Insekten essen wird in unseren Breitengraden immer noch als Mutprobe angesehen. Damit stehen wir vergleichsweise alleine da: Weltweit nehmen etwa 2 Milliarden Menschen jeden Tag Insekten zu sich, und in etwa 80% aller Länder liegen sie regelmäßig auf dem Teller.[1]
Diese Ernährungsweise hat einige nicht zu übersehende Vorteile: Im Vergleich zur herkömmlichen Fleischproduktion ist der ökologische Einfluss verschwindend gering, und die Haltung der Tiere ist platzsparender und humaner. Vielerorts ist man deshalb überzeugt, dass die proteinreichen Insekten die Ernährung der Zukunft prägen werden. [2]
Insekten auf dem Speiseplan
Dieser Meinung ist auch Christoph Thomann, der Gründer des Vereins Speiseplan . Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Bewusstsein für die alternative Diät in der österreichischen Bevölkerung zu steigern. Dazu veranstaltet er Kochkurse, ist auf Veranstaltungen mit Insektenburgern und Co. vertreten und hält Vorträge.
Die bESSERwisser hatten die Möglichkeit, an einer Insektenverkostung von Speiseplan teilzunehmen. Diese fand im wunderschönen Ambiente des Botanischen Gartens der Universität Wien statt und wurde von den Alumni der Biologie organisiert. Eröffnet wurde die Veranstaltung mit einer Lesung der Essays von Prof. Karl Burian, danach wurde zur Insektenverköstigung geladen – hier ein Erfahrungsbericht.
Insekten essen
Die Atmosphäre ist angenehm und locker, und die Räumlichkeiten bestechen durch kreative Details. Eine Spur von großen Plastikameisen zieht sich durch den Raum, und bunte Kunstspinnen sind, versteckt zwischen den Mineralwasserflaschen, am Getränketisch zu finden. Die Teilnehmer wirken durchwegs gespannt und voller Vorfreude, und die meisten Gespräche im Raum drehen sich um die bevorstehende Vorstellung der Kerbtiere.
Bevor für den zweiten Programmpunkt das vorbereitete Buffet eröffnet wird, erzählt Thomann ein wenig über seine Arbeit. Dann beantwortet er die meistgestellten Fragen, etwa wie die Tiere gehalten werden oder wie die Zubereitung funktioniert. Nach einer ausgiebigen Fragenrunde beginnt schließlich die Präsentation der ersten Speisen.
Anfängliche Skepsis
Bild: Open Science – Lebenswissenschaften im Dialog (cc/by-nc-sa)
Die neugierigen Anwesenden drängen sich um den langen Tisch, wo die Kostproben aufgereiht werden. Als Einstieg werden dünne Baguette-Scheiben mit Pesto in den Varianten Kürbiskern-Heimchen und Petersilie-Mehlwurm probiert– die Insekten wurden hierfür völlig zermahlen und können im Endprodukt nicht mehr erkannt werden. Nach kurzer Zeit werden gesalzene und geröstete Grillen durch die Runde gereicht, die von ersten Mutigen zögerlich angebissen werden. Nach den ersten positiven Bemerkungen und Ausrufen scheint das Eis gebrochen zu sein – jeder will den Snack probieren. Das Gedränge um den Tisch wird größer, und langsam wendet sich das Interesse zu den aufgestellten, angebratenen Insekten – Wanderheuschrecken, Heimchen, sowie Mehl- und Buffalo-Würmern. Mit kleinen Löffeln schaufeln die Verkoster diese auf ihre Handinnenflächen, nehmen einzelne Mehlwürmer zwischen die Finger und probieren sie. „Das würde ich als Snack im Kino essen.“, hört man. „Ich auch. Anstatt von Popcorn.“, kommt es als Antwort zurück.
Mutigere Verkoster
Open Science – Lebenswissenschaften im Dialog (cc/by-nc-sa)
Dann werden frisch angebratene Wüstenheuschrecken und Grillen in Honig-Bier-Sirup, aufgetürmt auf Zahnstochern, verkostet. Die begeisterten Teilnehmer zeigen sich plötzlich wieder zögerlicher – man sieht die Insekten vollständig, inklusive Flügeln, Fühlern und Beinen. Hier bietet sich ein homogenes Bild: Die Insekten werden zuerst aus allen Winkeln fotografiert, und erst nach dem Knipsen eines Social-Media-tauglichen Fotos erstmals angebissen. „Das schmeckt … lecker.“, fasste der erste Verkoster die Erfahrung zusammen. Die anfängliche Unsicherheit wird auch hier schnell zur Überzeugung.
Als kleiner Nachtisch liegen süße Müsliriegel mit Heimchenmehl bereit, in denen die Kerbtiere kaum schmeckbar sind. Vor dem Gehen gibt es noch einen Nachschub an frischem Baguette mit Pesto. Auch ein Flyer über die Kochkurse und Events von Speiseplan wird eingesteckt – vor allem die Insekten-Burger wären jetzt sehr interessant…
Das Fazit der bESSERwisser: Die Hemmschwelle, Insekten zu essen, ist durch die Verkostung merkbar gesunken. Die völlige Überzeugung, dass wir die Kerbtiere in unserem kulinarischen Alltag begrüßen werden, fehlt jedoch – aber wer weiß, wie sich das nach dem Probieren der Burger anhört…
Vielleicht haben Sie auch schon davon gelesen oder gehört: Die Erdbevölkerung wächst, und um ein Überleben der menschlichen Rasse auf diesem Planeten zu sichern, muss es ein generelles Umdenken bei der Ernährung geben. Experten raten dringend dazu, in Zukunft weniger Fleisch zu essen und stattdessen auf andere Proteinquellen wie beispielsweise Insekten umzusteigen. Nur so kann laut vielen Wissenschaftlern langfristig genug Nahrung für alle sichergestellt werden. Was ist wahr daran? Müssen bei den nächsten Generationen wirklich Würmer & Co auf den Teller? Die bESSERwisser haben nachgeforscht und berichten von den wissenschaftlichen Grundlagen dieser Thematik.
Weltbevölkerung – Daten und Fakten
Laut der Welternährungsorganisation (Food and Agriculture Organization of the United Nations, FAO) hat die Zahl der Weltbevölkerung einen Wert erreicht, bei dem es bei gleichbleibenden Ernährungsgewohnheiten zu erheblichen Nahrungsmittelengpässen kommen wird. Zum Jahreswechsel 2015/2016 gab es 7,39 Milliarden Menschen auf unserem Planeten [1]. Für das Jahr 2050 prognostiziert die UN eine Weltbevölkerung 9,7 Milliarden Menschen, und für das Jahr 2100 schon etwa 11,2 Milliarden Menschen [2].
Steigender Fleischkonsum
Die Menschheit wächst stetig, und sie isst heute so viel Fleisch wie nie zuvor. Das ist nicht nur in den Industrieländern, sondern auch in den Entwicklungsländern der Fall. Laut einem Bericht der FAO wurden im Jahr 2012 insgesamt 300 Millionen Tonnen Fleisch produziert – das entspricht einem weltweiten pro-Kopf-Konsum von 42,5 Kilogramm pro Jahr [3]. Trotz klarer Unterschiede zwischen Arm und Reich holen auch die ärmeren Länder hier rasch auf: In Entwicklungsländern lag der Fleischkonsum im Jahr 2006 noch bei 30,7 Kilogramm pro Jahr, 2012 waren es mit 32,7 Kilogramm bereits um 7 % mehr.
Fleischproduktion und Umweltzerstörung
Die Herstellung von Fleisch ist mit einem enormen Aufwand verbunden. Die Tiere müssen gezüchtet und untergebracht werden und benötigen große Mengen an Futtermitteln. Diese wiederum werden auf riesigen Ackerflächen angebaut und brauchen entsprechende Bewässerung. So erfordert beispielsweise die Herstellung eines einzigen Kilogramms Schweinefleisch etwa 10.000 Liter Wasser, für einen Kilogramm Rindfleisch werden sogar rund 15.000 Liter benötigt. Diese Daten klingen absurd, wenn man bedenkt, dass gleichzeitig 1,1 Milliarden Menschen auf der Erde keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben. Auch die CO2-Bilanz der Fleischproduktion sollte zu denken geben: So errechneten japanische Wissenschaftler, dass bei der Rinderhaltung von der Geburt bis zur Schlachtung eines Tieres Gase mit einer Treibhauswirkung von 36 Kilogramm Kohlendioxid freigesetzt werden. Das entspricht in etwa einer dreistündigen Autofahrt, während man zu Hause alle Lichter aufgedreht lässt [4].
Um genügend Weidefläche für die Viehzucht und Ackerfläche für die Futterproduktion zu haben, werden in manchen Ländern wie Argentinien oder Brasilien großflächig Wälder abgeholzt. Die ansässigen Kleinbauern müssen der Großproduktion weichen. Mittlerweile fällt fast ein Drittel der Agrarfläche unserer Erde der Futterproduktion zum Opfer. Da Futtermittel wie Soja aus diesen Ländern auch nach Europa exportiert wird, geht der Fleischkonsum der Europäer hiermit auch auf Kosten dieser Länder. Auch in den Industrieländern wird die Umwelt durch die Fleischproduktion in Mitleidenschaft gezogen: Pflanzenarten sterben aus, das Grundwasser wird mit Unkraut-, Dünge- und Insektenvernichtungsmitteln belastet, und Antibiotika kommen zum Einsatz. Fleischproduktion bedeutet somit auch Umweltzerstörung.
Alternativen zu Fleisch
Aus Gründen der ökologischen Notwendigkeit und zur Lösung des Welthungerproblems wird von Experten dringend eine drastische Verringerung des Fleischkonsums empfohlen. Das bringt die Suche nach alternativen Eiweiß-Quellen mit sich, denn etwa 15 Prozent unserer Nahrung sollten durch Eiweiß abgedeckt werden. Ein Erwachsener benötigt etwa 60 Gramm hochwertiges Eiweiß pro Tag. Heute gibt es bereits mehrere Möglichkeiten, um die Eiweiß-Lücke zu schließen.
