WissenschaftlerInnen aus Kalifornien ist es erstmals gelungen, Bakterienzellen mittels akustischer Signale im Körper zu verfolgen. Die gezielte Produktion von Gasbläschen im Inneren von Bakterien ermöglichte deren Visualisierung und Lokalisierung im Körper von Mäusen.
Bakterien zählen zu den so genannten Prokaryoten. Das sind Lebewesen, die im Gegensatz zu Eukaryoten keinen echten Zellkern besitzen. Bakterien sind Einzeller, sie können aber auch im Zellverband auftreten. Die durchschnittliche Größe eines Bakteriums beträgt zwischen ein und zehn Mikrometer - ein Mikrometer entspricht einem Tausendstel Millimeter.
Unter dem Begriff „Mikrobiom des Menschen“ werden alle Mikroorganismen – Bakterien, Archaebakterien, Protozoen, Pilze, Algen und Viren - zusammengefasst, die mit dem menschlichen Körper assoziiert sind. Die Mikrobiom-Forschung hat in den letzten Jahren einen enormen Aufschwung erlebt, was unter anderem auf die die modernen Sequenzier-Verfahren zurückzuführen ist. Das Wissen zum Mikrobiom des Menschen ist im Laufe der letzten Jahre enorm gewachsen (siehe auch Unterrichtsmaterialien von Open Science zum Thema Mikrobiom). Heute wissen wir, dass der Großteil der mit dem Menschen assoziierten Mikroorganismen diesem nutzen. Eine veränderte Zusammensetzung des Mikrobioms beim Menschen konnte mit verschiedenen Erkrankungen in Verbindung gebracht werden, wobei hier Wirkung und Ursache noch nicht ganz klar sind.
Ein langfristiges Ziel der Wissenschaft ist es, Bakterien therapeutisch einzusetzen. So etwa werden heute schon Probiotika, die aus einer Mischung lebensfähiger Bakterien bestehen, zur Behandlung von entzündlichen Darmerkrankungen verabreicht. Auch bei der Bekämpfung von Krebs konnten mit Bakterienzellen bereits erste Erfolge erzielt werden. Bisher gab es aber immer das Problem, den Verbleib von Bakterien im Körper erfassen zu können. Bildgebende Verfahren, die auf Licht beruhen, konnten nur für Gewebeproben, die aus dem Körper entfernt wurden, angewandt werden. Dies beruht auf der Tatsache, dass Licht nicht sehr tief in Gewebe eindringen kann und somit beispielsweise das Nachverfolgen bakterieller Zellen im Darm nicht möglich ist. Als alternative dazu können auch radioaktive Tracer eingesetzt werden.
Ein Team vom California Institute of Technology (Caltech) hat nun einen Weg gefunden, um diese Schwierigkeit elegant zu umgehen: ForscherInnen um Mikhail Saphiro setzten Ultraschall zum Tracking von Zellen im Körper ein, da Schallwellen in tiefere Schichten des Körpers eindringen können. Dafür mussten die WissenschaftlerInnen die für ihre Versuche eingesetzten Bakterien allerdings erst dementsprechend manipulieren: Sie brachten die Bakterienzellen dazu, in ihrem Inneren gasgefüllte Bläschen - so genannte Vesikel - zu produzieren. Das Prinzip zur Lokalisierung der Zellen im Körper kann mit dem Sonar-System von U-Booten verglichen werden: Schallwellen werden von den Zellen mit Gasvesikeln so reflektiert, dass diese von anderen Zellen unterscheidbar sind. Zumindest im Maus-Modell konnten die Bakterienzellen dann im Körper nicht-invasiv mittels Ultraschall visualisiert und lokalisiert werden, wie das Fachjournal Nature in seiner Jänner-Ausgabe berichtete.
Der Weg zu den beeindruckenden Ergebnissen war allerdings für die WissenschaftlerInnen nicht ganz einfach. Die gasgefüllten Vesikel waren ursprünglich in Bakterien entdeckt worden, die im Wasser leben, und dienen diesen zum Manövrieren. Die Gene, die für diese Gasvesikel codieren, mussten für die Versuche zunächst von den Wasserbakterien in das Bakterieum Escherichia coli übertragen werden, das im menschlichen Darm vorkommt. Dieser Schritt benötigte mehrere Anläufe und „versetzte die ForscherInnen regelrecht in Ekstase“, als er endlich geschafft war, wie es Saphiro beschreibt. Die dermaßen veränderten Bakterien konnten daraufhin im Darm von Mäusen visualisiert und lokalisiert werden.
„Das ist das erste akustische Reportergen, das in vivo für Ultraschall-basierte Bildgebung verwendet werden kann“, fasst Saphiro die Ergebnisse seiner Versuche zusammen. Der Forscher prophezeit, dass seine Entdeckungen das Tracking (Nachverfolgen) von Zellen im Körper revolutionieren könnten.
Das Potential für therapeutische Anwendungen ist hier groß: der Weg therapeutischer Präparate aus Bakterien bei Magen-Darmleiden könnte so in Zukunft direkt im Körper verfolgt werden. Auch bei der Lokalisierung von Tumoren im Körper und beim Transport von Krebsmedikamenten in bestimmte Körperregionen könnte das Verfahren Anwendung finden. Der nächste Schritt nach dem Überwachen der Aktivität der Bakterienzellen im Körper ist laut Saphiro die Kommunikation mit den Bakterien in Echtzeit.
Aktuell gibt es allerdings erst Ergebnisse aus Maus-Experimenten, und bis es zur Anwendung beim Menschen kommen kann, bedarf es sicher noch einiger Zeit.
Originalpublikation:
AS, 23.01.2018