Erkrankungen des Gehirns am Auge erkennen

Braun-grünes Auge

Das Auge ermöglicht als "Fenster zum Gehirn" eine Diagnose neurodegenerativer Erkrankungen , Bild: Pixabay, CCO

Ein von der Medizinischen Universität Wien mitentwickelter Augenscanner könnte neben Augenerkrankungen auch neurodegenerative Krankheiten frühzeitig aufspüren.

Als neurodegenerative Erkrankungen werden Erkrankungen des Nervensystems bezeichnet, bei denen es zu einem fortschreitenden Verlust von Nervenzellen kommt. Als Folge dieses als Neurodegeneration bezeichneten Vorgangs kann es zu Demenz, Bewegungsstörungen und anderen Beeinträchtigungen der Gesundheit kommen. Häufig sind neurodegenerative Krankheiten, zu denen unter anderem Alzheimer und Parkinson zählen, erblich bedingt. Bisher sind sie nicht heilbar. Bei frühzeitigem Erkennen kann die fortschreitende Neurodegeneration durch entsprechende Behandlung jedoch verlangsamt werden.

Im Rahmen eines groß angelegten Forschungsprojekts ist es WissenschaftlerInnen nun gelungen, neurodegenerative Erkrankungen im Frühstadium am Auge zu erkennen.

Entwicklung eines neuartigen Augenscanners

Im Rahmen des großangelegten EU-Projekts MOON unter der Beteiligung der Medizinischen Universität (MedUni) Wien und internationalen PartnerInnen wurde ein spezieller Augenscanner entwickelt. Die vereinte Expertise der ProjektpartnerInnen ermöglichte es, Tomografie und Spektroskopie in einem Gerät zu vereinen. Der so entstandene neuartige Scanner liefert zusätzlich zur hochauflösenden Darstellung der Struktur im Auge auch Informationen zum Gewebe auf molekularer Ebene. Dem internationalen Team von WissenschaftlerInnen gelang es mit dem neuartigen Scanner, präzise Daten aus dem lebenden menschlichen Auge zu liefern.

Früherkennung von Krankheiten für bessere Heilungschancen

Veränderungen auf molekularer Ebene setzen bei Erkrankungen schon lange vor dem Auftreten von Gewebsschädigungen ein. Je früher Abweichungen des Stoffwechsels von der Norm erkannt werden, umso früher kann auch mit einer Therapie begonnen werden. Diese kann krankheitsbedingte Schäden bei Patientinnen und Patienten zwar nicht rückgängig machen, sie kann aber ein Fortschreiten der Krankheit verlangsamen oder stoppen. Der Prototyp des neu entwickelten Augenscanners bietet hier nun Bilder mit weltweit einzigartiger Qualität, Größe und Kontrast für eine frühe Diagnose von Erkrankungen im Auge.

Erfolgreiche Anwendung bei Augenerkrankungen und Diabetes

Beim Auge können Gewebeschäden der Netzhaut einen unwiederbringlichen Verlust der Sehfähigkeit bedeuten. Der Einsatz des neu entwickelten Augenscanners an der Universitätsklinik für Augenheilkunde und Optometrie der MedUni Wien zeigte hier bereits bedeutende Erfolge: Er ermöglichte eine verbesserte Augendiagnostik und Behandlungsplanung bei DiabetespatientInnen, bei denen es zur Schädigung der Netzhaut kommen kann. Auch andere Erkrankungen des Augenhintergrundes konnten mit dem Scanner erfolgreich diagnostiziert werden.

Frühzeitige Erkennung neurodegenerativer Erkrankungen

Wie zahlreichen Studien bestätigen, ist das Auge das „Fenster zum Gehirn“:  Neurodegenerative Erkrankungen wie beispielsweise Alzheimer können auch zu Veränderungen des sensiblen Nervengewebes der Netzhaut führen. Die MedUni Wien konnten in klinischen Studien auch in diese Richtung bereits einen Erfolg mit dem neuen Scanner erzielen: Die WissenschaftlerInnen konnten mithilfe eines Augenscans neurodegenerative Erkrankungen bei PatientInnen erkennen.

Der Einsatz des neuen Scanners hat somit enormes diagnostisches Potential. In weiteren Studien soll daher an der MedUni Wien der Einsatz des Scanners auch für die Diabetesdiagnostik und andere neurodegenerative Erkrankungen wie Multiple Sklerose oder Parkinson getestet werden.

as, 21.04.2022


Quellenangaben

Referenzen:

PA der Meduniwien vom 30.03.2022

Informationen zum Projekt „MOON“ im EU-Rahmenprogramm H2020

Im durch das EU-Rahmenprogramm H2020 geförderten Projekt „MOON“ (multimodale optische Diagnostik für altersbedingte Erkrankungen des Auges und des Zentralnervensystems) arbeiten Partner aus Österreich – vertreten durch ExpertInnen am Zentrum für Medizinische Physik der Medizinischen Universität Wien – Deutschland, Frankreich und den Niederlanden daran, neue Technologien für die Frühdiagnose dieser Erkrankungen zu entwickeln und erfolgreich in der Therapie und Diagnostik einzusetzen.

Das Verbundprojekt MOON wurde von der Europäischen Union im Rahmen des Horizon2020-Programms (Projektnummer 732969) gefördert. Projektpartner sind die Medizinische Universität Wien, das Leibniz-Institut für Photonische Technologien Jena (Leibniz-IPHT), TNO Optics Expertise Group Delft; Carl Zeiss AG, HORIBA S.A.S., und INNOLUME GmbH