Risiko für Allergien steigt durch Magenschutz-Medikamente

Tabletten, Bild: Pixabay (CC0)

Wiener ForscherInnen weisen nach, dass die Einnahme von Magenschutz-Medikamenten Allergien verstärken oder diese sogar auslösen kann.

Viele Medikamente zum Magenschutz sind heute rezeptfrei erhältlich. Sie werden häufig bei Beschwerden wie Sodbrennen oder Magendrücken sowie vorbeugend bei Gastritis eingenommen und können auch das Abheilen einer bereits geschädigten Magenschleimhaut unterstützen. Die Wirkungsweise dieser Arzneimittel ist folgende: Magensäure wird durch entsprechende Blocker neutralisiert oder von vornherein reduziert. Häufig wird Magenschutz zur Unterstützung von Medikamententherapien, zur Vermeidung eines Magengeschwürs, gegen Völlegefühl, aber auch bei Stressreaktionen, die zu Sodbrennen führen, eingesetzt. Im Jahr 2013 bekamen in Österreich 1.540.505 Personen auf Kassenkosten zumindest eine Packung eines bestimmten Magenschutz-Medikaments, eines so genannten Protonenpumpenhemmers (PPI), verschrieben.

Groß angelegte Studie: Analyse von acht Millionen Gesundheitsakten

Eine Forschungsgruppe von der Medizinischen Universität Wien um Erika Jensen-Jarolim vom Institut für Pathophysiologie und Allergieforschung hat nun den Zusammenhang zwischen der Einnahme von Magensäureblockern und Allergien untersucht. Hinweise für einen solchen gab es bereits aus früheren Studien, Daten als Beleg fehlten bisher allerdings. Jensen-Jarolim und ihr Team arbeiteten für ihre groß angelegte Studie mit den österreichischen Sozialversicherungsträgern zusammen. Von diesen bekamen sie die quantitativen Verschreibungsdaten aus Österreich zur Verfügung gestellt. Insgesamt konnten die ForscherInnen so acht Millionen Gesundheitsakten – von 97 Prozent der österreichischen Bevölkerung - im Zeitraum zwischen 2009 und 2013 analysieren.

Einnahme von Magenschutz erhöht Risiko für Allergien

Die ForscherInnen untersuchten im Detail die Verschreibung von Allergie-Medikamenten bei Personen, die zuvor Rezepte für Magenschutz (PPI) erhalten hatten. Das Ergebnis war eindeutig: Es war ein deutlicher Zusammenhang zwischen der Einnahme von magenschonenden Mitteln und dem Auftreten einer Allergie zu erkennen. Das Risiko für allergische Symptome, die behandelt werden mussten, stieg durch die vorangehende Einnahme von PPI um das Zwei- bis Dreifache. Je länger Magenschoner angewandt wurden, umso höher auch dieses Risiko. „Während sich bei etwa 20-Jährigen das Risiko, später ein antiallergisches Medikament zu brauchen, auf das Doppelte erhöht, ist es bei den 60- und 70-Jährigen das Fünffache. Also je mehr Magenschutzmittel man im Laufe des Lebens einnimmt, umso höher das Risiko“, so Jensen-Jarolim dazu.

Auch Allergene werden „geschont“

Jansen-Jarolim erklärt die Ergebnisse ihrer Untersuchungen so: Die säureabhängigen Enzyme der Magensäure spalten einerseits Proteine in der Nahrung auf, damit diese weiter verwertet werden kann. Sie dienen aber gleichzeitig auch als Barriere gegen Bakterien und andere Krankheitserreger. Wird die Magensäurproduktion nun mit Medikamenten reduziert, passieren Proteine in unserer Nahrung, die als Allergene wirken können, das weniger saure Milieu im Magen leichter und gelangen unverarbeitet weiter in den Darm. Auch das Mikrobiom – darunter versteht man die Gesamtheit aller Mikroorganismen, die den Menschen besiedeln – im Magen-Darm-Trakt wird durch Magenschoner nachweislich verändert.

Einnahme von Magenschonern nicht länger als nötig

Aufgrund des erhöhten Risikos für allergische Reaktionen sollte man Magenschoner nicht zu lange und nicht zu oft einnehmen. Sobald sie ihre Aufgabe erfüllt haben, sollten diese Medikamente wieder abgesetzt werden. Damit werden außerdem häufig nur die Symptome, nicht jedoch die Ursache eines Leidens bekämpft. Daher plädiert Jensen-Jarolim auch dafür, beispielsweise zur Behandlung von Magenbeschwerden bei Stress eher eine Änderung des Lebensstil als die Einnahme von Medikamenten in Erwägung zu ziehen.

AS, 01.08.2019


Quellenangaben

APA science, abgerufen am 01.08.2019

ORF Science, abgerufen am 01.08.2019

Originalpublikation:

Jordakieva G., Kundi M., Untersmayr E. et al.: Country-wide medical records infer increased allergy risk of gastric acid inhibition (2019). Nature Communicationsvolume 10, Article number: 3298 (2019)