Insekten
In manchen Teilen der Welt ist Entomophagie – der Verzehr von Insekten durch den Menschen – schon lange verbreitet. Bereits bei 2 Milliarden Menschen in Afrika, Asien und Lateinamerika stehen Insekten zumindest teilweise am Speiseplan. Bei uns löst oft allein die Vorstellung vom Verzehr von Heuschrecken, Fliegenlarven, Mehlwürmern oder Ähnlichem schon Ekelgefühle aus. Schön langsam jedoch findet auch hierzulande ein Umdenken statt. So werden in Österreich schon seit längerem Insektenkochkurse angeboten und auch von der Bevölkerung angenommen. Und die Heimzucht von Insekten wird bald einfacher: zwei Österreicherinnen haben mit der „Livin Farm“ eine Brutbox für den Eigenanbau von Mehlkäferlarven entwickelt, die es bald am Markt gibt. Insekten werden dabei mit Bioabfall gefüttert und wandeln diesen in hochwertiges Protein um. Auch EU-weit wird der systematisch Einsatz von Insekten als Proteinquelle gefördert: So wird etwa in dem Forschungsprojekt „Poteinsect“ der Einsatz von insektenbasierten Futtermittel untersucht. Auch als Futtermittel für die Tierhaltung werden heute teilweise schon Insekten verwendet.
Weltweit gibt es mindestens 1.400 essbare Insektenarten [5], teilweise ist gar von 1.900 die Rede [6]. Insekten enthalten hochwertiges Eiweiß und liefern außerdem ungesättigte Fettsäuren, Vitamine, Eisen, Magnesium, Zink, Kalzium, Kalium, Phosphor und viele andere Mineralstoffe und Spurenelemente. Im Vergleich zur Viehzucht verbraucht die Insektenzucht weit weniger an Futtermitteln. So ergeben zwei Kilo Futtermittel ein Kilogramm Insekten – im Vergleich dazu müssen bei Rindern acht Kilogramm Futtermasse für ein Kilogramm Körpermasse aufgebracht werden. Insekten können als Ganzes verzehrt werden, alternativ gibt es aber auch Mehl aus gemahlenen Insekten. Als beliebte Insekten gelten beispielsweise Käfer, Raupen, Grashüpfer und Ameisen.
Algen
Mikroalgen wie Chlorella oder Spirulina (Arthrospira) enthalten hochwertiges Eiweiß, mehrfach ungesättigte Fettsäuren und Farbpigmente. Sie zeichnen sich durch schnelles Wachstum und geringen Platzbedarf aus und machen bestehenden Landwirtschaftsflächen keine Konkurrenz. Algen sind als Ganzes und als Extrakt erhältlich und sind vor allem im asiatischen Raum beliebt. Auch bei uns halten sie langsam Einzug. Es gibt allerdings teilweise widersprüchliche Meinungen dazu, ob Algen toxische Stoffe beinhalten [7] oder nicht.
Kunstfleisch („Cultured meat“)
Zellen von Tieren können in vitro vermehrt werden. So gezüchteter Zellbrei konnte als „Fleisch“ geschmacklich zwar bereits überzeugen, ist aber aktuell viel zu teuer in der Herstellung und daher noch nicht am Markt verfügbar.
Hülsenfrüchte
Auch Erbsen, Linsen und Bohnen stellen hervorragende Eiweißlieferanten dar.
Ob sich Insekten, Algen oder ganz andere Alternativen für die Zukunft durchsetzen werden, bleibt offen. Eines ist auf alle Fälle sicher: gernerell weniger Fleisch zu essen und dafür qualitativ hochwertigere und teurere Erzeugnisse zu kaufen ist auch schon ein Schritt in die richtige Richtung. Gutes Gewissen inklusive.
Einen Erfahrungsbericht der bESSERwisser über eine Insektenverkostung finden Sie hier.
Referenzen
[1] Stiftung Weltbevölkerung, abgerufen am 1.1.2016
[2] Stiftung Weltbevölkerung: Korrekturen der Hochrechnungen aus dem Jahr 2013 (2015).
[7] Wagner KH and Siddiqui I.: Die toxischen Inhaltsstoffe der Mikroalge Scenedesmus obliquus (1973). The Science of Nature 60(2):109-110. DOI: 10.1007/BF00610423
Milch mit Honig ist ein altbekanntes Hausmittel zum Einschlafen. Die in der Milch enthaltene Aminosäure Tryptophan sowie der Zucker im Honig könnten das Geheimnis des Schlaftrunks sein. Die bESSERwisser haben die Datenlage zur Wirkungsweise von Milch mit Honig recherchiert.
Schlaf stellt einen wichtigen Teil unserer täglichen Routine dar und nimmt in etwa ein Drittel unseres Lebens ein: Jede Nacht schlafen wir mehrere Stunden lang, um am nächsten Morgen wieder fit in einen neuen Tag starten zu können. Guter Schlaf ist ebenso wichtig für unser Wohlbefinden wie Essen und Trinken. Doch Schlafen und im Speziellen Einschlafen kann auch eine Herausforderung sein: Rund 45% der Weltbevölkerung plagen sich mit Schlafstörungen. Dabei kann ein andauernd schlechter Schlaf zu gravierenderen Problemen als Augenringen führen und etwa das Risiko erhöhen, an Diabetes, Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Fettleibigkeit oder Depressionen zu erkranken [1].
Die Zentrale des Schlafs: das Gehirn
Die zentrale Schaltstelle für unseren Schlaf ist das Gehirn. Wie dieses unseren Schlaf-Wach-Zyklus genau steuert, ist noch nicht gänzlich geklärt. Man weiß aber bereits, dass daran mehrere wichtige Schaltkreise in unserem Gehirn beteiligt sind. So kontrollieren spezielle Nervenzellen im Thalamus, dem größten Teil des Zwischenhirns, sowohl das Einschlafen als auch das Aufwachen [2]. Auch ob wir schon frühmorgens topfit sind oder erst in den Abendstunden in Fahrt kommen, bestimmt unser Gehirn: In einer erbsengroßen Region des Zwischenhirns – dem so genannten suprachiasmatischen Kern – steuert unsere „innere Uhr“ den Biorhythmus. Die Hell-Dunkel-Phasen des Tagesablaufs, Klimafaktoren sowie gesellschaftliche Einflüsse sind von hier aus Taktgeber für viele Vorgänge in unserem Körper. So etwa werden mehrere Gene im Tag-Nacht-Rhythmus reguliert. Die Lehre des zeitlichen Rhythmus biologischer Prozesse wird als Chronobiologie bezeichnet (verlinken auf Artikel „Chronobiologie“ auf OSc-Website).
Melatonin – Schlafhormon und Wunderwaffe?
Unser Schlaf-Wach-Zyklus wird durch das Hormon Melatonin reguliert. Dieses wird bei Dunkelheit durch Impulse aus dem suprachiasmatischen Kern in der Zirbeldrüse im Zwischenhirn produziert und in den Blutkreislauf abgegeben [1], und erst genug Melatonin lässt uns einschlafen. Dem Schlafhormon werden neben seiner schlaffördernden Funktion auch andere Eigenschaften zugeschrieben: Melatonin wirkt Jetlag entgegen, ist ein Antioxidans, wirkt sich positiv auf unserer Immunsystem aus und ist entzündungshemmend [3]. Des Weiteren ist Melatonin auch als Anti-Tumor-Wirkstoff bekannt, und eine Vorstufe dieses Hormons soll den Alterungsprozess verlangsamen [4, 5]. Die durch Schlaf angekurbelte Melatonin-Produktion hat somit viele bekannte positive Wirkungen auf den Körper.
Müdemacher Tryptophan
Da Melatonin auch in Pflanzen, Insekten, Pilzen und sogar Bakterien vorkommt, kann es nicht nur vom Körper hergestellt, sondern auch über die Nahrung aufgenommen werden.
Für die körpereigene Produktion von Melatonin wird Tryptophan benötigt. Diese Aminosäure ist nicht nur am Aufbau von Eiweißen (Proteinen) beteiligt, sondern auch für eine Reihe lebensnotwendiger Prozesse wichtig – unter anderem die Synthese von Melatonin. Tryptophan stellt eine wichtige Vorstufe des Schlafhormons dar: In der Zirbeldrüse im Gehirn wird Tryptophan zunächst in das Glückshormon Serotonin umgewandelt, aus dem dann Melatonin entsteht. Daher ist Tryptophan wesentlich an der Regulierung des Schlaf-Wach-Rhythmus beteiligt [6]. Damit Tryptophan im Gehirn zur Bildung von Melatonin zur Verfügung steht, muss es zunächst einmal über die so genannte Blut-Hirn-Schranke dorthin gelangen. Ein erhöhter Blutzuckerspiegel begünstigt diesen Transport [7].
Da der Körper Tryptophan selbst nicht herstellen kann, muss diese Aminosäure über die Ernährung aufgenommen werden. Zahlreiche Studien belegen, dass die Einnahme von Tryptophan in Form von Nahrungsergänzungsmitteln oder tryptophanreicher Ernährung den Schlaf verbessert [8]. Auch durch Melatonin-reiche Ernährung konnte die Schlafqualität verbessert werden [9].
Milchproteine für guten Schlaf
Bei der schlaffördernden Wirkung bestimmter Nahrungsmittel kommen nun auch Milch und Milchprodukte wie Cottage Cheese, Hartkäse und Joghurt ins Spiel, denn sie sind reich an Tryptophan: Das in der Milch enthaltene Kasein und die Molkenproteine stellen gute Quellen für diese Aminosäure dar [10]. Wie gezeigt werden konnte, führt eine Dosis des Molkenproteins alpha-Laktalbumin vor dem Schlafengehen zu allgemein besserem Schlaf [11]. Auch die abendliche Gabe von Tryptophan half bei Schlaflosigkeit [12]. Die Dosis an Tryptophan, die für die Versuche teilweise eingesetzt wurde, kann mit einer Tasse Milch allerdings nie erreicht werden: Tryptophan wirkt sich erst ab einer Menge von rund 250 Milligramm wesentlich auf den Schlaf aus – ein Glas Milch enthält jedoch nur etwa 100 Milligramm dieser Aminosäure.
Milch beinhaltet des Weiteren auch viele Mikronährstoffe, welche für die Umwandlung von Tryptophan zu Melatonin benötigt werden. So etwa wird Vitamin B6 für die Produktion von Serotonin aus Tryptophan benötigt, und Magnesium und Zink kommen bei der Umwandlung von Serotonin zu Melatonin zum Einsatz [13].
