milch von Kühen, die in Dunkelheit gemolken wurden, zu einem besseren Schlaf führen kann, da sie mehr Melatonin enthält [4].
Der Frucht der echten Dattelpalme (Phoenix dactylifera) wird eine weitreichende gesundheitsfördernde Wirkung nachgesagt. Beispielweise sind Datteln − auch noch als getrocknete Früchte − sehr reich an Vitamin A und B-Vitaminen. Ihre Ballaststoffe tragen darüber hinaus zu einer guten Verdauung bei. Auch wenn sie sehr viel Zucker enthalten, werden Datteln in arabischen Ländern gerne vor dem Zubettgehen verzehrt, denn sie sollen den Schlaf fördern. Das ist vermutlich auf die in ihnen enthaltene Aminosäure Tryptophan zurückzuführen, aus der im Körper Melatonin gebildet werden kann [5].
Vitamine, die den Schlaf fördern
B-Vitamine bewirken die Ausschüttung von Neurotransmittern, die an der Bildung des Schlafhormons Melatonin beteiligt sind. Daher kann eine ausreichende Versorgung mit Vitamin B möglicherweise zu einer verbesserten Schlafqualität beitragen. Beispielsweise deuten Studien darauf hin, dass Vitamin B1 depressive Verstimmungen hemmen und einen ruhigen Schlaf fördern kann [6,7].
Vitamin D kennt man als „Knochenvitamin“. Es handelt es sich dabei jedoch um kein klassisches Vitamin, denn es gleicht einem Hormon. Vitamin D kann nicht nur über die Nahrung aufgenommen werden, sondern auch durch Sonneneinstrahlung (UVB-Strahlen) im Körper entstehen. Dabei wird eine Vorstufe von Vitamin D, das Provitamin D3, in Prävitamin D3 umgewandelt. Dieses gelangt dann über den Blutkreislauf in Leber und Niere und wird zum biologisch aktiven Vitamin D (Calcitriol). D-Vitamine sind am Energiestoffwechsel des Körpers beteiligt und für die Immunabwehr nützlich. Eine unzureichende Versorgung mit Vitamin D kann die Ursache für einen gestörten Schlaf sein. Wie eine Studie belegt, geht ein niedriger Vitamin-D-Spiegel mit einem signifikant erhöhten Risiko für Schlafstörungen einher [8].
Spurenelemente für erholsameren Schlaf
Man kennt Magnesium vom Sport: Nach starker körperlicher Betätigung hilft es, Muskelkater vorzubeugen, denn es bewirkt eine Entspannung der Muskeln. Das kann auch beim Einschlafen helfen. Eine Studie zeigte, dass bei älteren Patienten die Ergänzung der Nahrung mit Magnesium über mehrere Wochen zur subjektiven Empfindung eines erholsameren Schlafes führte [9]. Auch Zink trägt zum erholsamen Schlaft bei. Forschungsergebnisse zeigen, dass höhere Zinkwerte mit einer besseren Schlafqualität und auch Schlafdauer einhergehen [10].
Schlaflosigkeit im Alter
Viele ältere Menschen leiden unter Schlafproblemen. Eine aktuelle Studie untersuchte den Einfluss der Ernährung auf das Schlafverhalten von Senioren. 1600 Griechen im Alter von mindestens 65 Jahren ernährten sich für einen bestimmten Zeitraum von Mittelmeerkost, also von pflanzlichen Lebensmitteln wie Obst, Gemüse und Olivenöl, sowie Fisch und in Maßen auch Milch und Fleisch. Mittels Fragebögen wurden Daten zur Dauer und Qualität des Schlafes abgefragt. Es zeigte sich, dass Senioren, die sich mediterran ernährten, eine bessere Schlafqualität hatten. Auch wenn diese Beobachtungsstudie keine kausalen Zusammenhänge feststellen kann, so lässt sich zumindest vermuten, dass die antioxidativen und entzündungshemmenden Eigenschaften sowie der hohe Melatoningehalt von beispielweise Oliven oder Fisch den Schlaf von älteren Menschen positiv beeinflussen kann. [11]
Individuelle Schlafunterschiede
Natürlich trägt nicht nur die Ernährung dazu bei, dass Menschen besser oder schlechter schlafen. Auch die Genetik spielt hier eine Rolle. Tatsächlich hört man immer wieder, dass es Personen gibt, die immer gut schlafen und manche, die entweder immer sehr lange zum Einschlafen brauchen oder überhaupt an Schlafstörungen leiden. 2014 erforschte ein Wissenschaftlerteam das Gen des Dopamin-Transporters (DAT), der für die Signalübertragung des Glückshormons Dopamin im Gehirn verantwortlich ist und bei Menschen in unterschiedlichen Varianten vorliegt. Probanden der Studie mit einer Variante des Gens, die weniger Dopamintransporter erzeugt, wiesen nach einer Nacht ohne Schlaf ein höheres Schlafbedürfnis auf als Versuchspersonen, die durch eine andere Variante mehr DAT-Proteine ausbilden. [12] Mehr zum Thema Genetik und Schlaf ist hier nachzulesen.
Fazit
Es gibt einige Faktoren, die das Einschlafen, aber auch die Schlafqualität beeinflussen. Genannte Studien zeigen, dass die Ernährung hier durchaus eine Rolle spielen kann. Hormone wie Melatonin oder Dopamin sowie Vitamine und Ballaststoffe in bestimmten Nahrungsmitteln können guten Schlaf fördern. Mit spätem oder kalorienreichem Essen erlegen wir dem Körper einiges auf. Er muss arbeiten, um die kalorienreichen Bestandteile zu verdauen, was das Einschlafen erschwert. Dennoch gibt es aufgrund unserer unterschiedlichen genetischen Ausstattung auch Menschen, die nach Mitternacht noch 350 Gramm Ofenkäse verspeisen und trotzdem danach friedlich einschlafen können.
Haben Sie Ernährungstipps für besseren Schlaf? Welche Lebensgewohnheiten beeinflussen Ihre Schlafqualität? Teilen Sie mit uns Ihre Erfahrungen zu diesem Thema.
Referenzen:
[1] Morselli L, Leproult R, Balbo M, Spiegel K. Role of sleep duration in the regulation of glucose metabolism and appetite. Best Pract Res Clin Endocrinol Metab 2010;24: 687–702.
[2] Peuhkuri K, Sihvola N, Korpela R. Diet promotes sleep duration and quality. Nutr Res. 2012 May;32(5):309-19. doi: 10.1016/j.nutres.2012.03.009.
[3] S. J. Konturek, P. C. Konturek, T. Brzozowski, G. A. Bubenik: Role of melatonin in upper gastrointestinal tract. In: J. Physiol. Pharmacol. 58 Suppl 6, Dezember 2007, S. 23–52,
[4] Valtonen M, Niskanen L, Kangas AP, Koskinen T. Effect of melatonin-rich night-time milk on sleep and activity in elderly institutionalized subjects. Nord J Psychiatry. 2005;59(3):217-21
[6] L.J. Smidt, F.M. Cremin, L.E. Grivetti, A.J. Clifford, Influence of thiamin supplementation on the health and general well-being of an elderly Irish population with marginal thiamin deficiency, J. Gerontol. 46 (1991) M16–M22.
[7] Mikkelsen K, Stojanovska L, Prakash M, Apostolopoulos V. The effects of vitamin B on the immune/cytokine network and their involvement in depression. Maturitas. 2017 Feb;96:58-71. doi: 10.1016/j.maturitas.2016.11.012. Epub 2016 Nov 19.
[8] Tripkovic L., Lambert H., Hart K., Smith C.P., Bucca G., Penson S., Chope G., Hyppönen E., Berry J., Vieth R., Lanham-New S.Comparison of vitamin D2 and vitamin D3 supplementation in raising serum 25-hydroxyvitamin D status: a systematic review and meta-analysis. American Journal of Clinical Nutrition 2012; 95:1357-64
[9] Gao Q, Kou T, Zhuang B, Ren Y, Dong X, Wang Q. The Association between Vitamin D Deficiency and Sleep Disorders: A Systematic Review and Meta-Analysis. Nutrients. 2018;10(10):1395. Published 2018 Oct 1. doi:10.3390/nu10101395
[10] Abbasi B, Kimiagar M, Sadeghniiat K, Shirazi MM, Hedayati M, Rashidkhani B. The effect of magnesium supplementation on primary insomnia in elderly: A double-blind placebo-controlled clinical trial. J Res Med Sci. 2012 Dec;17(12):1161-9.
