invIOs: Innovative Immuntherapien gegen Krebs

invIOs möchte unter anderem veränderte CAR-T-Zellen für personalisierte Immuntherapien verwenden, Bild: Pixabay, CCO

Das Wiener Jungunternehmen invIOs steht für innovative Immuno-Onkologie und hat sich auf die Entwicklung zielgerichteter und personalisierter Krebstherapien spezialisiert.

Das private Biotech-Unternehmen invIOs wurde im Jahr 2022 von Peter Llewellyn-Davies als Start-Up aus der Apeiron Biologics AG heraus gegründet. Llewellyn-Davies war damals Geschäftsführer von Apeiron und konnte bereits auf jahrelange Erfahrung als Vorstandsmitglied von einigen Chemie- und Gesundheitsunternehmen zurückblicken.  Aktuell beschäftigt das Jungunternehmen mit Firmensitz am Vienna BioCenter rund 35 Mitarbeiter:innen.

Das eigene Immunsystem zur Therapie nutzen

Unser Immunsystem wehrt laufend Eindringlinge wie Bakterien, Viren und andere Krankheitserreger ab und hat somit eine wichtige Schutzfunktion gegen außen. Die Aufgabe eines funktionierenden Immunsystems besteht aber auch darin, körpereigene Tumorzellen zu eliminieren. Diese können jedoch Strategien entwickeln, um sich vor dem Immunsystem zu verstecken und nicht erkannt zu werden und infolgedessen nicht bekämpft zu werden. Häufig können Tumore auch das Immunsystem und die körpereigenen Abwehrreaktionen unterdrücken.

Seit einigen Jahren werden bei bestimmten Krebserkrankungen so genannte Immuntherapien eingesetzt, welche die körpereigene Abwehrreaktion von Patient:innen nutzen. Mit dieser Behandlungsform möchte man die Tricks der Krebszellen zum Entwischen vor dem Immunsystem wieder rückgängig machen, was auf folgendem Prinzip beruht:  Das eigene Immunsystem wird bei einer Immuntherapie im ersten Schritt dafür angelernt, die Tumorzellen auch als solche zu erkennen, um sie im nächsten Schritt dann zu eliminieren.

Bei Immuntherapien werden beispielsweise so genannte T-Lymphozyten, spezielle körpereigene weiße Blutkörperchen, gezielt gegen bestimmte Oberflächenmoleküle (Antigene) auf den Krebszellen „scharf gemacht“, um die entarteten Zellen dann bei Kontakt zu zerstören. Es gibt aber auch andere Möglichkeiten, um Tumore erkennbar zu machen und die Unterdrückung des Immunsystems bei Krebs aufzuheben.

Zielgerichtete und personalisierte Immuntherapien

Das Start-Up invIOs setzt im Kampf gegen Krebs auch auf Immuntherapien und verfolgt dabei zwei Ansätze, die beide auf der Aktivierung des Immunsystems und im Speziellen von T-Zellen beruhen.

Einerseits sucht das Jungunternehmen nach kleinen Molekülen, die zielgerichtet an die Oberfläche von T-Lymphozyten binden und sie dadurch aktivieren. Die aktivierten T-Zellen eliminieren dann in einer spezifischen anti-Tumor-Immunantwort die Krebszellen.

InvIOs tüftelt aber auch an einer Verbesserung einer individualisierten Zelltherapie, der so genannten CAR-T-Immunzelltherapie, die bei Blutkrebs bereits erfolgreich angewendet wird. Bei dieser innovativen personalisierten Immuntherapie werden T-Zellen aus dem Blut der Patientin/des Patienten isoliert und im Labor genetisch so verändert, dass sie spezifisch die Krebszellen dieser Person erkennen können. Die veränderten Zellen werden anschließend wieder in den Körper der kranken Person injiziert und können die Krebszellen dann gezielt angreifen. Die CAR-T-Zell-Therapie hat sich in den letzten Jahren zu einem wichtigen Instrument im Kampf gegen Krebs entwickelt. Therapieerfolge dieser revolutionären Behandlungsstrategie gab es bisher bei Patient:innen mit Leukämie, also Blutkrebs. Bei der Behandlung solider Tumore gibt es noch keine signifikanten Ergebnisse, und hier setzt invIOs an: Das Start-Up möchte CAR-T-Zellen auch zur maßgeschneiderten Zelltherapie bei anderen Tumorarten einsetzen und versuchen, bisher unheilbar Kranken neue Therapiemöglichkeiten zu eröffnen.

Für die neu entwickelten Arzneimittel gegen Krebs hat Geschäftsführer Llewellyn-Davies prinzipiell folgenden Plan: “Wir bringen ein Medikament bis zum Clinical Proof of Concept. Dann steigt ein Groß-Pharmaunternehmen ein. Das kann auch schon während der Phase zwei der klinischen Studie passieren.”

Mit kleinen Molekülen gegen Krebs

Bei seiner Suche nach kleinen Molekülen, die gezielt körpereigene T-Zellen aktivieren können, hat invIOs bereits viele mögliche Substanzen getestet. Dabei stach ein Kandidat besonders heraus: INV501, ein kleines Immunsystem-aktivierendes Molekül das gute tumorspezifische Immunaktivierung zeigte.