Spärliche Studienlage zu Milch als Einschlafhilfe
Die allgemeine Studienlage zur Wirkung von Milch auf die Schlafqualität ist allerdings spärlich. Einige Studien konnten zeigen, dass sowohl ein sehr hoher als auch ein sehr niedriger Milchkonsum mit eher schlechtem Schlaf in Verbindung stehen [9]. Dass ein sehr niedriger Milchkonsum mit schlechterem Schlaf korreliert, erscheint nicht überraschend. Die negative Auswirkung von zu viel Milch auf den Schlaf könnte laut Expert:innen das Resultat einer Entzündungsreaktion sein, verursacht durch die gesättigte Fette und den Zucker in der Milch.
Leider wurde nur in den wenigsten Studien ein Zusammenhang vom Milchkonsum kurz vor dem Zubettgehen und der Einschlafdauer untersucht. Bei einer der raren Studien, die sich dieser Fragestellung widmeten, konnten die Versuchspersonen nach dem Konsum von Milch besser einschlafen [14]. Für aussagekräftige Daten sind hier jedoch noch weitere Studien nötig.
Honig als Transporthelfer für Tryptophan
Honig ist ein vielfältiges Naturprodukt: Neben verschiedenen Zuckern enthält das „flüssige Gold“ unter anderem Antioxidantien, die im Körper freie Radikale binden und so Zellschäden vorbeugen sowie entzündungshemmende und antibakterielle Stoffe. Durch das Beimengen des Honigs zur Milch könnten dessen Zucker den Tryptophan-Transport ins Gehirn beschleunigen – so zumindest die Theorie. Wissenschaftliche Untersuchungen dazu gibt es allerdings bisher noch nicht.
Fazit
Milch enthält neben vielen anderen wertvollen Nährstoffen auch die Aminosäure Tryptophan, die für die körpereigene Produktion des Schlafhormons Melatonin benötigt wird. Zahlreiche Studien belegen die positive Wirkung von Tryptophan und Melatonin auf den Schlaf, und von Zuckern ist bekannt, dass die den Transport von Tryptophan ins Gehirn beschleunigen. Doch wissenschaftliche Daten zur Wirkung von Milch mit Honig auf die Einschlafdauer und die Schlafqualität sind rar. Aber selbst, wenn es wissenschaftlich nicht klar erwiesen ist, dass ein warmes Glas Milch mit Honig das (Ein)schlafen verbessern kann: Man darf hier die Kraft unserer Psyche nicht außer Acht lassen. Schon der Gedanke an Omas Honigmilch lässt viele von uns wohlige Wärme verspüren und könnte uns in schönen Kindheitserinnerungen schwelgend schneller ins Land der Träume reisen lassen.
Es gibt viele Ratschläge dazu, was man bei Erkältungen, Magen-Darm-Infekten oder bei Grippe essen sollte. Doch wie wissenschaftlich fundiert sind diese Empfehlungen, und kann richtige Ernährung tatsächlich bei Krankheiten helfen? Und was hat es mit dem „Aushungern“ von Krankheiten auf sich? Die bESSERwisser haben dazu recherchiert und nehmen bekannte Hausmittel bei Grippe & Co unter die Lupe.
Erkältung, Magen-Darm Infekt oder echte Grippe?
Bei Unwohlsein und Fieber spricht man umgangssprachlich schnell einmal von einer Grippe. Doch auch wenn man sie leicht verwechseln kann, bestehen zwischen sogenannten „Grippe“-Erkrankungen und der echten Grippe große Unterschiede:
Eine Erkältung – auch als grippaler oder viraler Infekt bekannt – ist eine Sammelbezeichnung für unkomplizierte Atemwegsinfekte. Sie kann durch über 100 verschiedenen Viren ausgelöst werden, meistens handelt es sich um Rhinoviren. Charakteristisch sind Symptome wie Husten, Schnupfen und Halsschmerzen, die über einige Tage graduell ansteigen. Gegen grippale Infekte gibt es keine präventive Impfung.
Die echte Grippe – auch Influenza genannt – wird von Influenzaviren ausgelöst. Die Symptome einer echten Grippe treten meist innerhalb von Stunden auf und schließen Kopfweh, Erschöpfung, oft Fieber und bei Kindern auch Erbrechen ein. Bei schweren Verläufen kann es zu Komplikationen bis hin zu Lungenentzündungen kommen. Die wirksamste, vorbeugende medizinische Maßnahme gegen Influenza ist die Grippeimpfung. In den letzten Jahren lag die Influenza-Durchimpfungsrate der österreichischen Bevölkerung nur bei 6-10% [1].
Die Magen-Darm Grippe – auch Gastroenteritis – hat hingegen nichts mit Influenza zu tun. Hier sind Noroviren oder Rotaviren, seltener auch Bakterien wie Salmonellen die Auslöser. Die Symptome – Erbrechen und Durchfall – treten schnell auf, häufig sind verunreinigte Lebensmittel der Auslöser.
Was hilft bei Grippe?
Im Normalfall klingen Grippe und Erkältung von selbst wieder ab, wenn unser Immunsystem die krankmachenden Mikroorganismen aus dem Körper eliminiert hat. Medikamente gegen Viren wirken nur bei Einnahme innerhalb der ersten zwölf Stunden nach der Infektion [2]: Die bei Influenza eingesetzten Neuraminidase-Hemmer blockieren das Binden der Viren an die Körperzellen. Sie wirken jedoch nicht mehr, wenn sich die Viren bereits in den Zellen vermehren. Studien zeigten, dass diese Medikamente bei einer akuten Influenza nur geringe, unspezifische Wirkung haben und die Dauer der Grippe um maximal einen Tag verkürzen [3]. Das Sprichwort „eine Grippe dauert eine Woche und mit Medikamenten sieben Tage“ trifft in den meisten Fällen bei milden Verläufen also wirklich zu.
Es gibt viele Hausmittel und Ernährungsempfehlungen zur Behandlung einer Grippe. Die Klassiker – Vitamin C, Zink und Pflanzenextrakte – haben sich in Studien wirksam zur Vorbeugung von Grippe und positiv auf den Verlauf der Erkrankung gezeigt. Als Therapie gegen eine bereits akute Erkrankung konnten sie sich jedoch nicht als statistisch wirksam erweisen [4]. Die meisten Hausmittel zielen darauf ab, Symptome zu lindern und den Körper mit wichtigen Nährstoffen zu versorgen.
Tee: Der Klassiker unter den Erkältungsgetränken, da Flüssigkeit und Dampf die Schleimhäute benetzen. So kann der Körper Viren, die die Atemwege befallen, durch Schleim leichter abtransportieren. Diesen Prozess unterstützt man durch Trinken und Inhalieren.
Ruhe und Schlaf: Wenn das Immunsystem Erreger bekämpft und durch Fieber deren Verbreitung eindämmt, ist das für den Körper sehr anstrengend. Er benötigt in dieser Zeit viel Ruhe und Schlaf. Rauchen oder Alkohol sind in Zeiten der Krankheit eine unnötige zusätzliche Belastung.
Leicht Bekömmliches: Verstopfte Nase oder Übelkeit führen häufig dazu, dass sich der Geschmack und der Appetit während einer Krankheit verändern. Die Lust auf stark gewürzte Speisen nimmt ab. Um den Körper dennoch mit Energie zu versorgen, sind leicht bekömmliche Speisen wie Zwieback oder gekochtes Gemüse empfehlenswert.
Soletti und Cola: Bei Magen-Darm-Grippe besser nicht
Wenn der Körper mit Erbrechen oder Durchfall auf einen Erreger reagiert, verliert er dabei viel Flüssigkeit und Mineralstoffe. Diesen Wasser- und Salzverlust gilt es auszugleichen. Oft wird bei Übelkeit und Durchfall „Soletti und Cola“ empfohlen. Dieser Rat ist jedoch mit Vorsicht zu genießen: Die in Cola enthaltene Kohlensäure und Koffein können Magen und Darm weiter reizen und so die Symptome noch verschlimmern. Auch der hohe Zuckeranteil wirkt sich nicht förderlich auf die Darmtätigkeit aus. Salzstangen liefern zwar Kochsalz und Kohlenhydrate, jedoch keine anderen benötigten Mineralien oder Nährstoffe. Eine bessere Alternative sind verdauungsschonende Speisen, die Flüssigkeit und Mineralstoffe liefern.
Neben leicht gesüßten Tees und klaren Suppen helfen Bananen, geriebene Karotten und weich gekochter Reis oder Kartoffeln dabei, die Verdauung wieder zu normalisieren.
Wenn Erbrechen oder Durchfall über mehrere Tage hinweg andauern und Flüssigkeit nicht aufgenommen oder behalten werden kann, besteht die Gefahr der Dehydration, also des „Austrocknens“. Für diesen Fall gibt es in der Apotheke Rehydrationslösungen – Gemische aus Wasser, Traubenzucker und Salz – zu kaufen. Besonders bei Kindern sollte auf Symptome der Dehydration geachtet werden. Und auch hier gilt: Flüssigkeit nicht mit süßen oder kohlensäurehaltigen Getränken, sondern mit Wasser und Tee zuführen [5].
Die Sache mit der Hühnersuppe
Eines der beliebtesten Hausmittel gegen Infekte im Allgemeinen ist selbstgekochte Hühnersuppe [6]. Sie liefert viel Flüssigkeit und Mineralstoffe und ist mit gekochtem Gemüse und Nudeln eine leicht verdauliche, nährstoffreiche Speise. Eine Studie konnte zeigen, dass durch einen Hühnersuppenextrakt Immunzellen (neutrophile Granulozyten), die Entzündungen und Schwellungen der Schleimhäute auslösen, tatsächlich blockiert werden [7]. Veröffentlicht wurde die Studie bereits vor etwa zwanzig Jahren und fand seither in der Presse großen Anklang.
