Ein gegenwärtiges Schlagwort in der Diskussion um das Verhältnis von Öffentlichkeit und Wissenschaft ist Open Science. Darunter versteht man, dass die Wissenschaft zunehmend gefordert ist, sich gegenüber der Öffentlichkeit zu öffnen. Bei Open Science handelt es sich allerdings um einen Sammelbegriff ganz unterschiedlicher Vorstellungen darüber, welche Bereiche der Wissensproduktion für wen wie „geöffnet“ oder zugänglich(er) gemacht werden sollen. Zum Teil beschreibt der Begriff lediglich die Forderung nach Open Access, also dem (kosten)freien Zugang zu wissenschaftlicher Literatur; er wird aber auch für die öffentliche Sichtbarmachung und Nutzung von Forschungsdaten (Open Data) verwendet. Eine zentrale Forderung von VertreterInnen des Open Science Ansatzes ist es, neue Web 2.0 Kommunikationstechnologien (wie Webforen, Blogs, Wikis oder Social Networking Sites wie Twitter) für die Vermittlung von Forschung einzusetzen und gleichzeitig auch einen dialogischen Austausch mit der Öffentlichkeit zu ermöglichen.
Wissenschaftsblogs sind derzeit eine der meistgenutzten Web-basierten Kommunikationsformen mit denen sich WissenschaftlerInnen und WissenschaftsjournalistInnen an die Öffentlichkeit richten. Ein Blog ist eine häufig aktualisierte Website, auf der auch informelle schriftliche Kommunikation zwischen AutorInnen und ihrer Leserschaft möglich ist. Eine Übersicht über existierende Wissenschaftsblogs findet sich für den englischsprachigen Raum unter scienceblogs.com und den deutschsprachigen Bereich unter scienceblogs.de und Wissenschafts-Café. Auch wenn sich Wissenschaftsblogs prinzipiell an ein breites Publikum richten, zeigen Studien, dass sie in erster Linie von anderen WissenschaftlerInnen bzw. Personen mit bereits bestehender Nähe zur Wissenschaft aktiv genutzt werden. Die Verbreitung von Wissenschaftsblogs in der wissenschaftlichen Gemeinschaft selbst ist zudem noch eher gering, da WissenschaftlerInnen oftmals keinen Mehrwert in solchen Kommunikationsaktivitäten erkennen.
Abseits von Open Science Ansätzen wird der Einbezug der Öffentlichkeit in der Wissensproduktion auch in sogenannten Citizen Science Projekten verwirklicht. Unter diesen besonders im englischsprachigen Raum verbreiteten Projekten versteht man Wissenschaft, bei der BürgerInnen ohne Fachqualifikationen eigenständig Wissenschaft betreiben (Amateur- oder Laienwissenschaft) oder an Forschungsprojekten aktiv mitwirken. Meist beteiligen sich BürgerInnen in Citizen Science Projekten als ehrenamtliche DatensammlerInnen, indem sie etwa das Vorkommen von bestimmten Pflanzen oder Tierarten in einer Region erheben. Die erhobenen Daten werden dann in weiterer Folge meist von WissenschaftlerInnen zu Forschungszwecken verwendet.
Das langandauerndste Projekt dieser Art ist das Christmas Bird Count Vogelzähl-Projekt der National Audubon Society , das bereits seit dem Jahr 1900 existiert. Ein weiteres Beispiel für ein großes Citizen Science Projekt ist Galaxy Zoo: ein Online-Astronomie-Projekt, in dem Millionen von Galaxien von Freiwilligen klassifiziert wurden – eine Aufgabe, die so nicht nur schneller sondern auch verlässlicher als mit Computerprogrammen durchführt werden konnte. In Österreich gibt es ebenfalls Versuche, die Partizipation von Jugendlichen in Forschungsprojekten zu forcieren, etwa im Rahmen der Sparkling Science Förderschiene des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung.
Was Citizen Science Aktivitäten betrifft, so können diese zum einen als wiederauferstandene Amateurwissenschaft betrachtet werden, die vor der Spezialisierung der Wissenschaften bis zum Ende des 18. Jahrhunderts dominierte. Andere sehen darin eine effektive Art, kostengünstig Daten zu beschaffen und damit eine potentielle Ausbeutung der TeilnehmerInnen. Optimistische Stimmen betonen, dass sich durch die Verbreitung von Citizen Science Initiativen das Engagement in der Bevölkerung hebe, sich etwa mit Umweltthemen oder der eigenen Gesundheit auseinanderzusetzen.