Die präklinischen Tests von INV5012, bei denen potenzielle Medikamente in vitro an Zellen oder in vivo in Tiermodellen getestet werden, konnten für Haut- und Brustkrebs bereits erfolgreich abgeschlossen werden. Für Glioblastome – die häufigsten bösartigen Hirntumore bei Erwachsenen – werden aktuell in Zusammenarbeit mit dem Dana-Farber Cancer Institute in Boston präklinische Tests durchgeführt.

Die niedermolekulare Substanz könnte zukünftig als Tablette verabreicht werden und ist somit patient:innenfreundlich. Kleinere Moleküle wie INV501 sind generell weniger komplex und daher auch günstiger in der Produktion.

Entwicklung innovativer Zell-Therapien

InvIOs arbeitet auch an verschiedenen Ansätzen, um patient:inneneigene CAR-T-Zellen effizienter für Immuntherapien bei soliden Tumoren zu machen. Dafür hat das Jungunternehmen die so genannte EPiC-Plattform ins Leben gerufen, welche die präzise Veränderung von Faktoren in CAR-T-Zellen im Labor bzw. einem geschlossenen Produktionssystem ermöglicht. Patient:innen mit soliden Tumoren sollen zukünftig ambulant mit einer individualisierten Zelltherapie behandelt werden können, und das mit weniger Nebenwirkungen als aktuell, so der Plan. Für Ärzt:innen ließe ich dieses System einfach in die täglichen klinischen Arbeitsabläufe integrieren und soll die Behandlungszeit der Krebspatient:innen verkürzen.

Um aktuelle CAR-T-Immuntherapien zu verbessern und Tumorzellen für das Immunsystem besser „sichtbar" zu machen, konzentriert sich invIOs bei seiner Forschung auf ein Molekül namens CBL-B. Dieses stellt einen negativen Regulator der T-Zell-Aktivierung dar. In Tumoren wirkt CBL-B als eine Art "Immunbremse", die den Tumorzellen hilft, der Immunüberwachung zu entkommen. So wird das Immunsystem unterdrückt und das Tumorwachstum gefördert.

Für Romana Gugenberger, wissenschaftliche Leiterin von invIOs, stellt CBL-B einen „Rohdiamant“ für den Kampf gegen Krebs dar: Wird dieses Protein für eine Zeit stilllegt, werden T-Zellen wieder befähigt, Krebszellen zu erkennen. Das Start-Up möchte CBL-B konkret in CAR-T-Zellen ausschalten, um deren Immunantwort gegen Tumore zu verstärken und die Anti-Tumor-Wirkung des Immunsystems zu verbessern. Dies könnte beispielsweise bei metastatierendem Lungenkrebs im Spätstadium die Chancen auf Heilung erhöhen.

invIOs setzt für das Inaktivieren von CBL-B auf so genannte RNA-Interferenz. So wird ein zellulärer Mechanismus bezeichnet, bei dem kleine RNA-Moleküle (siRNA) die Expression bestimmter Gene hemmen. Konkret funktioniert der Ansatz von invIOs so: Den Patient:innen werden Immunzellen entnommen, und kurze RNA-Stücke werden in sie eingeschleust. Diese binden an die mRNA von CBL-B, die dafür notwendig ist, dass letztendlich ein funktionierendes Protein entsteht. Durch das Binden der siRNA an die CBL-B mRNA entstehen doppelsträngige RNA-Abschnitte, die zum Abbau der mRNA führt. Somit bildet die Zelle kein CBL-B Protein.

 

Abbildung 1: Abbau der CBL-B RNA und seine Folgen, Bild: erstellt von Open Science – Lebenswissenschaften im Dialog mit @BioRender.com

Um seinen innovativen CAR-T-Zelltherapieansatz zur Behandlung aggressiver Lungentumoren zu untersuchen, arbeitet invIOs aktuell mit der Medizinischen Universität Innsbruck zusammen.

Alexander Dohnal, Leiter der Forschung und Entwicklung bei invIOs, zu dieser Kooperation: „Erste Ergebnisse unserer klinischen Studien deuten darauf hin, dass die Deaktivierung von CBL-B wesentlich zu einer gezielteren Behandlung von aggressiven Lungentumoren beitragen könnte. Langfristig planen wir klinische Studien, um zu untersuchen, ob unser maßgeschneidertes Konzept dieser neuartigen CAR-T-Zelltherapien die Erfolgsrate bei Lungenkrebspatient:innen im Spätstadium verbessern kann. Wenn sich unser Konzept in präklinischen Modellen bestätigt, könnte diese Technologie auf andere schwer zu behandelnde Indikationen ausgeweitet werden. Dies wäre ein Durchbruch für zelltherapeutische Behandlungen von Patient:innen mit soliden Tumoren."

Die zukünftige Arbeit von invIOs ist jedenfalls gesichert: Das Start-Up konnte sich vor kurzem ein Investment in Millionenhöhe sichern. Mit rund 8,2 Millionen Euro finanziert unter anderem Ligand Pharmaceuticals, der Käufer der früheren invIOs-Mutter Apeiron, die Arbeit des Unternehmens.

as, 23.12.2024


Quellenangaben

  1. Website von Invios
  2. Brutkasten: Wiener BioTech invIOs erhält 8,2 Millionen Euro zur Behandlung von Hirntumoren vom 15.10.2024
  3. FFG Projektdatenbank: invIOs GmbH
  4. Presseaussendung von invIOS vom 17.04.2024
  5. Invios: Three questions to Romana Gugenberger, Chief Medical and Scientific Officer