Angesicht der Corona-Pandemie bezogen die Autoren und Autorinnen nun Stellung zu ihrer damaligen Arbeit: Sie stellten klar, dass die Studie in der Öffentlichkeit weit über die wissenschaftliche Signifikanz ihrer Ergebnisse diskutiert wurde. Die Untersuchungen von damals zeigten an Zellen im Reagenzglas einen leichten Effekt auf die Bewegung der Immunzellen, es können daraus jedoch keine Aussagen über die klinische Wirksamkeit von Hühnersuppe gezogen werden. Gleichzeitig betonten die Autoren aber auch, dass das Kochen von Hühnersuppe positive Auswirkungen über den medizinischen Effekt hinaus haben kann. Mit Hingabe und Liebe eine Suppe zuzubereiten oder serviert zu bekommen kann eine wichtige psychosoziale Unterstützung während einer Krankheit – und besonders während einer Pandemie – sein [8].
Viren oder Bakterien – der Erreger macht den Unterschied
Einige Krankheiten verändern den Appetit und verderben den Kranken teilweise tagelang die Lust aufs Essen. Einerseits braucht der Körper Energie, um Krankheitserreger zu bekämpfen. Andererseits kann die verringerte Aufnahme von Nahrung auch eine Strategie gegen die Verbreitung der Erreger im Körper sein. Der typische Appetitverlust bei manchen Infektionen betrifft nicht nur Menschen, sondern kommt auch bei Mäusen und sogar Insekten vor. Mögliche Auswirkungen der Appetitlosigkeit und der veränderten Nahrungsaufnahme während einer Krankheit haben Forscher und Forscherinnen in einer Studie an Mäusen untersucht [9]:
Bei bakteriellen Infektionen überstanden die Tiere die Krankheit besser, wenn ihnen weniger Nahrung zur Verfügung stand. Eine erhöhte Energiezufuhr in Form von Zucker wirkte sich hingegen nachteilig auf die Krankheit aus. Dies führten die Forscher auf den schützenden Mechanismus der Ketogenese zurück. Das ist ein Stoffwechselweg des Körpers, der bei Kohlenhydratemangel aktiviert wird und Nervenzellen vor zerstörerischen Sauerstoffradikalen (ROS) schützt.
Bei viralen Infektionen wie Influenza wirkte sich die erhöhte Zuckerzufuhr positiv auf den Krankheitsverlauf bei den Mäusen aus. Weniger Futter hatte hingegen negative Auswirkungen. Hier vermuten die Forscher, dass der Zucker notwendig ist, um den für virale Infektionen typischen Zellstress zu blockieren. Dies schützt Nervenzellen und hatte bei den Mäusen weniger Todesfälle zur Folge.
Schnupfen füttern, Fieber aushungern?
Ein Sprichwort zur Ernährung im Krankheitsfall lautet: „Schnupfen füttern, Fieber aushungern“. In Anbetracht der Studienergebnisse könnte an dieser Empfehlung tatsächlich etwas dran sein, wenn man bedenkt: Schnupfen wird so gut wie immer von Viren ausgelöst, und Fieber liegt oft auch eine bakterielle Infektion zu Grunde. Die Ergebnisse der Studie an Mäusen können jedoch nicht direkt auf den Menschen übertragen werden. Ratsam ist es deshalb, auf seinen Appetit zu hören und sich körperlich zu schonen. Bei schweren Verläufen von Krankheiten sollte unbedingt medizinische Hilfe aufgesucht werden.
Jefferson T, Jones MA, Doshi P, Del Mar CB, Hama R, Thompson MJ, Spencer EA, Onakpoya IJ, Mahtani KR, Nunan D, Howick J, Heneghan CJ. Neuraminidase inhibitors for preventing and treating influenza in adults and children. Cochrane Database of Systematic Reviews 2014, Issue 4. Art. No.: CD008965. DOI: 10.1002/14651858.CD008965.pub4
Roxas M, Jurenka J. Colds and influenza: a review of diagnosis and conventional, botanical, and nutritional considerations. Altern Med Rev. 2007 Mar;12(1):25-48. PMID: 17397266
2018 surveillance of diarrhoea and vomiting caused by gastroenteritis in under 5s: diagnosis and management (NICE guideline CG84). London: National Institute for Health and Care Excellence (UK); 2018 Oct 31. PMID: 31851440
Rennard SI, Kalil AC, Casaburi R. Chicken Soup in the Time of COVID. 2020 Sep;158(3):864-865. doi: 10.1016/j.chest.2020.04.044
Wang A, Huen SC, Luan HH, Yu S, Zhang C, Gallezot JD, Booth CJ, Medzhitov R. Opposing Effects of Fasting Metabolism on Tissue Tolerance in Bacterial and Viral Inflammation. 2016 Sep 8;166(6):1512-1525.e12. doi: 10.1016/j.cell.2016.07.026
Wildkräuter erfreuen vor allem im Frühling viele Sammler. Viele Pflanzen sowie deren Knospen, Samen, Triebe, Blüten und Wurzeln können gegessen oder verarbeitet werden. Die bESSERwisser stellen Löwenzahn, Spitzwegerich, Schafgarbe, Pimpernell und Taubnesseln vor.
Löwenzahn
Löwenzahn ist sehr bekannt und auch leicht zu finden. Beliebt sind vor allem seine jungen Blätter, aber auch Stängel, Blütenknospen, Blüten und Wurzeln sind verwertbar. Die jungen Blätter werden gerne als Salat zubereitet, aber man kann sie auch zu Suppen, Gemüselaibchen oder Pestos verarbeiten. Blüten hingegen lassen sich gut zu Sirup – dem sogenannten Löwenzahnhonig– verkochen. Löwenzahn enthält sehr viele gesunde Bitterstoffe, zudem Vitamin C und sehr viel Provitamin A, Flavonoide und einen relativ hohen Kaliumgehalt. Letzterer dürfte für die harntreibende Wirkung verantwortlich sein. Die Bitterstoffe sind verdauungsfördernd und gut gegen leichte Gallenbeschwerden. Neben Tees aus Blättern werden auch Presssäfte angeboten.
Löwenzahnwurzeln enthalten im Frühjahr Milchsaft, im Herbst dann Inulin. Sie schmecken noch bitterer als die Blätter, man kann sie aber gut mit anderem Wurzelgemüse mischen. Als Kaffee noch für die meisten unerschwinglich war, wurden geröstete Löwenzahnwurzeln auch als Kaffeeersatz verwendet, ähnlich wie Zichorienwurzeln, die ebenfalls viel Inulin enthalten.
In der Kräuterheilkunde ist der Löwenzahn sowohl in Euopa als auch in Asien sehr beliebt. Traditionell wird er bei Gallenleiden, Verdauungsbeschwerden sowie zur Unterstützung bei Blasenentzündungen verwendet. Seit einiger Zeit wird er beispielsweise in Russland, China oder Mexiko auch als Volksheilmittel bei Leberbeschwerden und Diabetes Typ2 eingesetzt. Die Inhaltsstoffe des Löwenzahns, insbesondere Chicorsäure, Taraxasterol (Triterpen), Chlorogensäure und Sesquiterpenlactone (Bitterstoffe) haben eine blutzuckerregulierende, antioxidative und anti-entzündliche Wirkung. Auch in der medizinischen Forschung rückt die potenzielle Wirksamkeit von Löwenzahn bei Diabetes Typ 2 in den Fokus, da er praktisch weltweit verfügbar und relativ billig ist [1, 2]. Zu beachten gilt, dass Löwenzahn allergenes Potential besitzt. Daher sollte sich der tägliche Verzehr auf nicht mehr als vier bis zehn Gramm frische Blätter, zwei Teelöffel Presssaft aus Blättern oder zwei bis acht Gramm frische Wuzeln beschränken [3].
Schadstoffindikator und Bienenweide
Löwenzahn eignet sich gut als Indikator für verschiedene Schadstoffe und Schwermetalle wie beispielsweise Kupfer, Zink oder Mangan in Böden. Die Mengen davon in seinen Blättern oder Wurzeln hängen von der Höhe der Konzentration in den Böden ab. Wer selbst sammelt, sollte daher aufpassen, wo die Pflanzen wachsen und wie kontaminiert Böden sind [3].
Beim Sammeln beachten, dass Löwenzahnblüten eine wichtige Bienenweide sind und sollte auch diesen Tieren ihren Anteil überlassen. Beim Pflücken sollte man außerdem Kontakt mit dem frischen Milchsaft in den Stängeln vermeiden, da dieser allergischen Reaktionen auslösen kann.
Spitzwegerich
Spitzwegerich ist vielen als Heilpflanze bekannt, die bei Erkältungen eingesetzt wird. Manchen ist wahrscheinlich auch die Wirkung der frischen, zerquetschten Blätter bei Insektenstichen oder nach Kontakt mit Brennesseln geläufig.
Der Spitzwegerich kommt aber auch als Tee, Presssaft aus den Blättern oder als Spitzwegerichsirup aus Blättern und Blüten zum Einsatz. Er enthält u.a. Iridoidglycoside, Schleimstoffe, Gerbstoffe, Kieselsäure. Die Wirksamkeit gegen Erkältungen ist durch die einhüllende Wirkung der Schleimstoffe als auch durch die adstringierende Wirkung der Gerbstoffe sowie durch die antibakterielle Wirkung der Abbauprodukte der Iridoide zurückzuführen.
Sitzwegerichsirup kann auch selbst hergestellt werden. Ansonsten sind die Blätter in der Küche eher sparsam einzusetzen, da sie ziemlich bitter sind. Sie können Salaten und Kräuteraufstrichen beigefügt oder kleingeschnitten mit anderen Kräutern zu Kräuteromeletts verarbeitet werden. Als Bestandteil von Kräutersalz eigenen sich die Knospen, die auch leicht angeröstet als Gewürz mit leicht pilzartigem Geschmack gut schmecken.
Schafgarbe
Ähnlich wie der Spitzwegerich ist auch die Schafgarbe eher als Heil- denn als Küchenpflanze bekannt. Sie enthält unter anderem Proazulen, ätherische Öle, Gerbstoffe, Flavonoide und Bitterstoffe und besitzt antibakterielle, entzündungshemmende und krampflösende Wirkung. Sie eignet sich vor allem als Gewürz, das besonders fettreiche Speisen besser verdaulich macht.