[11] Cherasse Y, Urade Y. Dietary Zinc Acts as a Sleep Modulator. Int J Mol Sci. 2017;18(11):2334. Published 2017 Nov 5. doi:10.3390/ijms18112334
Das Thema Ernährung ist gegenwärtig in unserer Gesellschaft „in aller Munde“. Es ist nahezu unmöglich, den Konsum, die Zubereitung und die Einnahme von Essen abgekoppelt von wissenschaftlichem Wissen und Ernährungsexpertise zu erleben und zu denken. Gleichzeitig gibt es kaum einen anderen Bereich, in dem Expertenwissen heterogener, widersprüchlicher und kurzlebiger ist und auch öffentlich so gesehen wird. Dieses Spannungsfeld wirft zentrale Fragen auf: Woher wissen wir, was wir essen sollen? Welche Werkzeuge stehen uns zur Verfügung, um Nahrung zu beurteilen? Und warum werden manche Empfehlungen beinahe unhinterfragt angenommen und andere heftig kritisiert oder zurückgewiesen? Die bESSERwisser haben dazu recherchiert.
Um sich den Zusammenhang zwischen Nahrung und Befinden zu erklären, griffen Menschen schon früher auf spezifisches Wissen und Ernährungsexpertise zurück. Die Inhalte und Methoden von Ernährungslehren waren in der Geschichte jedoch höchst unterschiedlich. Auch die Frage, wer dieses Wissen generiert und damit definiert, was „gut oder schlecht“ für uns ist, unterliegt einem Wandel. Der Wissenschaftshistoriker Steven Shapin beschreibt in diesem Zusammenhang die Entwicklung von Ernährungswissen in der abendländischen Geschichte [1].
Selbstwissen und Erfahrung
Die traditionelle Diätetik umfasste in der Antike die unterschiedlichen Maßnahmen einer ganzheitlichen Lebensweise, mit dem Zweck gesund zu bleiben. Das Werk, insbesonders die Viersäftelehre, des griechischen Arztes und Anatomen Galenus (129-199) war bis ins 17. Jh. maßgeblich für jedes medizinische Verständnis. Essen und Trinken wurden immer nur als Teil der „sechs nicht natürlichen Dinge“ gesehen: Licht und Luft (aer), Speise und Trank (cibus et potus), Arbeit und Ruhe (motus et quies), Schlaf und Wachen (somnus et vigilia), Absonderungen und Ausscheidungen (secreta et excreta) und Anregung des Gemüts (affectus animi).
Wie in den anderen Bereichen war auch bei der Ernährung das Maßhalten und Vermeiden von Extremen wesentlich. Die goldene Mitte galt als bester Weg zu einem gesunden und moralischen Selbst. Dabei wirkte sich die Ernährung nicht nur auf den Körper aus, sondern beeinflusste auch das Temperament, die Stimmung und den Charakter des Menschen. Die Qualitäten der Nahrung (heiß, kalt, feucht, trocken) sowie die Kräfte und Tugenden der verspeisten Tiere und Pflanzen wurden analog zu denselben Qualitäten, die im Körper und der Psyche angelegt sind, gesehen. Sie wurden in Hinsicht auf jene Qualitäten, die mit der Persönlichkeit, dem Zustand des Körpers und der Lebensphase korrespondierten, ausgewählt. Weine wurden beispielsweise dem Temperament und Alter der Person angepasst. Jüngere Personen sollten kühleren Wein trinken, da dieser besser ihrer wärmeren Konstitution entsprach, so war die Annahme. Somit waren diese analogen Schemata ein Mittel, um die am besten passende Nahrung für sich selbst auszuwählen, aber auch, um sich selbst oder andere zu charakterisieren (ein kalter Mensch, ein heißblütiger Mensch etc.).
Bei der Beurteilung von Essen lag der Fokus auf dem Selbstwissen. Ganz nach dem Motto: „Sei dein eigener Experte!“ wurde die Qualität von Essen aus der eigenen Erfahrung heraus bestimmt. Wurde ein Nahrungsmittel als wohlschmeckend kategorisiert, so war es auch „gut“ für den Essenden. Den Sinnen wurde ein hoher Stellenwert eingeräumt. Da die Sinne ein immer verfügbares Mittel sind, um Essen zu beurteilen, hatte jede Gruppe der Gesellschaft „Besitzrechte“ an der Diätetik – sie gehörte zum Alltagsleben.
Analyse und Auslagerung der Ernährungsexpertise
Ende des 18. Jahrhunderts verdrängte ein anderes Set an „Vokabeln“, nämlich jenes der Ernährungswissenschaften, das der Bevölkerung. Denn die Aufklärung markierte den Beginn einer (natur)wissenschaftlichen Betrachtungsweise von Ernährung und dem menschlichen Körper. Mit der Dominanz der Chemie in den Naturwissenschaften und dem damit verbundenen Fokus auf die stoffliche Zusammensetzung von Nahrung (Kohlenhydrate, Fette, Proteine, Vitamine und Mineralien) verschob sich die Art und Weise, wie Nahrung beurteilt wurde. So fiel die mechanische Vorstellung vom Mensch als Maschine zusammen mit dem chemischen Verständnis von Nahrungsmitteln, die sich aus einzelnen Bestandteilen zusammensetzen, spezifische Funktionen im Körper haben und diesen gleich einem Motor am Laufen halten. Das diätetische Anliegen ist nicht mehr nur Wohlbefinden, sondern die Frage, wie viel und welche Nahrung notwendig ist, um die körperlichen Prozesse in Gang zu halten. Als Maßzahl hierfür wurde die Kalorie eingeführt. Diese Erkenntnisse wurden auch politisch genutzt, um durch ausgeklügelte Kostsätze gesellschaftliche Konflikte um Nahrung zu entschärfen und die körperliche Reproduktion und Erhaltung der Arbeiterschaft zu gewährleisten.
Das Wissen um die Inhaltstoffe wurde zur neuen Bewertungsgrundlage. Die Ernährungsexpertise entzog sich dadurch aber mehr und mehr dem Individuum. So konnte in der diätetischen Lehre beispielsweise eine Gurke als feucht und kalt charakterisiert werden, Vitamine entzogen sich aber der direkten sinnlichen Analyse. Damit war ein Bezug der Qualitäten von Nahrung auf sich selbst eingeschränkt und Zuschreibungen von Qualitäten auf den Charakter werden heutzutage nur noch als Metapher verwendet (jemand ist kalt). Dies führte zu einer wachsenden Abhängig von externer Expertise (basierend auf chemischer Analyse)und staatlicher Autorität (z.B. in der Kennzeichnung).
Die Epoche der Reflexivität
Galten also jahrhundertelang Geschmack und Erfahrung als Zeichen für Qualität, wissen wir heute genau, woraus Essen besteht und glauben, dass Geschmack alleine kein vertrauenswürdiger Führer ist. Der Soziologe Jean-Claude Kaufmann beschreibt diese Entwicklung folgendermaßen: „Der heutige Mensch ist ein homo scientificus geworden, der sein eigenes Leben wie einen Versuchsgegenstand behandelt. Er isst nicht mehr so wie früher einfach das, was er schon immer gegessen hat. Er ist innovativ, und vor allem möchte er bis ins kleinste Detail wissen, was er da auf dem Teller hat. Er möchte nicht mehr dumm essen“ [2].
Durch eine Vervielfachung von Wahl- und Handlungsmöglichkeiten und einer damit einhergehenden Notwendigkeit sich festzulegen, basiert der gegenwärtige Geschmack stark auf individuellen Überzeugungen. Trotzdem – oder weil wir in unserer heutigen Gesellschaft immer mehr über unsere Essverhalten nachdenken – sehen wir uns aber gleichzeitig mit endlosen Widersprüchen konfrontiert. Dies trifft in einem besonders offensichtlichen Ausmaß auf das Feld der Ernährung zu. Um sich in diesem Stimmengewirr orientieren zu können, muss das Individuum vermehrt Überzeugungen und Glaubenssätze entwickeln, an die es sich halten bzw. an denen es sich festhalten kann. Dies passiert im Prozess der „narrativen Selbsterfindung“, also indem wir bestimmte Geschichten entwickeln und unsere Handlungen darauf aufbauen und rechtfertigen. Diese speisen sich laut Kaufmann aus unzähligen „Zauberformeln“ – individuellen Ideen und kleinen Ritualen, welche die Lebensmittelwahl steuern und nicht unbedingt widerspruchsfrei sein müssen: Ich esse kein Fett, nur Butter, die hausgemacht ist und die nur auf frisch gebratenem Fleisch, das ist okay! Daneben entstehen normative Klassifizierungen, die sich aus öffentlichen Diskursen speisen: Frisches Gemüse ist gut, Pommes sind schlecht!