Um Citizen Science Projekte noch stärker zu demokratisieren, wird gefordert, teilnehmende BürgerInnen bereits in die Festlegung von Forschungszielen und Projektplanung einzubeziehen. Ein Vorzeigeprojekt für eine gleichberechtigte Kollaboration zwischen professionellen WissenschaftlerInnen und Laien ist das Blackawton bees Projekt: Darin hat eine Gruppe von VolksschülerInnen gemeinsam mit einem Wissenschaftler ein Forschungsprojekt zur Frage entwickelt, welche Blumenfarben Hummel ansteuern, dieses dann auch gemeinsam durchgeführt und die Ergebnisse sogar in einer renommierten wissenschaftlichen Zeitschrift publiziert .
In der Medizin erhofft man sich durch BürgerInnen-Partizipation bei der Sammlung von Gesundheits- und Genomdaten, die Ära der personalisierten Medizin einzuläuten. Das Ziel von Initiativen wie DIYgenomics (DIY: do it yourself) ist es, durch Crowdsourcing, d.h. die Auslagerung von Aufgaben über das Internet an eine Gruppe freiwilliger UserInnen, medizinische Studien abseits traditioneller klinischer Studien durchzuführen. Dazu werden Applikationen (Apps) für Mobiltelefone oder im Internet zur Verfügung gestellt, mittels derer neben Informationen zum Lebenswandel auch individuelle Genomdaten hochgeladen und mit Biomarker-Daten in Verbindung gebracht werden. Den TeilnehmerInnen wird dabei aber nicht nur die Rolle der DatenlieferantInnen zugesprochen, sondern sie sollen diese Daten auch selbstständig analysieren. Damit werden bereits bestehende Einflussmöglichkeiten von PatientInnen, die sich in Patientenorganisationen zusammenfinden, erweitert. PatientInnenaktivistInnen konnten etwa in der Vergangenheit im Bereich der AIDS-Forschung medizinische Behandlungsmethoden positiv beeinflussen und etablierte Forschungszugänge verändern. PatientInnen fordern also vielfach einen Expertenstatus für sich ein.
Im Schatten der Citizen Science Initiativen ist unter den Namen DIY Biologie und Biohacking in den letzten Jahren eine Szene entstanden, in der HobbyforscherInnen in Heimlabors mit neuesten genetischen Methoden und Technologien kreativ experimentieren. Diese Experimente werden meist mit minimalen Ressourcen, ohne formale Ausbildung und ohne staatliche Kontrolle durchgeführt. Ermöglicht werden DIY Biologie und Biohacking heute aufgrund der immer leichter handhabbaren und billiger werdenden molekularbiologischen Techniken und Geräte, die etwa zur Vervielfältigung von DNA benötigt werden. Manche Geräte können auch im Do-it-yourself Verfahren selbst nachgebaut werden – daher auch der Name DIY Biologie. Von Biohacking spricht man, weil ganz im Stile der Computerhacker spezifische genetische Designsoftware verwendet wird, um den Erbgut-Code zu verändern. Die Szene ist wie jene der Computerhacker der Open Source Ideologie verpflichtet: Sie fordert, Technologien frei zugänglich zu machen, sodass jeder sie verändern kann.
Es gibt bereits einige interessante Beispiele für Biohacking. So wollen Hobby-Gentechnik-Bastler etwa Gene aus Glühwürmern entnehmen und modifiziert in das Erbgut einer Pflanze einbauen, um diese zum Leuchten zu bringen. Die dafür notwendige Finanzierung haben sie auf der Crowdfunding-Plattform Kickstarter aufgetrieben . Dieser Gruppe von Biohackern gehört auch ein österreichischer Biotechnikstudent an, der an seinem Heimcomputer bereits mit dem genetischen Code herumtüftelt. Die erfolgreiche Finanzierung ermöglicht nun den Realitätstest von Ideen, die in üblichen Forschungsstätten wie Universitäten oder Industrielaboren kein Interesse finden. Pioniere der Biohacker-Bewegung setzen große Hoffnungen darauf, durch ihre kostengünstigen DIY Techniken, Genetik in die Klassenzimmer zu bringen.
Während also eine bisher noch kleine Gruppe an Biohackern in Garagen ihre eigenen Forschungsinteressen mit Enthusiasmus verfolgt, wurden bereits Bedenken geäußert, dass durch computergenerierte Gene neue, eventuell sogar gefährliche Organismen entwickelt und in die Umwelt gebracht werden könnten. Im Gegensatz zu den USA ist es in Europa aufgrund der strengeren Gentechnik-Gesetze nicht erlaubt, neu konstruiertes Erbgut in Lebewesen abseits überwachter und den geltenden Sicherheitsstandards entsprechender Labore einzubringen. Aber selbst in den USA begann das FBI, die Biohacking-Szene zu beobachten. Derzeit verlässt man sich aber vor allem auf die Selbstüberwachung in der Biohacking-Gemeinschaft.