Ähnlich wie die Gundelrebe wurde die Schafgarbe als Bierwürze verwendet. In Zeiten, in denen die Menschen karges Essen gewöhnt waren, war sie ein wichtiges Gewürz bei Festspeisen, um diese bekömmlicher zu machen. So etwa waren und sind ihre Blätter und Blüten Bestandteil traditioneller Gründonnerstagsgerichte.
Pimpernell
Pimpernell oder Pimpinelle – auch als kleiner Wiesenknopf bekannt – ist ein altes Würzkraut. Sie wuchs früher in vielen Hausgärten und war zu Ostern Bestandteil traditioneller Gründonnerstagsgerichte. Durch ihren gurkenähnlichen Geschmack eignet sie sich als Salatkraut, für Kräuteraufstriche oder Kräuterbutter und als Zutat in Pestos. Auch Tee kann aus getrocknetem Kraut hergestellt werden. In Saucen sollte Pimpernell erst ganz am Schluss beigefügt werden, damit das Vitamin C nicht durch Kochen verloren geht. Neben Vitamin C enthält der kleine Wiesenknopf auch Gerbstoffe und Gallussäure sowie Kampferol.
Von der Antike bis die frühe Neuzeit wurde die Pflanze zur Blutstillung und Wundversorgung eingesetzt, da sie astringierende (zusammenziehende) und anti-entzündliche Eigenschaften aufweist.
Taubnessel
Als Heilpflanze wird vor allem die weiße Taubnessel verwendet, in der Küche werden auch die goldene, die purpurrote oder gefleckte Taubnessel verarbeitet. Taubnesseln enthalten unter anderem ätherische Öle, Iridoide, Flavonoide, Bitter-, Gerb- und Schleimstoffe.
Die Blätter und jungen Triebe vor der Blüte können als Salat oder Rohkost verwendet werden, ab der Blüte die Triebspitzen. Sie haben eine leichte Pilznote, die sich auch gut als Gemüse-, Suppen- und Eierspeisenzutat eignet. Die Blüten enthalten Nektar und können roh oder in süßen Desserts, aber auch in Salaten genossen werden Im Herbst kann man die ebenfalls pilzartig schmeckenden Wurzeln roh in Salaten oder klein geschnitten in Gemüsesuppen verwenden. Ähnlich wie Löwenzahnwurzeln wurden die wurzeln der Taubnessel früher auch geröstet als Kaffeeersatz verwendet.
Quellen:
[1] Sharifi‐Rad M., Roberts T.H, Matthews K.R. et al: Ethnobotany of the genus Taraxacum—Phytochemicals and antimicrobial activity. Phytotherapy research 32, p 2131-2145 (2018). https://doi.org/10.1002/ptr.6157
[2] Wirngo F.E., Lambert MN, Jeppesen PB: The Physiological Effects of Dandelion (Taraxacum Officinale) in Type 2 Diabetes. Rev Diabet Stud.13(2-3), p 113–131 (2016). doi: 10.1900/RDS.2016.13.113
[3] Królak E., Marciniuk J., Popijantus K. et al: Environmental Factors Determining the Accumulation of Metals: Cu, Zn, Mn and Fe in Tissues of Taraxacum sp. sect. Taraxacum. Bull Environ Contam Toxicol 101, p 68–74 (2018). https://doi.org/10.1007/s00128-018-2356-y
Honig ist ein allseits beliebtes Nahrungsmittel, zum Frühstück als Aufstrich am Brot oder zum Süßen von Backwaren und Mehlspeisen. Oft wird dem Honig sogar eine Heilwirkung zugeschrieben. Die bESSERwisser haben sich mit dem spannenden Lebensmittel Honig näher auseinandergesetzt und sind vor allem den Fragen nachgegangen, warum eigentlich Honig in verschiedenen Aggregatzuständen vorkommt und wie gesund Honig eigentlich ist.
Die Honigproduktion
Honig wird von Honigbienen aus dem Nektar von Blüten (Blütenhonig) oder aus Honigtau von Bäumen (Waldhonig) erzeugt. Bei Letzterem wird der Honigtau zunächst von Insekten verstoffwechselt, ehe die Bienen ihn sammeln.
Die Biene saugt den Nektar oder Honigtau mit dem Rüssel auf. Über die Speiseröhre gelangt er in den Magen der Biene. Zurück am Bienenstock liefert sie den Inhalt an die Stockbienen ab, die wiederum den Inhalt weitergeben. Bei diesem Übergabeprozess wird jedes Mal zuckerhaltiger Saft aufgesaugt und wieder abgegeben. Somit reichert er Eiweiße und Säuren der Bienen an. Um den Nektar zu verdicken, lässt die Biene einen Nektartropfen über den Rüssel mehrfach heraus und saugt ihn wieder auf – so wird der Wassergehalt auf 30 – 40% reduziert. Anschließend wird der Nektar in eine leere Wabenzellen geben, die Zelle wird dabei nicht ganz gefüllt, um eine möglichst große Verdunstungsfläche zu schaffen. Durch Fächeln der Flügel wird die Verdunstung beschleunigt und der Honig verdickt. Ist der Honig fertig, tragen die Bienen ihn zur Lagerzellen und überziehen ihn mit einem luftundurchlässigen Wachsdeckel (sogenanntes „Verdeckeln”)[1].
Der Imker entnimmt aus dem Stock einige Rahmen mit den mit Honig gefüllten Waben, entfernt die Wachsdeckel und schleudert den Honig in der Zentrifuge ab. Durch die Fliehkraft wird der Honig aus den Waben an die Wand der Zentrifuge geschleudert. Dort läuft er ab und wird durch ein Sieb, welches Wachsreste zurückhält, geführt. Eine Honigschleuder hat einen Auslass mit Ventil, durch das der Honig direkt abgefüllt werden kann. Der Honig wird beim Imker zunächst gelagert und gerührt, um die Kristallisation zu steuern, genau so weit, bis der Honig noch eine streichfähige Konsistenz hat [2].
Aber warum kristallisiert Honig eigentlich aus?
Chemie des Honigs
Honig besteht aus mehreren Zuckerkomponenten: den Einfachzuckern Glucose (Traubenzucker) und Fructose (Fruchtzucker) sowie den Zweifachzuckern Maltose (Malzzucker) und Saccharose (Kristallzucker), wobei letzterer wiederum aus Glucose-Einheiten aufgebaut ist. Außerdem kommen auch höhere Zucker, also Mehrfachzucker, und vor allem viel Wasser im Honig vor. Zweifach- oder Mehrfachzucker sind über spezifische Brücken verbundene Einfachzucker, was bedeutet, dass das gleiche Molekül mehrfach aneinandergehängt wird, wie die Perlen einer Perlenkette. Wie viel von diesen Zuckern jedoch genau vorhanden ist, hängt von den Blüten, der Bienenart und der Region ab [3].
Kristalliner Honig
Jeder Honig wird früher oder später fest, das heißt er kristallisiert oder „kandiert“. Abhängig ist dieser physikalische Vorgang vom Anteil an Traubenzucker im Honig. Dieser kristallisiert wesentlich einfacher als Fruchtzucker. Je mehr kristallisationsunfähiger Fruchtzucker den Traubenzucker in wässriger Umgebung dabei hindert, große Kristalle zu bilden, desto weniger kandiert der Zucker. Honig ist also ein gutes Beispiel für ein thermodynamisches Mischsystem – Wasser, Fruchtzucker, Traubenzucker – das je nach Zusammensetzung seine Phasen ausbildet [3].
Meist kann man den Anteil von Traubenzucker und damit die Kristallisationsneigung bereits an der Farbe erkennen: Helle Honige wie Blütenhonig kandieren leicht, während dunklere Honigsorten wie der Waldhonig länger flüssig bleiben [4]. Eine Ausnahme bildet der Akazienhonig: Hier ist der Fruchtzuckergehalt hoch, der Traubenzuckergehalt hingegen niedrig, weswegen er oft erst nach vielen Jahren auskristallisiert [5]. Auch die Lagerung spielt eine Rolle: Bei längerer oder kühler Lagerung kristallisiert auch ein Honig mit geringem Traubenzuckeranteil schneller aus [6]. Das Kandieren ist übrigens nicht von Nachteil, im Gegenteil: Die wertvollen Wirkstoffe des Honigs bleiben so besser konserviert [4,6].
Erhitzen von Honig
Kennen Sie den Mythos, dass man Honig nicht in zu heiße Getränke geben sollte? Tatsächlich sorgt ein Erhitzen über 40°C dafür, dass bioaktive Inhaltsstoffe im Honig zerstört werden (vgl. Abschnitt zu Honig und seine bioaktiven Bestandteile). Achtgeben sollte man beim Erwärmen von Honig auch, wenn man diesen wieder verflüssigen möchte. Bei der Zersetzung von Kohlenhydraten, vor allem Fruchtzucker, bildet sich sogenanntes HMF –Hydroxymethylfurfural. Das National Institute of Environmental Health Sciences in den USA räumt HMF eine potentiell kanzerogene Wirkung ein, jedoch ist die Datenlage nicht aussagekräftig. In der EU ist ein HMF-Gehalt von 40mg /kg Honig erlaubt. Viele „Güte-Siegel“ Honige liegen weit unter diesem Wert. HMF kommt übrigens auch in Milch, Alkohol oder Fruchtsäften vor, es ist also kein Honig-spezifischer Stoff [7,8,9].
Honig und seine bioaktiven Bestandteile
Wie bereits erläutert, besteht Honig vor allem aus niedermolekularen Kohlenhydraten (Zuckern). Das macht ihn nur unwesentlich gesünder als Ahorn- und Agavensirupe oder Reiszucker. Jedoch enthält der Honig auch sogenannte bioaktive Bestandteile. So werden Moleküle, die eine aktive Wirkung auf den Organismus Mensch haben können, bezeichnet. Ein Beipiel sind Antioxidantien wie Flavonoide. Diese Substanzen binden im Körper freie Radikale und beugen so Zellschäden vor. Einige Flavonoide wirken außerdem entzündungshemmend.
Weiters enthält Honig als Inhibine bezeichnete Stoffe wie Hydroxybenzoate und Wasserstoffperoxid, die ebenfalls entzündungshemmend und zusätzlich antibakteriell wirken. Auch essentielle Aminosäuren, die der Mensch mit der Nahrung aufnehmen muss, weil der Körper sie nicht selbst produzieren kann, sind im Honig zu finden. Jedoch ist im Vergleich zu den von uns (optimalerweise täglich) konsumierten Obst- und Gemüsemengen die Menge an konsumiertem Honig und somit auch der Verzehr darin enthaltener bioaktiver Stoffe gering [3,10].
