Bierbauch: Macht zu viel Bier wirklich dick?

Zwei Gläser mit Bier, welches einen Bierbauch verursachen soll

Bier - verantwortlich für den Bierbauch? Bild: Pixabay, CCO

Bier ist für viele das Lebenselixier schlechthin. Eine Grillfeier, das gemütliche Beisammensein mit Freunden, die Fußball-WM oder das Oktoberfest ohne Bier? Für viele völlig undenkbar. Da Bier sehr kalorienreich ist, soll man davon einen Bierbauch bekommen – stimmt dieser Mythos? Die bESSERwisser haben recherchiert.

Biernation Österreich

Österreich ist ein Land der Bierliebhaber:  Bier liegt bei den alkoholischen Getränken auf der Beliebtheitsskala an erster Stelle [1]. Ungefähr die Hälfte des konsumierten Alkohols in Österreich entfällt auf Bier [2]. Allein im Jahr 2019 wurden in Österreich stolze 103 Liter Bier pro Kopf konsumiert. Damit liegt Österreich im weltweiten Ranking weit vorne: Österreich nimmt beim jährlichen Bierkonsum den zweiten Platz hinter Tschechien ein [3]. Mit rund 60% konsumieren mehr als die Hälfte der Österreicher regelmäßig Bier, 9% davon fast täglich [1]. Männer greifen häufiger zu Bier als Frauen – diese Tendenz zeigt sich bereits bei Jugendlichen zwischen 15 und 24 Jahren. In der Altersklasse zwischen 25 und 49 Jahren entfallen bei den Männern durchschnittlich 66% der getrunkenen Alkoholmenge auf Bier, bei Frauen sind es hingegen nur 35%. Auch im höheren Alter setzt sich dieser Trend fort [2].

Dabei darf nicht außer Acht gelassen werden, dass Bier und Alkohol generell viele Kalorien haben. Dies wird gut durch die Weisheit umschrieben, die man an feuchtfröhlichen Abenden öfters hört: „Ein Bier ist wie zwei Semmerl.“ Das erklärt auch die Bezeichnung von Bier als flüssiges Brot. Kein Wunder also, dass leidenschaftliche Biertrinker früher oder später mit dem Mythos konfrontiert werden, dass der bekömmliche Gerstensaft einen Bierbauch verursacht.

Kleine Biergeschichte

Bier ist eines der ältesten alkoholischen Getränke. Sein Ursprung liegt vermutlich im Gebiet des Fruchtbaren Halbmondes am nördlichen Rand der Syrischen Wüste. Dort haben die Menschen bereits vor mehr als 10.000 Jahren Getreide gesammelt und zufällig entdeckt, dass Getreidebrei nach tagelangem Stehenlassen zu gären beginnt [4]. Heute weiß man, dass bereits vor rund 13.000 Jahren Bier gebraut wurde. Relikte des ältesten Braubetriebs wurden 2018 in der Rakefet-Höhle im Norden Israels von Archäologen der Universitäten Haifa und Stanford entdeckt [5]. Vermutlich wurde der Gerstensaft damals vor allem für rituelle Zwecke genutzt.

In unterschiedlichen Kulturen und Epochen gibt es zahlreiche Nachweise für altertümliches Bierbrauen. Die Babylonier kannten bereits 20 verschiedene Sorten Bier. In Ägypten war Bier ein Grundnahrungsmittel, während in Mitteleuropa bierähnliche Getränke bereits im 3. Jahrtausend v. Chr. bekannt waren. Der römische Schriftsteller Tacitus bezeichnete Bier in seinem Werk Germania als das Hauptgetränk der Germanen, und in vielen Teilen des Römischen Reiches war das Biergeld eine der wichtigsten Steuerquellen [4]. Im Mittelalter galt Bier als das einzige saubere Getränk, das man trinken konnte, ohne krank zu werden. Aufgrund des Alkohols, der Kohlensäure und des vergleichsweise niedrigen pH-Wertes war es im Gegensatz zu normalem Wasser frei von Keimen.

Verschiedene Brauweisen

Anhand der Art der verwendeten Hefe unterscheidet man obergärige Biere wie Altbier oder Kölsch und untergärige Biere wie Pils oder Helles. Mitte des 19. Jahrhunderts setzte sich allmählich die untergärige Brauweise mit sogenannten untergärigen Hefen bei niedrigen Temperaturen durch. 1841 wurde das erste untergärige Lagerbier in Wien gebraut. 1870 war es Louis Pasteur, der durch seine Erkenntnisse in Hinblick auf das Wirken von Fäulniserregern den Gärvorgang von Bier enträtselte. Sieben Jahre später erfand der Münchner Carl von Linde die Kältemaschine. Die technischen Neuerungen zur Zeit der industriellen Revolution erlaubten es bereits, Bier nach heutigen Vorstellungen zu brauen [4]. In Österreich gibt es aktuell etwas mehr als 300 Brauereien, wobei rund zwei Drittel davon gewerbliche Betriebe und ein Drittel Hausbrauereien sind [6]. Auch das Bierbrauen daheim liegt aktuell im Trend.

