Pharming

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Hühner, die einen Antikörper gegen Krebs in ihre Eiern legen; Ziegen, die einen menschlichen Faktor gegen Blutgerinnsel in der Milch abgeben; Tabakpflanzen mit einem Antikörper gegen Kariesbakterien oder Öldisteln als Insulinerzeuger - gentechnisch veränderte Pflanzen und Tiere sollen in naher Zukunft Medikamente für Mensch und Tier produzieren. Pharming ist eine Wortkreuzung aus den englischen Begriffen pharmaceutical (Arzneimittel) und farming (Landwirtschaft). Pflanzen oder Tiere werden mit Hilfe der Gentechnik so verändert, dass sie fremde Proteine (Eiweißstoffe) produzieren, die als Medikament verwendet werden können.

 

Was kann Pharming?

Mittels Pharming sollen völlig neuartige Therapeutika entwickelt werden. Transgene Ziegen, Schafe, Rinder, Kaninchen, Schweine und Hühner sollen die Arzneimittel in ihrer Milch, im Blut, Urin oder den Eiern abgeben, gentechnisch modifizierter Mais, Soja, Reis, Öldisteln und Tabakpflanzen in den Blättern, Samen und Früchten. Manche Medikamente könnten einfach verabreicht werden indem der Patient oder die Patientin z.B. die Pflanze isst oder die Milch mit den Inhaltsstoffen trinkt. Andernfalls können die HerstellerInnen die Substanzen relativ leicht aus der Pflanze oder dem tierischen Produkt gewinnen. So sollen traditionelle oder neuartige Wirkstoffe billig, energieeffizient und in flexibler Menge (durch Vergrößerung/Verminderung der Anbaufläche oder des Viehbestands) hergestellt werden. Zur Zeit entwickeln die ForscherInnen Impfstoffe, Antikörper, Blutersatzstoffe, Enzyme und Botenstoffe für diagnostische und therapeutische Zwecke.

 

Chancen und Risiken

Es gilt wie bei allen neuen Technologien sorgfältig die Möglichkeiten und Risiken abzuwägen und Letztere zu minimieren. Pharming hat ein großes ökonomisches Potential und kann den PatientInnen einen wertvollen Nutzen bringen. Ob und wie schnell neue Produkte von der Öffentlichkeit und den Regulierungsbehörden akzeptiert werden hängt stark davon ab wie direkt ein Nutzen erkennbar ist. Möglicherweise wird etwa Vitamin A angereicherter Reis (Syngenta's Golden Rice) besser angenommen, wenn er hilft die Vitamin A Mängel in den Entwicklungsländern zu bekämpfen - die WHO schätzt, dass Vitamin A Mangel bei einer halben Million Kindern jährlich zur Erblindung führt und die Kindersterblichkeit in Entwicklungsländern um 20-35% erhöht - als ein Produkt wie Insulin, das auch in Hefe oder Bakterien erzeugt werden kann.
Um zu verhindern, dass die Transgene an andere Organismen weitergegeben werden können, sollen die Pharming-Pflanzen und -Tiere entweder steril sein, oder in abgeschlossenen Systemen gehalten werden. Auswirkungen auf die benachbarte Fauna, Flora und Boden-Mikroorganismen sollen möglichst ausgeschlossen werden. Auch muss verhindert werden, dass Personen unbeabsichtigt das Arzneimittel aufnehmen können. Dass dies nicht immer leicht ist, zeigte sich als im Jahr 2002 in den USA 13.000 Tonnen Sojabohnen in der Lebensmittelkette entdeckt wurden, die mit Impfstoffen versetzt waren. Eine Möglichkeit wäre, die Medikamente in nicht essbaren Pflanzen oder zumindest in Pflanzenteilen, die nicht in der Nahrungsmittelproduktion enden, zu produzieren.

Moralische Bedenken?
Es gibt auch moralische Bedenken Pflanzen und Tiere als „Medizin-Fabriken“ zu verwenden. Andererseits werden Pflanzen und Tiere schon seit prähistorischen Zeiten von Menschen für ihre Zwecke verwendet und verändert. Und Pharming beinhaltet an sich nicht das Töten der Tiere um ihren Körper zu verwerten, sondern die Medikamentegewinnung aus Milch, Eiern oder Urin.

 

Wozu Arzneimittel aus Pflanzen und Tieren

Viele pharmazeutische Verbindungen sind zu komplex um sie mittels konventioneller chemischer Synthese herzustellen. Sie können nur aus biologischen Systemen isoliert werden oder gentechnisch mit Hilfe von lebenden Zellen hergestellt werden. Zur Zeit werden viele Arzneimittel in transgenen Mikroorganismen wie Bakterien oder Hefe produziert. Menschliches Insulin wird seit 1982 in gentechnisch veränderten Bakterien hergestellt, davor musste es aus den Bauchspeicheldrüsen von Rindern und Schweinen (die im Schlachthof gelandet waren) extrahiert und gereinigt werden. Manche Proteine sind beim Menschen nicht wirksam, wenn sie in Mikroorganismen hergestellt werden, sie müssen daher in Pflanzen oder Tieren erzeugt werden.

 

Transgenes Antithrombin III

Das erste Medikament das nach erfolgreichen klinischen Studien zugelassen wurde ist das Produkt Atryn der Firma GTC. Es beruht auf der transgenen Produktion von menschlichem Antithrombin III, einem natürlichen Hemmstoff der Blutgerinnung. Eine einzige Ziege kann im Jahr bis zu einem kg dieses Proteins erzeugen. Für die konventionelle Herstellung der gleichen Menge aus menschlichem Blut würde man etwa 50.000 Blutspenden benötigen.