Fazit
Abschließend kann gesagt werden, dass Essende heute weder von der einen wissenschaftlichen Theorie gelenkt werden, noch ihrem Körper und seinen Begierden völlig ausgeliefert sind. Vielmehr gelingt es ihnen, mit der Kunst des kleinen Arrangements diese unterschiedlichen und oft widersprüchlichen Informationen, Argumentationsregister, persönlichen Erfahrungen und Erinnerungen zu einem kohärenten Ganzen zusammenzubasteln.
Referenzen:
[1] Kaufmann, J.-C. (2006). Die Nahrungsmittel. Von der Ordnung zur Unordnung. In Kochende Leidenschaft. Soziologie vom Kochen und Essen (pp. 15-72). Konstanz: UVK.
Das Bewusstsein von Konsumenten für gesunde Ernährung hat im Laufe der letzten Jahrzehnte zugenommen. Im Zusammenhang damit setzt sich schön langsam ein neuer Trend durch: Menschen lassen ihre DNA analysieren, um Aufschluss über genetisch bedingte Verarbeitung von Nährstoffen zu erhalten. Gemeinsam mit anderen Lifestyle-Gentests ist die Personalisierte Ernährung im Kommen, Gene und Ernährung werden abgestimmt – die bESSERwisser haben dazu recherchiert.
Gene und Ernährung
Menschen können sich von Individuum zu Individuum stark darin unterscheiden, wie Nahrung von ihrem Körper aufgenommen und verwertet wird. So etwa kann die gleiche Kost bei einer Person zur Gewichtszunahme führen, während eine andere Person damit ihr Gewicht hält. Außerdem kann jemand, der sich hauptsächlich von Schnitzel und Pommes ernährt, durchaus einen niedrigeren BMI (Body Mass Index oder Körpermasseindex) aufweisen als jemand, der auf ausgewogene Kost achtet. Ebenso kann Kaffee bei verschiedenen Personen den Blutdruck völlig unterschiedlich beeinflussen. Somit funktioniert es nicht, eine Generalaussage über die Wirkung von Inhaltsstoffen von Nahrungsmitteln zu treffen. Zu einem gewissen Maß spielt hier unsere genetische Veranlagung eine wichtige Rolle, Wissenschaft aber auch kommerzielle Anbieter widmen sich in letzter Zeit verstärkt dieser Thematik.
Genanalysen von Anfang an?
In unserer Gesellschaft wird bereits früh versucht, das Bewusstsein für gesunde Ernährung zu schaffen. Schon unsere Kinder lernen die Ernährungspyramide [1] kennen und wissen, was gut und was schlecht für sie ist. Zahlreiche Programme unseres Gesundheitssystems setzen beim Thema Ernährung und Gesundheit früh an. Initiativen wie beispielsweise „Richtig Essen von Anfang an“ [2] vermitteln grundlegendes Wissen für Schwangere und Stillende zu ihrer Ernährung und der von Babys und Kleinkindern. Trotz solcher Maßnahmen ist Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen heute weit verbreitet. Übergewicht und Fettleibigkeit (Adipositas) können verschiedene Ursachen haben und entstehen durch ein komplexes Zusammenspiel genetischer, verhaltens- wie auch verhältnisbezogener Faktoren [3]. Als verhaltensbezogen bezeichnet man personenbezogene Faktoren, während die externen Faktoren im Lebensumfeld einer Person als verhältnisbezogen beschrieben werden.
Die gezielte Aufklärungsarbeit im Bildungsbereich bewirkt in vielen Fällen eine gewisse Sensibilität für gesunde Ernährung. Was jedoch kaum beachtet wird ist die Tatsache, dass auch genetische Einflüsse Auswirkungen darauf haben, wie die Nahrung von einem Individuum aufgenommen und verwertet wird. Projekte wie Food4Me [4] versuchen systematisch Daten zum Zusammenspiel von Genen und Ernährung zu sammeln. Immer mehr Menschen nehmen aber die Analysen auch selbst in die Hand: der Markt für genetische Tests aus dem Internet blüht [5], und hier gibt es auch ein großes Angebot an Ernährungs-Gentests. Einige dieser Gentests haben auch Kinder als Zielgruppe und untersuchen beispielsweise Gene für Fettleibigkeit [6,7].
Die Nutrigenomik
Der Forschungszweig der Nutrigenomik befasst sich mit dem Zusammenspiel von unseren Genen und Ernährung. Jeder von uns hat ein individuelles Genprofil, das mitbestimmt, welche Nahrungsmittel der Körper gut oder auch schlecht verarbeiten kann. Nicht nur die DNA ist relevant, auch die daraus entstehenden Proteine (Proteomics) und Stoffwechselprodukte (Metabolomics) finden hier Berücksichtigung. Die Nutrigenetik ist ein Teilbereich der Nutrigenomik und beschäftigt sich mit genetischen Abweichungen, die sich auf den Stoffwechsel und den Nährstoffbedarf auswirken. In der Nutri-Epigenetik wiederum wird die Regulation von ernährungsrelevanten Genen und die Wirkung von Ernährungsweisen auf die DNA und Genregulation untersucht [8].
Heute weiß man, dass je nach genetischer Ausstattung eines Menschen Nährstoffe unterschiedlich auf ihn wirken können. Obwohl wir Menschen genetisch zu 99,9 % ident sind, machen die restlichen 0,1% den Unterschied von Individuum zu Individuum aus [9]. Konkret können minimale Abweichungen in der Buchstabenreihenfolge der DNA – den Basen Adenin, Cytosin, Guanin, und Thymin – große Auswirkungen haben, denn sie sind die Bauanleitung für Eiweiße (Proteine). Proteine haben bei allen Vorgängen in unserem Körper wichtige Aufgaben, so auch bei der Aufnahme und Verwertung von Nahrung. Veränderungen in der DNA-Sequenz können somit zu Unterschieden bei der Nahrungsverwertung führen. Eine bestimmte Basenabfolge in der DNA kann etwa bewirken, dass Fruktosetransporter falsch gebaut werden und somit keine Fruktose mehr in die Zelle aufgenommen werden kann. Allerdings stellt eine Variantion der DNA-Basensequenz eine Mutationen dar, man spricht hier von einem sogenannten Polymorphismus. Polymorphismen sind Abweichungen der Basenabfolge der DNA, die in der Bevölkerung häufig vorkommen und bei denen oft nicht mehr definiert ist, was die „normale“ Variante ist. Molekularbiologen sprechen hier von einem häufigeren und einem weniger häufigen Allel (Ausprägungsform eines Gens).
Die Laktoseintoleranz – ein prominentes Beispiel der Nutrigenetik
Für Gene und Ernährung gibt es ein Beispiel, das wohl vielen bekannt ist: Die Verträglichkeit von Milchzucker – auch als Laktosetoleranz bekannt – hat sich in Europa nach jahrtausendelanger Milchviehzucht als genetische Variante durchgesetzt. Ihr verdanken wir es, dass hierzulande auch die meisten Erwachsenen Milchzucker (Laktose) verdauen können. Die Laktoseintoleranz ist eine Nahrungsmittelunverträglichkeit (also keine Allergie), die etwa 75 % der Weltbevölkerung betrifft [10].