Das Gesundheitspotential des Honigs
Honig hat gesundheitliches „Potential“. Man müsste jedoch auch wirklich regelmäßig größere Mengen Honig konsumieren, um dieses zu entfalten. Dies wurde beispielweise in einer österreichischen „Honig-Studie“ aus dem Jahr 2007 getestet, bei der Probanden acht Wochen lang 50 Gramm Honig pro Tag zu sich nahmen. Sie zeigten ein besseres Wohlbefinden, eine wesentlich geringere Infektanfälligkeit, eine bessere Schlafqualität und Verdauung sowie höhere körperliche Belastbarkeit. Der Honig hatte zwar keinen signifikanten Einfluss auf Cholesterin- oder Triglyceridwerte, jedoch stiegen die LDL-Werte der Testpersonen. Ihre HDL-Werte nahmen im Mittel ab (siehe zu diesem Thema auch Artikel „Sind Eier Cholesterinbomben?“). Obwohl die Veränderungen dieser wichtigen Herz-Kreislauf-Marker nicht aussagekräftig waren, muss man diese als kritisch erachten, vor allem da sich die Werte in so kurzer Zeit veränderten. Eine Limitation dieser Studie war außerdem, dass die Probanden den Honig nicht anstatt anderer Süßungsmittel konsumierten, sondern zusätzlich. Dies resultierte in einer höheren Verfügbarkeit von Zucker, die der Stoffwechsel aber eigentlich nicht benötigt [9, 11].
Gerne wird auch Propolis verwendet, eine ebenfalls von Bienen hergestellte harzartige Masse mit antibiotischer, antiviraler und antimykotischer Wirkung. Propolis wird sowohl therapeutisch, beispielweise für die Wundheilung, als auch vorbeugend sowie zur Stärkung des Immunsystems angewandt [12, 13, 14].
Fazit
Honig kommt in vielen unterschiedlichen Formen und Farben vor. Ob er flüssig oder kristallin ist, hängt vom Traubenzuckeranteil im Honig ab. Honig kann man durchwegs positive Eigenschaften auf die Gesundheit bescheinigen, solange man ihn nicht zu sehr erhitzt. Seine bioaktiven Bestandteile können gegen oxidativen Stress wirken und das Immunsystem unterstützen. Honigkonsum scheint sich nicht signifikant auf Blutfettwerte auszuwirken, jedoch sollte man diese bei viel Honigkonsum im Auge behalten. Letztendlich ist Honig ein Süßungsmittel und enthält Zucker, was auch für Personen, die keinen oder wenig Zucker konsumieren sollten, wie Diabetiker oder Kinder, relevant ist.
[12] Langner E. Phytochemische und mikrobiologische Untersuchungen von Propolis verschiedener Provenienzen als Beitrag zur Kenntnis der Wirkprinzipien in Propolis. Dissertation (1995). Shaker Verlag Berlin
[13] Shimizu T.. Anti-influenza virus activity of propolis in vitro and its efficacy against influenza infection in mice. In: Antiviral chemistry & chemotherapy (2008). Band 19, Nr. 1 , S. 7–13. PMID 18610553.
[14] Teuscher E.. Biogene Arzneimittel. 5. Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft (1997), ISBN 3-8047-1482-X, S. 199.
Denken Sie bei Margarine an Butterersatz? Kennen Sie Personen, die sich vegan ernähren? Bestaunen Sie öfters das wachsende Sortiment an veganen Würstchen, Lupinen-Eis, Tofu-Steak oder Saitlingen im Supermarkt? Und was denken Sie über diese Produkte? Die bESSERwisser haben versucht, mehr über Ersatzprodukte für tierische Lebensmittel herauszufinden und auch darüber, worum diese bei Tisch so viel Konfliktstoff bieten.
Not oder Tugend?
Ersatzprodukte für Fleisch, Milch oder Eier waren zum einen hauptsächlich in Notzeiten in Verwendung. Zum anderen gab es religiös bedingte und nicht unbedingt billige Ersatzprodukte für die Fastenzeit, wie zum Beispiel Fisch oder Mandelmilch.
Erst mit dem Aufkommen der Lebensmittelindustrie im 19. Jahrhundert wurden Ersatzprodukte auf industrieller Basis in großen Mengen hergestellt. Bereits Mitte des vorletzten Jahrhunderts gab es Fabriken für Fleischextrakt, dem Vorläufer der heutigen Suppenwürfel. Dieser verbreitete sich sehr rasch, bot er doch nicht nur eine billige, sondern auch eine sehr schnelle Möglichkeit, an eine warme Suppe heranzukommen, noch dazu ohne einen hohen Energieverbrauch am Herd.
Etwas später wurde die Margarine erfunden, anfangs auf Rindertalgbasis. Ab der um 1900 erfundenen Fetthärtung konnten auch alle Öle dafür verwendet werden. Sogar rein pflanzliche Reformmargarine für Vegetarier wird schon seit damals produziert. Während nämlich die ärmeren Schichten sich teure tierische Produkte wie Fleisch, Ei oder Butter gar nicht leisten konnten, entstand gleichzeitig im Mittelstand eine vegetarische Gegenbewegung zur dominanten Fleischkultur des Bürgertums. Diese Reformer lehnten Fleisch vehement ab und setzten dafür auf viel Obst und Gemüse, häufig auch in Form von Rohkost. Bei den Zeitgenossen fanden die frühen Vegetarier wenig Verständnis für ihre Lebensweise, ganz besonders, wenn sie auch auf Lederschuhe, Korsetts und andere Bekleidungsstücke mit tierischen Teilen verzichteten.
Braucht der Mensch tierische Produkte?
Nicht nur Vegetarier beschäftigte die Frage, ob man tierische Produkte wie Milch oder Eier für eine gesunde Ernährung braucht. Im 19. Jahrhundert entstand die moderne Ernährungslehre, die sich mit Kalorienverbrauch, Eiweißbedarf und teilweise auch mit fragwürdigen Ernährungsexperimenten an Menschen beschäftigte. Carl von Voit, einer deren Begründer, hielt einen hohen Fleischkonsum für unerlässlich für die Gesundheit und ging davon aus, dass ein Mann mindestens 100 g reines Eiweiß (Protein) pro Tag benötige. Damit blieb er ganz den Gepflogenheiten der Wohlhabenden seiner Zeit (Mitte des 19. Jahrhundert) verbunden, die mehrmals täglich Fleisch und andere tierische Produkte zu sich nahmen.
Dagegen wandte sich später der dänische Physiologe Hindhede, der viel Pflanzenkost empfahl und versuchte, den minimalsten Proteinkonsum zu ermitteln, bei dem ein Mensch noch gesund bleibt. Berühmt wurde er vor allem dafür, dass Dänemark durch seine konsequent umgesetzten Empfehlungen im ersten Weltkrieg vor einer Hungersnot bewahrt wurde. Dafür wurde der Tierbestand drastisch reduziert, um ausreichend Nahrung für alle Bürger produzieren zu können.
Proteine sind ein wichtiger Nahrungsbestandteil, sie liefern uns unter anderem die essentiellen Aminosäuren, die der Körper nicht selbst erzeugen kann. Dabei kommt es nicht nur auf den reinen Proteingehalt eines Nahrungsmittels an, sondern auch darauf, wie gut es vom Menschen verwertet werden kann. Tierische Nahrungsquellen wie Fleisch, Milch und Eier enthalten alle für uns essentiellen Aminosäuren, wobei Ei am besten verwertet werden kann, da der Körper Eiweiß aus dem Ei besonders gut in körpereigene Proteine umbauen kann. Pflanzliche Proteinquellen müssen meist kombiniert werden, um eine vollständige Versorgung mit allen wichtigen Aminosäuren zu erhalten – zum Beispiel Hülsenfrüchte mit Getreide.
Aber wieviel Protein brauchen wir? Und welchen Ursprungs? Manche Staaten wie die USA oder Kanada geben ganz konkrete Empfehlungen für Erwachsene (0,8 g pro kg Körpergewicht pro Tag) ab [1], andere, wie die meisten europäischen Staaten, stellen das optimale Verhältnis der Nahrungsbestandteile zueinander in den Mittelpunkt ihrer Ernährungspyramiden. In Industrieländern wie Australien werden zumeist nicht nur zu viel Kalorien, sondern auch ein zu hoher Anteil an Proteinen konsumiert [2].
Wissenschaftliche Studien belegen, dass es nicht gesund ist, überwiegend tierisches Eiweiß auf dem Speiseplan zu haben [1] oder wie eine holländische Studie zeigte auch Ältere über 65 Jahren von einem höheren Proteinanteil in der Nahrung gesundheitlich profitieren[3]. Ein zu hoher Proteinkonsum aus tierischen Nahrungsquellen wird in Zusammenhang mit Sterblichkeit im Bereich der Herzkreislauferkrankungen unter 65 Jahren gebracht [4].
Pflanzliche Alternativen
Das globales Bevölkerungswachstum und der Klimawandel tragen dazu bei, dass vermehrt nach Alternativen zu ineffizienten und klimaschädlichen tierischen Proteinen gesucht wird – schließlich werden bis zu 15 kg Pflanzenmaterial benötigt, um 1 kg Fleisch zu erzeugen [5].