Mehr Alkohol im Bier, mehr Kalorien

Bier ist ein kohlensäurehaltiges Getränk, dem Hopfen oder andere Würzstoffe wie beispielsweise Früchte oder Kräuter zugesetzt werden und welches nicht destilliert wird. Bei der Bierherstellung entsteht der Alkohol durch die Gärung von Zucker. Dieser wird beim Bier aus stärkehaltigen Getreidesamen (Gerste, Weizen, Roggen, Hafer, Hirse, Reis oder Mais) gewonnen. Für die Gärung selbst ist Hefe verantwortlich. Alkohol ist ein sehr „energiereiches“ Nahrungsmittel mit einem Brennwert von rund 7,1 kcal (Kilokalorien) pro Gramm [7]. Zum Vergleich: 1 Gramm Fett liefert 9 kcal. Zusätzlich zum Brennwert des Alkohols kommt beim Bier noch der Energiegehalt der Kohlenhydrate dazu [7]. Rund zwei Drittel der Kalorien im Bier stammen aus dem enthaltenen Alkohol, ein Drittel aus Kohlenhydraten, eine geringe Menge aus enthaltenen Proteinen. Dieses Verhältnis kann abhängig von Zusammensetzung und Alkoholgehalt des Bieres sowie dem Brauverfahren schwanken [8].

Generell gilt: Je höher der Alkoholgehalt eines Bieres, umso höher auch sein Energiegehalt. Ein Liter helles Vollbier (3–5 vol. % Alkohol) kommt auf rund 390 kcal pro Liter [7]. Wer auf die Kalorien achten möchte, greift am besten zu alkoholarmem oder alkoholfreiem Bier, das meist nur auf die Hälfte der Kalorien kommt [9]. Die Empfehlung für den Konsum von Alkohol liegt für Männer bei maximal 20 Gramm Alkohol pro Tag und für Frauen bei maximal 10 Gramm Alkohol pro Tag (D-A-CH Referenzwerte) [7]. Das entspricht einem halben Liter Bier pro Tag für Männer und einem viertel Liter Bier pro Tag für Frauen (5,2 vol. % Alkohol) [2].

Bier als Appetitanreger

Trotz der vielen Kalorien macht Bier nicht satt – im Gegenteil, Alkohol wirkt sogar appetitanregend [7]. Der moderate Konsum von Alkohol mit maximal 20 Gramm pro Tag regt die anschließende Nahrungsaufnahme an. Alkohol macht insbesondere auf fettreiches und herzhaftes Essen Lust und verstärkt den kurzfristigen Belohnungseffekt der Nahrung im Gehirn. Das könnte auch ein gelernter Effekt sein, da in der westlichen Kultur der Konsum von Alkohol unmittelbar mit dem Konsum von herzhaftem Essen verbunden ist [9, 10]. In Punkto Kulinarik verbindet der Großteil der befragten Österreicher und Österreicherinnen Bier mit Gegrilltem (74 %), deftigen Fleischspeisen (70 %), der typischen Hausmannskost (59 %) oder einer Jause (49 %) [1].

Bierkonsum und Bierbauch: Kein direkter Zusammenhang

Der Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und Körpergewicht ist umstritten und komplex. Generell tendieren Männer im Gegensatz zu Frauen klar dazu, in der Bauchregion zuzunehmen. Das liegt hauptsächlich an der höheren Nahrungsfettaufnahme durch das viszerale Bauchfett – jenem Fett, das die inneren Organe umgibt [11, 12]. Ob der Konsum von alkoholischen Getränken, insbesondere Bier, zur Gewichtszunahme in der Bauchregion führt, ist wissenschaftlich noch nicht eindeutig bewiesen. Das liegt auch daran, dass andere Faktoren wie das Trinkmuster, der Lebensstil oder Konsum von anderen alkoholischen Getränken eine entscheidende Rolle spielen. Eine Gewichtszunahme besonders in der Bauchregion scheint nur mit dem Genuss größerer Biermengen einherzugehen [9, 12, 13].

Das zeigt auch eine europäische Studie, die den Zusammenhang zwischen dem Bierkonsum und abdominellem Übergewicht untersuchte. Dazu wurde neben dem Körpergewicht von 20.000 Probanden auch deren Bierkonsum und waist-to-hip ratio (= WHR) analysiert [14]. Diese berücksichtigt im Gegensatz zum Body-Mass-Index (BMI) die Verteilung des Körperfettes und hilft bei der Beurteilung möglicher Gesundheitsrisiken durch Übergewicht. Bei Männern konnte zwar eine Korrelation zwischen dem Bierkonsum und einer höheren WHR festgestellt werden, diese konnte jedoch nicht eindeutig auf das Biertrinken zurückgeführt werden. Männer, die mehr als einen Liter Bier pro Tag tranken, tendierten zu einer größeren WHR als moderate Biertrinker, da sie mehr Kalorien zu sich nahmen. Die Zunahme von viszeralem Bauchfett hing mit einer generellen Gewichtszunahme zusammen. Ein direkter Zusammenhang zum Bierkonsum konnte jedoch nicht festgestellt werden [12, 14].