Dass der Mensch im Erwachsenenalter keine Milch verträgt, ist also global gesehen der Normalfall. Die Österreicher haben, ähnlich wie andere Europäer, historisch bedingt eine um ein Vielfaches höhere Laktosetoleranz von etwa 80 %. [11,12]
Neugeborene besitzen die Fähigkeit, dank des Enzyms Laktase-Phlorizin-Hydrolase (LPH, Genname LCT) die in der Muttermilch vorhandene Laktose (Milchzucker) abzubauen. Die Fähigkeit, größere Mengen an Laktose aus Milchprodukten und Milch zu verarbeiten, bleibt aber nach dem Abstillen nicht unbedingt bei allen Menschen erhalten. Die resultierende primäre Laktoseintoleranz des Erwachsenen ist eine Nahrungsmittelunverträglichkeit, die mit unangenehmen Symptomen einhergeht. Verantwortlich dafür, ob man Milchzucker verarbeiten kann oder nicht, sind Polymorphismen im MCM6-Gen, das in der Nähe des LCT-Gens gelegen ist. Der Polymorphismus LCT-13910C>T (Cytosin/Thymin Variation) ist im Kontext der Laktosetoleranz besonders wichtig: Die genetische Variante ist über 90 % mit dem Auftreten der Laktosetoleranz assoziiert und für die europäische und amerikanische Form der Laktoseverträglichkeit verantwortlich. [13]
Als sekundäre Laktoseintoleranz bezeichnet man eine Milchzuckerunverträglichkeit, die als Folgeerscheinung einer anderen Erkrankung auftritt. Hierzu zählt beispielsweise die Zöliakie (Glutenunverträglichkeit). Bei dieser Erkrankung wird die Schleimhaut des Darms verändert und damit die Laktaseproduktion beeinträchtigt. [14]
Lifestyle-Gentests und medizinische Tests: Angebote und Grenzen
Generell kann man bei Gentests aus dem Internet zwischen medizinischen und nicht-medizinischen Tests unterscheiden. Medizinische Gentests sind all jene, bei denen der Gesetzgeber die Vorschreibungen des Tests durch einen Arzt vorsieht. Alle anderen – sogenannte Lifestyle-Gentests – dürfen auch von Heilpraktikern, Ernährungsberatern, Fitnesstrainern oder Privatpersonen bestellt werden. Der Test auf Laktoseintoleranz fällt in Deutschland, Österreich und der Schweiz unter die Regelung für medizinische Tests [15,16,17], da es sich zwar nicht klassischerweise um eine Erkrankung handelt, die Genanalyse aber einem medizinischen Zweck dient. Ähnliches gilt für Tests, die beispielweise das Diabetes- oder Bluthochdruckrisiko aufgrund genetischer Markergene bestimmen.
Die Bandbreite an Lifestyle-Tests, die man ohne ärztliche Beratung beziehen kann und die lediglich einer selbst abgenommenen Speichelprobe bedürfen, ist mittlerweile sehr groß. Neben ernährungsrelevanten Genen können auch Gene, die mit Abnehmen oder sportlicher Leistung assoziiert sind, analysiert werden. Der Kunde erhält nach der Auswertung ein genetisches Profil und einen an seine Gene angepassten Ernährungs-, Trainings- oder Abnehmplan. Ein solches Profil kann dabei helfen herauszufinden, wie der Körper beispielsweise Eisen, Vitamine oder Coenzyme verwertet und wieviel man demnach zu sich nehmen muss, um den Bedarf zu decken. Dabei wird oft auch für Kunden designtes Functional Food angeboten, um eine optimale „Gen-Diät“ zu gewährleisten.
Mit dem zunehmendem Angebot ist bei Lifestyle-Gentests die Grenze zum medizinischen Nutzen immer schwieriger zu ziehen. Schlussendlich wirken viele Interventionen, die nach „nicht-medizinischen“ Genanalysen erfolgen, in den medizinischen Bereich hinein. Dies ist also ein Prozess, der von Experten begleitet werden sollte.
Fazit
Der Einfluss der Gene darauf, wie der Mensch unterschiedlich Nahrungsmittel verwerten kann, ist schon länger bekannt. Heute werden Test und Ernährungspläne auf Basis genetischer Analysen als „Personalisierte Ernährung“ betitelt, sie sollen eine individuell gesündere Lebensweise fördern. Die erhöhte Nachfrage an genetischen Analysen wirft viele Fragen zur ethischen, gesellschaftlichen und rechtlichen Dimension, auch oder sogar im speziellen von „nicht-medizinischen“ Tests auf. Eine breite Diskussion über Lifestyle-Genanalysen sollte dazu führen, dass die Anbieter der Tests auch umfassendere Informationen zur Bedeutung der Ergebnisse für Konsumenten zur Verfügung stellen. Darüber hinaus kann eine gute naturwissenschaftliche Grundbildung (Scientific Literacy) und Know-how im Bereich der Genetik dazu beitragen, als Konsument oder Konsumentin den Wert solcher Tests adäquat einschätzen zu können – und zwar da, wo die gesetzliche Regelung medizinischer Tests endet und die Beratung durch einen Mediziner nicht mehr obligat ist.
[5] Centers for Disease Control and Prevention. Genomics and Health Impact Blog. Consumer Genetic Testing Is Booming: But What are the Benefits and Harms to Individuals and Populations? Abgerufen am 22.11.18
[8] Doreen Gille, Nutri-Epigenetik – Der Zusammenhang zwischen Ernährung und Genetik (2016) Schweizer Zeitschrift für Ernährungsmedizin. Abgerufen am 22.11.18
[9] National Human Genome Institute, FAQ Genetic and Genomic Science. Abgerufen am 07.11.18
[10] Silanikove N.,* Leitner G. und Merin U.: The Interrelationships between Lactose Intolerance and the Modern Dairy Industry: Global Perspectives in Evolutional and Historical Backgrounds (2015). Nutrients, Aug 31; 7(9): 7312–7331. doi: [10.3390/nu7095340]
[11] Verband der Diaetologen Österreichs, Milchzuckerunverträglichkeit. Abgerufen am 07.11.18
[12] Obermayer-Pietsch B. Osteoporose und Laktoseintoleranz (2008). Journal für Mineralstoffwechsel; 15 (1):22-25. Abegrufen am 07.11.18
[13] Daniel H., Klein U., Nutrigenetik: Genetische Varianz und Effekte der
Ernährung, In: D. Haller (Hrsg.), Biofunktionalität der Lebensmittelinhaltsstoffe,
DOI 10.1007/978-3-642-29374-0_2, Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013, Kapitel 2, Seite 9-10
[14] Mein Allergie Portal, Sekundäre Laktoseintoleranz – wann kann es dazu kommen? Abgerufen am 22.11.18
[15] Deutscher Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz; Gesetz über genetische Untersuchungen bei Menschen. Aberufen am 07.11.18
[16] Rechtsinformationssystem des Bundes Österreich, Bundesrecht konsolidiert: Gesamte Rechtsvorschrift für Gentechnikgesetz. Abgerufen am 07.11.2018
[17] Schweizer Eidgenossenschaft – Der Bundesrat, Bundesgesetz über genetische Untersuchungen beim Menschen. Abgerufen am 07.11.18
Das Bewusstsein von Konsumenten für gesunde Ernährung hat im Laufe der letzten Jahrzehnte zugenommen. Im Zusammenhang damit setzt sich schön langsam ein neuer Trend durch: immer mehr Menschen lassen ihre DNA analysieren, um Aufschluss über genetisch bedingte Verarbeitung von Nährstoffen zu erhalten. Gemeinsam mit anderen Lifestyle-Gentests ist die Personalisierte Ernährung im Kommen – die bESSERwisser haben dazu recherchiert.
Gene und Ernährung
Menschen können sich von Individuum zu Individuum stark darin unterscheiden, wie Nahrung von ihrem Körper aufgenommen und verwertet wird. So etwa kann die gleiche Kost bei einer Person zur Gewichtszunahme führen, während eine andere Person damit ihr Gewicht hält. Außerdem kann jemand, der sich hauptsächlich von Schnitzel und Pommes ernährt, durchaus einen niedrigeren BMI (Body Mass Index oder Körpermasseindex) aufweisen als jemand, der auf ausgewogene Kost achtet. Ebenso kann Kaffee bei verschiedenen Personen den Blutdruck völlig unterschiedlich beeinflussen. Somit funktioniert es nicht, eine Generalaussage über die Wirkung von Inhaltsstoffen von Nahrungsmitteln zu treffen. Zu einem gewissen Maß spielt hier unsere genetische Veranlagung eine wichtige Rolle, Wissenschaft aber auch kommerzielle Anbieter widmen sich in letzter Zeit verstärkt dieser Thematik.
Genanalysen von Anfang an?
In unserer Gesellschaft wird bereits früh versucht, das Bewusstsein für gesunde Ernährung zu schaffen. Schon unsere Kinder lernen die Ernährungspyramide [1] kennen und wissen, was gut und was schlecht für sie ist. Zahlreiche Programme unseres Gesundheitssystems setzen beim Thema Ernährung und Gesundheit früh an. Initiativen wie beispielsweise „Richtig Essen von Anfang an“ [2] vermitteln grundlegendes Wissen für Schwangere und Stillende zu ihrer Ernährung und der von Babys und Kleinkindern. Trotz solcher Maßnahmen ist Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen heute weit verbreitet. Übergewicht und Fettleibigkeit (Adipositas) können verschiedene Ursachen haben und entstehen durch ein komplexes Zusammenspiel genetischer, verhaltens- wie auch verhältnisbezogener Faktoren [3]. Als verhaltensbezogen bezeichnet man personenbezogene Faktoren, während die externen Faktoren im Lebensumfeld einer Person als verhältnisbezogen beschrieben werden.