Neueren Erkenntnissen zufolge ist pflanzliches Protein wesentlich gesünder als tierisches und zudem meistens ökologisch weniger bedenklich. Deshalb wird allgemein empfohlen, einen Teil des Eiweißbedarfs durch pflanzliche Quellen zu decken. In den Industrieländern sind derzeit Soja und Weizen die (industriell) am häufigsten verwendeten pflanzlichen Proteinlieferanten, welche aber teilweise nicht vertragen oder auch aus anderen Gründen abgelehnt werden. Soja liefert zwar ein sehr hochwertiges Protein für Menschen, wird in Europa aber zum größten Teil importiert und häufig unter ökologisch und menschenrechtlich sehr fragwürdigen Umständen produziert. [5]
Deshalb wird auf Grund des zunehmenden Bedarfs vermehrt auf Kichererbsen, Linsen oder Lupinen ausgewichen. Neue Quellen werden zu erschließen versucht, wie zum Beispiel Rapssamen, Algen, Wasserlinsen und Protein aus Abfallprodukten wie Ölkuchen und Kleie. Auch Insekten als tierische Proteinlieferanten sind im Kommen. Für alle Produkte, die unter die Novel Food –Verordnung der EU fallen, kann die Zulassung allerdings recht lange dauern. [5,6,7]
Ein Generationenkonflikt
Der erste Weltkrieg brachte erst die Rationierung der Lebensmittel mit sich und bald eine große Hungersnot. Immer mehr fragwürdige chemische Ersatzprodukte wurden produziert, vor allem auf Hefe-, Stärke- und Rübenbasis. Danach folgten für den Großteil der Bevölkerung magere Jahre, bis zum nächsten Weltkrieg und den nächsten Hungerjahren. Die vegetarische Bewegung war unpopulärer denn je – und generell alle Ersatzprodukte. Nach der „Fresswelle“ der 1950iger und 60iger Jahre erstarkte der Vegetarismus wieder und wird in den letzten Jahren oft durch den Veganismus (Verzicht auf alle tierischen Produkte) abgelöst. In einigen europäischen Ländern wie zum Beispiel Deutschland, Österreich, Italien und Großbritannien bekennen sich rund 10 Prozent der Bevölkerung bereits zu einer fleischlosen Ernährung, ebenso in Kanada, Australien oder Israel. [5]
Angesichts der Erfahrungen der Großelterngeneration ist es verständlich, dass diese sich nicht für neue Ernährungstrends erwärmen kann. Freiwillig wieder Hülsenfrüchte beziehungsweise vegane Wurst- und Fleischprodukte zu verwenden oder auf das lange vermisste Fleisch und tierisches Fett zu verzichten, kommt für sie oft nicht in Frage. Mögen vegane Margarine oder Kokosfett heute teurer sein als Butter, ändert das nichts an dieser Ablehnung.
Tierische Eiweißlieferanten erzeugen zweifellos ein ökologisches Problem, andererseits haben Tiere auch wichtige Funktionen, wie zum Beispiel das Abweiden von Almen, Festigen von Dünen, natürliche Düngung usw. Es ist eher die Massenproduktion an tierischen Lebensmitteln, die Probleme schafft. Auch eine vegane Lebensweise basiert oft auf ökologisch zerstörerischer Massenproduktion, Lebensmittelindustrie und Vertreibung von Indigenen. Eine vernünftige Ernährung mit wenig tierischen und vielen lokalen Produkten schneidet ökologisch nicht unbedingt schlechter ab als eine ganz ohne tierische Produkte. [8, 9]
Spürt man die ersten Anzeichen einer Erkältung oder ist schon ans Bett gefesselt, stellt sich oft die Frage: Medikamente nehmen oder auf alte Hausmittel vertrauen? Wie wirken Naturheilmittel und welche Inhaltsstoffe stecken hinter deren heilendem Effekt? Die bESSERwisser haben am Beispiel von Zwiebelwickel, Topfenwickel und Essigpatscherl recherchiert, was die Natur für Alternativen zur chemischen Keule bietet und wo es wissenschaftliche Belege für die Wirkung von Hausmitteln gibt.
Hausmittel Zwiebelwickel
Zwiebeln werden schon seit langem als Hausmittel bei Bronchitis, Husten, Halsentzündung, Heiserkeit, Ohrenschmerzen, Zahnschmerzen, Kopfschmerzen, entzündeten Gelenken und Insektenstichen angewandt. Man muss dafür zwar den intensiven Zwiebel-Geruch im Krankenzimmer in Kauf nehmen, die heilende Wirkung von Zwiebel ist aber bereits seit vielen Generationen bekannt.
Für Zwiebelwickel eignen sich im Prinzip alle Zwiebelarten. Für das Zubereiten eines Wickels gibt es verschiedenste Anleitungen, wir wollen hier nur einige gängige Varianten vorstellen.
Kalter Zwiebelwickel: Für den Zwiebelwickel werden – je nach Auflagefläche – eine bis drei Zwiebel geschält und in kleinere Stücke geschnitten. Diese werden zwischen zwei Tücher aus Baumwolle oder Leinen gepackt, mithilfe eines Nudelholzes oder Ähnlichem gequetscht und auf den Brustbereich aufgelegt und fixiert. Zum Fixieren kann beispielsweise ein noch einmal darüber gewickeltes Handtuch verwendet werden.
Warmer Zwiebelwickel: Die Zwiebelstücke werden auf verschiedene Arten im Tuch erwärmt: entweder mithilfe zweier Wärmeflaschen, im Backrohr oder über Wasserdampf. Es gibt auch die Variante des warmen Zwiebelwickels, bei der die Zwiebelstücke kurz in Öl oder Butterschmalz oder ohne Fett erwärmt und erst dann in ein Tuch gewickelt, aufgelegt und fixiert werden. Erwärmter Zwiebel hat einen weniger starken Geruch als kalter Zwiebel.
Anwendungsdauer: Generell sollte der Zwiebelwickel für mindestens 20 Minuten einwirken, er kann aber auch über mehrere Stunden angewandt werden – er sollte allerdings über die gesamte Dauer der Anwendung als angenehm empfunden werden.
Tipp: Zwiebelwickel auf der Brust sind generell gut bei Erkältungen und Beschwerden der Atemwege, Zwiebel in einem kleinen Säckchen aufs Ohr gelegt hilft gegen Ohrenschmerzen, und Zwiebel in Socken auf den Fußsohlen wirken reinigend und stärkend für den Körper.
Die Zwiebel hat neben ihren entzündungshemmenden, schmerzstillenden und antiseptischen Eigenschaften auch eine stark sekretlösende Wirkung. Sogar gegen Asthma, Thrombose und Krebs soll die wahre Wunderpflanze helfen [1, 2]. Ein Teil ihrer Inhaltsstoffe kann beim Zwiebelwickel lokal über die Haut aufgenommen werden, ihre flüchtigen Inhaltsstoffe gelangen über ihre Dämpfe in unseren Körper.
Ihr schwefelhaltiger Inhaltsstoff Isoalliin reagiert beim Aufschneiden der Zwiebel mit dem Enzym Alliinase und wird aufgespalten. So entsteht unter anderem der Reizstoff Propanthial-S-Oxid, der sogenannte „tränenreizende Faktor“, der für den stechenden und tränentreibenden Geruch der Zwiebel verantwortlich ist. Dieser gelangt über die Dämpfe in Nase und Augen und reagiert dort zu Schwefelsäure, die den Tränenfluss anregt. Die Dämpfe von Zwiebeln haben eine abschwellende Wirkung auf die Schleimhäute, und ihre ätherischen Öle enthalten Substanzen mit antibakterieller Wirkung [3]. Zwiebel beinhalten auch Antioxidantien wie Quercetin und Anthocyanin, was die Bekämpfung freier Radikale unterstützt. Zwiebelwickel regen außerdem den Stoffwechsel an, wirken belebend und stärken den Gesamtorganismus.
Hausmittel Topfenwickel
Kalte Topfenwickel haben sich bei Fieber, Kopfschmerzen, akuten Entzündungen (wie Beispielsweise Brustentzündungen bei stillenden Müttern) und Schwellungen, oberflächlichen Venenentzündungen, Krampfadern, Sonnenbrand, Insektenstichen, Juckreiz, Ekzemen und Akne bewährt. Auch die Anwendungsmöglichkeiten von warmen Topfenwickeln sind vielfältig: sie helfen bei Entzündungen, Husten, Heiserkeit, Halsschmerzen und Bronchitis.
Zur Anwendung als Wickel ist jeder Topfen geeignet. Magertopfen hat gegenüber der fetteren Variante den Vorteil, dass er von der Konsistenz her fester ist und weniger nässt. Auch beim Topfenwickel gilt: es gibt verschiedenste Möglichkeiten, einen solchen vorzubereiten und anzulegen, wir beschreiben hier eine Variante.
Kalter Topfenwickel: Der kalte Topfen wird in der Mitte einer Stoffunterlage aufgetragen und etwa fingerdick verteilt. Ist der Stoff groß genug, können die Seiten einschlagen werden, ansonsten wird ein zweites Tuch darüber gelegt, und der Wickel wird angelegt und fixiert. Für einen Brustwickel wird etwa eine Packung Topfen (250g benötigt), für andere Wickel je nach Auflagefläche.
Warmer Topfenwickel: Der Wickel wird wie der kalte Topfenwickel zubereitet und nur vor dem Auflegen mithilfe zweier Wärmeflaschen, Wasserdampf oder im Backrohr erwärmt.
Anwendungsdauer: Ein Topfenwickel kann so lange aufgelegt bleiben, solange er sich angenehm anfühlt bzw. bis der Topfen eingetrocknet ist – das kann durchaus mehrere Stunden dauern.
Kalter Topfen wirkt entzündungshemmend, schmerzstillend, kühlend und ableitend, warmer Topfen ist entzündungshemmend und schleimlösend.
Bei der Berührung mit der menschlichen Haut verursacht die Milchsäure im Topfen eine Öffnung der Poren. Die Milchsäure kann in das Gewebe eindringen, und durch den lokalen Reiz wird die Durchblutung verstärkt. Es wird ein Milchsäureprozess in Gang gesetzt, der die Entzündungsstoffe aus dem umliegenden Gewebe anzieht. Diese werden gebunden, aus dem Körper abgeleitet und vom Topfen aufgesaugt [5].
Wissenschaftliche Studien, die diese Wirkungsweise belegen, gibt es allerdings keine. Wickel regen generell den Stoffwechsel an, das wirkt belebend und stärkt den Gesamtorganismus.
Hausmittel Essigkompressen
Die guten alten Essigpatscherl oder Essigwickel sind vor allem als Hausmittel zum Fiebersenken bekannt. Sie haben aber auch eine entschlackende, diätetische und desinfizierende Wirkung.
Für Essigpatscherl und Essigwickel eignet sich normaler Apfelessig.
