Im Projekt YouTest - Jugendliche und Genetisches Testen führte ein Team aus WissenschafterInnen und SchülerInnen gemeinsam eine partizipative Technikfolgenabschätzung zum Thema "direct-to-consumer genetische Analysen - Gesundheit aus dem Internet?" durch.
Genetische Untersuchungen werden in der modernen Medizin häufig eingesetzt, um Krankheiten zu erkennen, bei denen ÄrztInnen erbliche Ursachen vermuten. Eine ausführliche Beratung vor und nach einer solchen Untersuchung ist in Österreich gesetzlich vorgeschrieben. KonsumentInnen können aber mittlerweile ihre genetische Veranlagung ganz ohne Ärztin/Arzt erfahren. Man bestellt dazu über das dem Internet ein Test-Set, etwa aus den USA, schickt eine Speichelprobe an ein Labor und nach wenigen Tagen ist die eigene genetische Anlage über den Webbrowser aufrufbar. Außer mehr oder weniger relevanten medizinischen Aussagen, gibt der Test über die sportliche Veranlagung und ernährungsrelevante Fragen Auskunft und informiert über Abstammung und Ahnen. Solche Untersuchungen, die man nach dem englischen Begriff auch als "direct-to-consumer" bezeichnet, unterliegen den gesetzlichen Bestimmungen des Landes, in dem der Anbieter registriert ist und sein Labor betreibt. Sie können daher vom österreichischen Gesundheitssystem weder erfasst noch kontrolliert werden.
Die SchülerInnen führten, begleitet von den Natur- und SozialwissenschafterInnen des Projektteams, nach wissenschaftlichen Grundsätzen und Methoden eine systematische Technologiefolgenabschätzung durch. Diese zeigte, dass eine Reihe von Aspekten im Umgang mit dieser neuen technologischen Möglichkeit zu beachten sind: So müssen deren derzeitige Aussagekraft, also die analytische und klinische Validität, sowie der persönliche Nutzen, unter anderem für weitere klinische Untersuchungen und Behandlungen, kritisch betrachtet werden. Daneben sind es vor allem auch die fehlende Beratung, die zum Teil fragwürdige Datensicherheit und die geltenden gesetzlichen Rahmenbedingungen, welche bei der Bewertung von direct-to-consumer genetischen Analyse miteinbezogen werden müssen. Bei diesen negativen Punkten sind jedoch immer auch das zukünftige Potenzial solcher Gentests, und die Freiheit der KonsumentInnent zu beachten.
Die Zusammenarbeit von SchülerInnen und WissenschaftlerInnen war für beide Seiten vorteilhaft. Die Jugendlichen konnten praktische Einblicke in das sozialwissenschaftliche Arbeiten gewinnen und lernten, ein komplexes Thema kritisch zu reflektieren und zu analysieren. "Uns wurde beigebracht, Dinge nicht nur von der negativen, sondern auch von der positiven Seite zu betrachten und anschließend für uns selber zu entscheiden", erklärten sie. Außerdem gewannen sie bei den Gesprächen mit den ExpertInnen Selbstvertrauen im Umgang mit für sie sonst eher unnahbaren Personen. "Die Interviews waren für die SchülerInnen der Höhepunkt des Projekts. Sie erzählten, dass sie dabei am Anfang zu verkrampft waren und das nächste Mal lockerer in ein Interview mit einem Experten gehen würden", so Jochen Stadler (Open Science). Die WissenschaftlerInnen wurden dazu angeregt, ihre Vorgehensweise immer wieder aufs Neue zu explizieren und zu überdenken. Für die beteiligten LehrerInnen war die Zusammenarbeit mit den ExpertInnen aus den unterschiedlichen Disziplinen überaus befruchtend, erklärten Bettina Girschick und Elfriede Schmid vom BRG Marchettigasse: "Wir konnten unser Wissen und unsere Kompetenzen nachhaltig erweitern und werden all das Neue an unsere zukünftigen SchülerInnen weitergeben." Für die Dissemination der gewonnen Informationen sorgten aber auch die am Projekt beteiligten SchülerInnen. Sie vermittelten ihre Forschungsergebnisse bei einer Abschlussveranstaltung peer-to-peer an andere SchülerInnen und entwarfen Plakate sowie eine Informationsbroschüre.
Institut für Höhere Studien (IHS)
YouTest wurde durchgeführt im Rahmen des Förderprogramms 'Sparkling Science', gefördert vom Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung.
Laufzeit: 01.11.2011 bis 30.09.2012