Die gezielte Aufklärungsarbeit im Bildungsbereich bewirkt in vielen Fällen eine gewisse Sensibilität für gesunde Ernährung. Was jedoch kaum beachtet wird ist die Tatsache, dass auch genetische Einflüsse Auswirkungen darauf haben, wie die Nahrung von einem Individuum aufgenommen und verwertet wird. Projekte wie Food4Me [4] versuchen systematisch Daten zum Zusammenspiel von Genen und Ernährung zu sammeln. Immer mehr Menschen nehmen aber die Analysen auch selbst in die Hand: der Markt für genetische Tests aus dem Internet blüht [5], und hier gibt es auch ein großes Angebot an Ernährungs-Gentests. Einige dieser Gentests haben auch Kinder als Zielgruppe und untersuchen beispielsweise Gene für Fettleibigkeit [6,7].
Die Nutrigenomik
Der Forschungszweig der Nutrigenomik befasst sich mit dem Zusammenspiel von unseren Genen und der Ernährung. Jeder von uns hat ein individuelles Genprofil, das mitbestimmt, welche Nahrungsmittel der Körper gut oder auch schlecht verarbeiten kann. Nicht nur die DNA ist relevant, auch die daraus entstehenden Proteine (Proteomics) und Stoffwechselprodukte (Metabolomics) finden hier Berücksichtigung. Die Nutrigenetik ist ein Teilbereich der Nutrigenomik und beschäftigt sich mit genetischen Abweichungen, die sich auf den Stoffwechsel und den Nährstoffbedarf auswirken. In der Nutri-Epigenetik wiederum wird die Regulation von ernährungsrelevanten Genen und die Wirkung von Ernährungsweisen auf die DNA und Genregulation untersucht [8].
Heute weiß man, dass je nach genetischer Ausstattung eines Menschen Nährstoffe unterschiedlich auf ihn wirken können. Obwohl wir Menschen genetisch zu 99,9 % ident sind, machen die restlichen 0,1% den Unterschied von Individuum zu Individuum aus [9]. Konkret können minimale Abweichungen in der Buchstabenreihenfolge der DNA – den Basen Adenin, Cytosin, Guanin, und Thymin – große Auswirkungen haben, denn sie sind die Bauanleitung für Eiweiße (Proteine). Proteine haben bei allen Vorgängen in unserem Körper wichtige Aufgaben, so auch bei der Aufnahme und Verwertung von Nahrung. Veränderungen in der DNA-Sequenz können somit zu Unterschieden bei der Nahrungsverwertung führen. Eine bestimmte Basenabfolge in der DNA kann etwa bewirken, dass Fruktosetransporter falsch gebaut werden und somit keine Fruktose mehr in die Zelle aufgenommen werden kann. Allerdings stellt eine Variantion der DNA-Basensequenz eine Mutationen dar, man spricht hier von einem sogenannten Polymorphismus. Polymorphismen sind Abweichungen der Basenabfolge der DNA, die in der Bevölkerung häufig vorkommen und bei denen oft nicht mehr definiert ist, was die „normale“ Variante ist. Molekularbiologen sprechen hier von einem häufigeren und einem weniger häufigen Allel (Ausprägungsform eines Gens).
Die Laktoseintoleranz – ein prominentes Beispiel der Nutrigenetik
Die Verträglichkeit von Milchzucker – auch als Laktosetoleranz bekannt – hat sich in Europa nach jahrtausendelanger Milchviehzucht als genetische Variante durchgesetzt. Ihr verdanken wir es, dass hierzulande auch die meisten Erwachsenen Milchzucker (Laktose) verdauen können. Die Laktoseintoleranz ist eine Nahrungsmittelunverträglichkeit (also keine Allergie), die etwa 75 % der Weltbevölkerung betrifft [10].
Dass der Mensch im Erwachsenenalter keine Milch verträgt, ist also global gesehen der Normalfall. Die Österreicher haben, ähnlich wie andere Europäer, historisch bedingt eine um ein Vielfaches höhere Laktosetoleranz von etwa 80 %. [11,12]
Neugeborene besitzen die Fähigkeit, dank des Enzyms Laktase-Phlorizin-Hydrolase (LPH, Genname LCT) die in der Muttermilch vorhandene Laktose (Milchzucker) abzubauen. Die Fähigkeit, größere Mengen an Laktose aus Milchprodukten und Milch zu verarbeiten, bleibt aber nach dem Abstillen nicht unbedingt bei allen Menschen erhalten. Die resultierende primäre Laktoseintoleranz des Erwachsenen ist eine Nahrungsmittelunverträglichkeit, die mit unangenehmen Symptomen einhergeht. Verantwortlich dafür, ob man Milchzucker verarbeiten kann oder nicht, sind Polymorphismen im MCM6-Gen, das in der Nähe des LCT-Gens gelegen ist. Der Polymorphismus LCT-13910C>T (Cytosin/Thymin Variation) ist im Kontext der Laktosetoleranz besonders wichtig: Die genetische Variante ist über 90 % mit dem Auftreten der Laktosetoleranz assoziiert und für die europäische und amerikanische Form der Laktoseverträglichkeit verantwortlich. [13]
Als sekundäre Laktoseintoleranz bezeichnet man eine Milchzuckerunverträglichkeit, die als Folgeerscheinung einer anderen Erkrankung auftritt. Hierzu zählt beispielsweise die Zöliakie (Glutenunverträglichkeit). Bei dieser Erkrankung wird die Schleimhaut des Darms verändert und damit die Laktaseproduktion beeinträchtigt. [14]
Lifestyle-Gentests und medizinische Tests: Angebote und Grenzen
Generell kann man bei Gentests aus dem Internet zwischen medizinischen und nicht-medizinischen Tests unterscheiden. Medizinische Gentests sind all jene, bei denen der Gesetzgeber die Vorschreibungen des Tests durch einen Arzt vorsieht. Alle anderen – sogenannte Lifestyle-Gentests – dürfen auch von Heilpraktikern, Ernährungsberatern, Fitnesstrainern oder Privatpersonen bestellt werden. Der Test auf Laktoseintoleranz fällt in Deutschland, Österreich und der Schweiz unter die Regelung für medizinische Tests [15,16,17], da es sich zwar nicht klassischerweise um eine Erkrankung handelt, die Genanalyse aber einem medizinischen Zweck dient. Ähnliches gilt für Tests, die beispielweise das Diabetes- oder Bluthochdruckrisiko aufgrund genetischer Markergene bestimmen.
Die Bandbreite an Lifestyle-Tests, die man ohne ärztliche Beratung beziehen kann und die lediglich einer selbst abgenommenen Speichelprobe bedürfen, ist mittlerweile sehr groß. Neben ernährungsrelevanten Genen können auch Gene, die mit Abnehmen oder sportlicher Leistung assoziiert sind, analysiert werden. Der Kunde erhält nach der Auswertung ein genetisches Profil und einen an seine Gene angepassten Ernährungs-, Trainings- oder Abnehmplan. Ein solches Profil kann dabei helfen herauszufinden, wie der Körper beispielsweise Eisen, Vitamine oder Coenzyme verwertet und wieviel man demnach zu sich nehmen muss, um den Bedarf zu decken. Dabei wird oft auch für Kunden designtes Functional Food angeboten, um eine optimale „Gen-Diät“ zu gewährleisten.
Mit dem zunehmendem Angebot ist bei Lifestyle-Gentests die Grenze zum medizinischen Nutzen immer schwieriger zu ziehen. Schlussendlich wirken viele Interventionen, die nach „nicht-medizinischen“ Genanalysen erfolgen, in den medizinischen Bereich hinein. Dies ist also ein Prozess, der von Experten begleitet werden sollte.
Fazit
Der Einfluss der Gene darauf, wie der Mensch unterschiedlich Nahrungsmittel verwerten kann, ist schon länger bekannt. Heute werden Test und Ernährungspläne auf Basis genetischer Analysen als „Personalisierte Ernährung“ betitelt, sie sollen eine individuell gesündere Lebensweise fördern. Die erhöhte Nachfrage an genetischen Analysen wirft viele Fragen zur ethischen, gesellschaftlichen und rechtlichen Dimension, auch oder sogar im speziellen von „nicht-medizinischen“ Tests auf. Eine breite Diskussion über Lifestyle-Genanalysen sollte dazu führen, dass die Anbieter der Tests auch umfassendere Informationen zur Bedeutung der Ergebnisse für Konsumenten zur Verfügung stellen. Darüber hinaus kann eine gute naturwissenschaftliche Grundbildung (Scientific Literacy) und Know-how im Bereich der Genetik dazu beitragen, als Konsument oder Konsumentin den Wert solcher Tests adäquat einschätzen zu können – und zwar da, wo die gesetzliche Regelung medizinischer Tests endet und die Beratung durch einen Mediziner nicht mehr obligat ist.