Ist Bier gesund?

Hopfen und Malz, Gott erhalt’s! Wer kennt diesen Spruch nicht? In der wissenschaftlichen Literatur auch positive Effekte von moderatem Bierkonsum auf die Gesundheit beschrieben. Bier wird aus natürlichen Zutaten hergestellt und liefert neben geringen Mengen an B-Vitaminen aus Getreide und Hefe auch Mineralien sowie Polyphenole und Ballaststoffe aus Getreide und Hopfen. Die tatsächliche Zusammensetzung variiert bei den verschiedenen Biersorten und ist von den verwendeten Rohstoffen und der Art der Herstellung des Bieres abhängig. Besonders interessant ist, dass Bier ein relativ hohes Kalium-Natrium-Verhältnis (meist 4:1) aufweist. Gerade deswegen greifen viele gerne nach dem Sport zu alkoholfreiem Bier, um ihren Elektrolythaushalt wieder aufzufüllen. Mit rund 177 Milligramm Kalium und 23 Milligramm Natrium deckt ein halber Liter Bier jedoch längst nicht den täglichen Bedarf an diesen Mineralien.

Studien haben gezeigt, dass Bier den Körper nach dem Sport umso weniger rehydrieren kann, je stärker es ist. Bier mit einem Alkoholgehalt von 2 vol. % oder weniger erhöht die Urinmenge bzw. ausgeschiedene Flüssigkeit nicht. Alkoholfreies Bier ist somit eine gute Alternative zu regulärem Bier, vor allem für die Rehydrierung nach dem Sport. Es ist jedoch mehr Forschung erforderlich, um den genauen Alkoholgehalt zu bestimmen, der weder die Urinmenge, noch den Wasserhaushalt beeinflusst. Auch wenn Bier die Ernährung positiv ergänzen kann, ist auf einen moderaten Konsum als Teil einer ausgewogenen Ernährung zu achten [9, 12].

Fazit

Der weit verbreitete Glaube, dass Biertrinken einen„Bierbauch“ verursacht, kann aus wissenschaftlicher Sicht nicht bestätigt werden. Der Bierkonsum an sich und die Kalorien vom Bier selbst führen nicht unmittelbar zur Gewichtszunahme. Da Bier jedoch appetitanregend  wirkt, kann bei Genuss von größeren Biermengen der Bauchumfang trotzdem zunehmen. Neben Trinkmuster und Geschlecht spielen hier jedoch auch der Lebensstil (Rauchen, Bewegung etc.) und individuelle Ernährungsgewohnheiten eine entscheidende Rolle und machen den Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und Übergewicht sehr komplex.

Quellen

[1] Brau Union Österreich AG: Bierkulturbericht 2019 (2019). S. 10–11 und 21

[2] Bachmayer S., Strizek, J., Hojni M., Uhl A.: Handbuch Alkohol – Österreich. Band 1 – Statistiken und Berechnungsgrundlagen 2019 (2020). 7. Aufl. Gesundheit Österreich, Wien, S.5, 58f

[3] https://de.statista.com/themen/4398/alkoholkonsum-der-oesterreicher/

[4] Wikipedia: Geschichte des Bieres 

[5] Liu L., Wang J., Rosenberg D. et al.: Fermented beverage and food storage in 13,000 y-old stone mortars at Raqefet Cave, Israel: Investigating Natufian ritual feasting (2018). Journal of Archaeological Science: Reports Volume 21, S. 783–793

[6] Brauereiverzeichnis von Bierland Österreich, abgerufen am 16.11.2020

[7] Österreichische Gesellschaft für Ernährung: Alkohol, abgerufen am 16.11.2020

[8] Buiatti S.: Beer composition: an overview. Beer in health and disease prevention (2009), S. 213–226.

[9] Marcos A., Huber J. und Hlatky M.: Bier & Gesundheit – Ein Faktencheck. Verlagshaus der Ärzte (2019).

[10] Schrieks IC., Stafleu A., Griffioen-Roose S. et al.: Moderate alcohol consumption stimulates food intake and food reward of savoury foods (2015). Appetite, Volume 89, S. 77–83. 

[11] Nauli AM. and Matin S.: Why Do Men Accumulate Abdominal Visceral Fat? (2019). Front. Physiol. 

[12] Osorio-Paz I., Brunauer R. and Alavez S.: Beer and its non-alcoholic compounds in health and disease (2019). S. 3492–3505.

[13] Sayon-Orea C., Martinez-Gonzalez MA. and Bes-Rastrollo M.: Alcohol consumption and body weight: a systematic review (2011). Nutrition Reviews, Volume 69, Issue 8, S. 419–431.

[14] Schütze M., Schulz M., Steffen A. et al.: Beer consumption and the ‘beer belly’: scientific basis or common belief? (2009). European Journal of Clinical Nutrition 63(9):1143-9.

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