SARS-CoV-2: Forschung und Entwicklung in Österreich

DNA und Viren im Hintergrund

Corona-Forschung, Bild: Pixabay, CCO

Corona-Impfung, Schnelltests, Behandlung von Covid-19: Ein kurzer Status Quo-Bericht zur österreichischen Forschung und Entwicklung zum neuen Coronavirus.

Die Welt wird aktuell von einem einzigen Thema beherrscht: Dem Kampf gegen SARS-CoV-2, das neue Coronavirus. Die Fallzahlen steigen vielerorts wieder an, und die Angst vor einer zweiten Welle ist groß. Fieberhaft hat daher auf der ganzen Welt die Suche nach einem Impfstoff gegen SARS-CoV-2 gestartet, an der sich Universitäten, Privatunternehmen und Pharmakonzerne beteiligen. Etliche vielversprechende Impfstoffkandidaten gegen SARS-CoV-2 sind schon bekannt (Stand 13.06.2020) und müssen nun getestet werden. Einige Kandidaten befinden sich bereits in der klinischen Phase und gelten als besonders aussichtsreich. Auch an Medikamenten zur Behandlung von COVID-19, der durch das Virus verursachten Krankheit, wird geforscht. Und Tests auf das neue Corona-Virus werden laufend weiterentwickelt, um eine Infektion schneller und effizienter nachweisen zu können. Die Europäische Kommission stellt insgesamt 47,5 Millionen Euro für 17 Projekte bereit. Diese sollen die Entwicklung von Impfstoffen, neuen Behandlungsmethoden, Diagnosetests und medizinischen Systemen, mit denen die weitere Ausbreitung des Corona-Virus verhindert werden soll, unterstützen. 136 Forschungsteams aus der EU und darüber hinaus wirken hier mit.

Auch in Österreich stehen Forschung und Entwicklung momentan ganz im Zeichen des Coronavirus. Von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG wurde als Reaktion auf Corona eine spezielle Ausschreibung, der „Corona Emergency Call“, mit einem Gesamtvolumen von 26 Millionen Euro gestartet. Forscherinnen und Forscher an Hochschulen, in Forschungseinrichtungen und in Unternehmen leisten einen wichtigen Beitrag zum Kampf gegen SARS-CoV-2: Sie arbeiten auf Hochtouren an der Entwicklung eines Impfstoffs und Medikamenten sowie an neuen Behandlungsmethoden und Diagnosetests. Hier die neuesten Entwicklungen im Überblick (Stand Juni 2020).

Tests auf SARS-CoV-2 aus Wien

„Testen, testen, testen“ sagt die WHO zur Frage nach einem Weg aus der Corona-Krise. Für den Nachweis einer vorliegenden Infektion mit SARS-CoV-2 werden aktuell so genannte PCR-Tests eingesetzt. Das Erbmaterial des Coronavirus liegt als RNA vor und muss für den PCR-Nachweis in einem ersten Schritt in DNA umgeschrieben werden, die dann millionenfach vermehrt wird. Dabei wird mittels eines Enzyms die DNA viele Male verdoppelt. Dieses Testverfahren ist eine langwierige Prozedur mit vielen Schritten, und es werden relativ teure Geräte sowie Fachpersonal benötigt. Das ist vor allem in abgelegenen oder ressourcenarmen Umgebungen problematisch. 

In einem außergewöhnlichen Projekt haben ForscherInnen des Vienna BioCenter nun einen einfachen und sensitiven Coronavirus-Test entwickelt und somit einen Durchbruch geschafft [1]. Das neue Testverfahren erfordert weder spezielle Laborausrüstung noch Expertenwissen. Ein Virus-Nachweis ist innerhalb von nur 30 Minuten möglich und ist mit dem bloßen Auge durch einen Farbwechsel im Reaktionsgefäß sichtbar. Die Probe muss lediglich für 30 Minuten auf einer stabilen Temperatur von rund 63 Grad Celsius gehalten werden. Der neue Corona-Test würde sich für ein Bevölkerungs-weites Screening auf COVID-19 eignen, und das nicht nur in Industrieländern, sondern auch in Schwellen- und Entwicklungsländern überall auf der Welt.

Corona-Impfstoff und Covid-19-Therapien

Der Corona Emergency Call fördert vor allem Projekte in Österreich, die die Wirksamkeit bereits bestehender Medikamente im Kampf gegen Corona untersuchen sollen. Die dazu nötigen klinischen Studien sollen durch zusätzliches Geld beschleunigt werden. Mehrere heimische Unternehmen sind bei der Suche nach einem Impfstoff vorne mit dabei:

  • Die Apeptico Forschung und Entwicklung GmbH, ein österreichisches Biotechnologie-Unternehmen, koordiniert ein EU-gefördertes Projekt zur Suche nach einem Corona-Impfstoff. Gemeinsam mit Partnern aus Deutschland, Italien und den Niederlanden möchte Apeptico ein synthetisches Peptid, das ursprünglich zur Behandlung von akutem Lungenversagen entwickelt wurde, bei Corona-PatientInnen einsetzen. Es soll auftretenden Lungenödemen im Zuge von akutem Lungenversagen entgegenwirken. Eine Wirksamkeits-Studie liegt bisher nicht vor, Italien hat das Präparat jedoch zur Behandlung schwerkranker Covid-19-PatientInnen zugelassen. Die Wirksamkeit von Solnatide wird von der Medizinischen Universität Wien an PatientInnen, die an Covid-19 erkrankt sind und starke Symptome aufweisen, auf seine Wirksamkeit getestet [2].
  • Auch das Deutsche Biotechunternehmen BioNTech möchte mit dem US-Pharmariesen Pfizer die Entwicklung seines Impfstoffes gegen das Corona-Virus vorantreiben und hat mit klinischen Tests gestartet. Vereinbart sind Entwicklung und die Vermarktung außerhalb Chinas. Die Forschungseinrichtungen beider Unternehmen in den USA und Deutschland sollen für die Impfstoffentwicklung genutzt werden. Auch Produktionskapazitäten für Impfstoffe in Österreich werden von Pfizer ausgebaut.
  • Das österreichische Biotechunternehmen Apeiron Biologics hofft auf APN01, sein rekombinantes menschliches Angiotensin-Converting-Enzym 2 (rhACE2), im Kampf gegen das Coronavirus: APN01 ahmt das menschliche Enzym ACE2 nach, welches das Virus zum Eindringen in Zellen benötigt. So soll SARS-CoV-2 anstelle von ACE2 auf der Zelloberfläche lösliches APN01 binden, was zur Folge hat, dass das Virus die Zellen nicht mehr infizieren kann. APN01 verringert auch schädliche Entzündungsreaktionen in der Lunge. Ursprünglich wurde APN01 von Apeiron zur Behandlung der akuten Lungenschädigung (ALI), des akuten Atemnotsyndroms (ARDS) und der pulmonal-arteriellen Hypertonie (PAH) entwickelt. Mit APN01 gibt es bereits eine Pilot-Studie zur Behandlung von Patienten mit schwerer Corona-Virus-Infektion in der Volksrepublik China.
  • Auch die Takeda Pharmaceutical Company Limited ist beim Kampf gegen COVID-19 vorne mit dabei. Am Takeda Standort in Wien wird an einer plasmabasierten Passivimpfung für COVID-19 gearbeitet: Aus humanem Blutplasma von Personen, die sich erfolgreich von COVID-19 erholt haben, werden so genannte Hyperimmunglobuline gewonnen – das sind hochangereicherte polyklonale Antikörper gegen den Erreger SARS-CoV-2. Diese sollen das Immunsystem von HochrisikopatientInnen dabei unterstützen, auf die Infektion zu reagieren, schwere Krankheitsverläufe abmildern und die Heilungschancen erhöhen.

Zusammen stark: Allianz von Pharmaunternehmen gegen COVID-19

Da für die Entwicklung einer Therapie Blutplasma von Genesenen nötig ist, hat das Österreichische Rote Kreuz bereits einen entsprechenden Appell an die Bevölkerung gestartet. Die Gewinnung von Blutplasma wird nach der Zulassung eines Impfstoffes gegen SARS-CoV-2 auch von Personen, die geimpft wurden, möglich sein.

Pharmaunternehmen, die auf Produkte aus Spenderplasma setzen, haben sich für den Kampf gegen COVID-19 zusammengetan: Gemeinsam mit EUROPLASMA haben Takeda, LFB, Biotest, BPL, Octapharma, und CSL Behring die CoVIg-19 Plasma Allianz ins Leben gerufen. Ziel dieses Zusammenschlusses ist es, gemeinsam die Entwicklung eines markenunabhängigen Anti-SARS-CoV-2-Hyperimmunglobulin-Medikaments voranzutreiben, das „allen Menschen gehört“. Der Plan wäre es, dieses noch im  Sommer 2020 in klinischen Studien zu testen.

Aktuell gibt es somit erst einmal einen Wettlauf um einen vorbeugenden Impfstoff gegen SARS-CoV-2, und auch an Medikamenten zur Behandlung einer vorhandenen COVID-19-Erkrankung wird fieberhaft gearbeitet. Ist dann erst einmal ein Impfstoff gegen das Coronavirus gefunden, gilt es die nächste Hürde zu überwinden: Die Produktion der weltweit benötigten acht Milliarden Dosen des Impfstoffes und die stufenweise Verteilung. Zumindest dazu gibt es hierfür bereits einen Plan der WHO [3].

as, 30.06.2020


Quellenangaben

[1] Kellner MJ, Ross JJ, Schnabl J. et al.: Scalable, rapid and highly sensitive isothermal detection of SARS-CoV-2 for laboratory and home testing (2020). bioRxiv 2020.06.23.166397; doi: https://doi.org/10.1101/2020.06.23.166397

[2] News der Medizinischen Universität Wien vom 20.4.2020

[3] Aussendung der PHARMIG vom 24.6.2020