[6] Caulfield, T., P. Borry, M. Toews, B.S. Elger, H.T. Greely und A. McGuire. Marginally scientific? Genetic testing of children and adolescents for lifestyle and health promotion (2015). Journal of Law and the Biosciences 2: 627–644.
[7] Segal, M.. Genetic Testing for Obesity: Implications and Challenges (2017). Current Obesity Reports 6: 93–100.
[13] Daniel H., Klein U., Nutrigenetik: Genetische Varianz und Effekte der
Ernährung, In: D. Haller (Hrsg.), Biofunktionalität der Lebensmittelinhaltsstoffe,
DOI 10.1007/978-3-642-29374-0_2, Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013, Kapitel 2, Seite 9-10
Fisch ist gesund und Bestandteil einer ausgewogenen Ernährung. Laut Experten bildet der wöchentliche Verzehr von mindestens zwei Portionen Fisch die Grundlage für Gesundheit und Wohlbefinden. Doch wie in vielen anderen Ländern, liegt auch in Österreich der tatsächliche Fischkonsum deutlich unter dieser Empfehlung. Aber was macht Fisch eigentlich so gesund? Die bESSERwisser haben Antworten auf diese und andere Fragen rund um das Thema Fisch gesucht.
Zahlen & Fakten zum Fischkonsum
Fisch nimmt in den Lehrbüchern heimischer Bildungsstätten in der „Österreichischen Ernährungspyramide“ schon lange einen wichtigen Platz ein. In der Empfehlung der Nationalen Ernährungskommission in Österreich wird der Verzehr von mindestens zwei Portionen Fisch (zu je 150 g) pro Woche empfohlen, ein Wert, zu dem auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung rät [1][2][3].
Doch der Österreichische Ernährungsbericht 2017 spricht eine eindeutige Sprache: Alle Gruppen der Bevölkerung liegen bei der tatsächlichen Verzehrsmenge an Fisch weit unter dem empfohlenen Mindestkonsum. Österreicher essen im Schnitt nur zwischen 80 und 130 g Fisch pro Woche und verfehlen den Rat der Ernährungsexperten somit ganz eindeutig [4].
Fisch ist nicht gleich Fisch
Fisch zeichnet sich durch seine Vielfalt aus und bereichert alleine dadurch schon unseren Speiseplan. Je nach Art und Aufzucht enthält er wichtige Nährstoffe in unterschiedlichen Mengen. Insgesamt wird bei Fisch zwischen fettreichem Seefisch, Magerfisch und mittelfettem Fisch unterschieden.
· Zu den fettreichen Seefischen zählen etwa Meeresfische wie Lachs, Hering, Makrele oder Thunfisch. Obwohl diese Fische alle einen hohen Fettgehalt von bis zu 25 Prozent aufweisen und somit viele Kalorien enthalten, gelten sie als sehr gesund. Und das hat einen einfachen Grund: Der Anteil an mehrfach ungesättigten Omega-3-Fettsäuren, den „guten“ Fetten, ist überdurchschnittlich hoch.
· Magerfische enthalten hingegen wesentlich weniger Fett, nämlich nur maximal zwei Prozent und sind deshalb für kalorienarme Ernährung geeignet. Anstatt mit vielen gesunden Fettsäuren punkten Seelachs, Kabeljau, Scholle und Co daher vor allem mit ihrem niedrigen Fettgehalt.
· In Österreich heimische Kaltwasserfische wie Karpfen, Forelle und Saibling zählen übrigens mit zwei bis zehn Prozent Fett zu den mittelfetten Fischen und stellen damit eine weitere Alternative beim Fischkonsum dar. [5][6]
Die „guten“ Fette im Fisch
Omega-3-Fettsäuren gelten landläufig als gesund. Der Name dieser Gruppe an Fettsäuren hat mit dem chemischen Aufbau zu tun. Eine Fettsäure per se ist eine Verbindung von Kohlenwasserstoffen, die an einem Ende der Kette eine Carboxylgruppe – eine bestimmte chemische Verbindung aus einem Kohlenstoffatom, zwei Sauerstoffatomen und einem Wasserstoffatom, abgekürzt „COOH“ – trägt. Die Länge der Kohlenstoffkette ist je nach Fettsäure verschieden lang und enthält eine unterschiedliche Anzahl an Doppelbindungen zwischen den Kohlenstoff-Atomen. Die C-Atome einer Fettsäure werden in der chemischen Nomenklatur nummeriert und zwar beginnend vom Ende, also dem Omega (ω), relativ zur Carboxylgruppe. Das erste C-Atom liegt also dem COOH gegenüber. Das Besondere einer Omega-3-Fettsäure ist, dass es zwischen dem dritten und vierten C-Atom der Kette eine Doppelbindung gibt, also am ω-3 – und das gibt dieser Art von Fettsäuren ihren Namen. [7] Von diesen ω-3-Fettsäuren gibt es viele verschiedene Vertreter, ein Beispiel dafür ist die Linolensäure.
Quelle: Open Science – Lebenswissenschaften im Dialog
Fisch ist gesund für Körper und Geist
Im Fett der Fische ist ein überdurchschnittlich hoher Anteil an Omega-3-Fettsäuren zu finden. Bereits aus Beobachtungen in den 1970er-Jahren ging hervor, dass Völker, die viel fetten Fisch wie Lachs oder auch Meeressäuger wie Wale essen, ein sehr geringes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen aufweisen [7]. Diese fettreichen Meerestiere weisen beide einen besonders hohen Gehalt an gesunden Fetten auf. In den letzten Jahrzehnten konnten auch zahlreiche Studien zeigen, dass Omega-3-Fettsäure-reiche Nahrung das Herzinfarktrisiko reduziert und koronarer Herzkrankheit vorbeugt. Wie diese gesunden Fette genau auf den Körper wirken, ist allerdings nicht endgültig geklärt. Physiologisch gesehen können sie in erster Linie den Blutdruck und die Herzfrequenz senken und Ablagerungen in Venen und Arterien vermindern [5][7].
Auch weitere positive Wirkungen werden dem Fischverzehr zugeschrieben: So soll das Nahrungsmittel eventuell sogar die geistige Leistung verbessern und Erkrankungen wie Rheuma entgegenwirken.
Ein zu hoher Fleischkonsum wird heute mit einem gesteigerten Risiko für Darmkrebs in Verbindung gebracht [8]. Im Gegensatz dazu deuten manche wissenschaftliche Studien darauf hin, dass Fisch die Wahrscheinlichkeit, an dieser Krebsform zu erkranken, sogar senkt [5].
Die Mischung macht’s
Unabhängig davon, welchen Fisch wir essen: Er bietet eine wichtige Quelle für hochwertiges Eiweiß und weitere Nährstoffe, die in dieser Kombination in kaum einem anderen Nahrungsmittel vorkommen. Marine Lebewesen liefern allgemein zahlreiche Mineralstoffe und Spurenelemente wie Kalzium, Kalium und Phosphor, die essenziell für unsere Gesundheit sind [5]. Alaska-Seelachs enthält beispielsweise große Mengen an Kalium, das die Funktion unserer Nervenbahnen unterstützt und eine zentrale Rolle im Wasserhaushalt unseres Körpers spielt [6].
Vor allem im Meer lebende Fische sind außerdem ein wichtiger Lieferant an Jod, das eine zentrale Aufgabe für eine intakte Schilddrüse erfüllt und für den Hormonhaushalt essenziell ist. Ein Erwachsener kann die empfohlene Tagesmenge (200 Mikrogramm) davon beispielsweise mit nur 100 Gramm Seelachs abdecken. Auch das Halbmetall Selen, das für unser Immunsystem unerlässlich ist, nehmen wir beim Verzehr von Fisch zu uns. [5][6]
Vor allem fettreicher Seefisch enthält außerdem hohe Konzentrationen an Vitaminen [5]. Doch auch in manchen weniger fetten Fischen, wie beispielsweise der in Österreich heimischen Forelle, sind hohe Konzentrationen bestimmter Vitamine zu finden. So enthalten bereits 100 Gramm dieses schmackhaften Fisches die empfohlene Tagesmenge der Vitaminen B12 und D [6]. Vitamin B12 unterstützt die Blutbildung und hilft beim Abbau bestimmter Fettsäuren, während Vitamin D für den Knochenstoffwechsel unentbehrlich ist [5].
Hätten Sie’s gewusst? Der in den letzten Jahrzehnten in Verruf geratene Dosenfisch enthält oft besonders viel Kalzium. Das liegt daran, dass die Gräten durch die Zubereitung aufgeweicht und so vom Konsumenten mitgegessen werden [5].
