Der 5. April 2017 stand am IMBA (Institut für molekulare Biotechnologie) in Wien ganz im Zeichen der Bioethik.
Mit den rapiden Entwicklungen in den molekularen Biowissenschaften, mit neuen Herausforderungen in der Medizin und auch mit dem Paradigmenwechsel hin zu mehr Autonomie und Selbstbestimmung von PatientInnen und BürgerInnen bekommt auch die Bioethik einen neuen Stellenwert. Das hob auch Christiane Druml, Vorsitzende der Bioethikkommission beim Bundeskanzleramt, in ihrem Eröffnungsvortrag hervor. Dabei sind nicht nur Ethikkommissionen gefordert, sondern auch die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler selbst, über neue Technologien zu reflektieren und auch kritisch zu hinterfragen, welche sozialen Auswirkungen ihre Anwendungen haben könnten.
Aktuelle ethische Herausforderungen aus Sicht verschiedenster Disziplinen
Eine Reihe von SprecherInnen aus unterschiedlichen Disziplinen behandelte unterschiedliche Aspekte und aktuelle Fragen der Biowissenschaften. Die Themen reichten von Stammzellforschung über Organoide - das sind aus Stammzellen gezüchtete, kleine Organmodelle - und Biobanken bis hin zum Datenaustausch in der Wissenschaft.
Sarah Boers, Medizinerin und Ethikerin der Medizinischen Universität Utrecht, behandelte in ihrem Vortrag die ethischen Herausforderungen der aufstrebenden Organoid-Technologie und brachte gleichzeitig die Sichtweise der PatientInnen mit ein. Wie sehr nehme ich ein Organoid, das aus meinen Körperzellen gemacht wurde, als Teil meines Körpers wahr? Wer hat Rechte an der Forschung mit solchen Organoiden oder an Forschungsergebnissen? Solche und ähnliche Fragen behandelt Boers in ihrer Arbeit.
Erich Griessler, Leiter der Forschungsgruppe „Technik, Wissenschaft und gesellschaftliche Transformation“ am IHS (Institut für Höhere Studien) präsentierte aktuelle Konzepte und Herausforderungen im Bereich „Verantwortungsvoller Forschung und Innovation“ (engl. Responsible Research and Innovation, RRI). RRI ist ein Konzept, das helfen soll, Forschung und Innovation verantwortungsbewusst zu betreiben und dabei die Ziele der Wissenschaft genauso wie die Bedürfnisse der Gesellschaft zu berücksichtigen.
Der Politikwissenschaftler Johannes Starkbaum brachte die aktuelle Thematik der Lagerung und Handhabung von Bioproben in sogenannten „Biobanken“ mit ein. Er erläuterte dabei, wie "Genetic Privacy“ oder informierte Aufklärung von Spenderinnen und Spendern die Regulierung von Biobanken beeinflussen können.
Aber auch theologischen Aspekten der Bioethik wurde Zeit gewidmet. Ulrich Körtner, Theologe und Ethiker, ging in seinem Vortag der Schlüsselfrage nach, wie auch theologische Aspekte in einem breiten ethischen und politischen Diskurs der säkularen Gesellschaft zu berücksichtigen sind.
Der interdisziplinäre Austausch fand seinen Abschluss in einer Podiumsdiskussion, bei der unter anderem über Ängste und Hoffnungen hinsichtlich technologischer Neuerungen gesprochen wurde.
Den Bioethik-Diskurs zu fördern und auch am Institut zu verankern ist Ziel des IMBA, wie Jürgen Knoblich, stellvertretender Direktor, in seinen einleitenden Worten betonte. Erst kürzlich verfasste er zusammen mit der niederländischen Parlamentarierin Annelien Bredenoord und dem angesehenen Stammzellforscher Hans Clevers einen ersten ethischen Leitfaden für Organoide.
BG, 07.04.2017