Essigwickel: Für den Essigwickel wird der Essig zunächst mit lauwarmem Wasser verdünnt. Es gibt hier mehrere Varianten, wie stark der Essig verdünnt werden soll. Die Verdünnung kann je nach gewünschtem Effekt variieren – siehe auch später: hier kann bis zu ein Drittel vom Volumen Essig ins Wasser gemischt werden, es können einem Liter Wasser aber auch nur wenigen Esslöffel Essig bis hin zu gar nur „einem Schuß“ Essig zugefügt werden. Erfahrungsgemäß reichen wenige Esslöffel Essig auf einen Liter Wasser für eine gute Wirkung aus. Anschließend wird ein Tuch in dem verdünnten Essig getränkt, leicht ausgewrungen und vom Köchel bis zur Kniekehle über die Waden gewickelt. Eine zweite Schicht Tücher bzw. Handtücher kommt darüber, und der Wickel wird fixiert.
Essigpatscherl: Für die Essigpatscherl werden Baumwollsocken in Essigwasser getaucht, kurz ausgewrungen und dem Patienten übergezogen. Die Socken sollten etwas größer sein, damit das Anziehen nicht allzu große Umstände macht. Über diese Socken kommt noch ein zweites Paar trockene Socken.
Anwendungsdauer: Essigwickel und Essigpatscherl sollten so lange am Körper bleiben, solange sie sich angenehm kühl anfühlen, was im Durchschnitt etwa 20 Minuten dauert. Danach sollten sie gewechselt werden. Es sollte jedoch eine kurze Pause von etwa einer halben Stunde bis zu einer Stunde eingelegt werden, und die Essigkompressen sollten nicht öfter als drei Mal hintereinander angewandt werden, um das Fieber nicht zu schnell zu senken. Während die Essigkompressen angelegt sind, sollte die Temperatur des Patienten laufend gemessen werden. Das Fieber darf pro Anwendung nicht mehr als um 1° C sinken, da der Kreislauf sonst zu stark beansprucht würde.
Im Vergleich zu Wasser hat Essigwasser eine verlängerte Verdunstungszeit und besitzt somit eine intensivere kühlende Wirkung und eine stärkere Reizwirkung. Dieser Effekt ist umso stärker, je mehr Essig dem Wasser zugesetzt wird. Durch den sauren pH-Wert unterstützt das Essigwasser außerdem den Säureschutzmantel der Haut und hilft ihr bei bei der Abwehr von Mikroorganismen.
Warme oder kalte Wickel?
Ob man warme oder kalte Wickel auflegt, hängt von der Art der Anwendung ab und sollte von Fall zu Fall entschieden werden. Kalte, gut getränkte Wickel entziehen dem Körper generell Wärme und wirken entzündungshemmend und abschwellend und eignen sich gut für akute und stark entzündliche Reaktionen. Sie helfen beispielsweise dabei, in der „heißen“ Phase einer Erkrankung das Fieber zu senken oder das Abschwellen der Luftröhre bei Atemnot zu unterstützen. Die Temperatur des aufgelegten Wickels sollte bei Fieber maximal 5 bis 10 Grad kühler sein als die Körpertemperatur des Erkrankten. Warme oder heiße Wickel wärmen den Körper, fördern die Durchblutung und können krampflösend wirken. Bei akuten Entzündungen dürfen keine warmen Wickel aufgelegt werden.
Manche schwören nichtsdestotrotz auf kalte, andere wiederum auf warme Zwiebelwickel – das Empfinden und die Wünsche des Patienten oder der Patientin sollte hier auf alle Fälle berücksichtigt werden.
Generell sollten Patienten nach dem Abnehmen eines Wickels im Bett bleiben und versuchen, den Körper für zumindest 30 bis 45 Minuten noch ruhig und warm zu halten [4].
Wichtig: Tritt durch Hausmittel keine Besserung der Beschwerden auf, muss unbedingt ein Arzt aufgesucht werden!
Fazit
Wir haben am Beispiel der Zwiebelwickel, Topfenwickel und Essigpatscherl aufgezeigt: für die Wirkung mancher Hausmittel gibt es bereits eine wissenschaftliche Erklärung, für andere (noch) nicht. Doch auch wenn es keine wissenschaftliche Belege gibt, so weiß man doch über die Vielzahl an natürlichen Heilmitteln schon aus Großmutters Zeiten: sie wirken und bieten eine gute Alternative zur chemischen Keule. Das wird vielen Leuten wieder bewusst, und der Trend geht heute wieder deutlich hin zu natürlichen Alternativen.
Referenzen:
[1] Brühung U., Ell-Beiser H. und Girsch M.: Heilpflanzen in der Kinderheilkunde (2013).
[2] Griffiths G., Trueman L., Crowther T. et al.: Onions – a global benefit to health. Phytoter Res (2002). Nov;16(7):603-15.
[3] Sharifi-Rad J., Mnayer D., Tabanelli G. et al.. Plants of the genus Allium as antibacterial agents: From tradition to pharmacy (2016). Cell Mol Biol, Aug 29;62(9):57-68.
Viele rötliche Gemüsearten (Rotkraut, rote Zwiebeln, violette Karotten) enthalten den Farbstoff Anthocyan. Anthocyane (griechisch, bedeutet so viel wie „dunkelblaue Blüte/Blume“) sind eine Gruppe von wasserlöslichen Farbstoffen, die für rote, blaue und violette Färbungen in Pflanzen sorgen. Ihre chemische Struktur und damit die Färbung sind vom pH-Wert abhängig. Je nach Art und pH-Wert des Bodens kann eine Hortensie daher rote oder blaue Blüten haben. Vielleicht ist Ihnen auch schon einmal aufgefallen, dass sich der Saft von Rotkraut verfärbt, wenn man Apfelsaft dazu gibt. Grund dafür ist die Änderung des pH-Wertes. In der Pflanze haben die Anthocyane mehrere Aufgaben: Insekten anlocken, UV-Licht absorbieren und als Antioxidantien freie Radikale binden. Sie können auch als Zusatzstoffe verwendet werden, um damit Lebensmittel zu färben – wie hier Eier.
Eier
Für das Färben können weiße oder braune Eier verwendet werden. Braune Eier lassen sich jedoch schlechter färben, und die Farbtöne werden dunkler. Gelb wird braun, türkis grünlich, und rosa geht ins rötliche.
TIPPS
• Arbeitsfläche mit Zeitungspapier abdecken, um Flecken zu vermeiden.
• Edelstahltöpfe verwenden, da Emaille sich verfärben kann.
• Um Zeit zu sparen: Eier kochen während das Gemüse kocht.
• Die gekochten Eier nicht abschrecken, das verlängert deren Haltbarkeit.
• Naturfarben brauchen lange zum Färben. Am besten über Nacht einziehen lassen.
• Eier am Ende der Färbezeit am besten mit den Fingern oder einem Schaumlöffel aus Sud herausnehmen.
• Eier am besten auf einem Kuchengitter trocknen lassen.
• Eier nach dem Trocknen mit etwas Öl einreiben, das sorgt für Glanz.
Rotkraut (Türkis)
Weiße Eier, die links mit Rotkraut aus dem Druckkochtopf gefärbt wurden und rechts mit Rotkraut, das unter 70° gekocht wurde. In der unteren Reihe wurde jeweils Natron zugegeben.
• Das Kraut raspeln oder fein schneiden.
• Pro 500 Gramm Kraut in einem Topf 1 Liter Wasser zufügen.
• Bei max. 70°C erwärmen und ca. 1 Stunde ziehen lassen.
Da der Farbstoff hitzeempfindlich ist, die Temperatur öfter kontrollieren.
• Beim Abseihen des Krautes den Saft in einer großen Schüssel auffangen. Kraut beiseite stellen.
• Hartgekochte Eier in den Sud legen und mindestens 12 Stunden färben.
• Variante Natron: Durch 2-3 Teelöffel Natron in den Saft werden hübsche Farb-Effekte erzielt. Das Ei bekommt eine dunkelgrüne Farbe und wird fleckig.
• Variante marmoriert: Das Gemüse im eigenen Saft lassen und die Eier in das Saft-Gemüse-Gemisch legen.
Rote Rüben (Rosa)
• Rote Rüben raspeln.
• 500 Gramm zerkleinerte Rüben in einem Liter Wasser,
dem ein Esslöffel Essig zugesetzt wurde, für 40 Minuten köcheln.
• Hartgekochte Eier in den Sud legen und 10-12 Stunden färben.
Violette Karotten (Lila)
• 500 Gramm geraspelte Karotten in einem Liter Wasser
für 40 Minuten köcheln.
• Hartgekochte Eier in den Sud legen und 10-12 Stunden färben.
Links wurden weiße Eier und rechts braune Eier gefärbt. In der ersten Reihe wurde mit rote Rüben, in der zweiten Reihe mit Kurkuma und in der dritten Reihe mit Rotkraut gefärbt.
Rote Zwiebeln (Lila)
• Mindestens vier Zwiebeln schälen und die Schalen in einen Topf mit einem halben Liter Wasser geben.
• Die Eier können hier direkt im Sud 10 Minuten hart gekocht werden.
Alternativ: Eier zum Kochen in die Zwiebelschalen einwickeln.
• Topf beiseite stellen und die Eier 10-12 Stunden im Sud liegen lassen.
Gelbe Zwiebeln (Gelb-Braun)
• Mindestens vier Zwiebeln schälen.
• Eier in die Zwiebelschalen einwickeln, Schale befestigen (Wollfaden, Gummiband,…) und Eier so hart kochen.
• Topf beiseite stellen und die Eier 10-12 Stunden eingewickelt stehen lassen.
Gelbwurz (Goldgelb)
• 3 Esslöffel Gelbwurzpulver (Kurkumapulver) in kaltes Wasser einrühren und ungefähr eine halbe Stunde lang einweichen lassen.
• Dann aufkochen und ca. eine halbe Stunde lang köcheln lassen.
• Abseihen und hart gekochte Eier in den Sud einlegen.
• 7–8 Stunden färben.
Weitere Möglichkeiten, natürlich Eier zu färben, sind Malventee (Hibiskus) für rot, Heidelbeeren für blau und Löwenzahn oder Spinat für grün. Diese Varianten wurden von uns noch nicht getestet. Vielleicht haben Sie ja Lust dazu und wollen uns darüber berichten?