Wiener ForscherInnen haben eine Entdeckung gemacht, die auch für den Klimaschutz relevant sein könnte: Bestimmte Bakterien können die Bildung des Treibhausgases Methan reduzieren.
Viele Mikroorganismen noch nicht charakterisiert
Mikroorganismen sind momentan in der Forschung ein „hot topic“. Weltweit wird viel Zeit und Geld darin investiert, das Mikrobiom des Menschen – damit sind alle mit dem Menschen assoziierten Mikroorganismen gemeint – zu untersuchen. Heute ist es bereits möglich, Mikroorganismen zu medizinischen Zwecken einzusetzen. Von neuen Erkenntnissen aus der Grundlagenforschung erhofft man sich unter anderem auch neue therapeutische Ansätze.
Auch Mikroben, die nicht mit dem Mensch assoziiert sind und andere Lebensräume und Ökosysteme besiedeln, werden intensiv beforscht. Klar ist, dass erst ein Bruchteil der existierenden Mikroorganismen auf unserer Erde bekannt ist. Hier ist die Erwartungshaltung groß, mit der Charakterisierung neuer Mikroben auch Eigenschaften zu entdecken, die für uns nützlich sind.
Großes Schwefelbakterien-Vorkommen in deutschem Moor
Alexander Loy, Mitbegründer des Österreichischen AMICI Netzwerks für Mikrobiomforschung, lehrt und forscht an der Abteilung für Mikrobiologie und Ökosystemforschung der Universität Wien. Der Mikrobiologe beschäftigt sich vor allem mit Schwefeloxidierenden Bakterien und mit den Mikroben im Darm. Für eine aktuelle Studie untersuchte Loy gemeinsam mit Bela Hausmann aus seiner Abteilung und mit internationalen KollegInnen die Lebensgemeinschaft der Mikroorganismen (das Mikrobiom) in einem Moorgebiet im bayerischen Fichtelgebirge. Die ForscherInnen konnten bei ihren Untersuchungen komplett neue Erkenntnisse zur Vielfalt und Ökologie der sulfatreduzierenden Mikroorganismen gewinnen.
Die WissenschaftlerInnen entdeckten, dass es sich bei rund der Hälfte der Mikroorganismen im untersuchten Moor um so genannte Acidobakterien handelt. Acidobakterien stellen eine große Gruppe von Mikroorganismen dar, die weltweit vorkommen und häufig in Böden und auch Mooren zu finden sind. „Durch ihre Beteiligung am Abbau organischer Biomasse spielen sie eine wichtige Rolle im Kohlenstoffkreislauf. Wir haben erstmals Acidobacteria-Arten entdeckt, die zusätzlich die genetische Fähigkeit zur Sulfatatmung besitzen", erklärt Hausmann, Erstautor der Studie.
Acidobakterien unterdrücken Bildung von Methan
Die WissenschaftlerInnen um Loy konnten zeigen, dass die Acidobakterien aus dem deutschen Moor Sulfit oder Sulfat in ihrem Stoffwechsel umsetzen. Bei der so genannten Sulfatatmung gewinnen sie Energie durch Sulfatreduktion aus Schwefelverbindungen und nutzen den Kohlenstoff schon weiter oben in der Nahrungskette als ursprünglich angenommen. Diese metabolische Vielfältigkeit könnte es den Acidobakterien ermöglichen, besonders effektiv mit Archaebakterien um Fermentationsprodukte anderer Mikroorganismen zu konkurrieren. Als Resultat werden die methanbildenden Archaea (Archaebakterien) unterdrückt. Die Schwefelbakterien produzieren Kohlendioxid (CO2), die Archaea erzeugen Methan (CH4) – beides Treibhausgase, die mit dem Klimawandel in Zusammenhang stehen. Methan ist jedoch rund 25-mal so schlecht für das Klima wie Kohlendioxid. Somit besteht die Vermutung, dass die neu entdeckten Acidobakterien in Summe eine Reduktion der Methanbildung im Moor bewirken.
Wichtige Rolle von Schwefelbakterien bei Klimawandel
Natürliche Feuchtgebiete, wie zum Beispiel Moore, gelten generell als ein wichtiger Faktor bei den Ursachen und Auswirkungen der Klimaerwärmung, denn sie binden mehr Kohlenstoffdioxid aus der Atmosphäre als sie freisetzen. Allerdings stammen auch etwa 30 Prozent der weltweiten Emissionen des noch stärkeren Treibhausgases Methan aus diesen Feuchtgebieten. Wie sich der Klimawandel und die globale Erderwärmung darauf auswirken werden, ist noch nicht bekannt. „Vorhersagen deuten darauf hin, dass mehr CO2 und Methan freigesetzt wird, vor allem auch aus den auftauenden Permafrostregionen“, so Loy. Klar ist, dass noch mehr klimaschädliches Methan freigesetzt werden würde, wenn es die Sulfatreduzenten nicht geben würde – diese wurden bei den meisten Klimamodellen bisher jedoch bisher nicht berücksichtigt. Die in der Studie identifizierten Schwefelbakterien könnten somit eine wichtige Rolle im globalen Schwefel- und Kohlenstoffkreisläufe spielen und positive Auswirkungen auf das Klima haben.
Auch in anderen Mikrobengruppen ist die Schwefelatmung weiter verbreitet als ursprünglich angenommen, wie eine weitere Studie unter der Beteiligung von Alexander Loy und seinem Team zeigte. "Aber erst weitere Forschung wird detaillierte Einblicke in den Metabolismus der hier neu entdeckten Schwefelbakterien und -archaeen liefern und beweisen, wie relevant sie in der Umwelt wirklich sind," so Loy.
Quellen:
Medienportal der Uni Wien, abgefragt am 3.3.2018
ORF science, abgefragt am 3.3.2018
APA science, abgefragt am 3.3.2018
Originalpublikationen:
AS, 04.03.2018