Mikroorganismen haben einen großen Einfluss auf die Wasserqualität von Seen. Eine Studie mit österreichischer Beteiligung konnte nun zeigen, dass sich der Anteil giftiger Bakterien in Bergseen erhöht hat und somit eine Gefahr für die Wasserqualität darstellt – Schuld ist der Klimawandel.
Beim Baden in österreichischen Gewässern muss man sich zurecht keine Sorgen machen, denn seit fünf Jahren liegt Österreich im EU-Ranking für gute Wasserqualität immer in den Top drei. 99,2 Prozent der Badestellen wurden 2023 als „ausgezeichnet“ oder „gut“ eingestuft [1]. Biofilme spielen hierbei eine wichtige Rolle für sauberes und gesundes Wasser.
Biofilme sind Schleimschichten, in denen Mikroorganismen wie Bakterien, Algen, Pilze oder Protozoen (Einzeller mit echtem Zellkern) leben. Sie sind größtenteils in wässrigen Systemen, wie an der Wasseroberfläche von Seen, zu finden. Biofilme bedecken aber auch Steine, Wasserpflanzen und Böden der Seen. Diese Schleimschichten bestehen hauptsächlich aus Wasser, das mit Zuckern, Proteinen, Lipiden und Nukleinsäuren sogenannte Hydrogele bildet. Stimmt der mikrobielle Anteil im Biofilm, können die Mikroorganismen Schadstoffe abbauen, das Wasser reinigen und somit wichtigen Beitrag zu einer guten Wasserqualität leisten. Sie sind somit essenziell für sauberes Wasser in stehenden Gewässern, werden aber auch für die technische Abwasserreinigung eingesetzt.
Eine Studie mit österreichischer Beteiligung untersuchte nun die Zusammensetzung von Biofilmen im Detail und konnte zeigen, dass sich diese in französischen Bergseen drastisch verändert hat. Gemeinsam mit Forschenden aus Frankreich und Deutschland untersuchte Luca Zoccarato vom Institut für Computergestützte Biologie der Universität für Bodenkultur Wien fünf Jahre lang 26 Seen in den französischen Pyrenäen. Dabei fanden die Wissenschaftler:innen heraus, dass die mikrobielle Artenvielfalt über die Zeit gesunken war. Konkret erhöhte sich in diesem Zeitraum die Anzahl der Cyanobakterien (Blaualgen), allerdings auf Kosten der Kieselalgen, denn diese wurden weniger.
Cyanobakterien sind natürlicher Bestandteil von Planktongemeinschaften von so gut wie jedem See und betreiben wie Pflanzen Photosynthese. Sie wurden früher zu den Algen gezählt. Einige Arten können Toxine, also giftige Stoffe (Cyanotoxine) herstellen und ins Wasser abgeben. Beispiele für solche Gifte sind das Lebergift Microcystin und das Nervengift Saxitoxin. Cyanotoxine wurden auch in der Vergangenheit schon manchen Hunden und Wildtieren zum Verhängnis. Kieselalgen wiederum stellen Indikatoren für die gute Qualität des Wassers dar.
Das Phänomen der Ausbreitung von Cyanobakterien ist aber nicht nur in den Pyrenän zu beobachten. Erst diesen Sommer wurde vom Baden im Stausee Ottenstein in Niederösterreich abgeraten, da dieser mit Cyanotoxinen belastet war.
"Das ist ein Zeichen dafür, dass die Biofilme degradieren. (…) Einige Cyanobakterien bilden Cyanotoxine, die für Tiere und Menschen schädlich sind, und der Anteil von Cyanotoxin-produzierenden Cyanobakterien in den Biofilmen hat in den letzten Jahren zugenommen" so Adeline Loyau vom Institut National Polytechnique de Toulouse und Mitautorin der Studie.
Die Studie zeigte des Weiteren, dass ebenfalls abgelegene Seen, die vom Menschen unberührt scheinen, stärker als angenommen vom Klimawandel und dem Einfluss des Menschen betroffen sind. Mit Wasser aus den Bergenwird ungefähr die Hälfte der Menschheit beliefert. Daher sind die Erkenntnisse der Studie nicht nur für Hunde und Wildtiere relevant, von dieser Veränderung der mikrobiellen Biodiversität der Seen sind auch die Menschen betroffen.
Beim Menschen können Cyanotoxine Verdauungs-, respiratorische und neurologische Störungen auslösen. Alleine der Hautkontakt kann zu Problemen wie Haut- und Schleimhautreizungen bis hin zu Bindehautentzündung und Ohrenschmerzen führen.
Die größte Bedrohung für die Biodiversität in den Bergen stellt aktuell der Klimawandel dar. So können folgende dadurch verursachte Veränderungen die Wasserchemie von Bergseen drastisch verändern: steigende Wassertemperaturen und Verdunstung, Gletscherrückgang und -abfluss, Gesteinsverwitterung sowie chemische Verschmutzungen. Dadurch kann es etwa zu Schwankungen im pH-Wert und der Wasserhärte kommen. „Diese Schwankungen werden unter dem Einfluss des Klimawandels durch Auslaugung des Gesteins weiter zunehmen“ gibt Dirk Schmeller vom Institut National Polytechnique de Toulouse in Frankreich einen Ausblick auf die Zukunft.
Die Forscher:innen raten daher den Verantwortlichen, Strategien zur Entlastung der Bergseen von beeinflussbaren Stressfaktoren wie Fischbesatz und invasiven Arten sowie zum Schutz der Wasserqualität zu erarbeiten.
[1] Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft: Totschnig/Rauch: Heimische Badegewässer weisen weiterhin Top-Qualität auf (2023). Abgefragt am 4.10.2023
as, 04.10.2023
Originalpublikation:
Sentenac H., Loyau A., Zoccarato L., Jassey VEJ, Grossart HP and Schmeller DS: Biofilm community composition is changing in remote mountain lakes with a relative increase in potentially toxigenic algae (2023). Volume 245, 2023, 120547, ISSN 0043-1354, https://doi.org/10.1016/j.watres.2023.120547.