Die Kunst der richtigen Zubereitung
Fisch hat noch einen weiteren Vorteil: Im Wasser lebende Organismen brauchen im Gegensatz zu anderen Tieren wesentlich weniger Muskeln, da der Auftrieb den Großteil ihres Körpergewichts trägt. Weniger Muskeln heißt folglich auch weniger Bindegewebe- und das macht den Fisch leichter verdaulich [5]. Das bringt aber ebenfalls Schwierigkeiten mit sich: Wird Fisch nicht richtig zubereitet – also übergart –, gleiten die einzelnen Muskelsegmente des Fischfleisches voneinander ab, da sie nicht durch Bindegewebe zusammengehalten werden [9].
Für die Zubereitung von Fisch eignet sich daher besonders das vorsichtige Erhitzen in einem heißen, aber nicht kochenden Sud, der höchstens 70 Grad Celsius haben darf. Dabei ändert sich die Struktur der Proteine so, dass die einzelnen Fäden benachbarter Proteine Zeit haben, sich ineinander zu verhaken. Stoppt man den Garprozess dann rechtzeitig, bleibt der Fisch saftig und zart, die einzelnen Segmente fallen aber nicht auseinander.
Bei dieser Zubereitungsart wandern außerdem die Geschmacksstoffe der beigefügten Gewürze und Kräuter durch Osmose aus dem Sud in den Fisch: Die Konzentration gelöster Moleküle auf beiden Seiten gleicht sich durch eine halbdurchlässige Membran in dem Fall die Haut des Fisches mit der Zeit aus [10].
Fazit
Mit seiner Kombination von guten Fetten, Vitaminen und anderen essenziellen Nährstoffen stellt Fisch eine gesunde Ergänzung oder auch Alternative zu Fleisch dar. Daher empfehlen Ernährungsexperten schon lange, auch in Österreich mehr Fisch auf den Speiseplan zu bringen. Denn zahlreiche Studien belegen mittlerweile, dass Fischkonsum positive Auswirkungen auf unseren Körper haben und Volkskrankheiten unserer Zeit wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorbeugen kann. Durch seine Vielfalt kann Fisch zusätzlich dazu beitragen, unsere Ernährung abwechslungsreicher zu gestalten.
Wie man weiß, isst das Auge mit. Gerichte oder Lebensmittel, die durch eine schöne Farbe bestechen, schmecken uns oft besonders gut. Mit der Farbe hilft man in der Küche gerne auch mal nach, was aber keine moderne Erscheinung ist, sondern schon seit Jahrhunderten so praktiziert wird.
Doch wie kommen Farben in unseren Lebensmitteln zustande? Welche natürlichen Farbstoffe können wir zum Färben unserer Gerichte verwenden und wie war das früher?
Möchte man natürliche Farbstoffe in der Küche einsetzen, kann es nicht schaden, etwas über die Chemie und Physik von Farben und deren Wahrnehmung sowie die Färbehistorie in der Küche zu wissen.
Chemie und Physik von natürlichen Farbstoffen
Für die Grundlagen der Farbwahrnehmung, begeben wir uns auf eine Reise in die Welt der Atome und Elektronen. In der Atomhülle wird beim Übergang eines Elektrons von einem Energieniveau zum anderen ein Lichtteilchen, ein sogenanntes Photon, abgestrahlt (emittiert). Dieses Teilchen ist gleichzeitig auch eine Lichtwelle, es hat also eine bestimmte Wellenlänge und Frequenz. Sichtbares farbiges Licht besteht aus einem regenbogenfarbenen Spektrum dieser Photonen und entsteht in der äußeren Atomhülle. Dort sind die Wellenlängen der emittierten Lichtwellen genau so lang, dass die Rezeptoren in unseren Augen sie wahrnehmen können. Was das für unsere Farbwahrnehmung bedeutet, soll hier am Beispiel roter Tomaten und oranger Karotten veranschaulicht werden. Die Farbstoffe, die in diesen Gemüsearten enthalten sind – Lycopine in Tomaten und Carotinoide in Karotten – weisen in ihrer chemischen Struktur viele konjugierte Doppelbindungen auf, das heisst, die Kohlenstoff-Doppelbindungen sind durch Kohlenstoff-Einzelbindungen voneinander getrennt. Dabei sind die Elektronen nicht fest gebunden und können sich so frei über das gesamte Molekül bewegen. Die vielen freien Elektronen absorbieren viele Lichtwellen mit unterschiedlichen Wellenlängen – all diese Lichtwellen fehlen bei der Wahrnehmung unserem Auge. Mit der Anordnung ihrer Elektronen absorbieren Carotin oder Lycopin also alle Farben des weißen Sonnenlichts, bis auf für uns sichtbares Orange bzw. Rot. Das gilt übrigens auch für das Grün des Chlorophylls von Blattspinat und andere Pflanzenfarbstoffe. [1,2]
Farbgeber in der Küche von heute: Safran, Dotter und Kurkuma
Viele Naturfarbstoffe können ihre Farbe abgeben und man nutzt sie, um Lebensmittel zu färben. Es gibt Farbstoffe in Pflanzen, die stärker und nachhaltiger färben als andere. Das hat vor allem mit ihrer Löslichkeit und Hitzestabilität zu tun.
Carotinoide für Gelb-Orange
„Safran mach den Kuchen gel“, kennt man aus dem Liedtext von „Backe, backe Kuchen“ – „gel“ ist mittelhochdeutsch und bedeutet gelb [3]. Das teure Gewürz Safran enthält Carotinoide, vor allem Crocin, die dafür verantwortlich sind, dass mit Safran gewürzte Gerichte intensiv goldgelb gefärbt sind [4]. In Karotten ist das Carotinoid beta-Carotin (Provitamin A) für die gelborange Farbe verantwortlich. Carotinoide sind dafür bekannt, dass sie kaum wasser-, dafür aber gut fettlöslich sind. Außerdem bilden sie, wenn sie sich in Retinol (ebenfalls ein Vitamin A) spalten, sogenannte freie Radikale und können sich mit ihren freien Elektronen an andere Strukturen binden und Reaktionen eingehen. Carotinoide sind zudem sehr hitzestabil. Diese Eigenschaften machen sie zu beliebten natürlichen Farbstoffen. Übrigens färben Carotinoide nicht nur Safran und Karotten, sondern auch Dotter gelb. Hühner nehmen Carotinoide über das Futter auf und der Dotter färbt sich daher gelborange.[1] Das wird in der Lebensmittelindustrie ausgenutzt, also aufgepasst: nur weil ein Ei einen schönen gelborangen Dotter hat, ist es noch lange nicht von einem „glücklichen“ Huhn.
Ein bleibender Eindruck: Kurkumin für ein sattes Gelb
Wer schon einmal Kurkuma verwendet hat und es später vom Schneidbrett oder den Händen waschen wollte weiß, wie stark manche Pflanzenfarbstoffe färben. Kurkumin findet sich im Rhizom der Pflanze Kurkuma – man kennt es vor allem von Currymischungen, welchen es ihre gelbe Farbe verleiht. Ebenso findet Kurkumin Verwendung als Lebensmittelzusatzstoff E 100 zur Färbung von Nahrungsmitteln wie beispielweise Margarine, Marmelade oder Senf. Kurkumin ist sehr lichtempfindlich und wird von Laugen destabilisiert, ist aber relativ hitze- und säurestabil, wodurch es seine Farbkraft behält. [5]
Auch früher beliebt: Das Färben von Speisen
Farbenfrohe Gerichte waren schon immer beliebt, in manchen Epochen war die bunte und opulente Darstellung der Speisen besonders wichtig. Dementsprechend sind in barocken Rezeptsammlungen häufig Färbeanweisungen zu finden. Eine kreativ ansprechende und bunte Tafelgestaltung war Statussymbol und optischer Genuss zugleich; und so kamen beispielweise mit Krebsschalen gefärbte Butter oder bunte Fruchtgelees zum Einsatz. Bei besonders wichtigen Ereignissen, wie etwa Hochzeiten oder dem Besuch hoher Gäste, wurde gerne noch eins draufgesetzt, und einzelne Pasteten oder Schautorten wurden vergoldet.
Besonders beliebt waren die Färbemethoden bei Süßspeisen, der Zucker an sich galt zu barocker Zeit als Luxusgut – die Verarbeitung war recht aufwändig und das importierte Rohprodukt sehr teuer. Damals fand speziell geläuterter Zucker oft Verwendung, da sich dieser gut einfärben lässt.
Im Barock war die essbare Farbpallette überschaubar. Die Farben für Süßspeisen und Saucen kamen neben Obst (z.B. wurde Marzipan mit Weichselmus lila-bläulich gefärbt) und Schokolade (die klein geraspelt unter Teig gemischt wurde) vor allem von Pflanzen (wie Rosen, Safran, Spinat). Bei manchen Farbstoffen zweifelte man aber ihre Unbedenklichkeit an. So gibt etwa der Engländer John Murrell am Ende seines Werks rund um Zuckerwerk Auskunft darüber, dass Schüttgelb (aus Wege- bzw. Kreuzdorn hergestellt, teilweise auch mit Alaun bzw. Kaliumaluminiumsulfat versetzt) oder Smalte (Pulver aus mit Kobalt gefärbtem Glas) – beide auch in der Malerei verwendet – zwar zum Verzieren verwendet werden können, aber besser nicht gegessen werden sollten. Gummigutt, ein asiatisches Gummiharz, bewirkt nicht nur eine leuchtend gelbe Farbe, sondern hat ebenso eine stark abführende Wirkung, was die Zuckerbäcker des 18. Jahrhunderts aber nicht davon abgehalten hat, es großzügig in ihren Kreationen zu verwenden. Eine bedeutend toxischere Wirkung wurde durch die Verarbeitung von säurehaltigen Früchten in unverzinnten Kupferschüsseln zur Verstärkung ihrer grünen Farbe hervorgerufen. [6,7]
Tragant – Stabilisator in der Küche von damals und heute
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Das Färben von Süßspeisen war im Barock unweigerlich mit der Konstruktion der außergewöhnlichsten Zuckerskulpturen – meist als zentrales Prunkstück auf einer großen Tafel – verbunden. Mehrfärbige Schautorten oder ein Zuckerberg inklusive essbarer Vegetation sowie Zucker-Tierfiguren und Gelee-Flüsse (siehe Abbildung) wurden aus gefärbtem Zucker- oder Mandelteig hergestellt. Stabilität erzielte man beim Zuckerteig, der vom barocken Koch und Kochbuchautor Conrad Hagger auch Pußlteig [8] genannt wird, mit Hilfe des pflanzlichen Bindemittels Tragant, das aus der gleichnamigen krautartigen Pflanze gewonnen wird. Tragant besteht aus Mehrfachzuckern (Polysacchariden), Makromolekülen aus Zuckern und Eiweißen (Proteoglykanen) und Stärke, und wird in wässriger Lösung zu einer klebenden, gelartigen Masse [9]. Man findet heute noch Backrezepte, die dieses Bindemittel verwenden.
Tournesol, Lackmus und Bezette da tingere – Rot in vielen Varianten
In den barocken Rezepten ist oft von Tournesol oder Lackmus die Rede, die genaue Art ist meist nicht näher beschrieben. Dort heißt es an manchen Stellen lediglich „mache Rott mit einen farb“[10] oder „lege rothe Durnisol= Flecklein darzu / so werden sie roth“[11].
Rotvarianten waren bei der Färbetechnik von besonderer Bedeutung. Die verschiedensten Schattierungen, auch ins Blau-Violette, konnten mit Hilfe von Tournesol, Sandel- und Brasilholz sowie (ab dem späten 16. Jahrhundert) den aus Zentralamerika importierten Cochenilleschildläusen gewonnen werden. [7] Lange Zeit dachte man, dass es sich bei den getrockneten Läusen um Samen einer Pflanze handelt, da sie von deren Blättern gesammelt wurden. 1725 wurde erstmals argumentiert, dass der Farbstoff eigentlich aus dem Tierreich stammt. [12] Heute werden Cochenille hin und wieder in Apotheken zur natürlichen Färbung von Ostereiern angeboten. Im Mörser zerkleinert, kann das Pulver im Kochwasser gelöst werden und gibt ein kräftiges Purpur. Diesem Thema widmet sich auch der Hungry for Science Blogartikel zum Thema Ostereierfärben näher.
Rote Färbetücher
Vor allem in Rezepten aus dem deutschsprachigen Raum tauchen die Tournesolarten recht häufig auf. Sie werden aufgrund ihrer Verkaufs- bzw. Anwendungsweise auch Tournesol-Flecken oder Bezette/Pezette (italienisch für Stückchen/Fetzen) genannt. Meist gelangte der Farbstoff nämlich über die italienischen Handelspartner in Form von mit Tournesol bzw. Lackmus eingefärbter Stofffetzen zu uns. Um den Farbstoff daraus zu gewinnen, wurden diese dann in den flüssigen Komponenten der Speise mitgekocht, wodurch sich schlussendlich die Rotfärbung des Gerichts ergab. Laut Johann Krünitz (den Mitbegründer einer der umfangreichsten Enzyklopädien des deutschen Sprachraums), können dabei viele verschiedene Arten und Schattierungen unterschieden werden. Zum Kochen sind es vor allem die levantischen und venezianischen Färbeläppchen, aber auch portugiesische kleine, mit Cochinelle oder Scharlachbeeren gefärbte Baumwollkugeln. Aus Lackmus (Lacca coerulea) können ebenso auch bläuliche Schattierungen erzeugt werden. Diese Variante wurde in kleinen, länglichen bzw. viereckigen oder würfeligen und trockenen Fingerglied-großen Stücken verkauft und in vergangenen Jahrhunderten aus dem Saft des Sonnenblumen-Blaus gewonnen. Der pflanzliche Farbstoff hat allerdings nichts mit unserer gelben Sonnenblume zu tun, sondern stammt von der Krebsblume (in den zeitgenössischen Nachschlagewerken als Croton tinctorium bezeichnet; bot. Chrozophora tinctoria) [13,14,15].
Lackmus als pH-Indikator
Alternativ kann Lackmus aus Moos bzw. Flechten der Gattung Roccella gewonnen werden. Der dazugehörige purpurne Farbstoff trägt auch den Namen Orseille. Heute kennt man Lackmus noch immer als Säure-Basen-Indikator. Diese farbbeeinflussende Eigenschaft war auch den barocken Köchen vertraut, und so konnten die verschiedenen Farbvariationen von blau bis rot, beispielweise durch die Zugabe von Zitronensaft oder basischen Laugensalzen erzielt werden. Verwendet wurde Tournesol auch zum Rotfärben der Rinde einiger Käsesorten, zum Färben des blauen Zuckerpapiers oder zur Verbesserung der Farbe von Weinen. Ob die verwendeten Farbstoffe, die aus den Stoffstücken gelöst wurden, gesundheitsschädigende Auswirkungen hatten, dessen war man sich nicht sicher. Krünitz empfahl allerdings, auf den Verzehr derlei nachgefärbter Weine zu verzichten und gab auch gleich einen Tipp, wie darauf getestet werden kann: „Die Proben, den durch Tournesol gefärbten Wein zu entdecken, sind: durch ein feuerbeständiges Alkali wird solcher purpurblau, durch ein flüchtiges Laugen=Salz ganz blau, durch Kalk=Wasser und Bley=Zucker weißlich“ [12]. Die pH-Abhängigkeit von Tournesol oder Lackmus wurde später beim „Lackmustest“ ausgenutzt – übrigens heutzutage noch eine Metapher für einen Prüfstein bzw. eine Entscheidung mit urteilendem Charakter [16].
Fazit
Das Reich der Farben in der Küche ist vielfältig – nicht zuletzt, weil das Auge mitisst, haben Menschen schon immer gerne bunte Speisen verzehrt. In der Opulenz vergangener Epochen wurden oft Farbstoffe für die Färbung von Lebensmitteln eigesetzt, die man heute nur noch in der Malerei oder Materialchemie verwendet. Einige Evergreens wie Safran, Kurkuma oder Tomaten haben sich jedoch gehalten und werden immer noch gerne zum Färben von Speisen eingesetzt.
Verwenden Sie selbst auch ungewöhnliche Farbstoffe für Ihre Gerichte und Mehlspeisen? Oder haben Sie darüber in alten Kochbüchern gelesen? Dann kontaktieren Sie doch unsere Gastredakteurin Marlene Ernst vom Zentrum für Gastrosophie – Fachbereich Geschichte der Paris Lodron Universität Salzburg. Sie beschäftigt sich wissenschaftlich mit historischen Rezepten und freut sich über Ihre Beiträge! Marlene.Ernst@sbg.ac.at
Quellen
[1] Vilgis Thomas, Die Molekül-Küche, Physik und Chemie des feinen Geschmacks, Hirzel Verlag, 2013, 9. korr. Auflage, 53-55, ISBN 978-3-7776-2330-6